Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 05.05.2006 geändert. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Gründe:
A. Die Beteiligten streiten darüber, ob die Antragsgegnerin (Ag.) die von der Antragstellerin (Ast.) vertriebenen Medikament Pantozol und Urion als sogenannte "Me-Too-Präparate" bezeichnen und auf einer im Internet zugänglichen Liste führen darf.
Die Ast. vertreibt seit ca. 1995 als Linenznehmerin der Firma B Pharma AG das patentgeschützte Präparat Pantozol (Wirkstoff Pantoprazol), mit dem sie nach eigener Angabe mehr als die Hälfte ihres Gesamtumsatzes erzielt. Es handelt sich um einen Protonenpumpenhemmer (-inhibitor (PPH)), der zur Behandlung von Magengeschwüren und leichten Formen der Refluxkrankheit zugelassen ist. Pantoprazol entfaltet im Vergleich zu dem bereits etablierten Wirkstoff Omeprazol eine pharmakologisch-therapeutisch vergleichbare Wirkung. Ferner vertreibt die Ast. das noch bis 12.5.2006 patentgeschützt gewesene Präparat Urion (Wirkstoff Alfuzosin), ein Alpha 1 Rezeptorblocker, das zur Behandlung der benignen Prostatahyperplasie eingesetzt wird.
Präparate, deren Wirkstoffe denen bereits zugelassener Medikamente sehr ähnlich sind, werden seit ca. 2 Jahrzehnten als Analogpräparate (Schrittinnovationen, Me-Too-Präparate) bezeichnet. Nach der Klassifikation von G/L werden neue Arzneimittel nach dem angestrebten therapeutischen Effekt wie folgt unterschieden:
– Neuartige Wirkstoffe oder neuartige Wirkprinzipien mit therapeutischer Relevanz (Kategorie A),
– Verbesserung pharmakodynamischer oder pharmakokinetischer Qualitäten bereits bekannter Wirkprinzipien (Kategorie B),
– Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten (Kategorie C) und
– Eingeschränkter therapeutischer Wert bzw. nicht ausreichend gesicherte Therapieprinzipien (Kategorie D).
Pantoprazol ist nach dieser Kategorisierung in dem Arzneiverordnungsreport seit 1995 (Herausgeber Schwabe/Paffrath) der Kategorie C zugeordnet. Die im Auftrag der Spitzenverbände vom Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) erstellte GKV-Arzneimittel Schnellinformation (GAmSi) legt der Darstellung der Anteile einzelner Marktsegmente am Gesamtmarkt für den Anteil der Me-Too-Präparate die Klassifikation in der im Arzneiverordnungsreport veröffentlichten Fassung zugrunde. Mit Beschluss vom 15.06.2004 hat der Gemeinsame Bundesausschuss Pantozol in eine Festbetragsgruppe der Stufe 2 mit anderen PPH eingeordnet (BAnz. Nr. 182 vom 25.09.2004). Für diese Festbetragsgruppe haben die Spitzenverbände der Krankenkassen mit Wirkung vom 01.01.2005 einen Festbetrag festgesetzt, der mit Beschluss vom 10.02.2006 zum 01.04.2006 neu niedriger festgesetzt worden ist.
Die Ag. hat mit den beigeladenen Krankenkassen gem. § 84 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) mit Wirkung vom 01.01.2006 für das Kalenderjahr 2006 eine Vereinbarung für das Arzneimittel- und Verbandmittelausgabevolumen (Arzneimittelvereinbarung) getroffen (Rheinisches Ärzteblatt 1/2006, S. 82 ff.). Das Ausgabevolumen für Arznei- und Verbandmittel beträgt danach im Jahr 2006 2,68 Milliarden Euro. In § 4 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung werden arztbezogene individuelle Wirtschaftlichkeits- und Versorgungsziele geregelt und zwar (Nr. 1) eine Erhöhung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Versorgungsanteils des Brutto-Generikaumsatzes am generikafähigen Markt um 5 % Punkte sowie (Nr. 2) eine Reduzierung des durch den jeweiligen Vertragsarzt verursachten arztgruppenbezogenen Verordnungsanteils des Bruttoumsatzes der Me-Too-Präparate ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen, aber mit höheren Kosten, am Gesamtmarkt um 5 % Punkte. Auf der Basis der für das Kalenderjahr 2005 vorliegenden GAmSi-Zahlen werden insoweit für einzelne Arztgruppen Zielwerte angegeben. Gemäß § 5 Abs. 2 verpflichtet sich die Ag. u.a. zur Unterrichtung der Vertragsärzte über den Abschluss und die Bedeutung der Vereinbarung sowie die Notwendigkeit der Veränderung des Verordnungsverhalten. § 7 Abs. 1 sieht die individuelle Verantwortlichkeit des einzelnen Vertragsarztes vor, wenn das vereinbarte Ausgabevolumen insgesamt überschritten und der einzelne Vertragsarzt das für das Kalenderjahr maßgebliche Richtgrößenvolumen überschritten und mindestens 1 der in § 4 Abs. 2 vereinbarten Zielwerte nicht erreicht hat. Nach Abs. 2 erhalten in diesem Fall die Krankenkassen einen "Zielerreichungsbeitrag" in Höhe von 4 % des im Kalenderjahr 2006 zuerkannten GKV-Honorars. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Vereinbarung verwiesen.
Die Ag. hat die Vertragsärzte mit der Übersendung der Arzneimittelinformation 3/2005 anfangs 2006 über die für sie geltenden Richtgrößen und die Zielwerte für Generika und Me-Too-Präparate informiert und auf die Bedeutung der Einhaltung der Zielvorgaben hingewiesen. Dem Schreiben war eine Tabelle der Me-Too-Präparate, die nach dem damaligen Stand bei der GAmSi berücksichtigt wurden sowie eine auf dem Arzneiverordnungsreport 2005 basierende Substitutionsempfehlung mit Angabe von DDD (Defined Daily Dosis)-Kosten beigefügt. In dem Schreiben heißt es: "Welche Präparate als so genannte Me-Too-Präparate gewertet werden und wie sie diese ersetzen können, können sie den folgenden Seiten entnehmen. Die Entscheidung, ob eine Umstellung beim konkreten Patienten möglich sei, entscheiden natürlich nach wie vor Sie". Die Ag. veröffentlicht ferner auf ihrer Internetseite eine Me-Too-Liste, die seit März 2006 im Auftrag der Ag. und der Beigeladenen von Prof. Dr. T aktualisiert wird. Im Einführungstext heißt es: "Als patentgeschützte Analogpräparate werden alle patentgeschützten Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen bezeichnet, die basierend auf der Methode von G/L (Arzneiverordnungsreport 1986 bis 2005) als Analogpräparate mit keinen oder nur marginalen Unterschieden zu bereits eingeführten Präparaten klassifiziert wurden. Dabei wurden in dieser Aufstellung ausschließlich patentgeschützte Arzneimittel berücksichtigt, die in der Zeit von 1986 bis 2004 in der Bundesrepublik Deutschland in den Handel gekommen sind. Weitere Voraussetzungen für die Aufnahme in die vorliegende Aufstellung waren, dass der Patentschutz im Januar 2006 noch nicht abgelaufen war, dass die Arzneimittel am 15. Februar 2006 im Handel waren, dass im Zeitraum Januar bis September 2005 bundesweit mindestens 1000 Verordnungen nach den Daten der GKV-Arzneimittel-Schnellinformation erreicht wurden und dass ein pharmakologisch-therapeutisch vergleichbares Arzneimittel für die Hauptindikation mit günstigeren Tagestherapiekosten für die verordnungshäufigste Packungsgröße als Substitution verfügbar war".
Auf der Liste Stand: 27.03.2006 wurden auch die Präparate Pantozol und Urion genannt.
Die Ast., die zunächst außergerichtlich versucht hat, die Präparate von der Liste entfernen zu lassen, hat am 12.04.2006 den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Sie hat beantragt, es der Ag. zu untersagen, (a) Pantozol und Urion als Me-Too-Präparat mit keinem oder marginalem Unterschied zu bereits eingeführten Wirkstoffen zu bezeichnen, (b) die ihr – der Ag. – als Mitglieder angehörenden Ärzte unter Androhung eines Abzugs in Höhe von 4 % vom Jahreshonorar dazu aufzufordern, die Präparate Pantozol und Urion maximal nur noch im Rahmen einer "Me-Too-Quote" zu verordnen und (c) Substitutionsvorschläge zu dem Präparat Pantozol auf der Basis von DDD-Kosten in Höhe von 2,30 Euro für den Wirkstoff Pantoprazol zu veröffentlichen.
Sie sieht sich in ihren Grundrechten aus Artikel 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 Grundgesetz (GG) verletzt. Die durch die Liste beabsichtigte Verdrängung von Pantozol aus der GKV habe für sie eine objektiv berufsregelnde Tendenz, denn ihre Absatzchancen würden verschlechtert. Zudem werde der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützte Patentschutz für den Wirkstoff Pantoprazol verletzt, wenn das Produkt nicht mehr angemessen vermarktet werden könne. Für das Handeln der Ag. gebe es keine tragfähige Rechtsgrundlage. § 84 Abs. 1 SGB V erlaube nicht die Aufforderung, bestimmte Präparate nicht zu verordnen. Außerdem sei die Liste nicht Gegenstand der geschlossenen Arzneimittelvereinbarung. Auch § 73 Abs. 8 SGB V sei nicht einschlägig, denn der Anwendungsbereich sei nur im Rahmen der Regelung des § 92 Abs. 2 Satz 3 SGB V eröffnet. Darüber hinaus enthalte die Einstufung als Me-Too-Präparat eine implizierte Nutzenbewertung; diese Nutzenbewertung sei aber nach § 35 b SGB V allein dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) vorbehalten.
Unabhängig davon sei die Zusammenstellung der Liste willkürlich. Sie fuße auf der "holzschnittartigen" Klassifikation von G/L, die als wissenschaftliche Meinungsäußerung zulässig sein möge. Sie bleibe aber hinter der vom Gesetz geforderten konkreten Nutzenbewertung zurück. Außerdem handele es sich um eine Momentaufnahme im Zeitpunkt der Markteinführung, spätere Studien zum therapeutischen Nutzen würden nicht berücksichtigt. Die Liste sei nicht konsistent, da einige Präparate, die im Arzneiverordnungsreport genannt worden seien, auf der Liste enthalten seien, andere dagegen nicht. Ferner seien erhebliche Fluktuationen zu verzeichnen, was belege, dass die Liste nicht auf wissenschaftlich fundierter Erkenntnis beruhe. Die Unrichtigkeit zeige sich auch daran, dass das Originalpräparat teurer sei; gleichwohl stehe Pantozol auf der Me-Too-Liste. Die Behauptung, Pantozol sei durch andere PPH substituierbar, sei unzutreffend. Das Medikament habe ein weiteres Anwendungsgebiet und eine längere Wirkung. Ferner habe es ein deutlich geringeres Interaktionsrisiko mit anderen Medikamenten als andere PPH und ein günstigeres Nebenwirkungsprofil.
Zu Unrecht werde Pantozol als unwirtschaftliches Präparat mit zweifelhaftem Mehrnutzen bei höheren Kosten eingeordnet. Mit dem Inkrafttreten des Festbetrages für die Arzneimittelgruppe der PPH sei der Apothekenpreis auf den Festbetrag abgesenkt worden. Da die Festbeträge das Ziel hätten, eine wirtschaftliche Versorgung zu gewährleisten, sei Pantozol aufgrund der Verfügbarkeit zum Festbetrag als wirtschaftlich anzusehen. Darüber hinaus sei es aus methodischen Gründen unzulässig, die DDD-Daten isoliert zur Grundlage eines Substitutionsvorschlags zu machen. Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte Klassifikation diene nur für einen Vergleich des Arzneimittelverbrauchs, ein Gebrauch der Daten zur Bewertung der Erstattungsfähigkeit von Medikamenten sei unzulässig. Die Ag. könne sich für ihren Substitutionsvorschlag auch nicht auf § 73 Abs. 8 SGB V berufen. Sie gehe von den Daten des Jahres 2004 aus und habe die Preissenkung zum 01.01.2005 nicht berücksichtigt. Danach lägen die DDD-Kosten für Pantozol noch unter denen für Omeprazol, das die Ag. als Leitsubstanz zur grundsätzlichen Verordnung empfohlen habe. Außerdem sei seinerzeit von einer Äquivalenz von 40 mg Pantroprazol entsprechend 20 mg Omeprazol ausgegangen worden, während heute eine Äquivalenz von 20 mg Pantoprazol zu 20 mg Omeprazol zugrundegelegt wird.
Der in der Arzneimittelvereinbarung vorgesehene Pauschalregress von 4 % der Honorarsumme sei unzulässig. Bei Überschreiten des Richtgrößenvolumens könne nur eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach § 106 Abs. 5 a SGB V erfolgen. § 84 Abs. 4 SGB V erlaube nur eine Bonuszahlung bei Erreichen der in der Arzneimittelvereinbarung festgelegten Volumina. Der Strafregress von 4 % soll ersichtlich nur den Druck auf die Vertragsärzte erhöhen und die verhaltenslenkende Wirkung zu ihrem – der Ast. – Nachteil verschärfen.
Der Anordnungsgrund ergebe sich schon aus der offensichtlichen Rechtswidrigkeit der angegriffenen Maßnahme. Ferner drohten ihr empfindliche Nachteile, denn die Verordnungen von Pantozol seien in den beiden ersten Monaten des Jahres im Bereich der Ag. drastisch zurückgegangen. Es müsse damit gerechnet werden, dass das Präparat Pantozol vollständig aus der GKV-Versorgung im Bereich der Ag. verdrängt werde. Zudem sei zu berücksichtigen, dass Patienten, die unter dem Druck der rechtswidrigen Substitutionsaufforderungen auf ein anderes Präparat umgestellt worden seien, auch nach einem erfolgreichen Bestreiten des Hauptsacheverfahrens keineswegs ohne weiteres auf Pantozol wieder umgestellt werden könnten.
Die Ag. hat die Auffassung vertreten, die Empfehlung zu einer wirtschaftlichen Verordnung entfalte für die Ast. nur eine Wirkung in Form eines Reflexes. Sie und die Landesverbände der Krankenkassen seien nach § 84 SGB V gesetzlich verpflichtet, eine Arzneimittelvereinbarung zu schließen und Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele aufzunehmen. In diesem Zusammenhang sei eine Reduzierung der Me-Too-Quote um 5 % Punkte festgelegt worden. Um welche Präparate es sich konkret handele, sei nicht ausdrücklich festgelegt worden, dies sei vom pharmakologisch verantwortlichen Arzt zu beurteilen. Die Festlegung von Quoten bedeute, dass nicht ausnahmslos Generika verordnet bzw. Me-Too-Präparate substituiert werden müssten. Daher sei ein Eingriff in die Therapiefreiheit nicht zu befürchten. Der vorgesehene Zielerreichungsbeitrag des einzelnen Arztes sei rechtmäßig. Wenn in den Gesamtverträgen vorgesehen werden dürfe, dass alle Ärzte bei Überschreiten des Arzneimittelausgabevolumens hafteten, dürfe erst Recht ein Malus für diejenigen eingeführt werden, die nachweislich die Überschreitung des Ausgabenvolumens verursacht hätten. Alle Ärzte seien über die für sie geltende Richtgröße sowie über die Quoten informiert worden. In diesem Zusammenhang sei der Hinweis erfolgt, welche Präparate als Me-Too-Präparate gewertet würden. Die beantragte Eilentscheidung führe zu einer Vorwegnahme der Hauptsache. § 84 Abs. 1 SGB V sei die Intention des Gesetzgebers zu entnehmen, dass steuernd auf die aktuelle Ausgabesituation bei Arzneimitteln Einfluss genommen werde solle. Dies sei nicht möglich, wenn Steuerungsinstrumente ausgesetzt würden. Die Ast. habe eine Existenzgefährdung nicht dargetan. Der behauptete Umsatzrückgang könne nicht unmittelbar auf die Arzneimittelvereinbarung wegen der Me-Too-Quote zurückgeführt werden.
Mit Beschluss vom 20.04.2006 hat das Sozialgericht der Ag. die in dem Antrag genannten Maßnahmen untersagt. Es meint, für die angegriffenen Maßnahmen fehle es an der erforderlichen gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Zudem widersprächen die Maßnahmen der Pflicht der Ag., nur inhaltlich zutreffende tatsächliche Behauptungen aufzustellen. Den von der Ast. erhobenen Einwänden zur Unzulässigkeit der Aufnahme der Präparate in die Me-Too-Liste sei sie nicht substantiiert entgegengetreten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss verwiesen.
Mit der fristgerecht erhobenen Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat, hält die Ag. an ihrer Auffassung fest, dass die Ast. nur reflexartig von den Wirkungen der Arzneimittelvereinbarung getroffen werde. Die getroffenen Maßnahmen seien im Übrigen rechtmäßig. Dass Pantozol zum Festbetrag verfügbar sei, sei unerheblich, weil ein Arzneimittel damit nicht automatisch wirtschaftlich sein. Auch innerhalb einer Festbetragsgruppe gebe es durchaus Preisdifferenzen. Die Angabe der DDD-Kosten für Pantozol sei von § 73 Abs. 8 SGB V gedeckt. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung der Me-Too-Liste sei von der aktuellsten DDD-Liste ausgegangen worden. Naturgemäß änderten sich die Bewertungsgrundlagen in diesem Bereich ständig. So sei nach der Festbetragsanpassung zum 01.04.2006 auch der Preis für Pantozol gesenkt worden. Ferner meint die Ag., sie habe nur Empfehlungen abgegeben und damit nicht unmittelbar in Rechte der Ast. eingegriffen. Ferner rügt sie, dass dem Beschluss nicht zu entnehmen sei, welche wesentlichen Nachteile der Ast. bei einem Abwarten der Hauptsacheentscheidung drohten.
Die Ast. verteidigt die angefochtene Entscheidung. Sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag und weist ergänzend darauf hin, Prof. Dr. G sei ausdrücklich dem Eindruck entgegengetreten, die streitige Liste sei von ihm erstellt worden. Die Ast. macht darauf aufmerksam, dass bei der Bewertung der Wirkstoffe galenisch unterschiedliche Darreichungsformen mit möglichen Anwendungsvorteilen keine Berücksichtigung finden und dass vor allem keine aktualisierte Bewertung der Wirkstoffe stattfindet. Die Ag. sei entgegen ihrer Behauptung als Störer anzusehen, da die im Tenor des Beschlusses genannten Beeinträchtigungen auf ihre Willensbetätigungen zurückgingen. Ausweislich des Internetauftritts werde die aktuelle Me-Too-Liste von Prof. Dr. T im Projektauftrag der Ag. und der beigeladenen Krankenkassen erstellt. Der Umatzrückgang habe sich weiter fortgesetzt.
B. Die zulässige Beschwerde ist begründet. Das Sozialgericht hat zu Unrecht der Ag. die im Tenor des Beschlusses genannten Handlungen untersagt.
I.1. Für den Antrag ist die Zuständigkeit der Sozialgerichte nach § 51 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gegeben. Angelegenheiten der Krankenversicherung im Sinne dieser Vorschrift sind vor allem Streitigkeiten nach dem SGB V. Der Streit geht hier um die Anwendung und Ausführung der nach § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB V zwischen der Ag und den Beigeladenen geschlossenen Arzneimittelvereinbarung. Deren Beiladung zum Verfahren war daher zumindest geboten, wenn nicht sogar notwendig i.S.d. § 75 Abs. 2 SGG. § 69 Satz 1 i.V.m. Satz 4 SGB V ordnet ausdrücklich die Rechtsbeziehung der Krankenkassen und ihrer Verbände zu den Ärzten und anderen Leistungserbringern dem öffentlichen Recht zu, auch soweit durch diese Rechtsbeziehung Dritte betroffen sind (vgl. BSGE 89, 24, 32; BGH, Urteil vom 23.02.2006 – I ZR 164/03). Die hier streitigen Handlungen ergeben sich ausschließlich aus der Arzneimittelvereinbarung, die zur Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung mit Arznei- und Verbandmittel geschlossen worden ist. Die Handlungen der Ag. betreffen damit den öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrag, so dass die Rechtmäßigkeit der in Frage stehenden Handlungen allein nach den in § 69 SGB V genannten Rechtsvorschriften zu beurteilen ist. Somit liegt eine Streitigkeit der Krankenversicherung im Sinne des § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG vor.
2. Es handelt sich um eine Angelegenheit des Vertragsarztrechts (§ 31 Abs. 2 SGG), für die der 11. Senat nach dem Geschäftsverteilungsplan 2006 des LSG NRW zuständig ist. §§ 10 Abs. 2, 31 Abs. 2 SGG begründen eine Sonderzuständigkeit für Streitigkeiten, die materiell dem Krankenversicherungsrecht zuzuordnen sind, aber die besonderen Beziehungen zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten betreffen (LSG NRW, Beschluss vom 09.07.2004 – L 10 B 6/04 KA ER). Nach der Legaldefinition des § 10 Abs. 2 SGG erfasst der Begriff des Vertragsarztrechts alle Streitigkeiten aufgrund der Beziehung zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten. Eine solche Streitigkeit liegt vor. Dass die Ast. nicht zu einem der genannten Leistungserbringer zählt, schließt nicht die Bejahung einer Vertragsarztstreitigkeit aus. "Aufgrund" der Beziehung zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten kann eine Streitigkeit auch entstehen, wenn Dritte, die nicht an dieser Rechtsbeziehung beteiligt sind, behaupten, durch eine zwischen Krankenkassen und Vertragsärzten getroffene Regelung in ihren Rechten unmittelbar oder mittelbar berührt zu sein. So liegt es hier. Der Rechtsstreit resultiert aus dem zwischen der Ag. und den Beigeladenen geschlossenen Vertrag zur Arzneimittelversorgung, der eine Reduzierung des Verordnungsanteils sogenannter Me-Too-Präparate vorsieht. Zur Zielerreichung verpflichtet sich die Ag. u.a. zur Information der Vertragsärzte über die Vereinbarung und die Notwendigkeit der Veränderung des Verordnungsverhaltens. Die von der Ast. angegriffenen Maßnahmen der Ag. sollen der Umsetzung der Vereinbarung und der Erfüllung der übernommenen Verpflichtungen dienen. Mithin handelt es sich um einen Streit "aufgrund" der Beziehungen zwischen den Krankenkassen und Vertragsärzten. Das BSG hat dementsprechend (zu § 51 Abs. 2 SGG i.d.F. des Gesundheitsreformgesetzes) für Streitigkeiten gegen den (früheren) Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen wegen der Richtlinien nach § 92 Abs. 1 SGB V das Vorliegen von Kassenarztsachen bejaht (BSG SozR 3-2500 § 138 Nr. 1; SozR 3-2500 § 92 Nr. 2; siehe auch SozR 1500 § 51 Nr. 50). Ebenso ist es offenkundig – ebenso wie zuvor der Senat (Urteil vom 19.01.2005 – L 11 KA 103/03) – in dem Verfahren eines Arzneimittelherstellers gegen den Bundesausschuss wegen eines Therapiehinweises in den Arzneimittel-Richtlinien von einer Kassenarztstreitigkeit ausgegangen (s. Terminbericht Nr. 30/06 vom 01.06.2006, Nr. 4). Soweit das BSG für die Klage eines betroffenen Arzneimittelherstellers gegen die sogenannte "Negativliste" (Präparateübersicht nach § 93 Abs. 1 SGB V über die nach § 34 Abs. 1 SGB V oder durch Rechtsverordnung aufgrund des § 34 Abs. 2, 3 SGB V ausgeschlossenen Arzneimittel) eine Angelegenheit des Kassenarztrechts verneint hat (BSG SozR 3-2500 § 34 Nr. 5), beruhte dies auf der damaligen Fassung des § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG (in der Fassung des GRG); das BSG hat es für entscheidend angesehen, dass die angegriffene Übersicht vom Ministerium und damit nicht von einer der in § 51 Abs. 2 Satz 1 SGG (damalige Fassung) genannten Institutionen erlassen worden war. Hier ergibt sich der Streit dagegen aus der zwischen der Ag. und den Beigeladenen geschlossenen Arzneimittelvereinbarung.
II.1.a) Der Antrag ist zulässig. Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 1 SGG kann zur Sicherung eines Rechts eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand getroffen werden, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechtes vereitelt oder wesentlich erschwert wird. Erforderlich sind die Geltendmachung eines Anordnungsanspruchs und Anordnungsgrundes.
Ein Anordnungsanspruch kann sich entgegen der Ansicht der Ag. aus einem grundrechtlichen Abwehranspruch aus Art. 12 Abs. 1, 14 Abs. 1 GG ergeben. Die Ast. kann geltend machen, durch die angegriffenen Maßnahmen in ihren Chancen auf gleichberechtigten Zugang zum Markt der in der GKV eingesetzten Arzneimittel beeinträchtigt zu sein, sofern es für das Handeln der Ag. keine Rechtsgrundlage gibt bzw. ihre Qualifizierung des Präparates als "Me-Too-Präparat" im Sinne der Arzneimittelvereinbarung inhaltlich unzutreffend ist. Die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Festbeträgen vom 17.12.2002 (BVerfGE 106, 245 ff.), wonach die Festbetragsfestsetzungen nicht an Grundrechten der betroffenen Anbieter zu messen sind und keine objektiv berufsregelnde Tendenz haben, ist nicht einschlägig. Vom Bundesverfassungsgericht war zum Einen allein die Frage zu prüfen, ob das Verfahren der Festsetzung der Festbeträge verfassungsgemäß ist. Zum anderen betrifft die Festsetzung eines Festbetrages nur die Höhe der Leistungspflicht der Krankenkasse gegenüber dem Versicherten (vgl. § 12 Abs. 2 SGB V). Insoweit mögen die Marktchancen der betroffenen Anbieter nur als Reflex dieser Leistungsbegrenzung berührt sein. Hier dagegen soll, ebenso wie bei einem Therapiehinweis des Gemeinsamen Bundesausschusses, durch die Zielvereinbarung das Verordnungsverhalten der Vertragsärzte beeinflusst und auf dessen Änderung zur Erreichung der angestrebten Wirtschaftlichkeitsziele hingewirkt werden. Somit kommt den angegriffenen Maßnahmen ebenso wie einem Therapiehinweis des Gemeinsamen Bundesausschusses eine objektiv berufsregelnde Tendenz zu. Eine Grundrechtsbetroffenheit der Ast. kann daher nicht verneint werden; der Senat verweist ergänzend auf seine Ausführungen im Urteil vom 19.01.2005 (L 11 KA 103/03), die ausweislich des zitierten Terminsberichtes insoweit vom BSG geteilt werden.
b) Hinsichtlich des Präparates Urion besteht kein Anordnungsgrund mehr, da der Patentschutz nach eigenem Vortrag der Ast. am 12.5.2006 abgelaufen ist und das Präparat somit nicht mehr als Me-Too-Präparat i.S.d. Arzneimittelvereinbarung gilt, da nur patentgeschützte Analogmittel erfasst werden. Die Ag. hat selbst darauf hingewiesen, dass die von der Ast. gerügten Änderungen der Liste u.a. darauf beruhen, dass Präparate entfernt werden, deren Patentschutz abgelaufen ist. Somit ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung schon deshalb nicht erforderlich, weil davon ausgegangen werden kann, dass die Ag. Urion nicht mehr auf der Me-Too-Liste führen wird.
2. Hinsichtlich des Präparates Pantozol ist das Bestehen eines grundrechtlichen Abwehranspruchs ist nach summarischer Beurteilung der Rechtslage nicht wahrscheinlich; es spricht mehr dafür, dass eine Klage in der Hauptsache ohne Erfolg bleiben wird.
a) Soweit die Ast. der Ag. untersagen lassen will, Substitutionsvorschläge zu dem Präparat Pantozol auf der Basis von DDD-Kosten von 2,30 Euro für den Wirkstoff Pantoprazol zu veröffentlichen, ist dieser Antrag schon mangels Wiederholungsgefahr offenkundig unbegründet. Die dem Informationsschreiben an die Ärzte beigefügten Substitutionsempfehlungen sind, worauf auch in der Überschrift der Anlage hingewiesen wird, dem Arzneiverordnungsreport 2005 entnommen und basieren auf den Preisen des Jahres 2004. Dementsprechend heißt es im Arzneiverordnungsreport (Seite 22) auch, dass die Einsparpotentiale nur für die Marktsituation des Jahres 2004 repräsentativ sind und nicht ohne weiteres auf die Marktverhältnisse des Jahres 2005 übertragen werden können. Für den Empfängerkreis des Schreibens, für den der Senat unterstellt, dass er das Marktgeschehen in dem für seine Verordnungen maßgeblichen Segment verfolgt, war somit ohne weiteres erkennbar, dass angesichts der inzwischen erfolgten Preisentwicklung (u.a. durch den Festbetrag für PPH) die angegebenen Zahlen nicht mehr zutreffend waren. Mehr als eine Sensibilisierung der Ärzte für mögliche Einsparpotenziale konnte der Hinweis auf den Arzneiverordnungsreport 2005 nicht bedeuten. Die Ag. hat im Parallelverfahren unter Hinweis auf die zum 01.04.2006 erfolgte Preissenkung für Rifun vorgetragen, dass sich die Bewertungsgrundlagen ständig ändern und ihr nicht vorgeworfen werden könne, dass sie die zum Zeitpunkt der Erstellung der Substitutionsliste gültigen Preise angegeben habe. Dieser Vortrag macht deutlich, dass sie nicht beabsichtigt, den im Antrag bezeichneten Substitutionsvorschlag in dieser Form zu wiederholen, so dass mangels Wiederholungsgefahr der Antrag unbegründet ist. Die im Internet veröffentlichte Liste der unter die Me-Too-Quote fallenden Arzneimittel enthält keine Substitutionsvorschläge mit DDD-Kosten. Im Übrigen geht der von der Ast. zum Nachweis der Unrichtigkeit des Substitutionsvorschlags vorgenommene Vergleich der aktuellen DDD-Kosten für Pantozol mit den von der Ag. genannten DDD-Kosten für Omeprazol fehl, da letztere auf den Preisen des Jahres 2004 beruhen. Dass grundsätzlich Pantozol preisgünstiger ist als das preisgünstigste Generikum von Omeprazol (siehe die Übersicht über die Omeprazol-Präparate Tabelle 36.3 des Arzneimittelverordnungsreports 2005, S. 722) behauptet auch die Ast. nicht.
In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass es der Ag. sehr wohl unbenommen ist, Kosten der Arzneimittel mit Tagesdosen anzugeben, und zwar auf der Grundlage der aktuellen anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation mit Tagesdosen (ATC-Index mit DDD-Angaben) und der aktuellen Preise der Arzneimittel. Die im Beschluss des 5. Senats des LSG NRW vom 31.08.2000 (L 5 B 32/99 KR) vertretene Auffassung, dass grundsätzlich Zweifel an der Zulässigkeit eines Preisvergleichs auf der Grundlage der DDD bestünden, ist durch die Regelung des § 73 Abs. 8 SGB V (eingefügt durch das Arzneimittelbudget-Ablösungsgesetz )ABAG) vom 19.12.2001, BGBl. I, 3773) und insbesondere durch dessen Ergänzung durch das GKV-Modernisierungsgesetz vom 14.11.2003 (BGBl. I, 2190) überholt. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KV) sind nach § 73 Abs. 8 Satz 1 SGB V verpflichtet, Ärzte auch vergleichend über preisgünstige verordnungsfähige Leistungen zu informieren. Gemäß Satz 4 sind die Kosten der Arzneimittel je Tagesdosis nach den Angaben der anatomisch-therapeutisch-chemischen Klassifikation, die nach Satz 5 vom Deutschen Institut für medizinische Dokumentation und Information (DIMDI) herausgegeben wird, anzugeben. Das Gesetz erlaubt also jedenfalls seit dem 01.01.2004 die Verwendung der ATC-Klassifikation mit definierten Tagesdosen zur Angabe von Tagestherapiekosten.
b) Offensichtlich unbegründet ist auch der Antrag zu b), der Ag. zu untersagen, Ärzte unter Androhung eines Honorarabzugs aufzufordern, Pantozol maximal im Rahmen einer Me-Too-Quote zu verordnen. Eine solche Äußerung hat die Ag. nicht kundgetan. Unabhängig davon, dass ein Regress sich allein aus § 7 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung ergeben könnte , hat die Ag. in dem von der Ast. bezeichneten Schreiben auch keineswegs den Ärzten bei Nichteinhaltung der Me-Too-Quote einen Honorarabzug angedroht. In dem Schreiben wird lediglich auf die Bedeutung der Einhaltung der Zielwerte hingewiesen, weil künftig nur diejenigen hafteten, die unwirtschaftlich verordnet hätten. Völlig korrekt wird aber dargestellt, dass die individuelle Haftung bei Nichterreichen der Zielwerte erst eingreift, wenn die Arzneimittelumsätze im Bereich der Ag. höher als 2,68 Milliarden Euro waren und gleichzeitig der Arzt sein Richtgrößenvolumen überschritten hat. Ohnehin bleibt für den Arzt auch ein Überschreiten der Me-Too-Quote folgenlos, wenn er nur die Generikaquote erreicht. Von daher stellt es eine unzulässige und unzutreffende Verkürzung der Aussage des Schreibens dar, wenn die Ast. der Ag. vorwirft, sie drohe den Ärzten einen Honorarabzug an, wenn sie Pantozol über die vereinbarte Quote hinaus verordneten. Dass die Ag. in anderem Zusammenhang eine entsprechende Aussage getroffen hat, hat die Ast. selbst nicht behauptet.
Unabhängig davon werden auch durch die eventuelle Unzulässigkeit eines arztindividuellen Malus Rechte der Ast. nicht berührt. Durch den in § 7 Abs. 2 der Arzneimittelvereinbarung vorgesehenen Honorarabzug werden nur die Ärzte belastet. Für die Arzneimittelhersteller spielt es keine Rolle, ob in der Arzneimittelvereinbarung bei Überschreiten des Ausgabenvolumens und Nichterreichen eventuell getroffener Wirtschaftlichkeitsziele global eine Honorarrückzahlung vereinbart wird oder ob arztindividuelle Honorarrückforderungen vereinbart werden. Im letzten Fall mag zwar der einzelne Arzt eher "motiviert" sein, die Zielvereinbarung einzuhalten. Für die Arzneimittelhersteller ergibt sich daraus aber keine eigene Beschwer; diese kann allenfalls von den zur Umsetzung von Zielvereinbarungen getroffenen Maßnahmen ausgehen.
c) Auch die Einstufung des Präparats Pantozol als Me-Too-Präparat ohne relevanten höheren therapeutischen Nutzen im Sinne der Zielvereinbarung nach § 4 Abs. 2 Nr. 2 der Arzneimittelvereinbarung dürfte nicht zu beanstanden sein.
aa) Rechtsgrundlage der Veröffentlichung der Liste ist § 84 Abs. 1 SGB V. Danach hat die Ag. mit den Beigeladenen eine Arzneimittelvereinbarung zu treffen, die neben einem Ausgabenvolumen für Arzneimittel auch Versorgungs- und Wirtschaftlichkeitsziele und konkrete, auf die Umsätze dieser Ziele ausgerichtete Maßnahmen, insbesondere zur Information und Beratung treffen soll. In Erfüllung dieses gesetzlichen Auftrags hat die Ag. zum einen Wirtschaftlichkeits- und Versorgungsziele (§ 4 Abs. 2 der Vereinbarung) vereinbart und sich zum anderen in § 5 Abs. 2 sowohl zu einer allgemeinen Unterrichtung der Ärzte über die Vereinbarung und die Notwendigkeit einer Änderung des Verordnungsverhaltens als auch einer gezielten Information über die therapeutischen Bewertung einzelner Arzneimittel verpflichtet. Dem dienen die angegriffenen Maßnahmen, insbesondere die Veröffentlichung der Me-Too-Liste. Soweit der Senat in seinem Urteil vom 19.01.2005 (L 11 KA 103/03) für Therapiehinweise des Gemeinsamen Bundesausschusses ein "ausreichend dichtes Gesetzesprogramm" verlangt hat, kann er hieran im Hinblick auf die Entscheidung des BSG vom 31.08.2006 (B 6 KA 13/05 R, siehe Termin-Bericht 30/06 vom 01.06.2006) nicht mehr festhalten. Das BSG hat die Ermächtigung des Bundesausschusses zum Erlass von Richtlinien für eine wirtschaftliche Verordnung (§ 92 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Satz 2 Nr. 6 SGB V) für ausreichend gehalten, zur Konkretisierung des den Vertragsarzt unmittelbar bindenden Wirtschaftlichkeitsgebotes Therapiehinweise zu erlassen. Auch die Vorgaben des § 84 Abs. 1 SGB V dienen der Einhaltung und Erfüllung des Wirtschaftlichkeitsgebots. Bei der Neufassung des § 84 Abs. 1 SGB V durch das ABAG hat der Gesetzgeber ausdrücklich die Vereinbarung von Wirtschaftlichkeitszielen in Bezug auf die bevorzugte Verordnung von Generika und Analogpräparaten gefordert (BT-Drucksache 14/6309, 7). Somit stellt § 84 Abs. 1 SGB V eine ausreichende Rechtsgrundlage für die zur Umsetzung der hier getroffenen Arzneimittelvereinbarung dienenden Maßnahmen der Ag. dar.
bb) Die Einordnung von Medikamenten als Me-Too-Präparate ist auch ausreichend bestimmt. Zwar wird der Begriff des Me-Too-Präparates in der Vereinbarung nicht selbst definiert. Es handelt sich aber um einen seit Jahren in der Diskussion um die Arzneimittelversorgung eingeführten Begriff, der nicht nur dem seit Jahren erscheinenden Arzneiverordnungsreport, sondern auch den nach § 84 Abs. 5 Satz 4 erstellten GAmSi zugrundeliegt. Für die interessierten Kreise ist die Einstufung ausreichend transparent. Wie auch die Ast. einräumt, ist Pantoprazol nach Markteintritt in die Kategorie C der Klassifikation nach G/L eingestuft worden. Soweit die Ast diese Klassifikation als "holzschnittartig" bezeichnet und sie vor allem deswegen für ungeeignet für eine Bewertung eines Arzneimittels hält, weil sie nur die Situation beim Markteintritt erfasst und spätere Studien zu therapeutischen Vorteilen unberücksichtigt bleiben, kann dahinstehen, ob im Grundsatz diese Kritik berechtigt ist. Die Ag. weist aber darauf hin, dass die Klassifikation seit 1982 verwendet werde und bis auf wenige Einzelfälle sich die ursprünglichen Bewertungen der Arzneimittel als zutreffend erwiesen hätten. Unabhängig davon erscheint die Kritik der Ast. hinsichtlich des Wirkstoffs Pantoprazol auch nicht durchgreifend.
cc) Die in der Qualifizierung als Me-Too-Präparat im Sinne der Arzneimittelvereinbarung enthaltene implizite Bewertung des therapeutischen Nutzens wird nicht durch § 35b SGB V ausgeschlossen. § 35b SGB V soll Einzelheiten zu den Aufgaben des nach § 139 a Abs. 1 SGB V errichteten IQWiG bzgl. der Nutzenbewertung von Arzneimitteln, insbesondere mit neuen Wirkstoffen regeln. Der Gesetzesbegründung (BT-Drucksache 15/1525, 88) lässt sich nicht entnehmen, dass damit exklusiv dem IQWiG die Nutzenbewertung von Arzneimitteln übertragen ist. Zutreffend weist das Sozialgericht München im Beschluss vom 18.05.2006 (S 47 KR 444/06 ER) darauf hin, dass in diesem Fall jede Darstellung der Ag. bzw. der Krankenkassen mit Hinweisen auf wissenschaftliche Erkenntnisse zu Arzneimitteln gesetzwidrig wäre und auch die Beschränkung des IQWiG auf Fragen grundsätzlicher Bedeutung und das beschränkte Antragsrecht für ein Tätigwerden des Instituts gegen eine "Sperrwirkung" des § 35b SGB V sprechen. Die Anordnung der Etablierung eines Verfahrens mit transparenten Bewertungskriterien und Beteiligungs- und Mitwirkungsrechten ist vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Empfehlungen des IQWiG die fachliche Grundlage für Beschlüsse des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 SGB V bilden. Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Arzneimittel-Richtlinien vorgenommenen Bewertungen entfalten im Verhältnis zu Krankenkassen, Ärzten und Versicherten gleichermaßen rechtliche Wirkung (zur rechtlichen Verbindlichkeit der Arzneimittel-Richtlinien siehe BSG SozR 3-2500 § 27 Nr. 9). Wegen der Verbindlichkeit der vorgenommenen Bewertung des therapeutischen Nutzens ist einleuchtend, dass der Gesetzgeber eine besondere Regelung für das Verfahren in § 35 b SGB V getroffen hat. Dagegen ist die durch die Me-Too-Liste vorgenommene implizite Bewertung nicht verbindlich, angesichts einer Quote von ca. 8 % für Allgemeinmediziner und Internisten, die hauptsächlich PPH verordnen dürften, verbleibt diesen Arztgruppen die Möglichkeit, ohne für sie negative Folgen in denen ihnen geboten erscheinenden Fällen auch Analogpräparate zu verordnen.
dd) Die in der Aufnahme in die Me-Too-Liste enthaltene Bewertung von Pantozol als unwirtschaftliches Arzneimittel ist auch nicht deshalb rechtswidrig, weil das Präparat zu dem Festbetrag erhältlich ist. Zutreffend weist die Ag. darauf hin, dass der Festbetrag nur die Obergrenze der Leistungspflicht der Krankenkasse gegenüber den Versicherten darstellt und es innerhalb einer Festbetragsgruppe erhebliche Preisdifferenzen geben kann. Dem Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 Abs. 1, 70 Abs. 1 Satz 2 SGB V) wird nicht schon dadurch genügt, dass ein zum Festbetrag erhältliches Arzneimittel verordnet wird (bei Verordnung eines preislich über dem Festbetrag liegenden Arzneimittels würde die Krankenkasse ohnehin nicht belastet, weil der Versicherte die Mehrkosten zu tragen hätte, § 31 Abs. 2 SGB V). Vielmehr muss der Vertragsarzt schon immer seit Geltung des Wirtschaftlichskeitsgebots bei therapeutischer Gleichwertigkeit das preisgünstigste Mittel verordnen, und zwar unabhängig und nicht erst seit Geltung von Arzneimittelvereinbarungen. Es ist auch nicht ersichtlich, warum wegen der Festbetragsfestsetzung für die PPH nur noch ein Preisvergleich nach § 92 Abs. 2 SGB V zulässig sein soll, da diese Übersicht unabhängig davon ist, ob für Medikamente ein Festbetrag festgesetzt ist oder nicht.
ee) Es spricht auch mehr dafür, dass die Ag. Pantozol als Me-Too-Präparat im Sinne der Arzneimittelvereinbarung einstufen darf. Die Ast. behauptet, Pantozol sein nicht durch ein Omeprazolpräparat substituierbar und macht insoweit geltend, Pantozol sei im Gegensatz zu Omeprazol zur intermittierenden Therapie ("on-demand-Therapie") zugelassen, habe eine längere Wirkung als Omeprazol, ein günstigeres Nebenwirkungsprofil und weise ein deutlich geringeres Interaktionsrisiko mit anderen Arzneimitteln auf. Diese Einwände hält der Senat nicht für durchgreifend:
– Die Frage der Substituierbarkeit von Pantoprazol durch Omeprazol ist selbstverständlich nur im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Zulassung von Bedeutung. Falls bei einer Langzeittherapie zu einer intermittierenden Therapie übergegangen werden soll, muss der Arzt seine Verordnung nach dieser Indikation auswählen. Im Schreiben der Ag. wird auch ausdrücklich darauf hingewiesen, dass der Arzt über einen Substanzwechsel zu entscheiden habe. Insoweit verbleibt ihm allerdings auch durch die vereinbarte Quote, die ja nicht medikamentenbezogen, sondern für alle Analogpräparate gilt, die Möglichkeit, das für Therapie erforderliche Mittel zu verordnen. – Was die weiteren Einwände anbelangt, kann sich nur die Frage stellen, inwiefern diese behaupteten Vorteile therapeutisch bedeutsam sind. Hinsichtlich des Interaktionsrisikos kann den von der Ast. vorgelegten Unterlagen, insbesondere dem Gutachten von Prof. Dr. C entnommen werden, dass Pantoprazol ein geringeres Interaktionspotential mit anderen Medikamenten hat als Omeprazol. Zur klinischen Bedeutung nimmt Prof. Dr. C in dem Gutachten nicht Stellung. In dem Aufsatz von Grass und Simon (Der Kassenarzt, Heft 43/200, Seite 32) wird der vorrangige Einsatz von Pantoprazol bei multimorbiden Patienten, die mit mehreren Medikamenten behandelt werden müssen, empfohlen. Im Aufsatz von Klotz et al. (Internist 2003, 1444) werden hinsichtlich der Arzneimittelinteraktionen als klinische Reaktionen nur allgemein Dosiskorrekturen, das Absetzen der Komedikation bzw. ein Substanzwechsel angesprochen. Dies zeigt, dass es verschiedene Möglichkeiten gibt, der klinischen Bedeutung von Arzneimittelinteraktionen Rechnung zu tragen. Es ist also keineswegs zwingend, aus diesem Grunde Pantoprazol einzusetzen. In diesem Zusammenhang ist nochmals darauf hinzuweisen, dass – wie auch in dem Schreiben der Ag. an die Ärzte ausgeführt – der Arzt über den Austausch des Wirkstoffs entscheiden muss und ihm wegen der Quote auch die Möglichkeit verbleibt, in zwingenden Fällen vom Einsatz von Omeprazol abzusehen. – Für die grundsätzliche therapeutische Gleichwertigkeit von Omeprazol und Pantoprazol spricht der Beschluss des (früheren) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen (jetzt Gemeinsamer Bundesausschuss) vom 04.09.2003 (BAnz. 2004, Nr. 2, S. 67), in Kraft getreten am 07.01.2004, über die Ergänzung der Anlagen der Arzneimittel-Richtlinien um eine Anlage 6. Diese betrifft Hinweise über die Bewertung von Arzneimitteln mit pharmakologisch vergleichbaren Wirkstoffen oder therapeutisch vergleichbarer Wirkung. Der Bundesausschuss stellt nach Auswertung der vorliegenden Studien zu den PPH fest, dass die Wirksamkeit aller PPH in den zugelassenen Indikationen gut nachgewiesen sei, wobei für Omeprazol die umfangreichsten Daten vorlägen. Insoweit könne der Arzt das preisgünstigste Präparat einsetzen. Es gebe keinen Beleg dafür, dass die in Deutschland verfügbaren Generika eine gegenüber dem Originalpräparaten mindere Wirksamkeit bzw. Qualität aufwiesen, wobei Unterschiede beim Zulassungsstatus beachtet werden sollten. Für klinisch bedeutsame Wirksamkeitsunterschiede zwischen den einzelnen PPH finde sich kein hinreichender Nachweis. Auch hinsichtlich der Nebenwirkungen oder klinisch relevanten Interaktionen bestünden zwischen den einzelnen Substanzen nur geringe Unterschiede. Dieser Beschluss ist von der Ast. hingenommen worden. Auf dieser Bewertung beruht offenbar auch der – freilich von der Ast. angegriffene – Beschluss vom 15.06.2004 des Gemeinsamen Bundesausschusses (BAnz. Nr. 182 vom 15.09.2004) zur Bildung einer Festbetragsgruppe der Stufe 2 "Protonenpumpenhemmer"). Ein weiteres Argument für die therapeutische Gleichwertigkeit ist, dass die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten "Gastroösophagale Refluxkrankheit" aus dem Jahr 2005 (AWMF-Leitlinien-Register Nr. 021/013) nur den Einsatz von Wirkstoffgruppen empfiehlt und nicht auf bestimmte Wirkstoffe verweist, also offenkundig davon ausgeht, dass die PPH therapeutisch gleichwertig sind. Ausdrücklich wird darauf hingewiesen, dass alle verfügbaren PPH sämtlich auch in der Langzeittherapie sicher und frei von ernsteren unerwünschten Wirkungen seien. Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass die Spitzenverbände der Krankenkassen und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) in den Rahmenvorgaben nach § 84 Abs. 7 SGB V für das Jahr 2006 vom 06.10.2005 in den Empfehlungen für Zielvereinbarungen in der Anlage 3.2 als Beispiel für ein Wirtschaftlichkeitsziel eine Zielvereinbarung zu PPH vorgelegt haben, das für den Bereich der Ag. ein Zielvereinbarungspotential von 35 Millionen Euro (ausgehend von dem Bruttoumsatz im Jahr 2005) bei einer Umstellung auf Omeprazol nennt. Auch dies zeigt, dass die Auffassung vorherrscht, dass grundsätzlich bei den PPH alle Wirkstoffe therapeutisch gleichwertig sind.
3.) Bei dieser Sachlage kommt auch unter Berücksichtigung einer Abwägung der Folgen, die eintreten würden, wenn die beantragte einstweilige Anordnung nicht erginge gegenüber den Folgen bei Erlass der einstweiligen Anordnung ein solche nicht in Betracht. Die Ast. beklagt zwar erhebliche Umsatzrückgänge, bei denen unterstellt werden kann, dass sie die Ast wirtschaftlich treffen werden, auch wenn die Ast. insoweit nichts Konkretes vorgetragen hat. Auf der anderen Seite ist zu berücksichtigen, dass es ein besonderes Anliegen des Gesetzgebers ist, die Arzneimittelausgaben zu steuern. Im Jahre 2005 sind die Arzneimittelausgaben – bereinigt um die Rückführung des Herstellerrabats – um rund 2,5 Milliarden Euro gestiegen (s. die Begründung zum Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung BT-Drucksache 16/194, 6). In dieser Steigerung der Arzneimittelausgaben sieht der Gesetzgeber einen Verstoß sowohl gegen das Wirtschaftlichkeitsprinzip in der gesetzlichen Krankenversicherung als auch gegen den Grundsatz der Beitragssatzstabilität (a.a.O.). Wie § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB V zeigt, erwartet der Gesetzgeber auch ein sofortiges Reagieren der KV en auf sich abzeichnende Überschreitungen des vereinbarten Ausgabenvolumens. Die Ag. weist zu Recht darauf hin, dass hiermit nicht zu vereinbaren ist, wenn Steuerungsinstrumenten auch schon vorläufig ihre Wirkung genommen wird. Im Gesetz zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung vom 26.04.2006 (BGBl. I, 984) hat der Gesetzgeber nunmehr in § 84 Abs. 7 a SGB V den Spitzenverbänden und der KBV aufgegeben, Durchschnittskosten je definierter Dosiereinheit auf Bundesebene zu vereinbaren, die Bestandteil der Vereinbarung nach § 84 Abs. 1 SGB V sind, wenn die nicht die regionalen Vertragspartner eine abweichende adäquate Regelung zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit Arzneimittelversorgung treffen (§ 84 Abs. 4 a SGB V i.d.F. des Gesetzes vom 26.04.2006). Der Gesetzgeber geht bei dieser Regelung von erheblichen Wirtschaftlichkeitsreserven insbesondere bei der therapiegerechten Auswahl von Wirkstoffen und Wirkstoffklassen aus (a.a.O., S. 10). Dies zeigt die Bedeutung der Einhaltung der in der Arzneimittelvereinbarung getroffenen Wirtschaftlichkeitsziele. Die Erhaltung der finanziellen Stabilität der GKV ist ein Gemeinwohlbelang von hohem Rang (BVerfGE 68, 193, 218; 82, 201, 230). Von daher wiegt das Interesse der Ag. (und der Beigeladenen) an der Umsetzung der Arzneimittelvereinbarung und dem Erreichen der Wirtschaftlichkeitsziele schwer. Somit scheidet angesichts der eher geringen Erfolgsaussicht einer Klage in der Hauptsache der Erlass einer einstweiligen Anordnung auch unter Berücksichtigung der die Ast. treffenden Folgen aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 13.07.2006
Zuletzt verändert am: 13.07.2006