Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 12.09.2006 geändert. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe:
Die Beschwerde richtet sich gegen die vom Sozialgericht abgelehnte Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten nach in der Sache erledigtem Antrag auf Herstellung der aufschiebenden Wirkung einer Klage (§§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, 193 Abs. 1 SGG). Mit Bescheid vom 20.02.2006 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2006 hatte die Antragsgegnerin die Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses an den Antragsteller aufgehoben und die aufgrund der Bewilligung erbrachten 7.200,00 EURO von ihm zurückgefordert. Hiergegen hat der Antragsteller am 18.04.2006 Klage erhoben (S 23 (16) AL 95/06, SG Duisburg).
Am 13.06.2006 ging in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten eine Vollstreckungsankündigung des Hauptzollamts E bezüglich einer Forderung der Antragsgegnerin über 7.200,00 EURO ein. Mit seinem am 19.06.2006 im vorliegenden Verfahren gestellten Antrag hat der Antragsteller die Feststellung begehrt, dass die Klage in dem Verfahren S 23 (16) AL 95/06 gegen den Bescheid vom 20.02.2006 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2006 aufschiebende Wirkung hat. Die aufschiebende Wirkung sei festzustellen, da die Antragsgegnerin die kraft Gesetzes eingetretene aufschiebende Wirkung nicht beachte.
Mit der Antragserwiderung vom 20.06.2006 hat die Antragsgegnerin mitgeteilt, die aufschiebende Wirkung werde beachtet.
Hierauf hat der Antragsteller das Verfahren für erledigt erklärt und beantragt, der Antragsgegnerin die Übernahme seiner außergerichtlichen Kosten aufzugeben.
Dies hat das Sozialgericht mit dem angefochtenen Beschluss vom 12.09.2006 und der Begründung abgelehnt, die Durchführung des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens wäre entbehrlich gewesen, wenn der Antragsteller sich mit seinem Begehren direkt an die Antragsgegnerin gewandt hätte.
Mit seiner Beschwerde macht der Antragsteller geltend, es sei lebensfremd zu glauben, dass eine nicht förmliche Kontaktaufnahme zum Abbruch der angekündigten Vollstreckungsmaßnahmen hätte führen können. Auch verstoße es gegen das Rechtsstaatsprinzip, einen Bürger auf nichtförmliche Abhilfemöglichkeiten zu verweisen, wenn Rechtsmittel zur Verfügung stünden.
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 09.10.2006), ist auch begründet.
Zu Unrecht hat es das Sozialgericht im Rahmen des ihm bei der Entscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG zustehenden Ermessens abgelehnt, die Antragsgegnerin zur Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu verpflichten, weil der Antrag im Zeitpunkt des erledigenden Ereignisses – hier des angenommenen Anerkenntnisses der Antragsgegnerin mit der Erledigungswirkung nach § 101 Abs. 2 SGG – zulässig und begründet war.
Insbesondere steht der Zulässigkeit des hier gestellten Antrages auf (deklaratorische) Feststellung, dass die Anfechtungsklage in dem Verfahren S 23 (16) AL 95/06, SG Duisburg, aufschiebende Wirkung hat (§ 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG), nicht entgegen, dass sich der Antragsteller nicht zuvor mit einem inhaltsgleichen Begehren an die Antragsgegnerin gewandt hat. Dieses für den Erlass von Regelungsanordnungen i.S. von § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG bestehende Erfordernis (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b Rdnr. 26b; Grieger in Rotkegel, Sozialhilferecht 1. Aufl. 2005, Teil 5 Kapitel 1 Rdnr. 14; LSG NW, Beschlüsse vom 03.02.2006 – L 20 B 6/06 SO und vom 14.04.2005 – L 19 B 5/05 SO ER sowie vom 22.06.2005 – L 19 B 3/05 AY ER) besteht hinsichtlich des Aussetzungsantrages nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG nicht (ebenso: Beschluss des LSG Baden-Württemberg vom 07.01.2002 – L 13 AL 3590/01 ERB; offengelassen in Fällen nicht kraft Gesetzes eingetretener aufschiebender Wirkung durch Beschlüsse des LSG NRW vom 03.11.2006 – L 20 B 264/06 AS ER und vom 24.11.2006, L 12 B 151/06 AS -; anders Düring in: Jansen, Sozialgerichtsgesetz, 2. Aufl. 2005, § 86b Rdziff. 4 m.w.N.; zum Streitstand weiter: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 8. Aufl., § 86b Rdnr. 7).
Die hier vertretene Auffassung stimmt auch mit den Regeln der Verwaltungsgerichtsordnung überein. Nach § 80 Abs. 6 Satz 1 VwGO ist ein Aussetzungsantrag zwar grundsätzlich nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Eine Ausnahme hiervon normiert § 80 Abs. 6 Satz 2 Nr. 2 VwGO aber für den Fall, dass eine Vollstreckung droht (0VG Saarlouis, Beschluss vom 22.06.1992 – 1 W 29/92 – NVwZ 1993, 490).
Angesichts der dem Antragsteller zugegangenen Vollstreckungsankündigung am 13.06.2006 nahezu zwei Monate nach Klageerhebung, konnte der Antragsteller davon ausgehen, die Antragsgegnerin beachte die aufschiebende Wirkung der Klage nicht. Der zulässige Antrag wäre ohne das Anerkenntnis der Antragsgegnerin auch erfolgreich gewesen. Denn bei fortgesetzter Mißachtung der hier kraft Gesetzes (§ 86a Abs. 1 Satz 1 SGG) eingetretenen aufschiebenden Wirkung hätte der Antragsteller einen Anspruch auf deren deklaratorische Feststellung durch das Sozialgericht gehabt.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 02.01.2007
Zuletzt verändert am: 02.01.2007