Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 19.06.2006 geändert, soweit die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet wird, der Antragstellerin darlehensweise Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 540,00 EUR über den 11.07.2006 (Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006) hinaus zu gewähren. Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin.
Gründe:
I. Mit Beschluss vom 19.06.2006 hat das Sozialgericht die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, der Antragstellerin darlehensweise Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende in Höhe von 540,00 EUR ab dem 26.05.2006 (Eingang des Antrags bei Gericht) bis zum bestandskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens zu gewähren. Zudem hat das Sozialgericht der Antragsgegnerin die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin auferlegt. Zur Begründung hat das Sozialgericht im Wesentlichen ausgeführt, die Antragsgegnerin dürfe die darlehensweise Gewährung nicht von der Einräumung einer dinglichen oder anderweitigen Sicherheit abhängig machen. Zwar sei die Antragstellerin mit 25 %igem Anteil an einer Erbengemeinschaft beteiligt, die Eigentümerin eines Mehrfamilienhauses (8-Familienhaus mit einem Wert von insgesamt 145.000,00 Euro) sei, was grundsätzlich zumutbar verwertbares Vermögen darstelle. Wolle die Antragsgegnerin jedoch die Sicherung des eingeräumten Darlehens von einem im Grundbuch eingetragenen Pfandrecht abhängig machen, so müsse sie das ihr in § 23 Abs. 5 SGB II eingeräumte Ermessen ausüben. Der Bewilligungsbescheid der Antragsgegnerin vom 10.04.2006 lasse jedoch weder erkennen, dass die Antragsgegnerin von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht habe, noch dass ihr die Pflicht zur Ausübung des Ermessens überhaupt bekannt gewesen sei.
Gegen den ihr am 23.06.2006 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 05.07.2006 Beschwerde eingelegt. Sie habe mit ihrem Schreiben vom 19.05.2006 die Ermessensentscheidung für das Verlangen der grundbuchlichen Sicherung ausführlich nachgeholt und zum Gegenstand des Bescheides gemacht.
Nach einem Hinweis des Senats, dass der Bescheid vom 10.04.2006 nicht erkennen lasse, dass die Antragsgegnerin von dem ihr in § 23 Abs. 5 Satz 2 SGB II – eingefügt durch Gesetz vom 24.03.2006 mit Wirkung zum 01.04.2006 – eingeräumten Ermessen Gebrauch gemacht habe, hat die Antragsgegnerin ihre Beschwerde auf die Zeit ab Erlass des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006 beschränkt.
Die Antragsgegnerin beantragt danach sinngemäß,
den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 19.06.2006 zu ändern, soweit sie darin verpflichtet wird, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II über den Erlass des Widerspruchsbescheides hinaus zu bewilligen.
Die Antragstellerin beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie macht geltend, auch das Schreiben der Antragsgegnerin vom 19.05.2006 lasse nicht erkennen, dass die Antragsgegnerin von ihrem Ermessen Gebrauch gemacht habe. Mit den Besonderheiten des Einzelfalles, nämlich der fehlenden Bereitschaft der Mutter, irgendwie gearteten Verfügungen zuzustimmen, habe sich die Antragsgegnerin zu keinem Zeitpunkt auseinandergesetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 07.07.2006 – der Bevollmächtigten der Antragstellerin zugegangen am 11.07.2006 – hat die Antragsgegnerin den Widerspruch als unbegründet zurückgewiesen. Wegen der Ausführungen zum Ermessen wird auf den Bescheid verwiesen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin, beschränkt mit Schriftsatz vom 03.08.2006 auf die Zeit ab Erlass des Widerspruchsbescheides vom 07.07.2006, hat Erfolg. Denn insoweit sind sowohl Anordnungsgrund (Eilbedürftigkeit einer Regelung) als auch Anordnungsanspruch (materiell-rechtlicher Anspruch auf die begehrte Leistung) nicht glaubhaft gemacht.
Nach der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes notwendigerweise nur erfolgten summarischen Prüfung ist der Senat der Auffassung, dass die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 07.07.2006 Ermessen ausgeübt hat und sich mit ihrer Entscheidung innerhalb des Ermessensspielraumes bewegt. Insbesondere hat die Antragsgegnerin den Vortrag der Antragstellerin in ihre Überlegungen einbezogen, die Antragstellerin sei Miteigentümerin des Hauses in ungeteilter Erbengemeinschaft mit ihrer Mutter und diese mit einer Belastung des Grundstücks nicht einverstanden. In diesem Zusammenhang verweist die Antragsgegnerin zutreffend auf das gesetzliche Verfügungsrecht der Antragstellerin als Miterbin. Denn nach § 2033 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kann jeder Miterbe über seinen Anteil an dem Nachlass verfügen. Vorliegend gibt es auch keinen Anhalt für das Bestehen von Genehmigungspflichten (vgl. Palandt, BGB, 65. Auflage 2006, § 2033 Randziffer 11 m.w.N.). Es ist danach nicht erkennbar, aus welchen rechtlichen Gründen die Antragstellerin daran gehindert sein sollte, durch Eintragung eines Pfandrechtes in Höhe von 5000,- EUR im Grundbuch zur Sicherung des Erstattungsanspruchs der Antragsgegnerin die Voraussetzungen für eine darlehensweise Leistungsgewährung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu schaffen. Deshalb ist nach Auffassung des Senats auch ein Anordnungsgrund vorliegend nicht gegeben.
Danach ist der Beschluss des Sozialgerichts zu ändern, da dieses die Antragsgegnerin nicht zur vorläufigen Leistung bis zum "Erlass" des Widerspruchsbescheides, sondern bis zum "bestandskräftigen Abschluss des Widerspruchsverfahrens" verpflichtet hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 15.08.2006
Zuletzt verändert am: 15.08.2006