Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2005 wird zurückgewiesen. Kosten des Klägers werden auch nicht im Berufungsverfahren erstattet. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Zahlung von Altersruhegeld (ARG) unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Der am 00.00.1927 in T geborene Kläger ist Jude und Verfolgter im Sinne des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG). Nach eigenen Angaben gehörte er nicht dem deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) an. Der Kläger lebte bis Sommer 1942 in Smorgon, zuletzt im Ghetto. Der Ort Smorgon lag bis 1939 auf polnischem Staatsgebiet und ab dem 01.11.1939 auf sowjetischem Staatsgebiet. Im Sommer 1941 wurde Smorgon von der deutschen Wehrmacht erobert und dem Generalkomisssariat Litauen (Reichskommissariat Ostland) zugeordnet. Im Sommer 1942 wurde der Kläger in ein Zwangsarbeitslager (ZAL) deportiert. Im Sommer 1944 floh der Kläger aus einem Zwangsarbeiterlager und lebte bis zum Einmarsch der sowjetischen Armee im Juli 1944 in der Illegalität. Der Kläger wanderte über Polen und Zypern 1948 nach Israel aus. Er erwarb die israelische Staatsangehörigkeit und war in Israel in der Zeit vom 01.04.1954 bis zum 31.12.1992 versicherungspflichtig beschäftigt.
Im 1956 eingeleiteten Entschädigungsverfahren gab der Kläger an, dass er vor dem Krieg in Smorgon gewohnt habe. Ab Sommer 1941 habe er sich in dem von der SS bewachten Ghetto Smorgon aufgehalten. Er habe einen Judenstern auf der Brust und dem Rücken getragen, die Verpflegung durch den Judenrat erhalten und Straßen- und Waldarbeiten verrichten müssen. Mitte 1942 sei er mit einem Bahntransport in das ZAL Zesmar überführt worden. Dort habe er im Straßenbau bei der Organisation Todt gearbeitet. Im Frühjahr 1943 sei sein Weitertransport per Auto in das ZAL Kachedores erfolgt, in dem er hinter Stacheldrahtverhau und unter Bewachung der SS und der Wehrmacht zeitweise in einer Baracke gewohnt, den Judenstern getragen und Arbeiten im Walde und beim Torf verrichtet habe. Ende 1943 sei er in das hinter Stacheldraht gelegene von SS bewachte ZAL Alexod-Kowno geschickt worden. Dort habe er auf dem Flughafen und beim Bau einer Eisenbahnlinie neben dem Flughafen gearbeitet. Zur Arbeitsstätte sei er täglich unter Bewachung geführt worden. Im Sommer 1944 sei er mit einem Bahntransport in das ZAL Kozlowa Ruda gekommen, in dem er mit Torfarbeiten beschäftigt gewesen sei. Von dort sei ihm die Flucht gelungen (eidesstattliche Erklärung vom 07.11.1955). Die Zeuginnen G und E erklärten in inhaltlich identischen eidesstattlichen Erklärungen vom 01.11.1955, dass der Kläger sich seit Sommer 1941 im Ghetto Smorgon aufgehalten, die Verpflegung durch den Judenrat erhalten und er Straßen- und Waldarbeiten verrichtet habe. Sie seien Mitte 1942 zusammen mit einem Bahntransport in das mit einem Stacheldrahtzaun versehene, von SS bewachte ZAL Zesmar überführt worden und hätten dort zusammen beim Straßenbau gearbeitet. Im Frühjahr 1943 seien sie gemeinsam im Auto in das ZAL Kachedores weitertransportiert worden. Sie hätten dort zusammen Arbeiten im Wald und beim Torf verrichtet. Ende 1943 seien sie zusammen in das ZAL Alexod-Kowno geschickt worden. Sie hätten zusammen auf dem Flugplatz gearbeitet. Im Sommer 1944 seien sie zusammen in das ZAL Kozlowa Ruda gebracht worden.
Im April 1993 beantragte der Kläger bei der Claims Conference die Gewährung von Leistungen nach dem Article 2 Fund. In der Erklärung vom 23.04.1993 gab der Kläger an, er habe sich in der Zeit von August 1941 bis Juni 1942 im Ghetto Smorgon, von Juni 1942 bis April 1943 im Arbeitslager Zesmar, von April bis Mai 1943 im Ghetto Kowno, von Mai bis Oktober 1943 im Arbeitslager Kisudar, von Oktober 1943 bis Februar 1944 im Arbeitslager Alexod-Kowno sowie von Februar bis August 1944 im Arbeitslager Kozlowa Ruda aufgehalten. Im August 1941 sei er mit seiner Familie in das Ghetto Smorgon interniert worden. Sie seien mit vielen Personen in einen kleinen Raum zusammengepresst worden, er habe auf dem Fußboden geschlafen. Er habe eine Zeit im Wald gearbeitet, dann sei er beim Bau einer Eisenbahnlinie beschäftigt gewesen. Im Juni 1942 sei er in das Arbeitslager Zesmar gekommen. Hier habe er beim Straßenbau von früh bis abends gearbeitet. Im Ghetto Kowno sei er nur eine kurze Zeit gewesen. Dort habe er beim Brückenbau gearbeitet. Er habe in einer verlassenen Synagoge geschlafen. Er habe ständig an Hunger gelitten. Im Mai 1943 sei er in das Arbeitslager Kisudar gekommen. Hier hätte er im Wasser Torfarbeiten verrichten müssen. Seither habe er ein Rheumaleiden. Im Oktober 1943 sei er in das Arbeitslager Alexod-Kowno gekommen. Hier sei er beim Bau eines Flugplatzes von früh bis abends eingesetzt gewesen. Die letzte Etappe sei das Arbeitslager Kozlowa-Ruda gewesen. Er sei von russischen Truppen im August 1944 befreit worden. Der Kläger erhält Leistungen aus dem Article 2 Fund.
Im November 2002 beantragte der Kläger die Gewährung von ARG unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG. In der am 16.10.2002 unterzeichneten Erklärung in englischer Sprache gab er an, dass er in der Zeit von 1941 bis 1943 im Ghetto Smorgon und in der Zeit von 1943 bis 1944 im Ghetto Kowno beschäftigt gewesen sei. Er sei im Ghetto Smorgon beim Bau von Eisenbahnlinien beschäftigt gewesen. Desweiteren habe er Reinigungsarbeiten bei der SS (SS-campain) verrichtet, die Hunde seien an ihm trainiert worden ("dogs was trained on me"). Im Ghetto Kowno sei er beim Bau der Eisenbahnbrücke "Grin Brik" und des Flughafens beschäftigt gewesen. Desweiteren klärte der Kläger in einem am 15.07.2003 unterzeichneten Antrag, dass er von Sommer 1941 bis Sommer 1942 im Ghetto Smorgon im Reinigungsressort eingesetzt gewesen sei. Er habe die vom deutschem Militär bewohnten Quartiere gereinigt. Für die Arbeit habe er Lebensmittel für zu Hause und zusätzliches Essen erhalten. Seit dem Sommer 1943 bis Ende 1943 habe er im Ghetto Kowno als Koch in der Küche gearbeitet sowie Soldatenuniformen repariert. Im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG erklärte der Kläger, er sei von Sommer 1941 bis Sommer 1942 im Ghetto Smorgon und in der Zeit von Sommer 1943 bis Ende 1943 im Ghetto Kowno beschäftigt gewesen. Er habe Arbeiten außerhalb des Ghettos verrichtet und sei auf dem Weg von und zur Arbeit durch deutsche Soldaten bewacht worden. Er sei in der Reinigung und in der Küche eingesetzt gewesen. Die Arbeitseinsätze seien freiwillig durch eigene Bemühungen und dank der Vermittlung des Judenrats zustande gekommen. Er habe Reinigungs- und Bedienungsarbeiten, die Reparatur von Soldatenuniformen sowie Arbeiten in der Küche 10 Stunden täglich verrichtet. Er sei durch zusätzliches Essen und Lebensmittel für zu Hause entlohnt worden. Er habe keinen Barlohn und auch keine Sachbezüge erhalten. Nach Beiziehung der Unterlagen der Claims Conference und der Entschädigungsakte des Klägers lehnte die Beklagte den Antrag durch Bescheid vom 15.11.2004 ab. Ausgehend von den Angaben des Klägers in den Entschädigungsakten und in der Akte der Claims Conference über sein Verfolgungsschicksal, die sowohl zeitlich als auch im Hinblick auf die geschilderten Tätigkeiten und Aufenthaltsorte im erheblichen Widerspruch zu den Angaben des Klägers im Rentenverfahren ständen, sei nicht glaubhaft, dass der Kläger die behaupteten Beschäftigungsverhältnisse ausgeübt habe. Desweiteren sei fraglich, ob es sich um entgeltliche Beschäftigungen gehandelt habe.
Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit dem Begehren ein, ARG unter Berücksichtigung der Zeiten von August 1941 bis Juli 1942 sowie von Juli 1943 bis Dezember 1943 als Beitragszeiten nach dem ZRBG zu gewähren. Er habe im Ghetto Smorgon in der Zeit von Sommer 1941 bis Sommer 1942 Reinigungsarbeiten in den Straßen und in der Küche ausgeführt, sowie die Kleidung der Soldaten repariert. Dafür habe er zusätzliche Lebensmittel erhalten. Im Ghetto Kowno habe er sich eine kurze Zeit (einige Monate) aufgehalten. Er habe dort auch Reinigungsarbeiten gegen Erhalt von zusätzlichen Lebensmitteln verrichtet. Bei den Angaben im BEG-Bescheid und bei der Claims Conference habe er seine freiwillige Arbeit nicht erwähnt, weil er darüber nicht befragt worden sei. Zwangsarbeit habe er nur im ZAL ausgeführt (eidlesstattliche Erklärung vom 20.12.2004). Am 09.06.2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Ein Beschäftigungsverhältnis aus eigenem Willensentschluss im Ghetto Smorgon und Kowno sei nicht überwiegend wahrscheinlich, vielmehr beständen begründete Zweifel. Bei der Beurteilung, ob ein Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG vorliege, sei regelmäßig auf die individuellen Tatsachenvorträge zum Verfolgungshergang abzustellen, z. B. auf Erklärungen im Entschädigungsverfahren. Nicht aufzulösende Widersprüche der Angaben im ZRBG-Verfahren gegenüber früheren Aussagen im Entschädigungsverfahren müsse sich ein Antragsteller zurechnen lassen. Die im Rahmen des Widerspruchsverfahrens eingereichte Erklärung vom 20.12.2004 räume die im angefochtenen Bescheid geschilderten Widersprüche nicht aus. Der jetzige Sachvortrag wirke wenig überzeugend, sondern vielmehr zweckgerichtet zur Erlangung von Rentenleistungen.
Am 15.06.2005 hat der Kläger mit dem Begehren Klage erhoben, ihm Altersrente unter Berücksichtigung der Zeiten von August 1941 bis Juli 1942 und von Juli bis Dezember 1943 als Beitragszeiten nach dem ZRBG zu gewähren.
Der Kläger hat vorgetragen, er habe in der Zeit von August 1941 bis Juli 1942 im Ghetto Smorgon und von Juli bis Dezember 1943 im Ghetto Kaunas freiwillig über die Arbeitsverwaltung des Judenrats Tätigkeiten als Arbeiter in der Schneiderei für Uniformen und als Reinigungsarbeiter gesucht. Er habe für seine Tätigkeit Lohn in Form von Sachbezügen erhalten, die ihm zur beliebigen Verfügung gestanden hätten und die er gelegentlich gegen andere Artikel habe eintauschen können. Das für die geleistete Arbeit erhaltene Entgelt habe die vom Bundessozialgericht (BSG) im Urteil vom 07.10.2004, B 13 RJ 59/03 R, geforderte Mindesthöhe überschritten.
Diese Tätigkeiten seien als aus freiem Willen aufgenommene und entgeltliche Tätigkeit im Sinne des ZRBG zu werten. Auf seine Angaben im Entschädigungsverfahren könne nicht abgestellt werden, da die freiwillige Aufnahme einer Tätigkeit und ihre Entlohnung im Entschädigungsverfahren nicht abgefragt worden sei. Da die Ghettoinsasssen sich zwangsweise in einem Ghetto aufgehalten hätten, hätten sie ihre Tätigkeiten als Zwangsarbeit empfunden. Ein von willkürlicher physischer und psychischer Schikane geprägtes Leben könne in kurzen schriftlichen Erklärungen nur mit verallgemeinernden Schlagworten beschreiben werden. Angaben über eine das tägliche Überleben sichernde Entlohnung hätten nicht im Vordergrund gestanden.
Das Sozialgericht (SG) hat die Entschädigungsakten des Klägers beigezogen.
Durch Urteil vom 23.11.2005 hat das SG Düsseldorf die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nicht glaubhaft gemacht, im Ghetto Smorgon in der Zeit von August 1941 bis Juli 1942 und im Ghetto Kaunas in der Zeit von Juli bis Dezember 1943 aus eigenem Willensentschluss gegen Entgelt beschäftigt gewesen zu sein. Zwar sei der Aufenthalt des Klägers im Ghetto Smorgon in der Zeit von August 1941 bis Juli 1942 glaubhaft. Dagegen sei unter Berücksichtigung der Angaben des Klägers im Entschädigungsverfahren und im Antragsverfahren bei der Claims Conference sowie der Tatsache, dass das Ghetto Kaunas lediglich bis September 1943 bestanden habe, ein Aufenthalt des Klägers im Ghetto Kaunas bis Dezember 1943 nicht überwiegend wahrscheinlich. Desweiteren halte die Kammer im Hinblick auf die widersprüchlichen Angaben des Klägers im Entschädigungsverfahren und im Rentenverfahren über die ausgeübten Tätigkeiten in Smorgon und Kaunas nicht für glaubhaft, dass der Kläger die im Klageverfahren geltend gemachten Schneider- bzw. Reinigungsarbeiten verrichtet habe. Selbst wenn eine Tätigkeit im Reinigungsressort in Form von Schneider- und Reinigungsarbeiten für beide Ghettos unterstellt werde, gehe die Kammer nicht im Sinne einer guten Möglichkeit davon aus, dass diese Arbeiten auch aus eigenem Willensentschluss erfolgt seien. Jedenfalls seien die Arbeiten des Klägers nicht entgeltlich im Sinne des ZRBG gewesen. Die Verpflegung am Arbeitsplatz, wie sie vom Kläger und von den Zeugen im Entschädigungsverfahren beschrieben werde, stelle nur die Gewährung von freiem Unterhalt und kein Entgelt im Sinne des ZRBG dar. Auch wenn die Angaben des Klägers im Klageverfahren, er habe täglich Essen am Arbeitsplatz, wöchentlich Lebensmittel für zu Hause und freie Unterkunft erhalten, als wahr unterstellt würden, sei nicht von einer Entgeltlichkeit auszugehen. Der Kläger selbst habe im Verwaltungsverfahren die Frage nach Bar- oder Sachlohn verneint. Vor diesem Hintergrund sei nicht davon auszugehen, dass die Bezüge des Klägers über die Gewährung freien Unterhalts hinausgegangen seien.
Gegen das am 02.12.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 05.12.2005 Berufung eingelegt.
Er verfolgt sein Begehren weiter. Er wiederholt im wesentlichen sein erstinstanzliches Vorbringen. Ergänzend trägt er vor, er habe im Ghetto Smorgon von Sommer 1941 bis Sommer 1942 freiwillig als Reinigungsarbeiter und eine kurze Zeit als Waldarbeiter gearbeitet. Für seine selbst gesuchte Tätigkeit glaube er Coupons erhalten zu haben, für welche er Lebensmittel habe beschaffen können. Im Ghetto Kowno sei er nur kurze Zeit gewesen. Deshalb habe er diese Arbeit und den Aufenthalt im Entschädigungsverfahren nicht erwähnt (eidesstattliche Erklärung vom 28.12.2005). Seine fehlenden Angaben zur Ausübung einer freiwillig gewählten Tätigkeit gegen Lohn im Entschädigungsverfahren belegten nicht, dass tatsächlich kein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden habe. Seine damaligen Angaben seien davon geprägt gewesen, eine Entschädigung zu erhalten. Dabei seien Angaben über die Aufnahme einer freiwilligen Tätigkeit mit Lohnzahlung ohne Bedeutung gewesen. Sie seien nicht abgefragt worden. Es falle ihm nach 60 Jahren schwer, sich an Einzelheiten der Entlohnung zu erinnern, zumal die schreckliche Zeit habe verdrängt werden müssen, um überhaupt weiter leben zu können. Er habe jedenfalls die gleiche Entlohnung wie alle anderen jüdischen Arbeiter im Ghetto erhalten. Soweit das SG die Entlohnung in Lebensmitteln als zu gering ansehe, sei dies aus heutiger Sicht verständlich, jedoch seien die damaligen Verhältnisse zu berücksichtigen, in denen Lebensmittel wertvoller als Geld gewesen und auch in Deutschland die Lebensmittel rationiert worden seien.
Zur Stützung seines Begehrens hat der Kläger eine eidesstattliche Erklärung von Frau L vom 05.01.2006 vorgelegt. Frau L gibt an, sie wisse, dass der Kläger im Smorgon eine freiwillige und entlohnte Arbeit mit Hilfe des Judenrats bekommen habe. Er habe von Sommer 1941 bis Sommer 1942 wie sie als Reinigungsarbeiter gearbeitet. Für seine Arbeit habe der Kläger Coupons erhalten, für die er sich Lebensmittel habe beschaffen können. Auch habe er diese Coupons gegen Sachbezüge eintauschen können. Diese Coupons hätten dem Kläger geholfen, ein besseres Leben zu führen im Vergleich zu anderen nicht arbeitenden Ghettoinsassen.
Der Kläger beantragt (schriftsätzlich sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2005 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15.11.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 09.06.2005 ihm eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung der Zeiten von August 1941 bis Juli 1942 und von Juli 1943 bis Dezember 1943 als Beitragszeiten nach dem ZRBG und Verfolgungsersatzzeiten ab dem 01.07.1997 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Senat hat die Entschädigungsakten des Klägers und seiner Familienangehörigen (Herrn K L, Frau D L und Herrn J L), Auszüge aus Benz/Kwiet/Matthäus, "Einsatz im Reichskommissariat Ostland", das im Verfahren S 6 RJ 730/04 vor dem SG Hamburg erstattete Gutachten von Dr. Tauber über die Ghettos in Litauen, die Stichwörter "Kaunas-Aleksotas" und "Konzentrationslager Kaunas" aus Deutschland-ein Denkmal (www.keom.de/denkmal) sowie die Allgemeine Anordnung für die einheimischen Arbeiter im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft, Verkündungsblatt des Reichskommissars für das Ostland 1941, S.75 f beigezogen sowie Auskünfte des Center for Advanced Holocaust Studies des United Holocaust Memorial Museum über das Ghetto Smorgon und der Conference on Jewish Material Claims Against Germany INC eingeholt. Auf deren Inhalt wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird ferner auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, deren wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte über den Rechtstreit in der mündlichen Verhandlung vom 07.07.2006 trotz Nichterscheinens des Prozessbevollmächtigten des Klägers entscheiden. In der Terminsmitteilung ist der Prozessbevollmächtigte auf die Möglichkeit einer solchen Verfahrensweise hingewiesen wurden.
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Der SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.
Der Kläger ist nicht nach § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig.
Der Kläger hat keinen Anspruch auf ARG gegenüber der Beklagten nach §§ 35, 300 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch (SGB VI) inne. Die für den Rentenanspruch erforderliche Wartezeit von 60 Kalendermonaten (§ 35 Nr. 2, 50 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI) ist nicht erfüllt, weil auf die Wartezeit anrechenbare Versicherungszeiten nicht vorliegen. Die vom Kläger im Berufungsverfahren geltend gemachten Beschäftigungszeiten im Ghetto Smorgon von August 1941 bis Juli 1942 und im Ghetto Kaunas von Juli bis Dezember 1943 sind nicht als Beitragszeiten zu berücksichtigen, da der Kläger nicht dem dSK angehörte (I.), sich im August 1941 und in der Zeit nach Juli 1942 in keinem Ghetto im Sinne von § 1 ZRBG aufhielt (II.) und er keine Beschäftigung im Sinne von § 1 ZRBG im Ghetto Smorgon ausübte (III.). Anrechenbare Ersatzzeiten liegen nicht vor (IV).
Nach § 35 SGB VI haben Versicherte Anspruch auf Altersrente, wenn sie das 65. Lebensjahr vollendet und die allgemeine Wartezeit erfüllt haben. Nach § 50 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI ist die Erfüllung der Wartezeit von fünf Jahren Voraussetzung für einen Anspruch auf ARG. Auf die allgemeine Wartezeit werden nach § 51 Abs. 1 und Abs. 4 SGB VI Kalendermonate mit Beitragszeiten und Ersatzzeiten angerechnet. Nach §§ 55 Abs. 1, 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI sind Beitragszeiten Zeiten, für die nach Bundesrecht oder Reichsversicherungsrecht Pflichtbeiträge oder freiwillige Beiträge gezahlt worden sind oder nach besonderen Vorschriften als gezahlt gelten. Ersatzzeiten werden nach § 250 Abs.1 SGB VI nur bei Versicherten als rentenrechtliche Zeiten berücksichtigt. Die Versicherteneigenschaft setzt voraus, dass vor Beginn der Rente zumindest ein Beitrag wirksam entrichtet worden ist oder als wirksam entrichtet gilt.
Bis zu seiner Ausreise nach Israel im Jahre 1948 lebte der Kläger in keinem Gebiet, das vom Geltungsbereich der Reichsversicherungsordnung (RVO) erfasst war. Er hielt sich bis zu seiner Ausreise im Jahre 1948 auf polnischen bzw. ab November 1939 auf sowjetischen Staatsgebiet auf. Nach der Besetzung durch deutsche Truppen im Sommer 1941 wurden die Städte Smorgon und Kaunas dem Deutschen Reich nicht ein- oder angegliedert, sondern waren als besetzte Gebiete während des streitbefangenen Zeitraums dem Deutschem Reich gegenüber Ausland. Als sowjetischer Staatsangehöriger gehörte der Kläger daher nicht zu dem von der RVO erfassten Personenkreis. Zuständig war nach dem damaligen Rechtszustand zunächst allein der sowjetische Sozialversicherungsträger bzw. ab August 1943 der vom Generalkommissar in Kauen errichtete Sozialversicherungsträger. Denn nach der Verordnung über die Sozialversicherung in den besetzten Gebieten vom 04.08.1941 (RGBl. I, 486) unterlagen nur die im Generalkommissariat Litauen beschäftigten deutschen Staatangehörigen und deutschen Volkszugehörigen den Vorschriften der RVO. Auch durch die Verordnung des Generalkommissars in Kauen über den Aufbau einer Sozialversicherung vom 01.05.1943 (abgedruckt in Plön, Die gesetzliche Rentenversicherung im Ausland, S. 256) wurde die "einheimische" Bevölkerung, zu der alle nichtdeutschen Arbeiter, Angestellte und Lehrlinge mit Ausnahme der Ostarbeiter und nicht im Reichskommissariat beheimateten Ausländer gehörten (§ 1 Abs. 3 der Verordnung), nicht in die RVO miteinbezogen. Vielmehr war die Ersetzung des bisherigen sozialen Sicherungssystems für die "einheimische" Bevölkerung im Generalkomissariat Litauen, eingeführt durch die Sowjetunion, durch den Aufbau einer eigenständigen Sozialversicherung beabsichtigt, die nicht der Reichsversicherung an- oder eingegliedert sein sollte (BSG, Urteil vom 01.12.1966, – 4 RJ 401/64 -; Urteil vom 17.05.1963, – 4 RJ 305/63 -, LSG NRW, Urteil vom 13.01.2006, – L 4 RJ 113/04 -).
I. Bis zu seiner Ausreise nach Israel 1948 erwarb der Kläger keine Beitragszeiten nach dem Fremdrentengesetz (FRG). Denn er erfüllte nicht die persönlichen Voraussetzungen des FRG. Der Kläger ist weder als Vertriebener im Sinne des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) anerkannt noch gehört er zu dem nach § 1 FRG begünstigten Personenkreis. Die Vorschriften des FRG sind auch nicht nach § 17a FRG i.V.m. § 20 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischem Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) auf Beschäftigungen des Klägers bis 1948 anwendbar, da der Kläger nach eigenen Angaben nicht dem dSK angehörte. Desweiteren scheidet eine Anerkennung einer Beschäftigungszeit nach § 16 FRG im streitbefangenen Zeitraum aus, da der Kläger in diesem Zeitraum (Sommer 1941 bis Ende 1943) noch nicht das 17. Lebensjahr vollendet hatte.
Entgegen der Auffassung des Klägers sind die von ihm geltend gemachten Beschäftigungszeiten in den Ghettos Smorgon und Kaunas (Kowno) auch nicht nach den Bestimmungen des ZRBG als Beitragszeiten zu berücksichtigen. Das ZRBG regelt weder die Gleichstellung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto mit nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten nach § 55 Abs. 1 S. 1 SGB VI noch mit fiktiven Beitragszeiten im Sinne von § 55 Abs. 1 S. 2 SGB VI (LSG NRW, Urteil vom 13.01.2006, – L 4 RJ 113/04 -; Urteile vom 03.02.2006, – L 4 R 47/05 und L 4 R 57/05 -). Das ZRBG weitet den Kreis der anspruchsberechtigten Verfolgten, der durch die Bestimmungen des SGB VI, des WGSVG (§§ 1, 20 WGSVG) und des FRG (§§ 1, 16, 17a FRG) festgelegt ist, nicht aus. Der Senat folgt nicht der von den Rentenversicherungsträgern (siehe z. B. Dienstanweisung zum ZRBG der Deutschen Rentenversicherung Bund vom 04.11.2005, Punkt 2) und dem SG Hamburg (Urteil vom 09.02.2006, – S 9 R 896/06 -, Urteil vom 02.05.2006, – S 20 RJ 611/04 -; Urteil vom 03.05.2006, – S 10 RJ 944/03 – ) vertretenen Auffassung, dass für die Anerkennung von Ghetto-Beschäftigungen als Beitragszeiten nach dem ZRBG eine Beziehung der Verfolgten im Sinne des BEG zur deutschen Rentenversicherung während der Verfolgungszeit nicht mehr erforderlich ist und damit das ZRBG – unabhängig von den in den Bestimmungen des SGB VI, des WGSVG und des FRG festgelegten persönlichen Voraussetzungen – für Verfolgte Beitragszeiten wegen einer Beschäftigung im Ghetto begründet. Der Anwendungsbereich des ZRBG beschränkt sich auf die Bewertung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto sowie deren Zahlbarmachung ins Ausland, die nach § 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI (Beitragszeiten nach RVO) oder den Bestimmungen des FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt sind. Das ZRBG ändert oder ergänzt nicht die Bestimmungen des SGB VI über das Entstehen und den Bestand eines Stammrechts auf Rente, sondern es betrifft nur den sich aus dem Rentenstammrecht ergebenden monatlichen Zahlungsanspruch. Denn durch die Regelung des § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG wird nur die in § 113 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI vorgesehene "Zahlungssperre" für Leistungen an den besonderen Personenkreis der Verfolgten des Nationalsozialismus, die unter den Bedingungen eines Ghettos beschäftigt waren, beseitigt. Damit sollen die im Rentenversicherungsrecht durch nationalsozialistisches Unrecht eingetretenen Nachteile insoweit ausgeglichen werden, als der typischerweise im Ausland wohnende betroffene Personenkreis in Zukunft über die ihm zustehenden Leistungen verfügen können soll (BSG, Urteil vom 03.05.2005, – B 13 RJ 34/04 R -). Die Bestimmungen des § 2 Abs. 1 Nr. 1 und des § 3 ZRBG betreffen die Bewertung der Beitragszeiten mit Entgeltpunkten nach § 254d Abs. 1 Nr. 5 SGB VI, die Ermittlung des Zugangsfaktors sowie den Rentenbeginn und somit nicht das Entstehen des Rentenstammrechts. Der Senat hat dazu im Urteil vom 03.02.2006, – L 4 R 47/05 -, ausgeführt:
"Aus dem Wortlaut des ZRBG lässt sich nicht entnehmen, dass die in § 1 ZRBG definierten Beschäftigungszeiten in einem Ghetto Beitragszeiten nach § 55 SGB VI gleichgestellt werden und damit zur Erfüllung der Wartezeit geeignet sein sollen, unabhängig davon, ob die Verfolgten dem vom FRG, WGSVG oder der RVO erfassten Personenkreis angehören. Schon die Überschrift "Gesetz zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto" spricht dafür, dass dessen Regelungen nur Fragen des monatlichen Zahlungsanspruches betreffen, jedoch das Bestehen eines Rentenanspruchs voraussetzen. Der in § 1 Abs.1 ZRBG verwandte Begriff "Verfolgte" ist im ZRBG nicht näher definiert. Soweit in den Vorschriften des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI und des § 1251 Abs. 1 Nr. 4 RVO und der §§ 1 Abs. 1, 20 WGSVG auf die Verfolgteneigenschaft eines Berechtigten zur Berücksichtigung von rentenrechtlichen Zeiten abgestellt wird, handelt es um Verfolgte im Sinne des BEG, die einen durch die Verfolgungsmaßnahme bedingten Schaden in ihrer deutschen Rentenberechtigung erlitten haben, also in der Lage waren, zu Beginn und während der Verfolgungsmaßnahmen Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu erwerben (BSG, Urteil vom 08.09.2005, – B 13 RJ 20/05 – zu § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI; Urteil vom 14.08.2003, – B 13 RJ 27/02 R – zu § 1251 Abs.1 Nr. 4 RVO; Urteil vom 29.08.1996, – 4 RA 85/95 -). Aus dem Wortlaut des § 1 Abs.1 ZRBG ist nicht erkennbar, dass von diesem Verfolgtenbegriff abgewichen wird. Auch aus dem Wortlaut der Vorschrift des § 2 ZRBG lässt sich eine umfassende Gleichstellung der sog. "Ghetto-Beitragszeiten" mit nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten im Sinne von § 55 SGB VI nicht herleiten. § 2 Abs. 1 ZRBG bestimmt, dass für Zeiten der Beschäftigung in einem Ghetto Beiträge als gezahlt gelten, und zwar für die Berechnung der Rente als Beiträge nach den Reichsversicherungsgesetzen für eine Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets (Nr. 1) sowie für die Erbringung von Leistungen ins Ausland als Beiträge für eine Beschäftigung im Bundesgebiet (Nr. 2). Durch § 2 Abs. 1 Nr. 2 ZRBG soll erreicht werden, dass die Zahlbarmachung einer Rente nicht mehr an den auslandsrentenrechtlichen Grundsätzen des SGB VI ( § 110 ff SGB VI) oder der fehlenden Beitragszahlung im Fall von Beschäftigungszeiten nach § 16 FRG (§ 272 SGB VI) scheitert.
Die "Ghetto-Beitragszeiten" gelten nur für die Zahlung ins Ausland als fiktive Bundesgebiets-Beitragszeiten und ermöglichen die Anwendung des § 113 SGB VI zu Gunsten der Verfolgten. Des weiteren bewirkt auch § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG keine Anerkennung ausländischer Beschäftigungszeiten als Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung. Denn die dort geregelte Beitragsfiktion "für die Berechnung der Rente", d. h. die Ermittlung der Höhe der Entgeltpunkte nach § 254d Abs.1 Nr. 5 SGB VI, umfasst nicht die Berücksichtigung der betreffenden Zeit bei der Erfüllung der Wartezeit, also bei der Entstehung des Rentenstammrechts. Die Frage, ob eine Beschäftigungszeit, die nicht im Bundesgebiet zurückgelegt wurde, überhaupt in der deutschen Rentenversicherung berücksichtigt werden kann, ist keine Frage der Berechnung der Rente. Dies ergibt aus der Systematik des SGB VI, nach der die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen und die Bestimmung der rentenrechtlichen Zeiten von der Berechnung der Rente getrennt sind. Das SGB VI unterscheidet im Zweiten Abschnitt des Zweiten Kapitels (§§ 33 -105a) zwischen den Bestimmungen über Rentenarten, den Voraussetzungen für einen Rentenanspruch, den Anspruchsvoraussetzungen für einzelne Renten (§ 35 ff SGB VI) – Bestimmungen, die das Entstehen des sog. Rentenstammrechts betreffen -, und den Bestimmungen über die Rentenhöhe und Rentenanpassung (§ 63 ff SGB VI), das Zusammentreffen von Renten und Einkommen (§ 89 ff SGB VI), Beginn, Änderung und Ende der Rente (§ 99 ff SGB VI) und Ausschluss und Minderung der Rente (§§ 103 – 105a SGB VI) – Bestimmungen, die den monatlichen Zahlungsanspruch aus dem Rentenstammrecht einschließlich der Bewertung der rentenrechtlichen Zeiten betreffen -. Die Berechnung der Höhe eines Zahlungsanspruchs setzt systematisch das Entstehen eines Rentenanspruchs voraus. § 2 Abs. 1 Nr. 1 ZRBG kann daher nicht dahingehend ausgelegt werden, dass die dort ausdrücklich " für die Berechnung der Rente" getroffene Regelung auch für die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen gilt. Vielmehr ist davon auszugehen, dass die nach den allgemeinen Regeln zu bestimmenden Beitragszeiten erst bei der anschließenden Ermittlung der persönlichen Entgeltpunkte nach §§ 70 ff SGB VI wie Zeiten, die im Geltungsbereich der RVO außerhalb des Bundesgebiets zurückgelegt worden sind, behandelt werden sollen und nicht schon bei der Prüfung, ob diese Zeiten überhaupt in den Versicherungsverlauf aufzunehmen sind. Des weitern setzt auch die Regelung des § 3 ZRBG über den anzuwendenden Zugangsfaktor sowie über den Beginn der Rente voraus, dass ein Rentenanspruch entstanden ist.
Die Beschränkung des Anwendungsbereichs des ZRBG auf die Bewertung von Beschäftigungszeiten in einem Ghetto sowie deren Zahlbarmachung ins Ausland, die nach § 247 Abs. 3 S. 1 SGB VI (Beitragszeiten nach RVO) oder den Bestimmungen des FRG den nach Bundesrecht zurückgelegten Beitragszeiten gleichgestellt sind, widerspricht nicht dem Willen des Gesetzgebers. Aus der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 14/8583 und 14/8602) ist nicht die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, alle Verfolgte, die in einem Ghetto freiwillig und entgeltlich beschäftigt waren, in die deutsche Rentenversicherung einzubeziehen und den Kreis der Anspruchsberechtigten über den in §§ 1 Abs.1, 20 WGSVG und §§ 1, 16, 17a FRG erfassten Personenkreis hinaus auszudehnen. Das zentrale Problem, das durch das Gesetz gelöst werden sollte, ist die Zahlbarmachung von Renten für Zeiten einer Beschäftigung in einem Ghetto für Berechtigte mit einem Auslandswohnsitz, ohne dass die Berechtigten Vorleistungen in Form von Nachentrichtungen erbringen müssen oder ihnen eine fehlende Beitragsabführung oder das Verstreichen von Nachentrichtungsrechten entgegen gehalten werden kann. Dies ergibt sich aus der im Allgemeinen Teil des Gesetzesentwurfs vorangestellten Problemdarstellung, in der ausgeführt wird, dass die auf einer Beschäftigung in einem Ghetto beruhende Rente vielfach aus auslandsrentenrechtlichen Gründen nicht ausgezahlt werden kann, insbesondere weil Bundesgebiets-Beitragszeiten nicht im erforderlichen Umfang vorliegen (BT-Drucks. 14/8583 S. 5 und 14/8602 S.5).
Im Allgemeinen Teil wird zwar ausgeführt, dass mit dem ZRBG von bestimmten Grundsätzen des Rentenrechts im Bereich der Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten als auch bei der Erbringung von Leistungen ins Ausland abgewichen wird. Die Verwendung des Ausdrucks "Anerkennung von rentenrechtlichen Zeiten", könnte ein Hinweis dafür sein, dass der Gesetzgeber beabsichtigte, die Bestimmungen im Fünften Titel, Zweiter Unterabschnitt, zweiter Abschnitt, zweites Kapitel des SGB VI über "rentenrechtliche Zeiten", zu denen auch der Begriff der Beitragszeit in § 55 SGB VI gehört, zu ergänzen, indem er den Kreis der Anspruchsberechtigten ausdehnte. Jedoch wird im Wortlaut des § 1 Abs. 2 ZRBG ausgeführt, dass dieses Gesetz die rentenrechtlichen Vorschriften des WGSVG ergänzt. Die allgemeine Zielsetzung des WGSVG ist, das Recht der Wiedergutmachung so zu verbessern, dass den Sozialversicherten ein voller Ausgleich des Schadens ermöglicht wird, den sie durch Verfolgungsmaßnahmen in ihren Ansprüchen und Anwartschaften aus der gesetzlichen Rentenversicherung erlitten haben. Dabei knüpft der Gesetzgeber daran an, ob der Verfolgte vor oder im Anschluss an Verfolgungsmaßnahmen bereits rentenversichert war (BVerfG, Beschluss vom 04.01.1981, – 1 BvR 873/81 -). Dies bedeutet für Verfolgte, die vor oder im Anschluss an Verfolgungsmaßnahmen nicht im Geltungsbereich der RVO Beitragszeiten erworben haben, dass sie Beschäftigungs- und Beitragszeiten nach dem FRG erworben haben müssen, um von dem Geltungsbereich des WGSVG erfasst zu werden. Die Vorschriften des FRG knüpfen an bestimmte persönliche Voraussetzungen an, nämlich die Innehabung eines bestimmten Status und das Erreichen eines bestimmten Lebensalters.
Aus der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 2 ZRBG (BT-Drucks. 14/8583 S.6 und 14/8602 S.6) ist nicht erkennbar, dass der Gesetzgeber über die in §§ 20 WGSVG und § 17a FRG geregelte Gleichstellung von vertriebenen Verfolgten mit anerkannten Vertriebenen hinaus Verfolgte in die gesetzliche Rentenversicherung als Berechtigte einbeziehen wollte, die wegen fehlender Zugehörigkeit zum dSK oder fehlendem Erwerb von Beitragszeiten im Geltungsbereich der RVO außer den Beschäftigungszeiten in einem Ghetto keine weiteren berücksichtigungsfähigen Beitragszeiten oder Ersatzzeiten erworben, also durch die Verfolgungsmaßnahmen kausal keinen Schaden in der deutschen Rentenversicherung erlitten haben. Denn diese Verfolgten wären im Verfolgungszeitraum nicht in der Lage gewesen, berücksichtigungsfähige Beitragszeiten in der deutschen Rentenversicherung zu erwerben. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass das ZRBG keine Wartezeitfiktion enthält, also für die Entstehung eines Rentenanspruchs die Erfüllung der allgemeinen Wartezeit erforderlich ist. Verfolgte können wegen der Dauer der Verfolgungsmaßnahmen, die mit der Besetzung des jeweiligen Heimatlandes (ab September 1939 bzw. Sommer 1941) durch die deutsche Wehrmacht begannen, und der kurzen Dauer der Existenz von Ghettos, die überwiegend in den Jahren 1942/43 aufgelöst wurden, allein durch "Ghetto-Beitragszeiten" (§ 2 ZRBG) die allgemeine Wartezeit von fünf Jahren nicht erfüllen, also kein Rentenstammrecht begründen. Damit ist der Rentenanspruch davon abhängig, dass die Verfolgten weitere berücksichtungsfähige Beitrags- und Ersatzzeiten vor und nach der Verfolgungszeit, also die im SGB VI, FRG und WGSVG festgelegten Zugangsvoraussetzungen zur deutschen Renteversicherung erfüllt oder Beitragszeiten nach über- und zwischenstaatlichem Recht erworben haben. Denn auch die Verfolgungsersatzzeiten nach § 250 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI setzen u.a. voraus, dass die Verfolgten zu Beginn der Verfolgungsmaßnahmen die Voraussetzungen für die Einbeziehung in die gesetzliche deutsche Rentenversicherung erfüllten (BSG, Urteil vom 08.09.2005, – B 13 RJ 20/05 R – ).
Des weiteren ist der Gesetzesbegründung zu § 2 ZRBG, insbesondere zu § 2 Abs. 2 ZRBG (BT-Drucks. 14/8583 S.6 und 14/8602 S.6) zu entnehmen, dass der Gesetzgeber für die Berechnung der aus den sog. "Ghetto-Beitragszeiten" zu leistenden Rente, eine Beitragszahlung für eine nach den Reichsversicherungsgesetzen versicherungspflichtige Beschäftigung außerhalb des Bundesgebiets, d. h. für die Ermittlung der Höhe der Rente eine fiktive Beitragszahlung unterstellte und nur für die Erbringung von Leistungen aus den "Ghetto-Beitragszeiten" ins Ausland diese als Bundesgebiets-Beitragszeiten ansah. Durch diese Gleichstellung sollte der Export der Rente nach den allgemeingültigen Grundsätzen des im SGB VI geregelten Auslandsrentenrechts ermöglicht werden. Er schloss eine Zahlung von Rentenleistungen ins Ausland für Zeiten einer Beschäftigung außerhalb des Ghettos sowie ein wertmäßiges Mitziehen von Beitragszeiten, die außerhalb des Ghettos erworben worden sind, in § 2 Abs. 2 ZRBG aus. Deshalb kann der Gesetzesbegründung nicht der Wille des Gesetzgebers entnommen werden, dass Verfolgte, die während der Verfolgungsmaßnahmen nicht dem Anwendungsbereich des WGSVG oder des FRG unterfielen, in die gesetzliche Rentenversicherung als Berechtigte miteinbezogen werden sollten. Vielmehr beschränkte sich der Wille des Gesetzgebers darauf, Berechtigte, die nach den Vorschriften von WGSVG und FRG während der Verfolgungsmaßnahmen berücksichtigungsfähige Versicherungszeiten durch eine Beschäftigung im Ghetto erworben hatten, den Erhalt von Leistungen aus diesen Zeiten zu ermöglichen."
Daran hält der Senat nach erneuter Überprüfung fest.
Selbst wenn der Auffassung der Beteiligten gefolgt wird, dass Beschäftigungszeiten in einem Ghetto im Sinne § 1 ZRBG für Verfolgte im Sinne des BEG grundsätzlich Beitragszeiten nach § 55 SGB VI gleichgestellt sind, unabhängig davon, ob die Verfolgten zu dem von FRG oder WGSVG erfassten Personenankreis gehörten, sind vorliegend die Voraussetzungen des § 1 ZRBG nicht erfüllt. Nach § 1 Abs.1 gilt das ZRBG für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten haben, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen ist und gegen Entgelt ausgeübt wurde (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr.1 ) und das Ghetto sich in einem Gebiet befand, das vom deutschen Reich besetzt war (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2). Der Kläger hielt sich in der Zeit von August 1941 sowie von Juli bis Dezember 1943 nicht zwangsweise in einem Ghetto im Sinne von § 1 ZRBG auf und übte in der Zeit von September 1941 bis Juli 1942 im Ghetto Smorgon keine Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. 1 S. 1 ZRBG aus.
II. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme ist der Senat überzeugt, dass sich der Kläger erst ab September 1941 im Ghetto Smorgon, einem Ghetto im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 ZRBG zwangsweise aufhielt. Es ist weder erwiesen noch hat der Kläger glaubhaft gemacht, dass vor September 1941 im Smorgon ein Ghetto im Sinne von § 1 ZRBG bestand. Glaubhaft gemacht ist eine Tatsache, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist (vgl. § 4 Abs.1 Satz 2 FRG, § 3 Abs.1 Satz 2 WGSVG). Glaubhaftmachung bedeutet danach mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Es genügt die "gute Möglichkeit", dass der entscheidungserhebliche Vorgang sich so zugetragen hat, wie behauptet wird. Es muss mehr für als gegen den behaupteten Sachverhalt sprechen. Als Mittel der Glaubhaftmachung kommen neben der eidesstattlichen Versicherung alle Mittel in Betracht, die geeignet sind, die Wahrscheinlichkeit der Tatsache in ausreichendem Maße darzutun. Dabei sind ausgesprochen naheliegende, der Lebenserfahrung entsprechende Umstände zu berücksichtigen. Bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten muss das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten sein, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Tatsache spricht (LSG NRW, Urteil vom 28.10.2005, – L 13 R 47/05 -). Zwar hat der Kläger in den Entschädigungsverfahren durchgehend angegeben, dass er im Sommer 1941 gezwungen worden sei, in das Ghetto Smorgon überzusiedeln, wobei er gegenüber der Claims Conference konkretisiert hat, dass er sich seit August 1941 im Ghetto Smorgon aufgehalten habe. Nach der im Verfahren eingeholten Auskunft des Center for Advanced Holocaust Studies des United Holocaust Memorial Museum sind aber erst im September 1941 zwei Ghettos in Smorgon errichtet worden. Der Senat hat keinen Anlass, an der Richtigkeit der Auskunft zu zweifeln, zumal erst in Ziffer 5d der Vorläufigen Richtlinien des Reichskommissars Lohse vom 02.08.1941, der die Richtlinien mit Schreiben vom 18.08.1941 an die ihm unterstellten Generalkomissare weiterleitete, die Errichtung von Ghettos im Reichskommissariat Ostland angeordnet wurde. Der Kläger hat nach Erhalt der Auskunft des Center for Advanced Holocaust Studies des United Holocaust Memorial Museum über seine Angaben über den Zeitpunkt der Errichtung des Ghettos Smorgon nicht näher konkretisiert. Er hat nicht näher dargelegt, aus welchen Gründen die Verhältnisse im Ort Smorgon schon vor September 1941 als Ghetto im Sinne des § 1 ZRBG zu charakterisieren sind.
Weiterhin ist weder erwiesen noch hat der Kläger – in entsprechender Anwendung des § 4 Abs. 1 Satz 2 FRG bzw. § 3 Abs. 1 Satz 2 WGSVG – glaubhaft gemacht, dass er sich im Zeitraum vom Juli bis Dezember 1943 in einem Ghetto im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 ZRBG aufhielt. Das SG hat zutreffend dargelegt, dass aufgrund widersprüchlicher Angaben der Klägers im Entschädigungsverfahren, im Verfahren bei der Claims Conference und im Rentenverfahren über sein Verfolgungsschicksal im Jahr 1943 nicht überwiegend wahrscheinlich ist, dass er sich in der Zeit von Juli bis Dezember 1943 im Ghetto Kaunas aufhielt, sondern dass der Aufenthalt in einem Zwangsarbeiterlager ebenfalls gut möglich ist. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils und sieht von einer weiteren Darstellung der Gründe ab (§ 153 Abs. 2 SGG). Der Kläger hat die vom Sozialgericht aufgezeigten Widersprüche in seinen Angaben über sein Verfolgungsschicksal im Jahr 1943 im Berufungsverfahren nicht ausgeräumt. Die Einlassung des Klägers in der eidesstattlichen Erklärung vom 28.12.2005, er habe den Aufenthalt im Ghetto Kaunas wegen der kurzen Dauer im Entschädigungsverfahren nicht erwähnt, ist nicht plausibel. Im Entschädigungsverfahren hat der Kläger in der eidesstattlichen Erklärung vom 07.11.1957 detailliert dargelegt, dass er in der Zeit von Sommer 1942 bis Sommer 1944 in insgesamt vier Zwangsarbeitlager verschleppt worden sei, wobei er Beginn und Ende des Aufenthaltes, die Art der Unterkunft, die Kennzeichnung und die Kleidung sowie die Art der Beschäftigung in den einzelnen Zwangsarbeiterlagern schilderte, also zwischen den Aufenthalten in den einzelnen Zwangsarbeiterlagern unterschied. Diese Angaben, insbesondere über die Zeitdauer des Aufenthalts in den einzelnen Zwangsarbeiterlagern, sind im Entschädigungsverfahren von den beiden Zeuginnen G und E bestätigt worden. Der Kläger hielt sich danach ca. 6 – 8 Monate in den jeweiligen Zwangsarbeiterlager auf. In Hinblick darauf ist nicht nachvollziehbar, dass der Kläger einen 5 – 6 monatigen Aufenthalt im Ghetto Kaunas im Entschädigungsverfahren nicht angeben hat, insbesondere auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Kläger im Rentenverfahren geltend macht, dass er wegen des Zeitablaufs Erinnerungslücken habe. Auch hat der Kläger den Widerspruch zwischen seinen Angaben über den Zeitraum des Aufenthaltes im Ghetto Kaunas im Verfahren bei der Claims Conference (April/Mai 1943) und seinen Angaben im Rentenverfahren (Juli – Dezember 1943) nicht aufgeklärt. Die Erklärung der Zeugin L ist im Hinblick auf den Aufenthalt des Klägers im Ghetto Kaunas unergiebig, da sie nur die Beschäftigung des Kläger im Ghetto Smorgon betrifft.
III. Nach dem Gesamtergebnis der Beweisaufnahme ist weder erwiesen noch hat der Kläger – in entsprechender Anwendung des § 4 FRG bzw. § 3 WGSVG – glaubhaft gemacht, dass er in der Zeit von September 1941 bis Juli 1942 eine Beschäftigung in Sinne von § 1 Abs.1 S. 1 ZRBG im Ghetto Smorgon ausübte. Es ist nicht überwiegend wahrscheinlich, dass es sich bei der vom Kläger in der Zeit von September 1941 bis Juli 1942 ausgeübten Beschäftigung um eine aus eigenem Willensentschluss zustande gekommene und gegen Entgelt ausgeübte Beschäftigung im Sinne von § 1 Abs. S. 1 Nr. 1 ZRBG handelte.
Der Kläger hat zunächst im Entschädigungsverfahren angegeben, während dieses Zeitraumes Straßen- und Waldarbeiten verrichtet zu haben. Zur Begründung seines Antrages bei der Claims Conference hat er im April 1993 ferner angegeben, beim Bau einer Eisenbahnlinie beschäftigt gewesen zu sein. Im Rentenverfahren hat er angegeben, beim Bau von Eisenbahnlinien mitgearbeitet und Reinigungsarbeiten verrichtet zu haben. Im Widerspruchsverfahren hat er zusätzlich angegeben, während dieses Zeitraumes die Kleidung von Soldaten repariert zu haben. Zuvor hatte er diese Tätigkeit zeitlich seinem Aufenthalt im Ghetto Kowner zugeordnet. Zur Klagebegründung hat der Kläger Tätigkeiten in der Schneiderei für Uniformen und als Reinigungsarbeit benannt. Zur Berufungsbegründung hat er vorgebracht, freiwillig als Reinigungsarbeiter und kurze Zeit als Waldarbeiter gearbeitet zu haben. Abgesehen davon, dass sich diese vom Kläger angegebenen Tätigkeiten zeitlich nicht näher zuordnen lassen, fehlen hinreichende Angaben darüber, für welche Arbeitgeber der Kläger diese Arbeiten verrichtet hat und von wem er auf welchem Weg dafür entlohnt wurde.
Bei der Auslegung der in § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZRBG verwandten Begriffe "aus eigenem Willensentschluss zustande gekommen" und "gegen Entgelt ausgeübt" ist auf die Kriterien der Rechtsprechung des Bundssozialgerichts (BSG) zur Frage der versicherungsrechtlichen Einordnung und Abgrenzung von Zwangsarbeit zu versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnissen in einem Ghetto abzustellen (vgl. Urteile vom 14.07.1999, – B 13 RJ 75/98 R – und – B 13 RJ 61/98 R -). Denn das ZRBG knüpft nach der Rechtsprechung des BSG, der sich der Senat anschließt, erkennbar an die von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit für eine versicherungspflichtige Beschäftigung in einem Ghetto an. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über die von der "Ghetto-Rechtsprechung" Begünstigten hinaus ist vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Die in § 1 ZRBG genannten Kriterien folgen der Rechtsprechung des BSG und verdeutlichen die Abgrenzung einer von den Merkmalen der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit bestimmten Beschäftigung, die grundsätzlich der Versicherungspflicht unterliegt, gegenüber der nichtversicherten Zwangsarbeit (BSG, Urteil vom 7.10.2004, – B 13 RJ 59/03 R -; Urteil vom 20.07.2005, – B 13 RJ 37/04 -; LSG NRW, Urteil vom 27.01.2006, – L 4 RJ 126/04 -).
Auch bei Arbeiten, die unter den allgemeinen Bedingungen der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verrichtet wurden, ist nach der Rechtsprechung des BSG eine freie, von den Merkmalen der Freiwilligkeit und Entgeltlichkeit bestimmte Beschäftigung, die grundsätzlich der Versicherungspflicht unterliegt, von einer nichtversicherungspflichtigen Zwangsarbeit abzugrenzen. Dabei ist das Vorliegen eines freien Beschäftigungsverhältnisses danach zu beurteilen, ob die Beschäftigten aus eigenem Willen ein konkretes Beschäftigungs- und Arbeitsverhältnis durch zweiseitige Vereinbarung eingegangen sind, tatsächlich die von ihnen auf der Grundlage des mit dem Arbeitgeber geschlossenen Vertrags geforderte Arbeit geleistet haben und ihnen dafür im Austausch eine den Umständen nach angemessene Gegenleistung als Bar- oder Sachlohn gewährt worden ist (BSG, Urteil vom 18.06.1997, – 5 RJ 20/96 -; BSG, Urteil vom 23.08.2001, – B 13 RJ 59/00 R; LSG NW, Urteil vom 23.10.2000, – L 3 RJ 60/99 – ). Zur Abgrenzung zwischen einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis und einer Zwangsarbeit sind solche Kriterien untauglich, die für beide Tätigkeitsformen charakteristisch sind, wie z. B. Ausübung eines Direktionsrechts. Auch das bloße Abstellen auf Arbeit im Sinne einer Erwerbsarbeit oder wirtschaftlich nützlichen Tätigkeit kann diese beiden Typen nicht voneinander abgrenzen. Das Merkmal Arbeit ist beiden Tätigkeitstypen eigen, was eine nähere Abgrenzung überhaupt erst erfordert. "Unfreie" Arbeit ist die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichen zu (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang. Typisch für die "unfreie" Arbeit ist die obrigkeitliche Zuweisung an bestimmte Unternehmen ohne dass der Betroffene dies beeinflussen kann. Indizien gegen ein freiwillig eingegangenes Beschäftigungsverhältnis können die Arbeitsbedingungen sein, wie z.B. die Bewachung der Arbeitskräfte bei der Arbeit, um zu verhindern, dass sie sich aus dem obrigkeitlichen Gewahrsam entfernen können, die Bewachung von Arbeitskräften auf dem Weg zur Arbeitsstätte, eine Einschränkung der Bewegungsfreiheit am Ort der Arbeitsstätte, kein Entgelt oder geringes Entgelt für individuell geleistete Arbeit und die Innehabung eines anderen Status als die übrigen Arbeitnehmer. Diese beispielhaft aufgeführten Kriterien zeigen, dass sich eine verrichtete Arbeit um so mehr vom Typus des freien Arbeits-/Beschäftigungsverhältnisses entfernt und dem Typus der "unfreien" Arbeit annähert, als sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann. Maßgebend für die Beurteilung ist das Gesamtbild der ausgeübten Tätigkeit (BSG, Urteile vom 14.7.1999, – B 13 RJ 61/98 R -; Urteil vom 7.10.2004, – B 13 RJ 59/03 R – m.w.N.).
Die Ausübung irgendeiner Beschäftigung reicht zur Glaubhaftmachung einer Beschäftigung im Sinne des § 1 ZRBG nicht aus. Es existiert kein Grundsatz, dass die Beschäftigung eines Ghettobewohners, vorliegend in Smorgon, grundsätzlich als freies und entgeltliches Arbeitsverhältnis zu werten ist. Vielmehr sind die konkreten Umstände eines jeden Einzelfalles zu berücksichtigen. Die Angaben des Klägers im Fragebogen für die Anerkennung von Zeiten unter Berücksichtigung der Vorschriften des ZRBG, dass sein Arbeitseinsatz im Ghetto Smorgon durch eigene Bemühungen und Vermittlung des Judenrats zustande gekommen sei bzw. seine Angabe in der Erklärung vom 28.12.2005, dass er freiwillig gearbeitet habe, genügen unter Berücksichtigung der Organisation und Ausgestaltung des Arbeitseinsatzes von jüdischen Arbeitskräften im Generalkomisssariat Litauen, das eine Verwaltungseinheit des Reichskommissariats Ostland war, zur Glaubhaftmachung der Freiwilligkeit der Arbeit nicht. Der Umstand allein, dass die Arbeit vom Judenrat zugewiesen oder vermittelt wurde, nachdem sich ein Verfolgter bei ihm um Arbeit beworben hat, reicht nicht aus, um die Freiwilligkeit der verrichteten Arbeit bereits zu bejahen (BSG, Urteil vom 7.10.2004, – B 13 RJ 59/03 R -). Vielmehr ist die Organisation und Durchführung des Arbeitseinsatzes entscheidend, insbesondere ob das Verhältnis der Verfolgten zum "Arbeitgeber" in erheblichem Umfang von Regeln geprägt war, die durch einen zweiseitigen Vertrag mit einem "Arbeitgeber" vereinbart waren oder aber durch Regeln, die von Dritten aufgestellt waren.
Auch aufgrund der Auswertung historischer Erkenntnisse ist der Senat überzeugt, dass wegen der Organisation und der Durchführung des Arbeitseinsatzes von jüdischen Arbeitskräften im Generalkommissariat Litauen das Verhältnis zwischen dem Kläger und seinem "Arbeitgeber" im Ghetto Smorgon fremdbestimmt war, da die deutschen Besatzungsbehörden, überragenden Einfluss auf die Gestaltung dieses Verhältnisses hatten. Zwischen den jüdischen Bewohnern des Reichskomissiariats Ostland und den deutschen Besatzungsbehörden bestand zumindest seit August 1941 ein öffentlich-rechtliches Gewaltverhältnis, dass unter anderem durch die Einschränkung der Freizügigkeit und der wirtschaftlichen Betätigung, Registrierung, Kennzeichnungspflicht, Beschlagnahme und Enteignung des Vermögens, Ortsgebundenheit, Arbeitszwang, Isolierung und Ausgrenzung von der übrigen Bevölkerung gekennzeichnet war (siehe LSG NRW, Urteil vom 13.01.2006, – L 4 RJ 113/04 -; Urteil vom 06.03.2006, – L 3 (18) R 98/05 -; Urteil vom 20.02.2006, – L 3 R 140/05 -, Urteil vom 12.05.2006, – L 4 RJ 123/04 -). Dies ergibt sich aus den Bestimmungen der Verordnung des Reichsministers für die besetzten Gebiete Rosenberg vom 16.08.1941 über die Einführung des Arbeitszwangs für die jüdische Bevölkerung (abgedruckt in: Benz/Kwiet/Matthäus, S. 36 f) und den Vorläufigen Richtlinien für die Behandlung der Juden des Reichskommissars Lohse vom 02.08.1941 (abgedruckt in: Benz/Kwiet/Matthäus, S. 38 ff). Damit handelte es sich bei den jüdischen Bewohnern der Stadt Smorgon um sogenannte "unfreie" Personen. Seit Mitte August 1941 ist der Einsatz von jüdischen Arbeitskräften im Reichskomissiariat Ostland als "unfreie" Beschäftigung zu charakterisieren. Denn die jüdischen Arbeitskräfte wurden zum Zwecke der Arbeitsaufnahme nicht aus dem öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis entlassen, sondern die Organisation und die Ausgestaltung der Arbeit war von hoheitlichen Eingriffen überlagert, denen sich weder die jüdischen Arbeitskräfte noch ihre "Arbeitgeber" entziehen konnten. Dabei geht der Senat nach Auswertung der beigezogenen Dokumente, der Sekundärliteratur und des Gutachtens des Historikers Dr. Tauber von folgenden Verhältnissen im Generalkomissariat Litauen in der streitbefangenen Zeit aus:
Nach dem Einmarsch der deutschen Armee im Juni/Juli 1941 wurde die Stadt Smorgon Teil des Reichskomissiariats Ostland, in dem ab Juli 1941 eine Zivilverwaltung errichtet wurde. Dem Reichskommissariat Ostland stand Reichskommissar Lohse vor, der dem Reichsminister für die besetzten Gebiete Rosenberg in Berlin unterstellt war. Das Reichskommissariat Ostland war in vier Generalbezirke unterteilt, die Generalkommissaren unterstanden. Für das Generalkommissariat Litauen wurde Dr. von Renteln zum Generalkommissar mit Sitz in Kaunas ernannt. Das Generalkommissariat Litauen war in sechs Gebietskommissariate unterteilt, die von Gebiets- und Stadtkommissaren verwaltet wurden. Durch die Verordnung vom 16.08.1941 über die Einführung des Arbeitszwangs für die jüdische Bevölkerung ordnete der Reichsminister für die besetzten Gebiete Rosenberg an, dass die in den neu besetzten Ostgebieten ansässigen Juden männlichen und weiblichen Geschlechts vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr dem Arbeitzwang unterlagen und die Juden zu diesem Zweck in Zwangsarbeitsabteilungen zusammengefasst werden sollten (§ 1). Die Entziehung des Arbeitszwangs war strafbewehrt. Die zur Durchführung der Verordnung erforderlichen Vorschriften sollten die Reichskommissare erlassen (§ 3) (abgedruckt in: Benz/Kwiet/Matthäus, S. 36 f). Reichskommissar Lohse übersandte mit Schreiben vom 18.08.1941 jedem Generalkommissar eine Fassung der "Vorläufigen Richtlinien für die Behandlung der Juden" vom 2.08.1941 (Vorläufige Richtlinien, abgedruckt in: Benz/Kwiet/Matthäus, S. 38 ff). Diese Richtlinien galten für die Generalkommissariate nach der Übernahme der Zivilverwaltung und sahen u.a. vor:
" …
5 …
d) Die Juden sind tunlichst in Städten oder in Stadtteilen größerer Städte zu konzentrieren, die bereits eine überwiegende jüdische Bevölkerung besitzen. Dort sind Ghettos zu errichten. Den Juden ist das Verlassen der Ghettos zu verbieten.
In den Ghettos sind ihnen so viel an Nahrungsmittel zu überlassen, wie die übrige Bevölkerung entbehren kann, jedoch nicht mehr, als zur notdürftigen Ernährung der Insassen der Ghettos ausreicht. Das gleiche gilt für die Versorgung mit anderen lebenswichtigen Gütern.
Die Insassen des Ghettos regeln ihre inneren Verhältnisse in Selbstverwaltung, die vom Gebiets-/Stadtkommissar oder seinem Beauftragten beaufsichtigt wird …
e) Die arbeitsfähigen Juden sind nach Maßgabe des Arbeitsbedarfs zur Zwangsarbeit heranzuziehen. Die wirtschaftlichen Interessen förderungswerter Landeseinwohner dürfen durch die jüdische Zwangsarbeit nicht geschädigt werden. Die Zwangsarbeit kann im Arbeitskommando außerhalb der Ghettos, im Ghetto oder, wo Ghettos "noch nicht errichtet sind, auch einzeln außerhalb der Ghettos" (z.B. in der Werkstatt des Juden) geleistet werden. Die Vergütung hat nicht der Arbeitsleistung zu entsprechen, sondern nur der Bestreitung des notdürftigen Lebensunterhaltes für die Zwangsarbeiter und seine nicht arbeitsfähigen Familienmitglieder unter Berücksichtigung seiner anderen Barmittel zu dienen …
Diejenigen privaten Einrichtungen und Personen, zu deren Gunsten die Zwangsarbeit erfolgt, zahlen ein angemessenes Entgelt an die Kasse des Gebietskommissars, die wiederum die Vergütung an die Zwangsarbeiter auszahlt. Über die Verrechnung der eingegangenen Geldbeträge ergeht besondere Anordnung.
6. Es bleibt den Generalkommissaren überlassen, die unter Ziffer V genannten Maßnahmen einheitlich für ihr Gebiet anzuordnen oder ihre Anordnung den einzelnen Gebietskommissaren zu überlassen. Ebenso sind die Generalkommissare berechtigt, im Rahmen dieser Richtlinien nähere Anordnungen zu treffen, oder ihre Gebietskommissare dazu zu ermächtigen …"
Der Generalkommissar Dr. von Renteln leitete die "Vorläufigen Richtlinien" mit Schreiben vom 26.08.1941 an die ihm unterstellten Gebiets- und Stadtkommissare weiter.
Demnach setzte der für das Reichskomissiariat Ostland zuständige Reichskommissar Lohse den durch die Verordnung vom 16.08.1941 eingeführten, strafbewehrten Arbeitszwang für alle in den neu besetzten Ostgebieten ansässigen Juden männlichen und weiblichen Geschlechts vom vollendeten 14. bis zum vollendeten 60. Lebensjahr in den Vorläufigen Richtlinien dahingehend um, dass alle arbeitsfähigen Juden im Alter von 14 – 60 Jahren nach Maßgabe des Arbeitsbedarfs zur Zwangsarbeit heranzuziehen waren. In den Vorläufigen Richtlinien wird weder nach Geschlecht (Männer/Frauen), Aufenthaltsort (innerhalb oder außerhalb eines Ghettos), Lage der Arbeitsstätte (innerhalb oder außerhalb des Ghettos) oder Arbeitgeber (privater oder öffentlicher) unterschieden, sondern sämtliche Beschäftigungen von Juden werden von den Vorläufigen Richtlinien erfasst. Aus der Verwendung des Begriffs "Zwangsarbeiter" schließt der Senat, dass der Reichskommissar die Verwendung von jüdischen Arbeitskräften in freiwilligen Beschäftigungsverhältnissen ausschloss, also die jüdischen Arbeitskräfte zwecks Arbeitsaufnahme nicht aus dem bestehenden öffentlich-rechtlichen Gewaltverhältnis entlies.
Der Senat folgt nicht der vom Historiker Dr. Tauber im Gutachten vom 22.11.2005 vertretenen Auffassung, wonach allein die Tatsache, dass die Arbeit von Ghettobewohnern geleistet worden sei, weder von vorneherein Entgeltzahlungen noch die "Freiwilligkeit" der Arbeit ausschließe, auch wenn sowohl aus der Sicht der deutschen Täter als auch der jüdischen Opfer von "Zwangsarbeit" gesprochen worden sei. Auch unter den Bedingungen der Ghettos in Litauen sei jüdische Arbeitsleistung teilweise "entgolten" worden und es hätte die Einzelperson gewissen Einfluss auf die eigene Arbeitssituation nehmen können (Seite 4 des Gutachtens). Der Senat lässt dabei offen, ob der Historiker Dr. Tauber bei seiner Bewertung der historischen Verhältnisse den Begriff "Entgelt" im Sinne eines rentenversicherungsrechtlich relevanten Entgelts verwandt hat. Nach der Konzeption des Arbeitseinsatzes von jüdischen Arbeitskräften in den Vorläufigen Richtlinien war die Beziehung zwischen den jüdischen Arbeitskräften und den jeweiligen "Arbeitgebern" von hoheitlichen Eingriffen überlagert. Ein Wille des Reichskommissars, den jüdischen Arbeitskräften im Reichskommissariat Ostland einen Freiraum der wirtschaftlichen Betätigung durch Aufnahme eines freiwilligen Beschäftigungsverhältnisses einzuräumen, ist aus den Vorläufigen Richtlinien nicht erkennbar.
Die Tatsache, dass die jüdischen Arbeitskräfte nach den Vorläufigen Richtlinien eine Vergütung, deren Form nicht festgelegt war, erhalten sollten, begründet kein wirtschaftliches Austauschverhältnis zwischen der von ihnen geleisteten Arbeit und dem gezahltem Entgelt, was unabdingbarer Bestandteil eines "freien" Beschäftigungsverhältnisses ist. Denn nach dem Willen des Reichskommissars sollte die Vergütung keine angemessene Entlohnung für die geleistete Arbeit darstellen, sondern nur geeignet sein, den notdürftigen Lebensunterhalt des Zwangsarbeiters und seiner nicht arbeitsfähigen Familienangehörigen zu sichern, und damit als Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft des zur Arbeit gezwungenen Beschäftigten gedacht sein. Leistungen, die nicht der Entlohnung einer geleisteten Arbeit, sondern anderen Zwecken dienen, stellen kein Entgelt im Sinne des Rentenversicherungsrechts dar (siehe BSG, Urteil vom 19.04.1990, – 1 RA 91/88 -). Die von den "Arbeitgebern", die die Leistungen von jüdischen Arbeitskräften in Anspruch nahmen, zu erbringenden Zahlungen an die Kasse des Gebietskommissars sind nicht als Entgelt werten, da ein Arbeitsentgelt dem Beschäftigten selbst zufließen muss. Die Abführung von Beträgen des Arbeitgebers für geleistete Arbeit an Dienststellen des Staates stellt keine Entlohnung dar (BSG, Urteil vom 10.12.1974, – 4 RJ 379/73 -). Gegen das Bestehen einer Gegenseitigkeitsbeziehung zwischen den jüdischen Arbeitskräften und den privaten Dritten in Form des Austausches von Arbeit gegen Lohn spricht auch, dass die Vergütung nicht direkt von den jeweiligen "Arbeitgebern" an die jüdischen Arbeitskräfte ausgezahlt werden sollte, sondern die Zahlungen sollten durch die Kasse des Gebietskommissars erfolgen, wobei dieser die Höhe der an die jüdischen Arbeitskräfte auszuzahlenden Vergütung bestimmte, der jeweilige "Arbeitgeber" hatte keinen Einfluss darauf, ob und in welcher Form die von ihm in Anspruch genommene Arbeitskraft ein Entgelt für die geleistete Arbeit enthielt.
Die in den Vorläufigen Richtlinien festgelegte Dreiecksbeziehung zwischen den jüdischen Arbeitskräften, den privaten Dritten und dem jeweiligen Gebietskommissar lässt sich zusammenfassend als öffentlich-rechtlich organisierte Dienstverschaffung zugunsten privater Unternehmen charakterisieren, wobei zwischen den jüdischen Arbeitskräften und den privaten Dritten keine arbeitsrechtlichen Beziehungen bestanden. Dafür spricht auch, dass die in der Allgemeinen Anordnung des Reichskommissars Lohse vom 21.11 1941 für die einheimischen Arbeiter im öffentlichen Dienst und in der Wirtschaft (abgedruckt in Verkündungsblatt des Reichskommissars für das Ostland, 1941 S. 75) festgelegten Stundensätze für einheimische Arbeiter nicht für jüdische Arbeitskräfte galten, sondern die Bestimmungen der Anordnung auf jüdische Arbeitskräfte keine Anwendung fanden (§ 10). Die Höhe der Vergütung, welche die jüdischen Arbeitskräfte erhielten, sowie die Höhe der Zahlungen der privaten Arbeitgeber wurden jeweils von dem zuständigen Gebiets- oder Stadtkommissar festgelegt (Ziffer 5e der Vorläufigen Richtlinien). Ein Indiz für einen Sonderstatus der jüdischen Arbeitskräfte im Vergleich zu dem der einheimischen Arbeiter ist weiterhin, dass der Generalkommissar in Kaunas in der Verordnung über den Aufbau einer Sozialversicherung vom 01.05.1943 die Dienstverhältnisse von Juden als nicht sozialversicherungspflichtig ansah. Dabei hat der Senat auch berücksichtigt, dass nach den Darlegungen des Historikers Tauber "die Beziehungen zwischen den "Arbeitgebern" und den jüdischen Arbeitern eine lebensbedrohliche Extremsituation von Ausbeutung und Erniedrigung darstellten", und dass "die Realität oft nicht einmal den minimalen Forderungen der deutschen Verwaltung" entsprach. Unterschlagung von Lohn, Vorenthalten von Nahrung oder Misshandlung usw. waren "sicher keine Ausnahmeerscheinungen, sondern eher die Regel" (Seite 21 des Gutachtens). Auch dies spricht nicht für das Bestehen regulärer Beschäftigungsverhältnisse.
Abgesehen von der bereits dargestellten Schwierigkeit, die vom Kläger angegebenen Tätigkeiten bestimmten Zeitabschnitten und dem Aufenthalt an einem bestimmten Ort bzw. in einem bestimmten Ghetto zuzuordnen, die der Glaubhaftmachung von Beschäftigungszeiten entgegensteht, enthalten die Angaben des Klägers und die Bekundungen der Zeugin L keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass der Arbeitseinsatz des Klägers und der übrigen jüdischen Arbeitskräfte im Ghetto Smorgon 1941/1942 abweichend von den Vorgaben der Vorläufigen Richtlinien organisiert und durchgeführt wurde. Aus den Erklärungen des Klägers und der Zeugin L sind keine Indizien dafür ersichtlich, dass der Arbeitseinsatz des Klägers abweichend organisiert war. Selbst wenn aufgrund der Angabe des Klägers in der Erklärung vom 28.12.2005, "er habe freiwillig gearbeitet", noch von einem gewisses Maß an eigener Entscheidungsfreiheit des Klägers zur Beschäftigungsaufnahme ausgegangen würde (siehe zur deutlich eingeschränkten Entscheidungsfreiheit der Ghettobewohner zur Beschäftigungsaufnahme Tauber, Seite 30 des Gutachtens), hat der Kläger nicht nachvollziehbar dargelegt, dass er einen Einfluss auf die Ausgestaltung des Beschäftigungsverhältnisses hatte. Der Kläger hat zwar im Rentenverfahren angeben, dass er im Ghetto Smorgon für die verrichteten Arbeiten zusätzliche Lebensmitteln (Angabe im Verwaltungsverfahren) bzw. Lebensmittelcoupons (Erklärung vom 28.12.2005) bezogen und der Judenrat ihm die Arbeitstelle vermittelt habe. Aus diesen Einlassungen ergibt sich nicht, dass der Kläger aufgrund einer zweiseitigen Vereinbarung mit einem Arbeitgeber eine vertraglich geforderte Arbeit verrichtete und ihm im Austausch eine den Umständen nach angemessene Gegenleistung als Bar- oder Sachlohn gewährt wurde, vielmehr sind die Angaben des Klägers mit den Vorgaben über den Arbeitseinsatz von Ghettobewohnern in den vorläufigen Richtlinien vereinbar. Die Bekundungen der Zeugin L beschränken sich auf die Bestätigung der Angaben des Klägers in der Erklärung vom 28.12.2005 über die Art der Tätigkeit – Reinigungsarbeiten – und der Entlohnung – Erhalt von Lebensmittelcoupons -, sowie der Vermittlung der Arbeit durch den Judenrat. Weitere Angaben zur Tätigkeit des Klägers enthält die Erklärung nicht. Soweit die Zeugin die Tätigkeit der Klägers als " freiwillig" und "entlohnt" charakterisiert, unterstellt der Senat als wahr, dass der Kläger den Bezug von Lebensmittelcoupons als Entlohnung empfunden hat. Auch die Bekundung, dass der Bezug der Lebensmittelcoupons dem Kläger im Vergleich zu den nicht arbeitenden Ghettobewohnern half ein besseres Leben zu führen, ist zur Glaubhaftmachung eines freien Beschäftigungsverhältnisses und einer angemessenen Entlohnung für die vom Kläger verrichteten Arbeit mit einer Arbeitszeit von – nach seinen eigenen Angaben – 10 Stunden nicht geeignet. Dabei hat der Senat berücksichtigt, dass nach Ziffer 5d) der vorläufigen Richtlinien die zur Verfügung gestellten Nahrungsmittel nur zur notdürftigen Ernährung der Ghettobewohner ausreichen sollten, mithin jedes zusätzlich verfügbare Lebensmittel für einen Ghettobewohner eine Verbesserung der Lebensumstände darstellte.
IV. Da keine Beitragszeiten glaubhaft gemacht worden sind, können wegen Fehlens der Versicherteneigenschaft keine Ersatzzeiten zur Erfüllung der Wartezeit berücksichtigt werden. Selbst wenn das Vorliegen einer Beitragszeit nach den Vorschriften des ZRBG als gegeben angesehen wird, sind die Voraussetzungen einer Ersatzzeit nach § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI nicht gegeben. Denn § 250 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 SGB VI schützt nur die Situation, die zu Beginn der Verfolgungszeit bestand und die ohne die Verfolgungsmaßnahmen fortgedauert hätte. Da der Kläger nicht dem dSK angehörte, hätte der Kläger – ohne die nationalsozialistischen Verfolgungsmaßnahmen – keine Beitrags- bzw. Beschäftigungszeiten nach dem FRG, die vom deutschen Rentenversicherungsträger zu berücksichtigen wären, erwerben können. Denn er gehörte nicht dem durch das FRG erfassten Personenkreis an (siehe BSG, Urteil vom 08.09.2005, – B 13 RJ 20/05 R -). Das ZRBG enthält keine Bestimmungen, welche die Regelung des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI, insbesondere die geforderte Kausalität zwischen nationalsozialistischer Verfolgungsmaßnahme und Schaden in der Rente, ergänzen oder ändern (a.A. SG Hamburg, Urteil vom 09.02.2006, – S 9 R 896/06 -, Urteil vom 02.05.2006, – S 20 RJ 611/04 -; Urteil vom 03.05.2006, – S 10 RJ 944/03 -).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Die Revision wird nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Erstellt am: 10.08.2006
Zuletzt verändert am: 10.08.2006