Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.01.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die teilweise Rücknahme der Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 04.08.2003.
Der Kläger war bis zum 31.12.2000 zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 8600,- DM monatlich beschäftigt. Ab dem 27.12.2000 bezog der Kläger Krankengeld. Am 16.07.2001 meldete er sich arbeitslos und beantragte die Bewilligung von Arbeitslosengeld. Er legte eine Bescheinigung seiner Krankenkasse vor, wonach er in der Zeit vom 27.12.2000 bis 15.07.2001 Krankengeld nach einem ungekürzten Regelentgelt von kalendertäglich 710,54 DM bezogen hat. Auf dieser Grundlage bewilligte die Beklagte dem Kläger vom 16.07. bis 13.08.2001 und nach einer Reha-Maßnahme ab dem 05.09.2001 Arbeitslosengeld für 960 Tage nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 2000,- DM, der Leistungsgruppe C 0 in Höhe eines Leistungssatzes von wöchentlich 751,24 DM, das ist täglich 107,32 DM. Zum 01.01.2002 wurde die Bewilligung auf Euro-Werte umgestellt, so dass dem Kläger ab diesem Zeitpunkt Arbeitslosengeld in Höhe von 384,16 EUR wöchentlich bewilligt wurde. Ab 16.07.2002 wurde die Leistungsbewilligung auf 388,92 EUR wöchentlich angehoben und ab 01.01.2003 auf eine Höhe von 385,91 EUR nach der Leistungsverordnung 2003 angepasst.
Im Juni 2003 stellte die Beklagte die fehlerhafte Ermittlung des zugrunde liegenden Bemessungsentgeltes fest und hörte den Kläger hierzu mit Schreiben vom 16.06.2003 – allerdings ohne Erläuterung der rechtlichen Hintergründe – an. Mit den angefochtenen Bescheiden vom 07.07.2003, 01.08.2003 und 21.08.2003 hob die Beklagte die Bewilligung des Arbeitslosengeldes ab dem 04.08.2003 teilweise in Höhe von wöchentlich 32,97 EUR auf und bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 25.08.2003 Arbeits-losengeld ab dem 04.08.2003 mit einem Restanspruch von 205 Tagen nach einem gerundeten wöchentlichen Arbeitsentgelt von 935,- EUR, der Leistungsgruppe C 0 in Höhe eines Leistungssatzes von 352,54 EUR wöchentlich, bzw. 50,42 EUR täglich. In den Bescheiden vom 01.08.2003 und 21.08.2003 erläuterte die Beklagte, dass anstelle des täglichen Entgeltes von 287,- DM für das Jahr 2000 bzw. 290,- DM für das Jahr 2001 richtigerweise ein auf 80% der Beitragsbemessungsgrenze zur Arbeitslosenversicherung begrenztes Entgelt in Höhe von 229,33 DM für die Zeit vom 27.12. bis 31.12.2000 bzw. von 232,- DM für die Zeit vom 01.01.2001 bis 15.07.2001 zu berücksichtigen sei. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, mit dem er seinen Anspruch auf Leistungen in bisher bezogener Höhe geltend machte unter Hinweis auf den Wortlaut von § 135 Abs. 4 SGB III in der Fassung vom 01.01.2003. Für die Berechnung der Beiträge, zum Beispiel für Krankengeld, sei danach das dieser Leistung zugrunde liegende Arbeitsentgelt bis zu einer Höhe von 80% der Beitragsbemessungsgrenze der Arbeitsförderung zu berück-sichtigen (§ 345 Abs. 5 SGB III). Dies könne bei einem Arbeitentgelt in der Nähe der Beitragsbemessungsgrenze dazu führen, dass die Beiträge aus einem Entgelt zu berechnen sein, das das der Bemessung zugrunde liegende Entgelt übersteige. In derartigen Fällen solle deshalb zur Vermeidung leistungsrechtlicher Nachteile für die Betroffenen das höhere – der Beitrags(be)rechnung zugrunde liegende – Entgelt auch für die Leistungsbemessung maßgeblich sein. Mit Widerspruchsbescheid vom 08.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück: Das für den Zeitraum des Krankengeldbezuges einzusetzende Be-messungsentgelt (Zeitraum 27.12.2000 – 15.07.2001) sei in seiner Höhe auf 80% der Beitragsbemessungsgrenze für Arbeitslosengeld im jeweiligen Kalenderjahr begrenzt. Deren Höhe betrage für das Jahr 2000 kalendertäglich 287,- DM, für das Jahr 2001 kalendertäglich 290,- DM. Die Fehlerhaftigkeit der bisherigen Berechnungen seiner Leistungen habe der Kläger erstmals aufgrund der Ausführungen im Bescheid vom 01.08.2003 erkennen können. Da dieser ihm spätestens am 04.08.2003 zugegangen sei, sei von Kenntnis spätestens ab diesem Zeitpunkt auszugehen, was eine Rücknahme der Leistungsbewilligung für die Zukunft, gerechnet ab dem 04.08.2003, zur Folge habe.
Mit der am 10.11.2003 erhobenen Klage hat der Kläger seine Argumentation fortgeführt.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 31.01.2006 abgewiesen und zur Begrün-dung auf den Widerspruchsbescheid vom 08.10.2003 Bezug genommen.
Gegen das am 16.02.2006 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung des Klägers vom 16.03.2006. In der mündlichen Verhandlung des Senates begründet sie der Kläger weiter: § 135 Nr. 4 SGB III in der auf die Berechnung seiner Leistung anzuwendenden Fassung schreibe die Berücksichtigung von mindestens dem Entgelt vor, das der Beitragsberech-nung (in der Krankenversicherung) zugrunde zu legen gewesen sei. Dies sei nach der sprachlichen Fassung eindeutig.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 31.01.2006 zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 07.07.2003, 01.08.2003, 21.08.2003 und 25.08.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 08.10.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zu weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Prozessakten sowie der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Mit dem angefochtenen Urteil hat das Sozialgericht zu Recht die Entscheidung der Beklagten bestätigt, die Bewilligung von Arbeitslosengeld teilweise ab dem 04.08.2003 aufzuheben und ab diesem Tag Arbeitslosengeld in abgesenkter Höhe zu bewilligen. Denn die Berechnung des vom Kläger bis zu diesem Zeitpunkt bezogenen Arbeitslosengeldes war wegen fehlerhafter Anwendung von §§ 135 Nr. 4, 345 Nr. 5 SGB III (Sozialgesetzbuch Drittes Buch – Arbeitsförderung – in der ab dem 01.01.2000 geltenden Fassung des Gesetzes vom 22.12.1999, BGBl. I, 2626) rechtswidrig und von der Beklagten nach §§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 4 SGB X, 330 Abs. 2 SGB III mit Wirkung für die Zukunft, gerechnet ab dem Zeitpunkt der Kenntnisnahme des Klägers von der Rechtswidrigkeit der bisherigen Bewilligung, zurückzunehmen.
Die Berechnung des vom Kläger bis zur Korrektur durch die angefochtenen Bescheide bezogenen Arbeitslosengeldes war rechtswidrig. Denn die Beklagte hatte für den innerhalb des Bemessungszeitraumes von 52 Wochen vor Entstehung des Anspruches auf Arbeits-losengeldes (§ 130 SGB III a.F.) liegenden Zeitraum vom 27.12.2000 bis 15.07.2001 die der täglichen Beitragsbemessungsgrenze entsprechenden Werte von 287,- DM für das Jahr 2000 und 290,- DM für das Jahr 2001 eingesetzt. Die nach § 345 Nr. 5 SGB III vorgeschriebene Begrenzung auf 80% des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsent-geltes ist hierbei unterblieben. Das richtigerweise einzusetzende Entgelt ist in Höhe von 80% der täglichen Beitragsbemessungsgrenze zur Arbeitslosenversicherung für die Zeit vom 27.12.2000 bis 31.12.2000 in Höhe von 229,33 DM und für die Zeit vom 01.01.2001 bis zum 15.07.2001 in Höhe von 232,- DM zu berechnen. § 135 Nr. 4 SGB III sieht für im Bemessungszeitraum liegende Zeiten, in denen Versiche-rungspflicht wegen des Bezuges von Sozialleistungen bestand, als Entgelt das Entgelt vor, das der Bemessung der Sozialleistung zugrunde gelegt worden ist, mindestens aber das Entgelt, das der Beitragsberechnung zugrunde zu legen war. Der zuletzt genannte Wert ist höher und daher maßgeblich: Der Bemessung des Krankengeldes ab dem 27.12.2000 konnte nach § 47 Abs. 1 Satz 1 SGB V in der ab dem 22.06.2000 geltenden Fassung der letzten Änderung durch Gesetz vom 21.12.2000 (BGBl. I 1971) nicht mehr als 70 v.H. des vom Kläger zuletzt erzielten Arbeitseinkommens von 8600,- DM monatlich zugrunde gelegt werden, soweit es der Beitragsberechnung (in der Krankenversicherung) unterliegt. Die Beitragsbemessungsgrenze für die Krankenversicherung betrug im Jahr 2000 6.450,- DM, im Jahr 2001 6525,- DM.
Der Beitragsbemessung für die Zeit des Krankengeldbezuges in der Arbeitslosenver-sicherung lagen, da das von der Krankenversicherung bescheinigte Regelentgelt nach § 47 SGB V die für die Arbeitslosenversicherung im Jahr 2000 geltende Beitragsbe-messungsgrenze von 8600,- DM monatlich bzw. 286,67 DM täglich und im Jahr 2001 von 8700,- DM monatlich bzw. 290,- DM täglich überstieg, nach § 345 Nr. 5 SGB III 80% der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze zugrunde. Den konkreten Wert hat die Beklagte zutreffend in Höhe von 229,33 DM für das Jahr 2000 (286,67 DM x 0,8) und in Höhe von 332,- DM für das Jahr 2001 (290,- DM x 0,8) ermittelt. Der für die Beitragsbemessung in der Arbeitslosenversicherung zugrunde gelegte Wert ist für den Kläger günstiger und daher aufgrund der Formulierung "mindestens" von § 135 Nr. 4 SGB III der Berechnung seines Bemessungsentgeltes für den Zeitraum des Bezuges von Krankengeld zugrunde zu legen. § 135 Nr. 4 SGB III sichert damit die Berechnungsgrundlage zugunsten des Leistungsempfängers, allerdings ohne ihre Höhe abweichend von § 345 Nr. 5 SGB III selbst zu bestimmen, wie dies der Kläger annimmt. Diese Auffassung entspricht der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, die der Gesetzgeber durch Einführung des § 135 Abs. 4 SGB III umsetzen wollte:
Mit Urteil vom 29.09.1997 ( – 8 Rkn 5/97 – SozR 3 2600 § 166 Nr. 1 – BSGE 81, 119 – 134; Parallelentscheidungen vom gleichen Tag zu den Az.: 8 Rkn 4/97, 8 Rkn 6/97) hat das Bundessozialgericht entschieden, dass ab dem 01.01.1995 Beitragsbemessungs-grundlage der Beiträge zur Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung während des Bezuges von Arbeitslosengeld das der Leistung zugrundeliegende Arbeitsentgelt bis zur Beitragsbemessungsgrenze des Zweiges der Sozialversicherung ist, zu dem die Beiträge entrichtet werden, und dieses in einem zweiten Rechenschritt auf 80 v.H. abzusenken ist. Diese Vorgaben umzusetzen war Absicht des Gesetzgebers bei Einführung des § 135 Nr. 4 SGB III durch das Zweite SGB III – Änderungsgesetz vom 21. Juli 1999 (BGBl. I 1648). Wie sich aus den Gesetzesmaterialien ergibt (Bundestagsdrucksache 14/853, S. 14 zu Buchstabe b = § 135 Nr. 4 SGB III), berücksichtigte der Gesetzgeber mit der gesetzlichen Neufassung gerade die zitierte Entscheidung des BSG zur Berechnung der Beiträge der Arbeitsförderung aus Entgeltersatzleistungen. In Fällen, in denen es für den Betroffenen ungünstiger wäre, der Bemessung des Arbeitslosengeldes das Entgelt zugrunde zu legen, das der Sozialleistung zugrunde lag, soll danach "zur Vermeidung leistungsrechtlicher Nachteile für die Betroffenen das höhere – der Beitragsberechnung zu liegende – Entgelt auch für die Leistungsbemessung maßgeblich sein" (Beschluss des BSG vom 16.02.2005 – B 11a / 11 AL 275/04 B, vorhergehend Urteil des LSG Saarbrücken vom 16.07.2004 L 8 AL 3/04 -).
Die gesetzlichen Voraussetzungen für die teilweise Rücknahme der im September 2001 erfolgten Bewilligung von Arbeitslosengeld für die Zeit ab 04.08.2003 – sog. Rücknahme für die Zukunft – nach § 45 SGB X sind erfüllt.
Mit Bekanntgabe des Bescheides vom 01.08.2003 am 04.08.2003 (§ 37 Abs. 2 SGB X), in dem die Rechtsgrundlagen und die Berechnung der Leistung ausführlich und nachvollziehbar dargelegt worden sind, konnte der Kläger nicht mehr auf den Bestand der ursprünglichen Bewilligungsentscheidung vertrauen. Allein die Tatsache, dass die Fehlerhaftigkeit des Bewilligungsbescheides auf einer unrichtigen Rechtsanwendung beruht, rechtfertigt ein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers in den Fortbestand der rechtswidrigen Entscheidung nicht.
Die Beklagte hat die zweijährige Ausschlussfrist des § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X eingehalten, indem sie die im September 2001 erfolgte Bewilligung mit Bescheid vom 01.08.2003 korrigiert hat. Die Beklagte hat nach Erlangung der Kenntnis der Rechtswidrigkeit der im September 2001 erfolgten Bewilligung mit Erlass der angefochtenen Bescheide innerhalb der Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gehandelt.
Entsprechend § 330 Abs. 2 SGB III (s. hierzu Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, Stand Juni 2006, § 330 Rdz. 14 m.w.N.) hat die Beklagte bei der Rücknahme der Leistungsbewilli-gung nach § 45 SGB X für die Zukunft kein Ermessen auszuüben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Anlass, die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, besteht nicht.
Erstellt am: 19.10.2006
Zuletzt verändert am: 19.10.2006