Die Beschwerden des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 23. November 2006 werden zurückgewiesen. Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
Die Antragsgegnerin bewilligte dem 1984 geborenen Antragsteller, der mit seinen Eltern in einem Haushalt lebt, Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) bis zum 31.08.2006, lehnte aber eine Weiterbewilligung ab, weil der Antragsteller nunmehr Leistungen nur noch in Bedarfsgemeinschaft mit seinen Eltern beanspruchen könne (Bescheid vom 09.08.2006, Widerspruchsbescheid vom 09.08.2006 – richtig: 18.10.2006).
Den Antrag, die Antragsgegnerin vorläufig zur Gewährung von Leistungen an den Antragsteller zur Sicherung seines Lebensunterhalts zu verpflichten und ihm für das Verfahren Prozesskostenhilfe zu bewilligen, hat das Sozialgericht Gelsenkirchen mit Beschluss vom 23.11.2006 abgelehnt, weil ein Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht worden sei und das Gericht keine Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der bestehenden Gesetzeslage habe.
Die gegen diesen Beschluss eingelegte Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZPO -). Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt.
Durch das Gesetz zur Änderung des SGB II und anderer Gesetze vom 24.03.2006 (BGBl. I S. 558) ist § 7 Abs. 3 Nr. 4 SGB II dahin gefasst worden, dass zur Bedarfsgemeinschaft, deren Mitglieder Leistungen nach dem SGB II erhalten, auch die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nrn. 1 bis 3 genannten Personen gehören, wenn sie das fünfundzwanzigste Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhaltes nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können. Diese Gesetzesänderung beruhte auf der Empfehlung des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss). Sie sollte dem Umstand Rechnung tragen, dass volljährige Kinder, die noch im Haushalt ihrer Eltern leben, nicht die Generalkosten eines eigenen Haushaltes aufzuwenden haben, so dass sie in die Bedarfsgemeinschaft der Eltern einbezogen werden sollen bei gleichzeitiger Reduzierung des Regelbedarfs von 100 % auf 80 % (BT-Drucks. 16/688 S. 13f.). Den dagegen u.a. geäußerten Bedenken, dass diese Regelung im Widerspruch zum geltenden Unterhaltsrecht stehe (BT-Drucks. a.a.0. S. 11) – volle Anrechnung des elterlichen Einkommens auf die Leistungsansprüche der entsprechenden Kinder trotz fehlender gesetzlicher Unterhaltspflicht – hat der Gesetzgeber keine Beachtung geschenkt. 0b diese Regelung daher Verfassungsrecht verletzt (Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1, 6 Abs. 1, 20 Abs. 1 Grundgesetz – GG – wegen gleichheitswidriger Benachteiligung dieses Personenkreises, der Familie und Verletzung des Sozialstaatsprinzips) oder ob ggf. im Wege der verfassungskonformen Auslegung volljährige Kinder bis zum 25. Lebensjahr, die noch im Haushalt ihrer Eltern leben, unabhängig von deren Einkünften 80 % des Regelbedarfs und ggf. anteilige Kosten der Unterkunft und Heizung beanspruchen können, bedarf vorliegend keiner abschließenden Beurteilung, weil der Antragsteller jedenfalls keinen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat.
Der Antragsteller hat zwar behauptet, ihm drohe ohne die begehrte Verpflichtung der Antragsgegnerin der Abbruch seiner Umschulung zum Garten- und Landschaftsbauer, er hat aber weder dargelegt, welche Mittel er insoweit aufzubringen hat, noch welche Leistungen er von seinen Eltern erhält noch inwieweit er eigenes Einkommen derzeit erzielen kann. Allein die vom 14.11.2006 datierende Bescheinigung des Vaters, er zahle seinem Sohn keinen Unterhalt, ist insoweit nicht aussagekräftig, weil sie nichts darüber besagt, ob der Vater andere Leistungen – sei es in Naturalform, sei es als Darlehen oder sonstiger Art – dem Antragsteller zuwendet. Bei dieser Sachlage ist es weder glaubhaft gemacht, dass der Unterhalt des Antragstellers gefährdet ist noch dass ihm schwere und durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht revidierbare Nachteile drohen.
Die Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Da der Antrag und die Beschwerde gemäß vorstehenden Ausführungen keine Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 73a SGG i.V.m. § 114 ZPO bieten, mussten auch die Beschwerde gegen die Ablehnung bzw. der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erfolglos bleiben.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 17.01.2007
Zuletzt verändert am: 17.01.2007