Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.06.2003 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Der Kläger nimmt die Beklagte auf Gewährung von Rente wegen Erwerbsminderung in Anspruch. Auf Grund des Bescheides der Beklagten vom 19.03.2003 wird ihm ab 01.07.2002 die Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau gezahlt.
Der 1958 in der Türkei geborene Kläger hat im April 1972 zunächst als Bergjungarbeiter angelegt. Ab März 1977 übte er ausweislich einer vom Senat eingeholten Arbeitgeberauskunft vom 19.11.2003 sonstige Hilfsarbeiten aus. Nach Tätigkeiten als Bandaufseher, Transportarbeiter, Förderaufseher 2 und Lokomotivfahrer 2 in Lohngruppen 07 und 08 der Lohnordnung für die Arbeiter des Rheinisch Westfälischen Steinkohlebergbaus war er ab Januar 1984 bis April 2000 als Schachtzimmerhauer und ab Mai 2000 bis 12.02.2001 als Maschinenhauer 2 nach Lohngruppe 10 der genannten Lohnordnung tätig. Das Arbeitsverhältnis endete im Juli 2002.
Im September 2001 stellte der Kläger Rentenantrag, nachdem er von Juli bis August 2001 an einer medizinischen Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen hatte, aus der er arbeitsunfähig entlassen, allerdings die Auffassung vertreten worden war, dass er nach Rekonvaleszenz voraussichtlich wieder vollschichtig arbeitsfähig sein würde für schwere Arbeiten in wechselnder Körperhaltung.
Die Beklagte ließ den Kläger durch die Ärztin für Innere Medizin H untersuchen, die vollschichtig nur noch körperlich leichte bis mittelschwere Arbeiten für möglich erachtete. Die zuletzt verrichtete körperlich schwere Tätigkeit als Maschinenhauer sei mit dem festgestellten Leistungsbild nicht vereinbar.
Durch Bescheid vom 05.12.2001 und Widerspruchsbescheid vom 01.03.2002 lehnte die Beklagte Rentenleistungen wegen voller Erwerbsminderung sowie teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit und wegen teilweiser Erwerbsminderung ab. Der Kläger sei noch mindestens 6 Stunden täglich einsetzbar. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen könne er noch als Lampenwärter im Bergbau arbeiten.
Im Klageverfahren hat der Kläger die Auffassung vertreten, es liege zumindest Berufsunfähigkeit im Sinne des § 240 Abs. 1 des Sechsten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB VI) vor.
Der Kläger hat beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 05.12.2001 in der Fassung des Widerspruchsbe-scheides vom 01.03.2002 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, bei ihm ab 13.09.2001 einen Zustand von teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit anzunehmen und ihm die Gesamtleistung nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Kläger hat eine Begutachtung nach § 109 Sozialgerichtsgesetz (SGG) durch den Orthopäden Dr. L beantragt. In seinem Gutachten vom 27.09.2002 hat Dr. L den Kläger noch für fähig erachtet, leichte körperliche Arbeiten vollschichtig zu verrichten auf Grund mäßig degenerativer Veränderungen im Bereich der Hals- und Lendenwirbelsäule bei begleitenden Nervenwurzelreizungen, einer Minderbelastbarkeit der gesamten Wirbelsäule, mäßigen Einschränkungen der Geh- und Stehfähigkeit, einer beginnenden Coxarthrose beiderseits, einer Osteochondrose beider Kniegelenke, eines Knick-, Senk- und Spreizfußes beiderseits und einer Periarthritis humero scapularis links mit mäßiger Gebrauchsminderung des linken Armes. Mittelschwere Gegenstände bis zu 10 kg könnten getragen werden. Tätigkeiten, die mit Nacht- oder Wechselschicht einher gingen, sollten nicht mehr verrichtet werden.
Das Sozialgericht hat nach § 106 SGG ein Gutachten von dem Orthopäden L1 und ein fachinternistisches Zusatzgutachten durch Dr. X veranlasst. Unter Berücksichtigung des internistischen Gutachtens vom 31.12.2002 hat Herr L1 im Gutachten vom 17.01.2003 die von Dr. L erhobenen Diagnosen und Befunde bestätigt. Bei kernspintomographisch nachgewiesener Bandscheibenvorwölbung L 4/L 5 könne der Kläger überwiegend leichte Tätigkeiten, zeitweilig mittelschwerer Art zumutbar verrichten. Er sei in der Lage, Lasten bis zu 15 kg zumindest kurzfristig zu heben und zu tragen sowie Arbeiten in Wechsel- und Nachtschicht, unter besonderem Zeitdruck mit häufigem Publikumsverkehr oder unter ähnlichen Umständen durchzuführen. Aus internistischer Sicht sei wegen einer arteriellen Hypertonie hinsichtlich Arbeiten mit Nachtschicht und mit besonderem Zeitdruck Einschränkungen zu machen.
Durch Urteil vom 18.06.2003 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Mit dem festgestellten Leistungsvermögen könne der Kläger noch als Auslieferungsfahrer im Arzneimittelgroßhandel arbeiten.
Im Berufungsverfahren hat der Kläger geltend gemacht, als solcher nicht mehr arbeiten zu können. Insbesondere sei es ihm nicht möglich, Lasten bis zu 15 kg zu heben und zu tragen. Es sei nicht ersichtlich, weshalb die Feststellung von Dr. L, dass er nämlich nur noch Lasten bis zu 10 kg tragen könne, falsch sei. Außerdem habe er dauernd Kopfschmerzen, was beim Autofahren eher hinderlich sei. Hierzu hat der Kläger auf eine Bescheinigung der Röntgenpraxis Dres. T/T1 Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 18.06.2003 zu ändern und nach dem Klageantrag zu entscheiden.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend.
Der Senat hat von dem behandelnden Arzt für Chirurgie Dr. T2 einen Befundbericht eingeholt. Dem Kläger sind die berufskundlichen Gutachten und Stellungnahmen des Sachverständigen Dr. N zur Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers sowie Auskünfte der Deutschen Steinkohle AG (DSK) zur Tätigkeit des Lampenwärters zur Kenntnis gegeben worden.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet.
Das Sozialgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid der Beklagten vom 19.03.2002 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 01.03.2002 ist rechtmäßig. Der Kläger ist nicht beschwert im Sinne des § 54 Abs.2 SGG. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit. Rechtsgrundlage für die Beurteilung des geltend gemachten Rentenanspruchs ist § 240 SGB VI in der ab 02.01.2001 geltenden Fassung (n. F.). Der vor dem 01.01.1961 geborene Kläger hat den Rentenantrag im September 2001 gestellt und macht Rentenleistungen ab diesem Zeitpunkt geltend. Ein Rentenanspruch im Sinne des § 43 SGB VI (n.F) wegen voller oder teilweiser Erwerbsminderung ist nicht ersichtlich, weil das Leistungsvermögen des Klägers nicht auf unter sechs Stunden täglich reduziert ist.
Nach § 240 Abs. 1 i. V. m. Abs. 2 SGB VI haben Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen Versicherte, die vor dem 02. Januar 1961 geboren und berufsunfähig ist. Der Kläger erfüllt die erstgenannte Voraussetzung; er ist aber nicht berufsunfähig. Nach Abs. 2 Satz 1 der Vorschrift sind berufsunfähig Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (Satz 2). Nach Satz 4 des Absatzes 2 ist berufsunfähig nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens 6 Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen. Mit Rücksicht auf diese Voraussetzungen hat sich nicht feststellen lassen, dass der Kläger berufsunfähig ist.
Nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme geht der Senat in Übereinstimmung mit den gehörten Sachverständigen Dr. L, L1 und Dr. X davon aus, dass der Kläger jedenfalls noch durchweg leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Stehen und Sitzen in Tagesschicht ausüben kann. Auszuschließen sind Arbeiten mit häufigem Bücken, mit andauernder längerer gebückter Haltung oder sonstiger Zwangshaltung, Überkopfarbeiten und das Heben und Tragen von Lasten über 10 kg, wobei insoweit Dr. L das Tragen von Gegenständen bis zu 10 kg, der Orthopäde L1 demgegenüber das kurzfristige Heben und Tragen bis zu 15 kg für zumutbar hält. Was die insoweit und auch hinsichtlich des Arbeitens in Wechsel- und Nachtschicht divergierenden Auffassungen der Sachverständigen anbelangt, wird dazu an späterer Stelle eingegangen werden. Der Kläger ist im Übrigen in der Lage, Arbeiten im Freien durchzuführen mit entsprechender witterungsangepasster Kleidung.
Mit diesem Leistungsvermögen kann der Kläger seinen bisherigen Beruf als Hauer unter Tage – zumindest seit Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Februar 2001 – nicht mehr auszuüben. Das ist zwischen den Beteiligten nicht streitig. Damit ist der Kläger aber noch nicht berufsunfähig. Das ist er nur, wenn bezogen auf den "bisherigen Beruf" keine zumutbaren Verweisungstätigkeiten ersichtlich sind. Zumutbar im Sinne der genannten Bestimmung sind einem Versicherten alle, auch berufsfremden Tätigkeiten, die er nach seinen gesundheitlichen Kräften und beruflichen Kenntnissen und Fähigkeiten ausführen kann und die nach ihrer im Gesetz beschriebenen Kennzeichnung, nämlich nach ihrer Ausbildung, ihren besonderen Anforderungen und ihrer Bedeutung im Betrieb, also nach ihrer Qualität, dem bisherigen Beruf nicht zu fern stehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 03.12.1980 – 4 RJ 35/80 – SozR 2200, § 1246 Nr. 73). Zur praktischen Handhabung dieser Grundsätze und zur Konkretisierung des Verweisungsrahmens hat das Bundessozialgericht ein Mehrstufenschema entwickelt, auf dessen nähere Beschreibung hier verzichtet wird, weil es als zwischen den Beteiligten bekannt vorausgesetzt wird (vgl. zum Mehrstufenschema z. B. BSG, Urteil vom 12.09.1991 – 5 RJ 34/90 – SozR 2200, § 1246 Nr. 17). Dieses zu den ursprünglichen Vorschriften (§ 1246 Reichsversicherungsordnung – RVO-, § 43 SGB VI aF) entwickelte Schema hat im Rahmen des § 240 SGB VI nF nach wie vor Gültigkeit, weil sich der Begriff der Berufsunfähigkeit gegenüber der bis zum 31.12.2000 geltenden Definition nicht – oder nur geringfügig – geändert hat. Aus diesem Grund hat auch die zum bisherigen Recht der Berufsunfähigkeit ergangene Rechtsprechung weiter Gültigkeit.
Mit dem Hauptberuf als Hauer ist der Kläger der Gruppe der Versicherten mit dem Leitberuf des Facharbeiters zuzuordnen. Er hat zwar keine Prüfung als Knappe, Bergmechaniker, Berg- und Maschinenmann oder Hauer abgelegt und auch keine Bescheinigung des Betriebes zu den Akten gereicht, nach der er die Kenntnisse und Fertigkeiten besitzt, die ihn befähigen, die in der Gewinnung, Aus-, Vor- und Herrichtung vorkommenden wesentlich bergmännischen Arbeiten zu verrichten. Facharbeiterqualifikation als Hauer ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG – zuletzt Urteil vom 25.07.2001, B 8 KN 14/00 R, SozR 3-2600 § 43 Nr. 26) dennoch zu bejahen, wenn anderweitig der Nachweis einer entsprechen Qualifikation geführt wird, d.h. nach den genannten Kriterien die schriftliche Bestätigung hätte erteilt werden müssen. Nach Auffassung des Senats hat der Kläger im Verlauf seines Berufslebens unter Beweis gestellt, dass er nicht nur über ausreichende Grundkenntnisse und Fähigkeiten verfügt hat, die es ihm ermöglichten spezielle Hauerarbeiten in Teilbereichen zu verrichten, sondern dass er darüber hinaus nach kurzer Einweisung auch in der Lage war, in anderen Bereichen Hauerarbeiten zu bewältigen, wie sie von einem Facharbeiter verlangt werden. Er hat nach einer Anlernung als Bergjungarbeiter ab 1981 zunächst als Lokomotivfahrer gearbeitet, wobei er durch die zuvor verrichteten "Hilfsarbeiten" von 1977 bis Mai 1981 wie verschiedene Maurerarbeiten, Herstellen von Spezialbohrungen, Betonieren, Verfestigen des Gebirges und das Bauen und Instandhalten von Explosionssperren sowie das Einstauben von Strecken (Arbeitgeberauskunft vom 19.11.2003) bereits Grundkenntnisse der verschiedenen Untertagetätigkeiten erlangt hat. Seit Juni 1984 bis zu seiner Arbeitsunfähigkeit war der Kläger dann als Schachtzimmerhauer bzw. Maschinenhauer 2 tätig und bereits nach Lohngruppe 10 entlohnt worden. Allein die Entlohnung nach der Facharbeiterlohngruppe 10 und nicht zuletzt die Auskunft des Arbeitgebers vom 19.11.2003, nach der er alle Arbeiten vollwertig wie bei einem normalen Ausbildungsweg in diesem Beruf verrichtet hat, lässt erkennen, dass er so eingesetzt worden ist, wie das von einem Facharbeiter verlangt wird.
Als Facharbeiter kann der Kläger nach dem genannten Mehrstufenschema des BSG nur auf solche Tätigkeiten verwiesen werden, die eine betriebliche Ausbildung von wenigstens 3 Monaten erfordern. Zu diesen Tätigkeiten gehört, solange der Kläger zu dem geschlossenen System des Bergbaus gehörte, die des Lampenwärters. Der Lampenwärter ist nach dem im Tatbestand bezeichneten Tarifvertrag in die Lohngruppe 6 (über Tage) eingestuft, in der beispielsweise auch angelernte Handwerker erfasst sind. Der sachliche Grund für den relativ hohen tariflichen Rang liegt darin, dass die regelmäßige Wartung des Geleuchts und der Atemschutzgeräte der Sicherheit des unter Tage Bergbaus dient und deshalb von gehobener betrieblicher Wichtigkeit ist. Sie hebt sich damit aus dem Kreis der an sich ungelernten Tätigkeiten nach der seit 01.06.1971 geltenden Lohnordnung deutlich hervor und zwar nicht wegen etwaiger Nachteile oder Erschwernisse in der Arbeitsumgebung, sondern wegen ihrer Qualität und der deutlich gehobenen betrieblichen Bedeutung.
Der Kläger war bis zu seiner Abkehr vom Bergbau am 30.06.2002 auch nach dem eingangs festgestellten gesundheitlichen Leistungsvermögen in der Lage, die Lampenwärtertätigkeit zu verrichten. Die dem eingeschränkten Leistungsvermögen zugrundeliegenden, von den Sachverständigen diagnostizierten Gesundheitsstörungen hinderten ihn an der Ausübung dieser Tätigkeit nicht. Der teilweise voneinander abweichenden Beurteilung der Orthopäden Dr. L und L1 hinsichtlich der Hebe- und Tragbelastung kommt keine tragende Bedeutung zu, weil bei der Ausübung der körperlich leichten Lampenwärtertätigkeit schon das Heben und Tragen von Gewichten über 10 kg nicht anfällt. Soweit Dr. L – entgegen der Auffassung von Herrn L1 – und der Internist Dr. X gemeint haben, dass Arbeiten verbunden mit Nacht- und/oder Wechselschicht nicht mehr verrichtet werden sollten, steht auch das der Verweisbarkeit auf die Tätigkeit des Lampenwärters nicht entgegen, da die DSK dem Senat gegenüber in verschiedenen Auskünften, die dem Kläger auch zur Kenntnis gegeben worden sind, mitgeteilt hat, dass bei entsprechender ärztlicher Empfehlung der Mitarbeiter bei Einschränkungen dieser Art auch nur in Tagesschicht bzw. Einschichtbetrieb eingesetzt wird. Im Übrigen gibt es Zechen, wo die Lampenstube überhaupt nur noch in der Tagesschicht besetzt ist. Sonstige Einschränkungen, die den Einsatz als Lampenwärter ausschlössen, sind den Gutachten nicht zu entnehmen.
Soweit der Kläger sich auf die seit Februar 2001 festgestellte Arbeitsunfähigkeit gestützt hat, vermag das an der Verweisungsmöglichkeit auf die Lampenwärtertätigkeit nichts zu ändern. Die festgestellte Arbeitsunfähigkeit bezog sich auf die zuletzt ausgeübte Hauertätigkeit, die unstreitig nicht mehr verrichtet werden kann. Die Arbeitsfähigkeit in Bezug auf die Lampenwärtertätigkeit anzuzweifeln, besteht kein Anlass, nachdem die Ärzte in der Rehabilitationsklinik sogar gemeint hatten, es solle nach Rekonvaleszenz ein Arbeitsversuch am alten Arbeitsplatz, also als Hauer, unternommen werden. Zwar hat die Internistin Gu ein solches Leistungsvermögen in ihrem Gutachten vom 13.11.2001 in Abrede gestellt, sie hat aber dennoch mittelschwere Arbeiten für möglich erachtet. Der Senat teilt auch die Auffassung des Klägers nicht, dass ihm als Lampenwärter der Arbeitsmarkt verschlossen war, weil ihm vom Arbeitgeber kein leidensgerechter Arbeitsplatz habe angeboten werden können. Allein aus dem Umstand, dass alle für eine Verweisungstätigkeit in Betracht kommenden Stellen besetzt sind, folgt nämlich noch nicht, dass hierauf im Rahmen der Prüfung der Berufsunfähigkeit nicht verwiesen werden könnte. Ganz grundsätzlich ist es rechtlich unerheblich, ob die Arbeitsplätze, an denen qualitativ gleichwertige Vergleichsberufe (sogenannte Verweisungsberufe) ausgeübt werden, frei oder besetzt sind (so BSG Urteil vom 29.04.1997, Az.: 8 RKn 19/96, Kompass 1997, 509/510 unter Hinweis auf BSG vom 15.05.1996 – 4 RA 60/94). Es kommt deshalb nicht darauf an, ob dem Kläger ein solcher Arbeitsplatz tatsächlich angeboten worden ist oder nicht, sondern ob er eine reale wenn auch möglicherweise schlechte Chance auf eine entsprechende leichte Beschäftigung hatte. Ausgehend von dem seit 1983 im Steinkohlenbergbau bestehenden Einstellungsstop hatte der Kläger innerhalb dieses geschlossenen Systems bis zu seiner Abkehr eine solche Chance auf Grund des bestehenden Beschäftigungsverhältnisses. Hinweise darauf, dass es Arbeitsplätze als Lampenwärter nicht mehr gibt, gab es weder in der Vergangenheit noch zum jetzigen Zeitpunk. Ganz im Gegenteil. Die dem Kläger u.a. übersandten Auskünfte der DSK bestätigen, dass auf den Bergwerken Arbeitsplätze für Lampenwärter vorhanden sind und der Arbeitsplatz bei Abkehr des entsprechenden Mitarbeiters wieder neu besetzt wird (Auskünfte der DSK vom 28.03.2001, in der die Anzahl der Lampenwärter verschiedener Bergwerke zwischen 3 und 16 angegeben wird und vom 10.01.2001).
Auch für die Zeit nach der Abkehr besteht ein Anspruch auf die begehrte Erwerbsminderungsrente bei Berufsunfähigkeit nicht, weil der Kläger – zwar auch schon seit dem Zeitpunkt der Antragstellung, jedenfalls aber – ab diesem Zeitpunkt zumutbar auf die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers verweisbar ist. Diese Tätigkeit ist dem Kläger gesundheitlich und sozial zumutbar.
Nach den Feststellungen des berufskundlichen Sachverständigen Dr. N handelt es sich bei der Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers um eine leichte körperliche Tätigkeit, die im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen ausgeübt wird und nur normale durchschnittliche Anforderungen an seelisch-geistige Qualitäten stellt. Darüber hinaus gehende Qualitäten sind nicht gefordert …
Was die körperliche Belastung anbelangt, ist davon auszugehen, dass bei einer städtischen Tour täglich 40 – 44 und bei einer ländlichen Tour täglich 35 – 40 Zigarettenautomaten angefahren, gewartet und nachgefüllt werden müssen. Dabei sind täglich insgesamt 3000 Packungen, was 150 Stangen zu 20 Packungen und einem Warenwert von rund 12000,00 Euro entspricht, nachzufüllen. Jeder zu versorgende Automat ist somit durchschnittlich mit 75 Packungen nachzufüllen bei einem Gesamtanfall von durchschnittlich etwa 300,00 Euro.
Von diesen durchschnittlichen Werten ausgehend, fallen je Zigarettenautomat nur geringe Gewichte an Zigaretten und Geld an. Ausgehend von einem Packungsgewicht von 25 g – Stange von maximal 510 g bei 20 Packungen – ist ein Warengewicht bei 75 Packungen von unter 2 kg in dem 2,2 kg wiegenden Füllkorb zu bewältigen. Entsprechend stellt sich das Gewicht des Geldes dar. Bei einem ausschließlich mit Münzgeld zu bedienenden Automaten und bei einem Packungspreis von durchschnittlich 4 Euro können 300 1,00-Euro-Münzen durchschnittlich anfallen, was zu einem Gewicht von max. 2.250 g führt. Dabei ist der Senat, der Annahme des Sachverständigen folgend von einem Münzgewicht bei einer 1,00-Euro-Münze von etwa 8,5 g –münzfrisch 7,5 g plus Verschmutzung – ausgegangen. Variationen wegen anderer Münzzusammenstellungen oder Mischung mit Notengeld sind möglich. Abweichungen nach oben und nach unten sind aber nur in einem Maße möglich, mit dem die 5-Kilo-Grenze niemals überschritten wird.
In Ausnahmefällen können höhere Gesamtgewichte sowohl bei der Ware als auch beim Geld anfallen. Zigarettenkartons mit einem Inhalt von 16 Stangen zu 510 g können knapp unter 9 kg wiegen. Zu entnehmende Geldmengen können insgesamt das Gewicht von 20 kg nach den Darlegungen des berufskundlichen Sachverständigen erreichen/überschreiten. Dies Gewichte können aber, wie der Sachverständige auch dargelegt hat, in Teilmengen transportiert werden. Der Automatenauffüller kann sie sich seinem Leistungsvermögen entsprechend aufteilen.
Weitere körperliche Belastungen mit den vorbeschriebenen (Gesamt)Höchstgewichten treten auf beim Beladen des Lieferfahrzeugs. Gleich ob die aus dem Warenlager des Tabakwarengroßhändlers zu entnehmenden Waren von einem Kommissionierer vorbereitet bereitgestellt werden oder ob der Auffüller sie selbst aus dem Lager holt. Diese Gewichte können ebenfalls belastungsgerecht aufgeteilt werden.
Das an den Automaten eingesammelte Geld fällt nach dem Zählen mittels einer Zählmaschine in einen im Lieferwagen eingebauten Tresor, der auf dem Gelände des Tabakgroßwarenhändlers nur noch aus dem Lieferwagen auf ein Rollenförderband gezogen werden muss, das bis an den Lieferwagen heranreicht. Mit der Geldentnahme oder einem Transport ins Kassenbüro hat der Automatenauffüller nichts zu tun.
Beim Beladen des Fahrzeugs werden die Zigarettenkartons oder –stangen in in dem Wagen eingebaute Regale gelegt. Beim Nachfüllen der Automaten sind die erforderlichen Mengen wieder aus diesen Regalen herauszunehmen. Dabei können jeweils naturgemäß einzelne kurzfristige Bückvorgänge notwendig sein. Es ist nicht davon auszugehen, dass sich die jeweils nachzufüllenden Zigarettenpackungen bei jedem Automaten ausschließlich auf dem Boden des Lieferfahrzeugs – als dem untersten "Regalboden" – befinden.
An die geistig-seelischen Qualitäten wie Reaktionsfähigkeit, Übersicht Aufmerksamkeit, verantwortliches und zuverlässiges Handeln werden normale/durchschnittliche Anforderungen gestellt. Die Tätigkeit bedarf einer gewissen Intelligenz und Umstellungsfähigkeit, um die zu erfüllenden Aufgaben zu erlernen und den Versorgungsbezirk mit seinen Automaten kennen zu lernen und abzufahren. Über die sicherlich auch für eine Einstellung in diesen Beruf wegen der hohen Waren- und Geldwerte erforderlichen charakterologischen Qualitäten eines Bewerbers, Vertrauenswürdigkeit und Zuverlässigkeit, hat ein Gericht der Sozialgerichtsbarkeit nicht zu befinden. Diese Gerichtsbarkeit ist in diesem Zusammenhang ausschließlich zur Beurteilung der körperlichen und seelisch-geistigen Leistungsfähigkeit eines Versicherten /Rentenantragstellers berufen.
Zeitdruck kann allenfalls in dem allenthalben bei jeder Arbeit anfallenden Ausmaß entstehen bzw. vorhanden sein. Der Zigarettenautomatenauffüller ist in der Gestaltung seines Arbeitstages weitestgehend frei. Das hat seine Grundlage darin, dass er für die Versorgung seines Bezirks und nicht nach geleisteten Arbeits- und/oder Überstunden entlohnt wird. Deshalb kann er seine Nachfüll-Tour, die für den jeweiligen Tag vorgegeben wird, in ihrem Ablauf frei gestalten, Pausen nach den Vorgaben der Arbeitszeitordnung planen und einhalten oder zusätzliche Pausen einlegen. Daran ist er durch nichts, vor allem nicht durch eine Verpflichtung zur Einhaltung von Terminen, gehindert. Er kann z.B. in einem innerstädtischen Bereich ganz früh morgens mit seiner Arbeit beginnen, um sie relativ "bequem" und zügig erledigen zu können, weil er sich als Lieferant bis 10 Uhr morgens problemlos in seinem Fahrzeug sowohl in der Fußgängerzone als auch in dem anderen Innenstadtbereich bewegen kann. Hat er auf seiner Tour vornehmlich z.B. Kantinen, Gaststätten und Kioske aufzusuchen, wird er wegen möglicher späterer Öffnungszeiten seinen Arbeitstag auch erst später am Tag beginnen mit der Folge, dass es an diesem Tag später werden kann. Bei normalem Ablauf eines durchschnittlichen Tourentages ist deshalb das Entstehen von Zeitdruck über das normale Maß hinaus nicht zu erwarten. Zeitdruck wird regelmäßig nur dadurch entstehen können, worauf auch der Sachverständige hinweist, dass sich der Auffüller selbst unter Druck setzt mit dem Ziel, seine Arbeit schnellstmöglich hinter sich zu bringen.
Da es von dieser Art Arbeitsplätze in Deutschland etwa 2500 gibt, in Nordrhein-Westfalen allein mehr als 500, wobei die Arbeitsplätze und die Bevölkerungszahlen ins Verhältnis gesetzt sind, demnach von einer beachtlichen und nach der Rechtsprechung der Rentensenate des Bundessozialgerichts (vgl. Urteil des BSG in SozR-2600 § 43 Nr.13) bei weitem für eine Verweisungstätigkeit ausreichenden Anzahl dieser Arbeitsplätze auszugehen ist, seien sie frei oder besetzt, sind die vorbeschriebenen Arbeitsbedingungen die des allgemeinen Arbeitsmarktes für diese Tätigkeit (vgl. BSG Urteil in SozR 2200 § 1247 Nr.43; SozR 4100 § 168 Nr.7). Die üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts bestehen deshalb nicht darin, nach Stunden und Überstunden für eine Arbeit entlohnt zu werden, sondern in der Versorgung der Automaten in dem, dem Zigarettenautomatenauffüller anvertrauten Bezirk. Das schließt ein, dass die möglicherweise normale tarifliche Arbeitszeit durchaus sowohl unter- als auch überschritten werden kann. Damit dürfte es entscheidend auf die Versorgungs-/Verweildauer am einzelnen zu versorgenden Zigarettenautomaten nicht ankommen.
Die Arbeit ist in Lohngruppe VI (Verkaufsfahrer) nach dem Lohnrahmenabkommen des Groß- und Außenhandels in Nordrhein-Westfalen vom 14.03.1980 (Lohnrahmenabkommen) eingestuft, in eine Lohngruppe also, nach der auch Tätigkeiten entlohnt werden, die eine abgeschlossene Facharbeiterausbildung voraussetzen bzw. solche, deren Ausführung Fertigkeiten und Kenntnisse erfordern, die denen von Facharbeitern gleichzusetzen sind. Die hohe tarifliche Einstufung ist gerechtfertigt dadurch, dass der Zigarettenautomatenauffüller mit hohen Waren- und Geldwerten umgeht und deswegen eine für den Betrieb hochwertige Arbeit ausführt. Der Senat hat keine Bedenken, die Feststellungen des berufskundlichen Sachverständigen Dr. N zur Tätigkeit des Automatenauffüllers seiner Entscheidung zu Grunde zu legen. Er ist als Geschäftsführer der Wirtschaftsvereinigung Großhandel-Außenhandel-Dienstleitungen Ruhrgebiet e.V. hinreichend mit der Materie befasst und hat in dieser Funktion ganz wesentlich mit dem Tabakgroßhandel zu tun. Er hat sich im Einzelfall Kenntnisse durch Gespräche und Rücksprachen mit den Tabakwarengroßhändlern verschafft und mit diesem Kenntnisstand die an ihn gerichteten Fragen beantwortet. Zudem ist er in seiner Funktion als Geschäftsführer der genannten Vereinigung bei der Ausarbeitung der Stellenbeschreibung für Fahrverkäufer hinzugezogen worden, die er in der mündlichen Verhandlung vom 12.07.2005 überreicht hat und die dem Bevollmächtigten zur Kenntnis gegeben worden ist.
Dass dem Kläger die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers in gesundheitlicher Hinsicht nicht zumutbar wäre, hat sich nicht feststellen lassen. Das geschilderte Anforderungsprofil entspricht seinem Leistungsvermögen, wie es eingangs beschrieben worden ist. Der Kläger wird durch die Tätigkeit weder körperlich noch seelisch-geistig überfordert. Der Senat vermag bei einem Vergleich der an die Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllers zu stellenden Anforderungen mit dem von den Sachverständigen festgestellten Leistungsvermögen einschließlich der hervorgehobenen qualitativen Einschränkungen keine Anhaltspunkte dafür zu erkennen, dass der Kläger die einzelnen, bei der Tätigkeit des Zigarettenautomatenauffüllens notwendigen Verrichtungen nicht ausführen und vor allem nicht innerhalb eines Dreimonatszeitraumes soweit erlernen könnte, dass er sie vollwertig verrichten kann.
Soweit der Kläger einwendet, beim Beladen des Fahrzeuges seien Gewichte zu "stemmen", die über seinem Leistungsvermögen liegen, vermag das angesichts der aufgezeigten Gewichtsbelastungen nicht zu überzeugen. Es ist auch nicht so, wie der Kläger einwendet, dass bei insgesamt 40 – 50 Automaten (es handelt sich um allenfalls 40 bis 44 Automaten) zu schleppende Gewichte von 100 kg anfielen; Gegenteiliges ergibt sich aus der dem Kläger in der mündlichen Verhandlung ausgehändigten Sitzungsniederschrift vom 12.07.2005, auf die Bezug genommen wird. Dass mit Rücksicht auf eine höhere Geldentnahme unter Umständen auch höhere Gewichtsbelastungen entstehen, ist unbeachtlich im Hinblick darauf, dass – wie ausgeführt – die etwa entstehenden höheren Gewichtsbelastungen nicht auf einmal bewältigt werden müssen, sondern aufgeteilt werden können.
Inwieweit die richterrechtlich entwickelte Haftungsmilderung bei "gefahrgeneigter Arbeit" bei der Prüfung der Berufsunfähigkeit einer Verweisbarkeit entgegenstehen könnte, vermag der Senat nicht zu erkennen. Soweit der Kläger damit generell auf die "Gefahrgeneigtheit" der zu leistenden Arbeit abstellen und damit eine Frage der Zumutbarkeit erörtert wissen will, sieht der Senat darin keinen Anlass, von einer Verweisbarkeit auf diese Tätigkeit abzusehen. Bei der im Rahmen der Prüfung der Berufsunfähigkeit festzustellenden objektiven und subjektiven Zumutbarkeit ist entscheidend der qualitative Wert der Arbeit und ob die Tätigkeit den Versicherten gesundheitlich wie auch vom Können und Wissen her nicht überfordert. Dass eine Tätigkeit ein erhöhtes Gefahrenpotential in sich birgt, ist für die Verweisbarkeit unerheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Voraussetzungen für eine Revisionszulassung (§ 160 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 SGG) liegen nicht vor.
Erstellt am: 15.09.2006
Zuletzt verändert am: 15.09.2006