Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.01.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Mit Schreiben vom 24. Juni 2005 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Gewährung eines Darlehens in Höhe von je 310 EUR zur Anschaffung von Sommerbekleidung sowie zur Anschaffung von Winterbekleidung für das Halbjahr 2005/2006. Zur Begründung führte er aus, das Sozialgericht Münster habe seine Klage (gemeint ist sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung) unter dem Az. S 12 AS 69/05 ER, gerichtet auf die Gewährung einer Sommerbekleidungshilfe, abgewiesen. Aus den Gründen ergebe sich, dass die Beklagte die Möglichkeit habe, ihm ein Darlehen zur Anschaffung von Bekleidung zu gewähren.
Durch Bescheid vom 29. Juni 2005 lehnte die Beklagte diesen Antrag des Klägers ab. Der Bedarf an Bekleidung sei seit dem 1. Januar 2005 durch die Regelleistung abgedeckt. Die Gewährung eines Darlehens zur Anschaffung von Bekleidung komme gem. § 23 Abs. 1 SGB II in Betracht, wenn ein unabweisbarer Bedarf an Bekleidung anders nicht gedeckt werden könne. Der Kläger habe sich lediglich darauf berufen, er habe behinderungsbedingt einen erhöhten Verschleiß an Bekleidung. Einen Nachweis über einen unabweisbaren Bedarf an Sommerbekleidung habe er damit nicht erbracht. Ferner liege kein unabweisbarer Bedarf an Winterbekleidung vor, weil der Kläger die Möglichkeit habe, bis zum nächsten Winter noch Beträge zur Anschaffung von Winterbekleidung anzusparen.
Der Kläger hat am 05. Juli 2005 vor dem Sozialgericht (SG) Münster Klage gegen diesen Bescheid erhoben.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück.
Unter Berücksichtigung dieses Widerspruchsbescheids hat der Kläger seine Klage wie folgt begründet: Es gehe nicht nur darum, dass er aufgrund seiner körperlichen Behinderung einen erhöhten Verschleiß an Bekleidung habe. Er könne, anders als andere Hilfesuchende, auch keine Beträge aus seiner Regelleistung ansparen, weil er eine Vielzahl von Ausgaben habe, die mit seiner Behinderung zusammenhingen. So unterhalte er wegen seiner Behinderung einen Personenkraftwagen. Dessen Betriebskosten würde kein Sozialleistungsträger tragen. Er sei chronisch krank und bedürfe verschiedener Behandlungen, die nicht durch die gesetzliche Krankenversicherung getragen würden. Wegen dieser ihm zusätzlich entstehenden Kosten sei es ihm auch nicht möglich, ein etwaiges Darlehen mit Hilfe seiner Regelleistungen zu tilgen. Das Darlehen werde frühestens getilgt, wenn er einen Job mit einem ausreichenden Lohn bekomme.
Der Kläger hat sinngemäß beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2005 zu verpflichten, ihm das beantragte Darlehen zur Anschaffung von Sommer- und Winterbekleidung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Durch Gerichtsbescheid vom 04.01.2006 hat das SG die Klage abgewiesen und zur Begründung folgendes ausgeführt: "Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist – nachdem das Vorverfahren während des laufenden Klageverfahrens nachgeholt wurde – zulässig. Dabei geht das Gericht davon aus, dass diesem Verfahren nicht der Einwand der Rechtshängigkeit entgegensteht, weil der Kläger am 19. Mai 2005 bereits eine Klage auf Gewährung u.a. einer Sommerbekleidungsbeihilfe unter dem Az. S 12 AS 70/05 anhängig machte, über die mittlerweile durch noch nicht rechtskräftigen Gerichtsbescheid entschieden wurde. Denn Gegenstand der Klage S 12 AS 70/05 war die Gewährung einer Sommerbekleidungshilfe als Zuschuss. Gegenstand dieses Verfahrens ist die Gewährung einer Sommerbekleidungshilfe als Darlehen. Die Klage ist jedoch nicht begründet. Der Bescheid der Beklagte vom 29. Juni 2005 und ihr Widerspruchsbescheid vom 25. Juli 2005 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger daher nicht in seinen Rechten. Der Kläger hat gem. § 23 Abs. 1 SGB II keinen Anspruch auf die Gewährung eines Darlehens zur Anschaffung von Sommer- und Winterbekleidung. Voraussetzung für die Gewährung eines derartigen Darlehens ist, dass ein unabweisbarer Bedarf (hier: an Bekleidung) weder durch das Vermögen nach § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II noch auf andere Weise gedeckt werden kann. Der Kläger hat schon nicht dargetan, im Sommer 2005 einen unabweisbaren Bedarf an Bekleidung gehabt zu haben. Hierzu reicht es nicht aus, auf die ehemalige Praxis des Sozialhilfeträgers hinzuweisen, der im Falle des Klägers die Notwendigkeit sah, die halbjährliche Bekleidungspauschale zu verdoppeln.
Vielmehr bedarf es auch des Nachweises, dass aktuell im Sommer 2005 ein konkreter und unabweisbarer Bekleidungsbedarf bestand. Ferner muss nachgewiesen werden, dass dieser Bekleidungsbedarf nicht aus eventuellem Schonvermögen im Sinne des § 12 Abs. 2 Nr. 4 SGB II gedeckt werden konnte. Dem Vorbringen des Klägers lässt sich schon nicht substantiiert entnehmen, dass und welchen Bekleidungsbedarf er im Sommer diesen Jahres hatte. Das von ihm im Verfahren S 12 AS 70/05 vorgelegte ärztliche Attest stammt aus dem Jahre 2003 und ist schon deshalb nicht geeignet, einen unabweisbaren Bedarf an Bekleidung im Jahre 2005 zu belegen. Diesem Attest lässt sich allenfalls entnehmen, dass der Kläger insgesamt einen höheren Bedarf an Bekleidung hat als andere Hilfesuchende. Damit ist aber keine Aussage dazu getroffen, über welche Bekleidung der Antragsteller im Sommer 2005 verfügte und welche Bekleidung er dringend benötigte. Deshalb kommt es auch nicht darauf an, ob die Behauptung des Klägers, er benötige seine Regelleistungen bereits zur Deckung der Kosten seiner Krankenbehandlungen und der Betriebskosten seines Personenkraftwagens, überhaupt einen Einfluss auf die Entscheidung haben kann, ob dem Kläger ein Darlehen nach § 23 Abs. 1 SGB II zu gewähren ist. Der Anspruch des Klägers auf die Gewährung des beantragten Darlehens zur Anschaffung von Winterbekleidung scheitert schon daran, dass ein derartiger Bedarf im Zeitpunkt der Widerspruchsentscheidung ohnehin nicht vorgelegen haben kann. Auf diesen Zeitpunkt kommt es nach Auffassung des Gerichts aber an. Denn die hier streitigen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach § 23 Abs. 1 SGB II dienen erkennbar der Behebung einer aktuellen Notlage. Sie werden nicht "auf Vorrat bewilligt" sondern der aktuellen Situation entsprechend. Für die Frage, ob ein Hilfesuchender einen Anspruch auf eine Leistung nach § 23 Abs. 1 SGB II hat, ist deshalb maßgebend die aktuelle Situation, in der sich dieser Hilfesuchende befindet. Hat eine Behörde über die aktuelle Situation eines Hilfesuchenden abschließend durch Widerspruchsbescheid befunden, wirkt sich die Änderung der Situation des Hilfesuchenden im Laufe des Klageverfahrens nicht mehr aus. Eine derartige Änderung mag allenfalls dazu berechtigen, einen neuen Antrag auf Hilfegewährung bei der Behörde zu stellen, über den die Behörde dann zu entscheiden hat."
Der Gerichtsbescheid ist dem Kläger am 05.01.2006 zugestellt worden. Am 06.02.2006 – einem Montag – hat der dagegen Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung,die Voraussetzungen des § 23 Abs 1 SGB II lägen vor.
Vom Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landesozialgericht ist der Kläger benachrichtigt worden. Er hat jedoch mitgeteilt, nicht erscheinen zu können.
Nach seinem erkennbaren Interesse beantragt der Kläger,
den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 04.01.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 29. Juni 2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 25. Juli 2005 zu verpflichten, ihm das beantragte Darlehen zur Anschaffung von Sommer- und Winterbekleidung zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die Entscheidung des SG für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Gerichtsakte des SG Münster mit dem Az. S 12 AS 69/05ER. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Streitsache auch in Abwesenheit des Klägers verhandeln und entscheiden. Auf diese Möglichkeit ist der Kläger in der Terminsmitteilung hingewiesen worden. Einen Verlegungsantrag hat er nicht gestellt.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Der Senat folgt nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage den Ausführungen im Gerichtsbescheid des SG und sieht von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -).
Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 SGG nicht vorliegen.
Erstellt am: 23.10.2006
Zuletzt verändert am: 23.10.2006