Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 08.02.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Krankengeld.
Der 1945 geborene Kläger, der als Bezieher von Arbeitslosenhilfe bei der Beklagten versichert war, hielt sich im August 2002 in seinem Heimatland Türkei auf. Die Beigeladene zahlte Arbeitslosenhilfe bis 05.08.2002, für die Zeit vom 06. bis 25.08.2002 wurde die Leistung wegen Ortsabwesenheit eingestellt.
Mit einem Attest vom 02.08.2002 des Arztes Dr. H der Sanitätsstation C beantragte der Kläger nach seiner Rückkehr aus der Türkei am 26.08.2002 bei der Beklagten die Gewährung von Krankengeld. In dem Attest wird wegen einer Lumbalgie Bettruhe für 20 Tage für erforderlich gehalten. Die Beklagte holte eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein, der eine Bettruhe von 20 Tagen nicht für medizinisch sinnvoll und Angaben zu den radiologischen und klinischen Befunden und der durchgeführten Therapie für erforderlich hielt. Da der Kläger solche Unterlagen nicht beibringen konnte, lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 29.01.2003 die Gewährung von Krankengeld ab und wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 24.09.2003 zurück.
Zur Begründung der am 21.10.2003 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er habe den Nachweis seiner Arbeitsunfähigkeit durch das Attest des türkischen Arztes erbracht. Etwaige Mängel und Defizite im Behandlungssystem der Türkei gegenüber der deutschen Krankenversicherung könnten nicht zu seinen Lasten gehen.
Das Sozialgericht hat Befund- und Behandlungsberichte von den behandelnden Ärzten Dr. C1 und Dr. G eingeholt. Wegen des Inhalts der Berichte wird auf die vorgenannten Unterlagen Bezug genommen.
Mit Urteil vom 08.02.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, da der Kläger keine dem deutsch-türkischen Sozialversicherungsabkommen entsprechende ärztliche Bescheinigung über seine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit vorgelegt habe. Die geltend gemachte Arbeitsunfähigkeit lasse sich anhand des am 26.08.2002 vorgelegten Attestes nicht feststellen.
Gegen das ihm am 14.02.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 07.03.2006 Berufung eingelegt. Er hält an seiner Auffassung fest, dass das vorgelegte Attest seine Arbeitsunfähigkeit belege. Wegen seiner Erkrankung habe er einen weiter entfernten Arzt nicht aufsuchen können. Aufgrund der Erkrankung sei das Unterbleiben der sofortigen Weiterreichung des Attests entschuldigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 08.02.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 29.01.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.09.2003 zu verurteilen, ihm für die Zeit vom 02.08. bis 28.08.2002 Krankengeld zu gewähren, hilfsweise die Beigeladene zu verurteilen, ihm Krankengeld für den Zeitraum vom 02.08. bis 28.08.2002 zu gewähren.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie halt die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn der Kläger hat keinen Anspruch auf Krankengeld für den geltend gemachten Zeitraum.
Ein Krankengeldanspruch (§ 44 Abs. 1 Satz 1 SGB V) gegen die Beklagte scheitert schon daran, dass die angeblich in der Türkei vom 02. bis 20.08.2002 bestehende Arbeitsunfähigkeit der Beklagten erst am 26.08.2002 mitgeteilt worden ist. Somit ruht ein etwaiger Krankengeldanspruch für diesen Zeitraum gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V.
Da der Leistungsanspruch des Klägers wegen des Türkeiaufenthaltes nach § 16 Abs. 1 Nr. 1 SGB V ruhte, bestand er nur nach Maßgabe des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Türkei über Soziale Sicherheit vom 30.04.1964 (BGBl. 1965, II., 1588, im Folgenden: SVA). Aufgrund der Art. 4 a, 12 Abs. 1 lit. b SVA ist Krankengeld auch bei einem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in der Türkei zu zahlen. Mangels gegenteiliger Regelungen im SVA bleiben dabei aber auch die für den zuständigen Träger (hier: die Beklagte) nach innerstaatlichem Recht geltenden Vorschriften maßgebend (vgl. BSG SozR 3-2200 § 182 Nr. 12). Das ergibt sich auch aus Art. 16 SVA, wonach Geldleistungen auf Ersuchen der deutschen Krankenkassen vom türkischen Sozialversicherungsträger ausgezahlt werden. Daraus ergibt sich zugleich, das die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen Aufgabe der deutschen Krankenkasse bleibt (vgl. BSG a.a.O.).
Für die Versicherten besteht auch bei einer Erkrankung im Ausland die Pflicht zur Meldung der Arbeitsunfähigkeit (§ 49 Abs. 1 Nr. 5 SGB V). Soweit nach Art. 8 Abs. 1 der Durchführungsvereinbarung zum Abkommen der Versicherte dem Träger des Aufenthaltsortes die Arbeitsunfähigkeit mitzuteilen hat, bedeutet diese Bestimmung lediglich, dass der Versicherte der Verpflichtung enthoben ist, die Arbeitsunfähigkeit dem zuständigen Träger – also der Beklagten – zu melden, um das Ruhen des Anspruchs zu vermeiden (vgl. BSG a.a.O.). Der Versicherte kann aber die Arbeitsunfähigkeit auch unmittelbar der deutschen Krankenkasse mitteilen. Für diesen Fall sieht Ziffer 27 der Vereinbarung der Verbindungsstellen vor, das zum einen die deutschen Krankenkasse den Versicherten auffordert, sich an die zuständige türkische Stelle zu wenden und gleichzeitig dem türkischen Träger Kenntnis von der Arbeitsunfähigkeit gibt und ihn um Überprüfung der Arbeitsunfähigkeit bittet.
Der Kläger hat hier weder dem türkischen Träger noch der Beklagten den Eintritt der Arbeitsunfähigkeit mitgeteilt. Er hat das Attest erst nach seiner Rückkehr der Beklagten vorgelegt. Auch die Beigeladene hat erst am 26.08.2002 Kenntnis von der behaupteten Arbeitsunfähigkeit erhalten. Somit ruht ein Krankengeldanspruch mangels Meldung.
Soweit der Kläger mit seinem Antrag im Berufungsverfahren Krankengeld bis 28.08.2002 fordert, fehlt es (sofern es sich bei dem Enddatum nicht ohnehin nur um ein Versehen handelt) schon an der ärztlichen Feststellung der Arbeitsunfähigkeit.
Unabhängig davon ist auch eine Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen, da das vorgelegte Attest zum Nachweis einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit nicht aussagekräftig ist. Ihm ist nicht zu entnehmen, ob dem türkischen Arzt der Unterschied zwischen Erkrankung und Arbeitsunfähigkeit bekannt und bewusst war und aus den mitgeteilten Diagnosen und der Anordnung von "Bettruhe" nicht zwingend auf krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit geschlossen werden kann (vgl. BAG USK 9742). Zweifel am Bestehen von Arbeitsunfähigkeit ergeben sich auch aus dem zeitlichen Zusammenhang zwischen dem Eintritt der Arbeitsunfähigkeit und dem Ruhen des Arbeitslosenhilfeanspruchs während des geplanten Türkeiaufenthaltes. Diese Zweifel gehen zu Lasten des Klägers, da er die objektiven Beweislast für den Nachweis der Arbeitsunfähigkeit trägt.
Auch der Hilfsantrag ist unbegründet. Eine Rechtsgrundlage für einen "Krankengeldanspruch" gegen die Beigeladene ist nicht ersichtlich. Sofern der Kläger einen Anspruch auf Leistungsfortzahlung nach § 198 Satz 1 i.V.m. § 126 Abs. 1 SGB III (in der damals geltenden Fassung) geltend machen will, scheitert dieser schon daran, dass nach dem oben Gesagten die Arbeitsunfähigkeit nicht nachgewiesen ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 14.02.2007
Zuletzt verändert am: 14.02.2007