Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.07.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger über den 01.01.2004 hinaus das zur Behandlung der erektilen Dysfunktion zugelassene Arzneimittel Viagra gewähren muss.
Der 1959 geborene Kläger leidet seit einem im Jahr 1995 erlittenen Unfall mit multiplen Knochenbrüchen im Beckenbereich an einer erektilen Dysfunktion. Die behandelnde Ärztin hat ihm deswegen seit der Markteinführung von Viagra dieses Mittel verordnet. Im Mai 2003 beantragte der Kläger (erneut) eine Kostenübernahme für die Versorgung mit diesem Arzneimittel bei der Beklagten, wobei der Urologe Dr. C in einer Bescheinigung vom 01.06.2003 bestätigte, dass mit einer Vakuumerektionshilfe wegen eines Beckenschiefstandes keine zufriedenstellende Erektion erreicht worden sei. Mit Bescheid vom 21.06.2003 lehnte die Beklagte unter Verweis auf einen früheren ablehnenden Bescheid vom 20.12.2002 den Antrag ab. Auf den Widerspruch des Klägers holte sie ein Gutachten des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) ein, in dem bestätigt wurde, dass aufgrund der Unterlagen davon auszugehen sei, dass eine Verwendung der Vakuumpumpe nicht den gewünschten Erfolg erbringe und daher Viagra das einzige Mittel zur Behandlung der erektilen Dysfunktion sei. Mit Bescheid vom 25.02.2004 half die Beklagte dem Widerspruch insoweit ab, als sie die Kosten für die Versorgung mit Viagra bis zum 31.12.2003 übernahm. Da aufgrund einer Gesetzesänderung ab dem 01.01.2004 die der Überwindung der erektilen Dysfunktion dienenden Arzneimittel nicht zum Leistungskatalog der GKV zählten, sei die Kostenübernahme bis 31.12.2003 befristet.
Der Kläger hat am 17.03.2004 Klage erhoben; die Beklagte hat während des Klageverfahrens das Widerspruchverfahren nachgeholt und mit Widerspruchsbescheid vom 24.01.2005 den Widerspruch zurückgewiesen, soweit ihm nicht bereits abgeholfen worden war.
Zur Begründung der Klage hat der Kläger vorgetragen, er benötige Viagra nach dem Gutachten des MDK auf Dauer. Viagra sei in seinem Fall kein "Life-Style-Medikament", sondern stelle die einzig mögliche medizinische Behandlung seiner erektilen Dysfunktion dar. Ein Leistungsanspruch folge aus Art. 6 Abs. 1 Grundgesetz (GG), denn wenn seine Ehe Bestand haben solle, sei er auf die Einnahme von Viagra angewiesen. Ferner sei der Grundsatz der Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt, wenn Beamte Anspruch auf dieses Mittel hätten und ihm dieses versagt werde. Der gesetzliche Ausschluss sei verfassungswidrig, denn es würden ungleiche Sachverhalte gleich behandelt, indem alle Medikamente generell ausgeschlossen würden, ohne für den Fall Ausnahmetatbestände vorzusehen, dass das Medikament medizinisch indiziert sei. Im Übrigen diene Viagra in seinem Fall nicht überwiegend der Behandlung der erektilen Dysfunktion, sondern der Versorgung der Schwellkörper mit Sauerstoff. Es solle dadurch einerseits der Abnahme der Muskulatur in diesem Bereich, andererseits der Zunahme von Bindegewebe entgegengewirkt werden.
Mit Urteil vom 28.07.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der angefochtene Bescheid sei nicht zu beanstanden, da sämtliche Arzneimittel, die überwiegend der Behandlung der erektilen Dysfunktion dienten, seit dem 01.01.2004 von der Verordnung zu Lasten der GKV ausgeschlossen sei. Diese Regelung sei nicht verfassungswidrig.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung, die nicht begründet worden ist, verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 28.07.2006 zu ändern und die Beklagte unter entsprechender Änderung des Bescheides vom 25.02.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.01.2005 zu verurteilen, ihn künftig mit dem Medikament "Viagra" oder einem vergleichbaren Arzneimittel zu versorgen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Entscheidung der Beklagten vom 25.02.2004 ist nicht zu beanstanden.
Der Kläger hat für den Zeitraum ab 01.01.2004 keinen Anspruch auf die Versorgung mit dem Arzneimittel Viagra oder einem vergleichbaren Arzneimittel. Zur Begründung wird auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)). Ergänzend ist auf die Entscheidung des BSG vom 18.07.2006 (B 1 KR 10/05 R) zu verweisen, in der das BSG erneut bestätigt hat, dass nach der Regelung des § 34 Abs. 1 Satz 7, 8 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ausnahmslos alle Arzneimittel von der Verordnung zu Lasten der GKV ausgeschlossen ist, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion dienen. Soweit der Kläger geltend gemacht hat, in seinem Fall diene Viagra nicht überwiegend der Behandlung der erektilen Dysfunktion, sondern solle einer Unterversorgung der Schwellkörper mit Sauerstoff entgegenwirken, geht dies an der Sache vorbei, da der Verordnungsausschluss nicht daran anknüpft, zu welchem Zweck im konkreten Fall das Medikament eingesetzt werden soll, sondern auf die überwiegende Zweckbestimmung des Arzneimittels abstellt. Insofern kann keine Zweifel unterliegen, dass Viagra überwiegend zur Behandlung der erektiven Dysfunktion eingesetzt wird. Im Übrigen hat das Sozialgericht zu Recht darauf hingewiesen, dass der Vortrag des Klägers insoweit zweckgerichtet erscheint, da er ausdrücklich geltend gemacht hat, ohne Versorgung mit Viagra sei seine Ehe gefährdet, so dass auch nach diesem Vortrag die Überwindung der Potenzprobleme im Vordergrund steht.
Zugunsten des Klägers folgt auch nichts aus dem Beschluss des Bundesverfassungsgericht vom 06.12.2005 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5). Das BVerfG hält es mit Art. 2 Abs. 1 GG i.V.m. dem Sozialstaatsprinzip und Art. 2 Abs.1 Satz 1 GG nicht für vereinbar, einem gesetzlich Krankenversicherten bei einer lebensbedrohlichen oder vorhersehbar tödlich verlaufenden Erkrankung, für die eine allgemein anerkannte, dem medizinischen Standard entsprechende Behandlung nicht zur Verfügung steht, die Leistung zu verweigern, wenn eine nicht ganz fern liegende Aussicht auf Heilung oder wenigstens eine spürbar positive Einwirkung auf den Krankheitsverlauf besteht. Eine Ausdehnung des Rechtsgedankens der Entscheidung auf Konstellationen, in denen keine notstandsähnliche Extremsituation vorliegt, die mit einer lebensbedrohlichen Erkrankung auf eine Stufe gestellt werden kann, ist jedoch abzulehnen (BSG a.a.O.; siehe auch BSG, Urteil vom 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R). Es ist daher unerheblich, ob zur Behandlung der erektilen Dysfunktion des Klägers andere geeignete Mittel in Betracht kommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen im Hinblick auf die gefestigte Rechtsprechung des BSG nicht vor.
Erstellt am: 19.03.2007
Zuletzt verändert am: 19.03.2007