Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 11.08.2006 geändert. Der Antrag auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Der am 00.00.1981 geborene Antragsteller beantragte am 27.02.2006 Leistungen nach dem SGB II. Diese wurden ihm für den Zeitraum vom 27.02.2006 bis zum 31.08.2006 in Höhe von 345,- EUR monatlich (Regelleistung nach § 20 SGB II) zuzüglich 154,95 EUR für Unterkunftskosten (§ 22 SGB II) bewilligt. Im Hinblick auf die Aufnahme einer geringfügigen Beschäftigung durch den Antragsteller ab dem 03.04.2006 wurden auf diese Leistungen Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung angerechnet. Den Anrechnungsbetrag ermittelte die Antragsgegnerin in Höhe von 180,58 EUR bei einem Bruttoeinkommen von 325,73 EUR im Mai 2006, in Höhe von 240,- EUR bei einem Bruttoeinkommen von 400,- EUR in den übrigen Monaten. Am 06.04.2006 unterschrieb der Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung, in der er sich u.a. verpflichtete, regelmäßig, zuverlässig und pünktlich an einer Orientierungsmaßnahme teilzunehmen. Auf mögliche Sanktionen bis hin zum Wegfall der Leistungen mit Ausnahme derjenigen für Unterkunft und Heizung wurde in der Eingliederungsvereinbarung hingewiesen. Am 18.04.2006, nicht jedoch in der Folgezeit, nahm der Antragsteller an der Maßnahme teil und gab zunächst telefonisch, dann in einem Termin am 15.05.2006 bei einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin hierzu an, seine geringfügige Beschäftigung sei zeitlich mit der Maßnahme nicht vereinbar. Gleichfalls am 15.05.2006 wurde dem Kläger eine Arbeitsgelegenheit als Straßenreiniger (30 Stunden wöchentlich, 1,50 EUR stündlich) angeboten. Hierzu unterzeichnete der Antragsteller eine Eingliederungsvereinbarung mit Hinweis auf mögliche Sanktionen. Am 19.05.2006, nicht jedoch in der Folgezeit, nahm der Antragsteller die Arbeitsgelegenheit wahr, da auch deren Arbeitszeiten mit seiner geringfügigen Beschäftigung kollidierten.
Mit Bescheid vom 17.05.2006 teilte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit, der ihm zustehende Anteil des Arbeitslosengeldes II werde für die Zeit ab dem 01.06.2006 bis zum 31.08.2006 wegfallen, da er bei Nichtvollendung des 25. Lebensjahres wiederholt gegen die Pflichten aus der Eingliederungsvereinbarung verstoßen habe. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung werde insoweit ab dem 01.06.2006 gemäß § 48 Abs. 1 SGB X aufgehoben. Vom Wegfall betroffen seien zunächst Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, ebenso jedoch die Kosten für Unterkunft, die aufgrund des Erwerbseinkommens in dieser Zeit vom Antragsteller selbst zu tragen seien. Gegen diesen Bescheid hat der Antragsteller am 01.06.2006 Widerspruch eingelegt und am 14.06.2006 Klage zum Sozialgericht Dortmund in dem Verfahren S 29 AS 277/06 erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 10.07.2006 hat die Antragsgegnerin den Widerspruch des Antragstellers als unbegründet zurückgewiesen. Mit gleichfalls am 14.06.2006 im vorliegenden Verfahren gestelltem Antrag an das Sozialgericht hat der Antragsteller die Weiterzahlung ungekürzter Leistungen für den Zeitraum der Absenkung durch den Bescheid vom 17.05.2006 begehrt.
Mit Beschluss vom 11.08.2006 hat das Sozialgericht bei Ablehnung des Antrags im Übrigen die Antragsgegnerin verpflichtet, die Kosten für Unterkunft und Heizung des Antragstellers in Höhe von 154,95 EUR monatlich für den Zeitraum vom 14.06.2006 bis zum 31.08.2006 zu übernehmen. § 31 SGB II ermächtige zur Absenkung alleine der Regelleistungen nach § 20 SGB II; für eine Absenkung auch der Kosten für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II fehle es an einer Ermächtigungsgrundlage. Auf die weitere Begründung des Beschlusses wird Bezug genommen.
Gegen den ihr am 16.08.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsgegnerin, mit der sie unter Vorlage von Berechnungen vorbringt, nach Entfall des Anspruches des Antragstellers auf Regelleistungen infolge der Absenkung nach § 31 SGB II sei der anrechenbare Teil seiner Einkünfte aus geringfügiger Beschäftigung auf seinen Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II anzurechnen mit der Folge, dass kein auszugleichender Restanspruch bestehe. Zugleich könnten nach § 31 Abs. 3 SGB II Sachleistungen bis zur Höhe von 39% der Regelleistungen erbracht werden. Nach dem sich hieraus ergebenden Anspruch in Verbindung mit dem Erwerbseinkommen des Antragstellers sei dessen Lebensunterhalt auch im Zeitraum der Sanktion nach § 31 SGB II sichergestellt.
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 21.08.2006), ist auch begründet. Dabei richtet sich das Rechtsschutzbegehren des Antragstellers nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG und ist auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung der Anfechtungsklage im Verfahren S 29 AS 277/06 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.05.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 10.07.2006 gerichtet. Denn diese Klage hat – unabhängig von der in Rechtsprechung und Literatur unterschiedlich beurteilten Frage, ob das Eintreten der Sanktionsfolgen aus § 31 SGB X einer im Bescheid selbst vorzunehmenden Aufhebung der vorherigen Bewilligung nach § 45 ff. SGB X bedarf (vgl. u.a. Beschluss des LSG für das Land Niedersachsen vom 30.01.2006, L 9 AS 17/06 ER m.w.N.) – nach § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung, da sie sich gegen einen Verwaltungsakt richtet, mit dem über Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende an den Antragsteller entschieden worden ist. Bei Herstellung der aufschiebenden Wirkung stünde dem Antragsteller die begehrte Leistung aus der von der Antragsgegnerin für den gesamten Absenkungszeitraum bis zum 31.08.2006 getroffenen Bewilligungsentscheidung zu.
Im Rahmen der nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG vorzunehmenden Interessenabwägung überwiegt das Vollzugsinteresse der Antragsgegnerin (die mit Bescheid vom 17.05.2006 vorgenommene Sanktion durchzusetzen) das Aussetzungsinteresse des Antragsgegners (die ursprünglich bewilligten Leistungen auch im Sanktionszeitraum weiterhin zu beziehen) weil die Anfechtungsklage in dem Verfahren S 29 AS 277/06 voraussichtlich erfolglos bleiben wird. Die gesetzlichen Voraussetzungen der mit dem angefochtenen Bescheid vorgenommenen Absenkung nach § 31 SGB II, hier anzuwendenden in der vom 01. Januar 2005 bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung des Gesetzes vom 30.07.2004 (BGBl. I, 2014), sind erfüllt, da der Antragsteller in einer Eingliederungsvereinbarung festgelegte Pflichten nicht erfüllt hat (§ 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1b SGB II, indem er die Maßnahme, deren Teilnahme er zugesagt hatte, lediglich an einem Tag besuchte, ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund im Sinne von § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II nachzuweisen. Denn angesichts des mit der Maßnahmeteilnahme erfolgten Zweckes, den Antragsteller zur Aufnahme eines seiner Formalqualifikation entsprechenden Berufsweges zu bewegen, kann sein kurzfristiges Interesse an der unveränderten Fortführung einer geringfügigen Beschäftigung bei der hier alleine möglichen vorläufigen Würdigung nicht als wichtiger Grund im Sinne dieser Vorschrift angesehen werden.
Zu Recht hat die Antragsgegnerin mit dem angefochtenen Bescheid die verschärfte Sanktionsfolge nach § 31 Abs. 5 für noch nicht 25 jährige Leistungsbezieher festgesetzt. Denn der Antragsteller gehört zu diesem Personenkreis und wurde über die möglichen Rechtsfolgen in der Eingliederungsvereinbarung selbst im Sinne von § 31 Abs. 5 Satz 3 SGB II belehrt. Schließlich hat die Antragsgegnerin auch den Zeitraum der Sanktion zutreffend auf die Zeit vom 01.06.2006 bis zum 31.08.2006 bestimmt, denn Absenkung und Wegfall treten mit Wirkung des Kalendermonats ein, der auf das Wirksamwerden des Verwaltungsaktes folgt, der die Absenkung oder den Wegfall der Leistungen feststellt. Eine entsprechende Belehrung hierzu und auch zu den weiteren möglichen Rechtsfolgen nach §§ 31 Abs. 6 Sätze 2,3 SGB II im Sinne von § 31 Abs. 6 Nr. 3 SGB II ist in der Eingliederungsvereinbarung enthalten.
Entgegen der vom Sozialgericht im angefochtenen Beschluss vertretenen Auffassung beschränken sich die Sanktionsfolgen nach § 31 Abs. 5 und 6 SGB II nicht darauf, dass dem Antragsteller Regelleistungen nach § 20 SGB II zwar nicht zu erbringen sind, wohl jedoch die bislang zustehende Leistung für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II; einer über den Wortlaut der Vorschrift hinausgehenden Ermächtigung für die Nichtauszahlung auch der Leistungen nach § 22 SGB II bedarf es nicht. Denn § 31 Abs. 5 Satz 1 SGB II beschreibt zwar die Sanktionsfolge für den Personenkreis der unter 25-jährigen dahin, das Arbeitslosengeld II sei "auf die Leistungen nach § 22 beschränkt". Die Vorschrift enthält dagegen keinerlei Aussage, dass die allgemeinen Vorschriften, insbesondere die Norm über die Anrechnung von Erwerbseinkommen nach § 11 SGB II, nicht gelten soll. Auch nach Eintritt der verschärften Sanktionswirkung nach §§ 31 Abs. 5,6 SGB II ist daher Erwerbseinkommen nach Maßgabe von § 11 SGB II anzurechnen (ebenso: Berlit in LPK – SGB II, § 31 Rdnr. 110. Dies führt beim Antragsteller dazu, dass seinem Bedarf nach § 22 SGB II in Höhe von 154,95 EUR monatlich ein bereinigtes Erwerbseinkommen von 240,- EUR monatlich gegenüber-zustellen ist mit der Folge, dass der Antragsteller für den Sanktionszeitraum – abgesehen von hier nicht streitigen möglichen Leistungen nach § 31 Abs. 3 Satz 3 SGB II – keinen Zahlungsanspruch hatte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 21.11.2006
Zuletzt verändert am: 21.11.2006