Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.12.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger Anspruch auf Altersrente unter Berücksichtigung von Versicherungszeiten im Ghetto Riga von September 1941 bis November 1943 nach den Vorschriften des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG) hat.
Der am 00.00.1924 in C/Lettland geborene Kläger ist jüdischer Abstammung und lebt seit 1946 in Palästina bzw. Israel. Er besitzt die israelische Staatsangehörigkeit. Vom Regierungsbezirksamt in L als Entschädigungsbehörde wurde er mit Bescheid vom 08.03.1956 als Verfolgter des Nationalsozialismus im Sinne des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt und wegen Schadens an Freiheit entschädigt. Aus einem Schreiben der Claims Conference in Frankfurt vom 10.12.1996 geht hervor, dass dem Kläger von dort eine laufende Beihilfe sowie einmalige Überbrückungszahlungen gewährt worden sind.
Am 03.12.2002 beantragte der Kläger bei der Beklagten Regelaltersrente unter Hinweis auf die Vorschriften des ZRBG. In einem von ihm unter dem 06.02.2003 unterschriebenen Antragsvordruck gab er u.a. an, von September 1941 bis November 1943 habe er bei der Reichsbahn in Riga/Lettland Transportarbeiten verrichtet. Der Arbeitsverdienst sei ihm nicht erinnerlich. Die Frage nach der Entrichtung von Beiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung bejahte er. Für die Zeit von Juni 1941 bis September 1941 nannte er in dem Vordruck Sterne tragen und Zwangsarbeiten in Riga. Die Frage in dem Fragebogen nach der Zugehörigkeit zum deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) verneinte der Kläger. In einem von ihm ebenfalls unter dem 06.02.2003 unterzeichneten Fragebogen gab der Kläger ergänzend an, die Tätigkeit bei der Reichsbahn in Riga sei außerhalb des Ghettos erfolgt. Auf dem Weg zur und von der Arbeit seien sie von lettischer Miliz begleitet worden. Der Arbeitseinsatz sei freiwillig durch eigene Bemühungen zu Stande gekommen, da er gehört habe, dass man junge Männer zur Arbeit gesucht habe. Er habe sich gemeldet. Die Tätigkeit beschrieb er mit Legen von Eisenbahnschienen, Lastarbeiten usw … Er habe täglich 10 Stunden gearbeitet und sei mit Coupons entlohnt worden. Die Frage nach dem Erhalt von Barlohn verneinte er. Er habe am Arbeitsplatz Essen bekommen.
Die Beklagte zog vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg die den Kläger betreffende Entschädigungsakte bei und nahm Kopien daraus zu ihren Akten. In einer im Entschädigungsverfahren vorgelegten eigenen eidesstattlichen Versicherung vom 19.12.1953 hatte der Kläger u.a. ausgeführt, er sei etwa am 04.07.1941 auf die Prefectura in Riga beordert worden. Sein Ausweis sei gegen einen Arbeitsausweis umgetauscht worden und er habe in der Stadt Riga unter Aufsicht lettischer Miliz und deutscher Soldaten bei der Enttrümmerung arbeiten müssen. Er habe einen Judenstern auf der linken Brust tragen müssen. Mitte September 1941 sei er in das große Ghetto Riga in der N Vorstadt umgezogen und habe dort in der N Str. 00 gewohnt. Er habe als Transportarbeiter bei der deutschen Reichsbahn in Riga gearbeitet und sei in bewachtem Trupp täglich dorthin und in das Ghetto zurückgebracht worden. Im Dezember 1941 sei er in das kleine Ghetto, das sog. Arbeitslager Riga gekommen, wo er in der C1 00 gewohnt habe. Seine Arbeit sei die gleiche wie die vorher gewesen. Jetzt habe er einen zweiten Judenstern auf dem Rücken erhalten. Im November 1943 sei er zum Flugplatz Spilwe bei Riga gekommen und kaserniert worden. In einer weiteren (undatierten) eidesstattlichen Versicherung ergänzte der Kläger seine frühere Erklärung dahin, etwa im September 1942 sei er vom Arbeitslager Riga nach Mitau geschickt worden, in der Zuckerrübenfabrik kaserniert und als Abfüller für Sirup beschäftigt worden. Im März 1943 sei er aus Mitau zurück nach Riga gekommen und habe wieder im kleinen Ghetto gewohnt. Seine Arbeit sei die gleiche wie vor der Verschickung nach Mitau bei der deutschen Reichsbahn gewesen. In einer eidesstattlichen Zeugenerklärung des T N1 vom 27.12.1954 führte dieser aus, er habe den Kläger 1940 kennen gelernt, sehr bald nachdem er nach Riga übergesiedelt sei. Er sei mit dem Kläger zunächst in das große Ghetto und dann in das kleine Ghetto Riga gekommen. Im September 1942 sei man gemeinschaftlich nach Mitau geschickt worden, wo sie in der Zuckerrübenfabrik gearbeitet hätten. Sie seien auch zusammen im März 1943 in das kleine Ghetto Riga zurückgekommen. Als er im September 1943 nach Lenta verschickt worden sei, sei der Kläger noch im Arbeitslager Riga gewesen.
Mit Bescheid vom 17.09.2003 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Regelaltersrente mit der Begründung ab, es seien keine auf die Wartezeit für die begehrte Rente anrechenbaren Zeiten vorhanden. Die Voraussetzungen für eine Anwendung des ZRBG lägen nicht vor, weil nicht glaubhaft sei, dass eine aus eigenem Willensentschluss aufgenommene entgeltliche Beschäftigung in einem Ghetto ausgeübt worden sei. Nach den der Beklagten vorliegenden geschichtlichen Erkenntnissen über das Ghetto Riga hätten jüdische Arbeiter dort zwar ab 01.11.1941 tariflich entlohnt werden müssen. Der gesamte Lohn sei aber vom jeweiligen Arbeitgeber dem Finanzamt der Stadt Riga zur Deckung der Lebensmittelversorgung und anderer Bedürfnisse der Ghettobewohner zu überweisen gewesen. Aufgrund dieser Tatsache könne nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger für die von ihm geleistete Arbeit eine Entlohnung erhalten habe und er in einem "freien" Arbeitsverhältnis beschäftigt gewesen sei. Vielmehr ließen die Umstände darauf schließen, dass er im Ghetto Riga unentgeltlich Zwangsarbeit habe verrichten müssen. Zwangsarbeiten würden von den Vorschriften des ZRBG aber nicht umfasst.
Der dagegen am 30.09.2003 erhobenen Widerspruch, der nicht begründet worden ist, wurde von der Widerspruchsstelle der Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 15.01.2004 zurückgewiesen.
Zur Begründung der am 18.02.2004 beim Sozialgericht Düsseldorf erhobenen Klage hat der Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten vorgetragen, es werde bestritten, dass es für die Frage der Entgeltlichkeit darauf ankomme, ob der Kläger Geldbeträge bar ausgezahlt bekommen habe. Denn wenn der Arbeitgeber des Klägers, wie die Beklagte dies vortrage, den erwirtschafteten Lohn dem Finanzamt der Stadt Riga zur Deckung der Lebensmittelversorgung überwiesen habe, so habe der Kläger durch diese Überweisung die ihm zustehenden Geldbeträge zur Deckung seines Lebensunterhalts benutzt. Dass aus diesem Grunde der Entgeltcharakter der Zahlungen verloren gehen solle, verschließe sich dem Verständnis des Prozessbevollmächtigten. Der Kläger könne keine detaillierten Angaben mehr machen. Die Beklagte hat ihre getroffenen Entscheidungen weiterhin für zutreffend gehalten. Das Gericht hat die bei der Claims Conference/Frankfurt über den Kläger geführte Akte beigezogen. Im Zusammenhang mit einem Antrag des Klägers auf Gewährung einer Beihilfe nach dem Article 2 Fund hatte der Kläger am 08.08.1993 zu seinem Verfolgungsschicksal ausgeführt, er habe im Jahre 1942, als der deutsch/ russische Krieg ausgebrochen sei, in Riga geweilt. Dort sei er im Ghetto interniert und zur Zwangsarbeit verschickt worden. Zuerst habe er Zwangsarbeit zum Bau der deutschen Bahnen geleistetet und sei dann in ein Arbeitslager nach Spilwa (1942) bei Riga überführt worden, wo er zwangsweise beim Ausbau des dortigen Flughafens gearbeitet habe. Im Jahre 1943 sei er nach KZ Dachau deportiert worden.
Mit Urteil vom 21.12.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Regelaltersrente nach § 35 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) sei nicht erfüllt. Auf die allgemeine Wartezeit anrechenbare Pflichtbeitragszeiten seien nicht gegeben. Die Klage könne nicht mit Erfolg auf die Vorschriften des ZRBG gestützt werden. Nach § 1 Abs. 1 ZRBG gelte dieses Gesetz für Zeiten der Beschäftigung von Verfolgten in einem Ghetto, die sich dort zwangsweise aufgehalten hätten, wenn die Beschäftigung aus eigenem Willensentschluss zu Stande gekommen sei, gegen Entgelt ausgeübt worden sei und das Ghetto sich in einem Gebiet befunden habe, dass vom deutschen Reich besetzt oder diesem eingegliedert gewesen sei. Erforderlich aber auch ausreichend sei dabei, dass ein freiwilliges und entgeltliches Beschäftigungsverhältnis glaubhaft gemacht werde, d. h. überwiegend wahrscheinlich sei. An dem Vorbringen des Klägers, von September 1941 bis November 1943 (ununterbrochen) einer Beschäftigung in Riga nachgegangen zu sein, bestünden durchgreifende Zweifel. Im Entschädigungsverfahren habe der Kläger, nach dem er zunächst ausgesagt habe, von Mitte September 1941 bis November 1943 für die deutsche Reichsbahn in Riga gearbeitet zu haben, in einer nicht datierten eidesstattlichen Versicherung ergänzend angegeben, in September 1942 "vom Arbeitslager Riga nach Mitau" geschickt worden zu sein, wo er (bis März 1943) in einer Zuckerrübenfabrik kaserniert und als Abfüller für Sirup beschäftigt gewesen sei. Diese Angaben habe der damalige Zeuge T N1 in einer eidesstattlichen Versicherung bestätigt. Das Vorbringen des Klägers im Rentenverfahren stehe zu den im Entschädigungsverfahren geschilderten Beschäftigungszeiträumen in Riga in deutlichem Widerspruch. Hinzu komme, dass der Kläger gegenüber der Claims Conference am 08.08.1993 ausgesagt habe, (lediglich) in den Jahren 1941 und 1942 in Riga gewesen zu sein, wo er "Zwangsarbeit zum Bau der deutschen Bahnen leisten" musste. Noch im Jahre 1942 habe er in Spilwe bei Riga zwangsweise beim Ausbau des dortigen Flughafens arbeiten müssen. Dieses Vorbringen sei wiederum weder mit den Erklärungen des Klägers im Entschädigungsverfahren noch mit denen im Rentenverfahren in Einklang zu bringen. Von den aufgezeigten Widersprüchen abgesehen, sei auch nicht überwiegend wahrscheinlich, dass der Kläger einem freiwilligen Beschäftigungsverhältnis nachgegangen sei.
Der Kläger habe nach Auffassung des Sozialgerichts in dem hier maßgeblichen Zeitraum Zwangsarbeit geleistet. Insoweit verweist das Sozialgericht darauf, dass der Kläger wiederholt angegeben habe, auf den Arbeitswegen bewacht worden zu sein. Weiter führt das Sozialgericht aus, es sei nicht glaubhaft gemacht, dass der Kläger entgeltlich tätig geworden sei. Der Kläger habe im Fragebogen am 06.02.2003 angegeben, er habe Coupons und Essen am Arbeitsplatz erhalten. Dies reiche allein für die Glaubhaftmachung eines entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses nicht aus. Unter Hinweis auf ein Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004 (Az.: B 13 RJ 59/03 R) führt das Sozialgericht aus, dass die Gewährung von Lebensmitteln am Arbeitsplatz als bloße Unterhaltsgewährung keine Entgeltlichkeit begründe. Die Coupons hätten ausweislich der Angaben im Schriftsatz des Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 12.09.2005 zur Selbstversorgung gedient. Auch die damaligen im Reichskommissariat Ostland geltenden tarifrechtlichen Regelungen führten nicht dazu, von einer Entgeltlichkeit der behaupteten Beschäftigung auszugehen. Die Existenz entsprechender tarifrechtlicher Regelungen mache zum einen eine tatsächlich erfolgte, tarifrechtlich vorgesehene Entlohnung nicht glaubhaft, da das Vorbringen des Klägers selbst für eine Unentgeltlichkeit spreche. Zum anderen spreche ein Nichteinhalten von tarifrechtlichen Regelungen durch die ehemaligen NS-Gewaltherrscher gegen eine freiwillige und entgeltliche Beschäftigung im Sinne des Typus einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung und für eine Beschäftigung in Zwangsarbeit. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Gegen das am 16.01.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.01.2006 Berufung eingelegt, mit der er sein Begehren weiter verfolgt. Zur Begründung verweist sein Prozessbevollmächtigter zunächst auf die Ausführungen im Verwaltungs- und erstinstanzlichen Verfahren und trägt weiter vor, soweit das Sozialgericht hinsichtlich der geltend gemachten Beschäftigungszeit ausführe, dass die im Entschädigungsverfahren und im Verfahren vor der Claims Conference geltend gemachten Zeiten von denen im Rentenverfahren nunmehr geltend gemachten Zeiten abweichen würden, sei dies nicht unzutreffend. Der Kläger habe im Rentenverfahren nicht auf die Angaben im Entschädigungsverfahren zurückgreifen können und aus seiner Erinnerung heraus den Zeitraum von Juni 1941 bis November 1943 insgesamt als Tätigkeit in Riga geltend gemacht. Aus den zeitnäheren Angaben im Entschädigungsverfahren lasse sich der Werdegang, wie er sich tatsächlich gestaltet habe, deutlich besser entnehmen als aus den 50 Jahre später gemachten Angaben aus der Erinnerung heraus. Hinsichtlich der Freiwilligkeit des Arbeitsverhältnisses habe das Sozialgericht den Vortrag im Entschädigungsverfahren darauf reduziert, dass der Kläger im überwachten Trupp täglich zur Arbeit und zurück in das Ghetto gebracht worden sei. Dass Arbeiter auf dem Weg von und zur Arbeit bewacht worden seien, sei nichts ungewöhnliches. Im Verfahren sei nach Auffassung des Klägers hinreichend glaubhaft gemacht, dass das Zustandekommen des Beschäftigungsverhältnisses eben nicht unter Zwang erfolgt sei. Darüber hinaus habe der Kläger auch hinreichend glaubhaft gemacht, dass eine Entlohnung eines zwischen ihm und der Ghettoverwaltung zu Stande gekommenen Arbeitsverhältnisses erfolgt sei, und zwar in Form von Couponzahlung. Schließlich werde auch auf einen erheblichen Widerspruch der Argumentation des Sozialgerichts hingewiesen, wonach nach der Verordnung des Generalkommissariats in Riga über die Entschädigung jüdischer Arbeitskräfte im Generalbezirk Lettland vom 19.03.1942 Juden keinen Lohn hätten erhalten dürfen. Dies bedeute im Umkehrschluss zunächst, dass vor diesem Zeitraum wohl Lohnzahlungen erfolgt seien, wie diese auch vom Kläger geltend gemacht werde. Daraus folge, dass das Sozialgericht zunächst ausführe, der Kläger hätte keinen Lohn erhalten und danach selbst auf die Verordnung hinweise, wonach Juden zumindest für den Zeitraum davor entlohnt worden seien. Im Übrigen komme es nach Auffassung des Klägers im Rahmen der Anspruchstheorie darauf an, dass der Kläger im Rahmen des zwischen ihm und der Ghettoverwaltung zustande gekommenen Beschäftigungsverhältnisses Anspruch auf einen Lohn gehabt habe, der noch darüber hinaus in Form von Coupons ausgezahlt worden sei. Es habe daher ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bestanden und die geltend gemachten Beitragszeiten seien daher anzuerkennen.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 21.12.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 17.09.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.01.2004 zu verurteilen, ihm Altersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten im Ghetto Riga von September 1941 bis November 1943 nach Maßgabe des ZRBG sowie unter Anrechnung von Ersatzzeiten nach Maßgabe des § 250 Abs. 1 Nr. 4 SGB VI zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist weiterhin der Auffassung, bei den Arbeitsverrichtungen des Klägers im Ghetto Riga habe es sich nicht um ein aus eigenem Willensentschluss zu Stande gekommenes und gegen Entgelt ausgeübtes Beschäftigungsverhältnis gehandelt. Unter Hinweis auf das Urteil des BSG vom 07.10.2004 (s.o.) trägt sie vor, eine Gegenleistung in Form von z.B. guter Verpflegung reiche nicht als Entlohnung. Der eigene Vortrag des Klägers zur Form der Entlohnung (Essen und Lebensmittelcoupons) lasse es nicht zu, hier von einem Beschäftigungsverhältnis im Sinne von § 1 ZRBG auszugehen. Die Beklagte folge auch nicht der vom Prozessbevollmächtigten des Klägers vertretenen Anspruchstheorie. Die tatsächliche Zahlung von Entgelt sei vielmehr Voraussetzung für ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis, worauf es auch bei Anwendung des ZRBG ankomme.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, den der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie den der vom Amt für Wiedergutmachung in Saarburg beigezogenen Entschädigungsakte Nr. 21458 und die von der Claims Conference in Kopie übersandten Unterlagen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl weder der Kläger noch sein Prozessbevollmächtigter zum Termin erschienen sind. Der Prozessbevollmächtigte ist mit der ordnungsgemäß erfolgten Terminsbenachrichtigung (Empfangsbekenntnis vom 13.11.2006) auf diese zulässige Verfahrensweise (§§ 124 Abs. 1, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) hingewiesen worden.
Die zulässige Berufung des Klägers ist nicht begründet. Der Kläger hat auch nach Auffassung des Senats keinen Anspruch auf Altersrente gemäß §§ 35 ff. SGB VI bzw. den Vorschriften des ZRBG. Insoweit wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Das Vorliegen eines freiwillig eingegangenen entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses ist auch nach Auffassung des Senats nicht glaubhaft gemacht worden. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) bzw. § 4 Fremdrentengesetz (FRG), die auch im Rahmen der Vorschriften des ZRBG hergezogen werden können, ist eine Tatsache nur dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen aus den Ergebnissen der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbaren Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d. h., wenn nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände mehr Faktoren für eine Tatsache als gegen diese Tatsache sprechen. Hierbei gilt wie in allen anderen Prozessordnungen auch im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach die Folgen objektiver Beweislosigkeit bzw. Nichtfeststellbarkeit der Tatsache zu Lasten desjenigen gehen, der aus einer Tatsache ein Recht (eine ihm günstige Rechtsfolge) herleiten will. Vorliegend ist aufgrund der voneinander abweichenden Angaben im Entschädigungsverfahren gegenüber der Claims Conference und schließlich im Rahmen des Antrages nach dem ZRBG die behauptete Tätigkeit bei der Reichsbahn in Riga für den im Rentenverfahren geltend gemachten Zeitraum von September 1941 bis November 1943 nicht in ausreichendem Umfang nachvollziehbar, wobei der Prozessbevollmächtigte des Klägers hinsichtlich des Aufenthalts im Ghetto Riga im Berufungsverfahren nunmehr einräumt, dass die Angaben im Rentenantrag unzutreffend sind. Insofern könnte als "übereinstimmende Schnittmenge" der geltend gemachte Zeitraum einer Tätigkeit bei bzw. für die Reichsbahn in Riga der Zeitraum September 1941 bis September 1942 herangezogen werden, weil der Kläger diesen Zeitraum sowohl im Entschädigungsverfahren wie auch in den Angaben gegenüber der Claims Conference zumindest insoweit übereinstimmend beschrieben hat. Nicht mehr in Übereinstimmung zu bringen sind hingegen seine Angaben im Entschädigungsverfahren bzw. später gegenüber der Claims-Conference, wonach er sich ab September 1942 im Mitau aufgehalten habe und dort in einer Zuckerrübenfabrik kaserniert gewesen sei bzw. ab 1942 nach Spilwa verbracht und dort beim Ausbau des dortigen Flughafens herangezogen worden sei. Ob und in welchem Zeitraum der Kläger 1943 nochmals bei der Deutschen Reichsbahn eingesetzt worden ist, vermag der Senat aus den vorneinander abweichenden Angaben nicht abzuleiten.
Aber auch wenn man nunmehr zugunsten des Klägers einen Aufenthalt im Ghetto Riga von September 1941 bis September 1942 und die vom Kläger beschriebene Tätigkeit für die Reichsbahn zugrundelegt, hält es der Senat nicht für ausreichend glaubhaft im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit oder auch nur einer guten Möglichkeit, dass es sich hierbei um ein freiwillig aufgenommenes auf einem eigenen Willensentschluss beruhendes Beschäftigungsverhältnis gehandelt haben könnte. Zwangsarbeit ist in Abgrenzung zur versicherungspflichtigen Beschäftigung die Verrichtung von Arbeit unter obrigkeitlichem (hoheitlichem) bzw. gesetzlichem Zwang (BSG SozR 3 – 2200 § 1248 Nr. 15). Typisch ist dabei insbesondere die obrigkeitliche Zuweisung von Arbeiten, ohne das die Arbeiter hierauf Einfluss haben. Eine verrichtete Arbeit entfernt sich umso mehr vom Typus des Arbeits- bzw. Beschäftigungsverhältnisses und nähert sich dem Typus der Zwangsarbeit an, wenn sie durch hoheitliche Eingriffe überlagert wird, denen sich der Betroffene nicht entziehen kann (vgl. BSG, Urteil vom 14.07.1999, B 13 RJ 71/99 R). Unabhängig von der Frage, wie der Umstand der Bewachung von und auf dem Weg zur Arbeit in diesem Zusammenhang zu bewerten ist, lässt allein die Beschreibung im Entschädigungsverfahren durch den Kläger und den Zeugen N1 wonach er vom "Arbeitslager" Riga aus zunächst bei der Eisenbahn arbeitete, dann nach Mietau in die Zuckerrübenfabrik geschickt wurde und dann wieder zurück ins Arbeitslager Riga musste, um von dort aus wieder bei der Bahn zu arbeiten, eine Annahme zugunsten des Klägers, er habe Einfluss auf die Aufnahme bestimmter Tätigkeiten nehmen können, recht fern erscheinen. Im Gesamtzusammenhang mit den Angaben gegenüber der Claims Conference, wo der Kläger sämtliche Tätigkeiten als Zwangsarbeit bezeichnete und hierbei insbesondere auch den Ausdruck verwendete "zur Zwangsarbeit verschickt", im Zusammenhang mit dem Bau der Deutschen Bahn ausdrücklich von "Zwangsarbeit leisten" sprach und außerdem noch erklärte, er sei danach (1942) in ein Arbeitslager "überführt" worden, erscheint die Möglichkeit, dass der Kläger gleichwohl die Tätigkeit beim Bau der Deutschen Bahn freiwillig aufgenommen haben könnte, nicht als überwiegend wahrscheinlich, da jedenfalls nicht mehr für als gegen das Vorbringen des Klägers spricht.
Gleiches gilt für die Entgeltlichkeit der behaupteten Beschäftigung ihm Ghetto. Im Rentenantragvordruck hat der Kläger selbst angegeben, der Arbeitsverdienst sei im nicht erinnerlich. In dem ergänzenden Fragebogen hat er unter dem gleichen Datum angegeben, die Arbeit sei mit Coupons entlohnt worden und er habe am Arbeitsplatz Essen bekommen. Auf Nachfrage des Sozialgerichts nach einer Konkretisierung dieser Angaben hat sein Prozessbevollmächtigter auf das Alter des Klägers verwiesen und darauf, dass dieser beim besten Willen zu den 60 bis 70 Jahre zurückliegenden Ereignissen keine detaillierten Angaben mehr machen könne. Zwar hat der Senat dafür Verständnis. Gleichwohl liegt nach allgemeinen Grundsätzen die Beweislast für die anspruchsbegründenden Tatsachen beim Kläger. Nach der Entscheidung des BSG vom 07.10.2004 (s.o.), auf die bereits das Sozialgericht hingewiesen hat, reicht für die Annahme eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses selbst der Erhalt einer "guten Verpflegung" nicht aus. Selbst eine solche "gute Verpflegung" durch die am Arbeitsplatz erhaltenen Lebensmittel und die Coupons ist aber durch die äußerst allgemeinen Angaben des Klägers nicht glaubhaft gemacht. Letztlich kann das aber dahinstehen, da bereits das Vorliegen einer freiwillig aufgenommenen Tätigkeit nach Ansicht des Senats nicht in ausreichendem Umfang glaubhaft gemacht ist. Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers auf tarif- und lohnrechtliche Regelungen in Riga in dem streitigen Zeitraum hinweist, bedarf es ebenfalls keiner näheren Auseinandersetzung mit der von ihm angeführten "Anspruchstherorie", da bereits das Tatbestandsmerkmal einer freiwillig aufgenommenen Beschäftigung nicht als glaubhaft gemacht angesehen wird. Lediglich ergänzend verweist der Senat insoweit auf das Urteil des LSG NRW vom 24.08.2005 (Az.: L 8 RJ 49/03) und den hierzu entgangenen Beschluss des BSG vom 14.08.2006 (Az.: B 5 RJ 246/05 B), wonach allein durch die Existenz tarifrechtlicher/ lohnrechtlicher Regelungen das Merkmal der Entgeltlichkeit im Sinne von § 1 Abs. 1 Nr. 1 b ZRBG nicht erfüllt sein dürfte. Eines näheren Eingehens auf die Argumentation des Prozessbevollmächtigten, es habe insoweit zwischen dem Kläger und der Ghettoverwaltung ein Beschäftigungsverhältnis bestanden, bedarf es daher ebenso wenig wie zu der Auffassung, aus der Verordnung des Generalkommissariats in Riga über die Entschädigung jüdischer Arbeitskräfte im Generalbezirk Lettland vom 19.03.1942 sei im Umkehrschluss zu schließen, dass die Juden jedenfalls vor dem Zeitraum bei einer entsprechenden Beschäftigung Lohn erhalten hätten.
Da somit auf die Wartezeit anrechenbare Beitragszeiten als Versicherungszeiten auch nach Auffassung des Senats nicht vorliegen, können auch keine Ersatzzeiten berücksichtigt werden, da diese nur "Versicherten" zustehen (§ 250 SGB VI).
Die Berufung des Klägers konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 28.02.2007
Zuletzt verändert am: 28.02.2007