Die Beschwerde der Antragsteller wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zur Erbringung von Leistungen nach § 3 Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) statt bisher bewilligter Leistungen nach § 1a Nr. 1 AsylbLG.Die am 00.00.1943 geborene Antragstellerin zu 1) ist Mutter der am 00.00.1973 geborenen Antragstellers zu 2) und des am 00.00.2001 geborenen Antragstellers zu 3). Der Antragsteller zu 2) hat mit seiner am 00.00.1980 geborenen Ehefrau (Antragstellerin zu 3) vier minderjährige Kinder, die Antragsteller zu 4) bis 7). II.
Der Antragsteller zu 8), der am 00.00.1981 geboren ist, ist ebenfalls Sohn der Antragstellerin zu 1). Der geschiedene Ehemann B I wohnt nach einem Umzug aus Iserlohn seit dem Jahr 2002 unter anderer Anschrift als die Antragsteller ebenfalls in Solingen. Die Antragsteller werden gemäß § 60a Abs. 2 Aufenthaltsgesetz geduldet.
Die Antragsteller sind ihren Angaben folgend serbische Staatsangehörige aus dem Kosovo und gehören der Volksgruppe der Roma an. Sie beantragten am 02.09.1999 bei der Antragsgegnerin Leistungen nach dem AsylbLG und erhalten seitdem bzw. die Antragsteller zu 5) – 7) seit ihrer Geburt Leistungen nach § 1a Nr. 1 AsylbLG. Sie gaben bei Antragstellung ausweislich des Antragsformulars an, dass verschiedene entfernte Verwandte in Solingen und Umgebung wohnten. Im Feld "Antragsbegründung" ist angegeben, sie seien seit etwa zwei Monaten unterwegs und hätten den Lebensunterhalt durch Betteln bestritten. In Italien hätten sie keine Sozialhilfe bekommen.
Bei der Ausländerbehörde gaben sie auf Nachfrage, warum sie nach Solingen gekommen seien ebenfalls am 02.09.1999 an, der Schlepper habe sie nach Solingen gebracht. Über den genauen Reiseweg konnten sie keine genauen Angaben machen. Sie seien wegen der Unruhen in ihrem Heimatland nach Deutschland gekommen. Ausdrücklich erklärten sie jedoch, keinen Asylantrag stellen zu wollen. Im Rahmen der Registrierung gab die Antragstellerin zu 1) an, ihr geschiedener Mann halte sich in Jugoslawien auf, wobei der genaue Aufenthalt nicht bekannt sei.
Gegen die Gewährung der Leistungen nach § 1a Nr. 1 AsylbLG ab dem 01.05.2006 legten die Antragsteller Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 26.06.2006 zurückgewiesen worden ist. Ein weiterer Widerspruchsbescheid vom 28.06.2006 erging hinsichtlich des streitigen Zeitraums ab dem 01.06.2006. Hiergegen haben die Antragsteller unter dem 28.06.2006 Klage erhoben.
Mit Anträgen vom 26.06.2006 (Antragsteller zu 1) und 8)) und 28.06.2006 (Antragsteller zu 2) bis 6)) haben die Antragsteller beim Sozialgericht Köln die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes beantragt.
Sie haben vorgetragen, sie hätten vor ihrer Flucht aus dem Kosovo (N E) ihre gesamte Habe verloren. Sie seien vor Übergriffen der albanischen Bevölkerungsmehrheit nicht sicher gewesen. Man habe ihr Haus am 29.06.1999 niedergebrannt. Das Ziel der Flucht sei von Beginn an Deutschland gewesen, weil der Vater der Antragsteller zu 2) und 8) und geschiedene Ehemann der Antragstellerin zu 1) hier lebte. Auch durch die Scheidung seien die verwandtschaftlichen Beziehungen nicht berührt. Da die Flucht auf dem Landweg erfolgt sei, habe man zwangsläufig Drittstaaten durchqueren müssen.
Nach sechswöchigem Aufenthalt in Kosovo Q habe sich ein türkischer LKW-Fahrer bereit erklärt, sie nach Italien mitzunehmen. Nach Ankunft in Italien seien sie von den italienischen Behörden aufgegriffen und aufgefordert worden, Italien binnen zwei Wochen zu verlassen. Sie hätten sich nur zum Zwecke der Durchreise in Italien aufgehalten. Von Italien aus seien sie mit dem Zug ohne Einreisekontrolle in die Bundesrepublik Deutschland gereist. Während der Reise sei der Antragsteller zu 8) zunächst von den übrigen Antragstellern getrennt worden. Sie hätten eine vage Vorstellung davon gehabt, in welcher Region sich der geschiedene Ehemann der Antragstellerin zu 1) aufhalte. Die Zusammenführung der Familien sei erst durch die Behörden in Düsseldorf erfolgt. Die Einreise sei deshalb nicht erfolgt, um Sozialleistungen zu beziehen.
Die Antragsteller haben beantragt,
die Antragsgegnerin zu verpflichten, ihnen vorläufig mit Wirkung ab 01.07.2006 Leistungen nach § 1 i.V.m. § 3 AsylbLG zu gewähren.
Die Antragsgegnerin hat beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie hat die Auffassung vertreten, die Antragsteller hätten sich nur nach Deutschland begeben, um Leistungen zu erlangen; deshalb sei es gerechtfertigt, ihnen nur die unabweisbar gebotenen Leistungen nach § 1a Nr. 1 AsylbLG zu gewähren. Als Indizien dafür sprächen die illegale Einreise nach Deutschland, der zeitliche Zusammenhang zwischen Einreise und Antragstellung am gleichen Tag sowie die Angaben von den Antragstellern, bereits bei Einreise völlig mittellos gewesen zu sein. Weiterhin hätten die Antragsteller angegeben, in Italien zuvor keine Leistungen erhalten zu haben. Auch sei ausdrücklich auf das Stellen eines Asylantrags verzichtet worden. Hieraus lasse sich ableiten, dass zunächst gar nicht geplant gewesen sei, nach Deutschland zu reisen, sondern erst nach Nichtgewährung von Leistungen in Italien die Fahrt nach Deutschland fortgesetzt worden sei. Weiterhin sei zu beachten, dass die von den Antragstellern gemachten Angaben von den Angaben differierten, die die Antragsteller nach ihrem Zuzug vor dem Sozialamt bzw. Ausländeramt gemacht hätten. So sei bereits bei Zuzug mitgeteilt worden, dass die Reise nach Solingen mittels Schlepper erfolgt sei und nicht mit dem Zug. Bei Antragstellung beim Sozialamt sei der Wohnsitz des geschiedenen Ehemannes der Antragstellerin zu 1) mit Iserlohn angegeben worden, während gleichzeitig gegenüber der Ausländerbehörde im Rahmen der Registrierung angegeben worden sei, dass der Ex-Mann sich in Jugoslawien aufhalte, ohne den Wohnort zu kennen. Diese Widersprüchlichkeiten deuteten darauf hin, dass eine Familienzusammenführung bei der Einreise nicht beabsichtigt gewesen sei. Zwar sei der Ex-Mann am 15.02.2002 auch nach Solingen gezogen. Bis heute bestehe keine gemeinsame Wohnung der Antragstellerin zu 2) und ihres geschiedenen Ehemannes. Der Gedanke der Familienzusammenführung als prägendes Einreisemotiv erscheine daher nicht glaubhaft. Prägend sei hingegen das Motiv gewesen, nach der Einreise nach Deutschland Leistungen zu erhalten.
Mit Beschluss vom 08.09.2006 hat das Sozialgericht den Antrag der Antragsteller abgelehnt. Zur Begründung hat es u.a. ausgeführt, für einen finalen Zusammenhang zwischen Einreiseentschluss und Leistungsbezug spreche, dass die Antragsteller nach ihren Angaben Italien verlassen hätten, da sie dort keine Sozialleistungen erhalten hätten. Zudem seien die Antragsteller völlig mittellos gewesen und hätten unmittelbar nach Einreise einen Antrag auf Sozialleistungen gestellt, zugleich aber mitgeteilt, keinen Asylantrag stellen zu wollen. Auch differierten die nunmehr gemachten Angaben zur Flucht und zu den Einreisemotiven von denen bei Antragstellung auf Leistungen nach dem AsylbLG und gegenüber der Ausländerbehörde. Dies spreche etwa dafür, dass eine Familienzusammenführung bei Einreise nicht beabsichtigt gewesen sei.
Gegen den am 12.09.2006 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragsteller vom 11.10.2006. Das Sozialgericht hat der Beschwerde nicht abgeholfen, nachdem die Antragsteller nach Akteneinsicht die Beschwerde trotz Fristsetzung nicht, wie angekündigt, weiter begründet hatten (Beschluss vom 08.11.2006).
Mit Schreiben vom 28.11.2006 haben die Antragsteller darauf hingewiesen, dass die Antragsteller nach wie vor geduldet würden und zu der auch nach Beendigung des Kosovo-Krieges noch derart gefährdeten Minderheit der Roma zählten, die nicht in den Kosovo zurückgeführt werden könne. Die Antragsteller zu 2) bis 7) würden zudem durch die am 17.11.2006 von der Innenministerkonferenz beschlossene Bleiberechtsregelung begünstigt. Die Antragsteller hätten – auf Befragen – zwar angegeben, in Italien keine Leistungen erhalten zu haben. Hieraus dürfe nicht gefolgert werden, die Antragsteller hätten sich nach Deutschland begeben, um hier Leistungen nach dem AsylbLG zu beziehen. Der Umstand, dass die Antragsteller sich sieben Jahre mit den Leistungen nach § 1a Nr. 1 AsylbLG begnügt hätten, zeige auf, dass sie nicht der Leistungen wegen nach Deutschland gekommen seien. Ansonsten hätten sie sich seit ihrer Einreise um die ihnen tatsächlich zustehenden Leistungen bemüht. Es sei zudem der Regelfall, dass Flüchtlinge bei ihrer Einreise völlig mittellos sind, wenn sie – wie die Antragsteller – wegen einer Bedrohungslage ihre Flucht nicht planen können. Bei bestehender Obdachlosigkeit sei es nachvollziehbar, dass sich die Antragsteller unmittelbar nach ihrer Einreise an die Behörden gewandt hätten.
Die Angaben zu den Fluchtumständen seien nicht widersprüchlich. Im Übrigen stelle sich die Frage der Verwertbarkeit einzelner Angaben, da die Behörden einen Dolmetscher nicht hinzugezogen hätten. Die Angaben seien unvollständig aufgezeichnet worden. Eine Rückübersetzung sei nicht erfolgt. Es sei den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen, welche Sachbearbeiter den Erstantrag entgegengenommen hätten.
Dass die Antragsteller wahrheitsgemäß angegeben hätten, sie wollten keinen Asylantrag stellen, erkläre sich aus dem Umstand, dass eine Anerkennung als Asylberechtigte von vornherein nicht in Betracht gekommen sei, da bei nichtstaatlicher Verfolgung erst seit 01.01.2005 die Anerkennung als Flüchtling nach der Genfer Konvention möglich sei.
Die Antragsteller beantragen,
den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 08.09.2006 abzuändern und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen ab dem 01.07.2006 Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen
Die Antragsteller hätten von sich aus, ohne hierzu befragt worden zu sein, angegeben, dass sie in Italien keine Sozialleistungen erhalten hätten. Sie hätten den Sachverhalt offenbar für so bedeutsam gehalten, dass sie ihn als Grund für den Leistungsantrag benannt hätten. Die Antragsteller hätten zu keinem Zeitpunkt vorgetragen, persönlichen Repressalien ausgesetzt gewesen zu sein. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ein so einschneidendes Erlebnis wie der Verlust des Hauses weder gegenüber der Ausländerbehörde noch der Antragsgegnerin erwähnt worden sei. Wäre die Flucht ungeplant erfolgt, hätten auch keine Mittel zur Finanzierung der Schlepper zur Verfügung gestanden. Die Antragsteller hätten eine Familienzusammenführung nicht versucht und später doch gestellte Asylanträge zurückgezogen. Im Übrigen hätten die Antragsteller bereits bei Einreise einen Antrag auf Feststellung der Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG stellen können. Die Angaben zur Flucht seien widersprüchlich (zwei Monate Betteln auf der einen, Flucht mit Schlepper und Zug auf der anderen Seite). Die Angaben habe eine ehemalige Kollegin aus dem ehemaligen Jugoslawien aufgenommen. Die Angaben seien übersetzt worden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den übrigen Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen, der der Entscheidung zu Grunde liegt.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist unbegründet.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Die tatsächlichen Voraussetzungen des Anordnungsanspruchs – die Rechtsposition, deren Durchsetzung im Hauptsacheverfahren beabsichtigt ist – sowie des Anordnungsgrunds (die Eilbedürftigkeit der begehrten vorläufigen Regelung) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 3 Zivilprozessordnung –ZPO -). Steht dem Antragsteller ein von ihm geltend gemachter Anspruch voraussichtlich zu und ist ihm nicht zuzumuten, den Ausgang des Verfahrens abzuwarten, hat der Antragsteller Anspruch auf die beantragte Leistung im Wege vorläufigen Rechtsschutzes.
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Sozialgericht es zu Recht abgelehnt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, den Antragstellern Leistungen nach § 3 AsylbLG zu gewähren.
Nach § 1a Nr. 1 AsylbLG erhalten Leistungsberechtigte, die, wie die Antragsteller, leistungsberechtigt im Sinn des § 1 Abs. 1 Nr. 4 AsylbLG sind, Leistungen nach diesem Gesetz nur, soweit dies im Einzelfall nach den Umständen unabweisbar geboten ist, wenn sie sich in den Geltungsbereich des Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen (Nr. 1).
Da die Regelung des § 1a Nr. 1 AsylbLG im Wesentlichen der Vorschrift des § 23 Abs. 3 Sozialgesetzbuch 12. Buch (SGB XII) und deren Vorgängernorm § 120 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) entspricht, kann zur Konkretisierung der tatbestandlichen Voraussetzungen die hierzu ergangene verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung und einschlägige Literatur herangezogen werden (vgl. etwa Wahrendorf in: Grube/Wahrendorf, SGB XII, § 1a AsylbLG RdNr. 5; Fasselt in: Fichtner/Wenzel, Kommentar zur Grundsicherung, 3. Auflage 2005, § 1a AsylbLG RdNr. 6).
Von einer Einreise zum Zweck des Leistungsbezuges kann danach ausgegangen werden, wenn ein finaler Zusammenhang zwischen dem Einreiseentschluss und der Inanspruchnahme von Sozialleistungen besteht. Sind mehrere Motive denkbar oder gegeben, muss das prägende Motiv des Hilfesuchenden im Zeitpunkt der Einreise die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem AsylbLG gewesen sein. Das bedeutet, dass die Möglichkeit, auf Leistungen nach dem AsylbLG angewiesen zu sein, für den Einreiseentschluss, sei es allein, sei es neben anderen Gründen, in besonderer Weise bedeutsam gewesen sein muss. Es genügt demgegenüber nicht, dass der Bezug von Leistungen nach dem AsylbLG beiläufig erfolgt oder anderen Einreisezwecken untergeordnet und in diesem Sinne nur billigend in Kauf genommen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 04.06.1992 – 5 C 22.87 – BVerwGE 90, 212 zur inhaltlich gleichen Regelung des § 120 BSHG). Die nur in das Wissen des Ausländers gestellten Gründe für seine Ausreise muss dieser substantiiert und widerspruchsfrei darlegen, um der Behörde und auch dem Gericht die Möglichkeit zu geben, zu prüfen, ob der genannte Tatbestand erfüllt ist (zum Sphärengedanken etwa Wahrendorf, a.a.O., § 1a AsylbLG, RdNr. 5). Erst sodann kann unter Berücksichtigung der die Behörde treffenden (objektiven) Beweislast die Beweislosigkeit ggf. die Anwendung des § 1a Nr. 1 AsylbLG verwehrt sein.
Der Senat sieht sich durch den Vortrag der Antragsteller einstweilen nicht in die Lage versetzt, unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls abschließend über das Vorliegen des geforderten finalen Zusammenhangs zwischen Einreiseentschluss und Leistungsbezug zu entscheiden. Die bisherigen Erklärungen der Antragsteller sind nicht frei von Widersprüchen. Der Senat verkennt insoweit nicht, dass hinsichtlich der Erklärungen bei Antragstellung am 02.09.1999 und der Erklärungen vom selben Tag gegenüber dem Ausländeramt ggf. auch auf Verständigungsprobleme zurückzuführende Ungenauigkeiten und Übertragungsfehler zu berücksichtigen sein könnten. Die Qualifikation der bisher durch die Antragsgegnerin namentlich nicht benannten Übersetzerin wird ggf. zu überprüfen sein. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass bei der Ausländerbehörde ein Verwandter der Antragsteller die Rolle des Sprachmittlers übernahm.
Insbesondere die erstinstanzlichen Ausführungen und die Beschwerdebegründung werfen allerdings weitere Fragen auf, die zu klären prinzipiell dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben wird. So sind insbesondere die Fluchtumstände nicht hinreichend geklärt. Weiterhin wird vorgetragen, die Antragsteller hätten sich eines Schleppers bedient, der sie auch nach Solingen gebracht habe. Weder in zeitlicher noch qualitativer Weise ist diese Unterstützung bisher konkretisiert worden. Insbesondere erklärt sich nicht, wie Schlepperdienste auch noch nach dem Aufgreifen durch die italienischen Behörden in Anspruch genommen worden sein könnten. Die Antragsteller sind jede Erklärung dafür schuldig geblieben, wie sie etwaige Schlepperdienst und insbesondere auch die Zugfahrten für 8 Personen – angabegemäß lediglich ohne Einreisekontrolle – haben finanzieren können. Soweit die Antragsteller vorgetragen haben, sie hätten während ihres Aufenthalts in Kosovo Q den Entschluss gefasst, nach Deutschland zu flüchten, weil sie hier verwandtschaftliche Bindungen hätten, ist dies angesichts der Behauptung, nur "vage Vorstellungen" davon gehabt zu haben, wo sich B I aufhält, nicht ohne weiteres nachvollziehbar. Anders als bei Beantragung von Leistungen haben sie später nicht mehr darauf Bezug genommen, dass verschiedene entfernte Verwandte in Solingen und Umgebung wohnen sollen. Warum gegenüber der Ausländerbehörde durch die Antragstellerin zu 1) – bisher unbestrittenermaßen – angegeben worden sein soll, ihr geschiedener Ehemann befinde sich in Jugoslawien, bleibt vollends im Dunkeln. Dass gegenüber der Ausländerbehörde bereits am 02.09.1999 ein anderer Verwandter als Sprachmittler tätig wurde, mag hingegen auf weitere, bisher im Einzelnen aber nicht dargelegte und somit nicht nachvollziehbare verwandtschaftliche Strukturen hindeuten. Zur Konkretisierung wird insoweit etwa das Hauptsacheverfahren Gelegenheit bieten.
Dass die Antragsteller zunächst keinen Asylantrag stellten, vielmehr ausdrücklich erklärten, dies auch nicht zu beabsichtigen, erklärt sich angesichts der hierzu im Widerspruch stehenden nachfolgenden und durchaus der gängigen Praxis entsprechenden Antragstellung durch den Hinweis auf die Aussichtslosigkeit nicht zwingend. Die offenbar abweichenden Fluchtgeschehnisse des Antragstellers zu 8), dessen Trennung von den übrigen Antragstellern und seine separate Einreise, bedürfen ebenso weiterer Aufklärung.
Angesichts der auch zur Überzeugung des Senats nach Aktenlage bestehenden Widersprüchlichkeiten und Ungereimtheiten ist es derzeit nicht gerechtfertigt, wegen des behaupteten Schutzes vor ethnischen Übergriffen, der wie der Schutz vor kriegerischen Auseinandersetzungen ggf. gegen eine missbräuchliche Inanspruchnahme sprechen kann (vgl. Wahrendorf, a.a.O., m.w.N.), die Antragsgegnerin einstweilig zu verpflichten. Der Senat weist allerdings darauf hin, dass im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen sein dürfte, dass wie bei Asylsuchenden auch bei Bürgerkriegsflüchtlingen Mittellosigkeit und Hilfebedürftigkeit und die Suche nach einer auch materiell erträglichen Zuflucht geradezu typisch für die Situation eines politisch Verfolgten oder Flüchtlings sein kann, der in der Bundesrepublik Deutschland Asyl oder Schutz sucht (BVerwG, a.a.O.).
Es kann zur Überzeugung des Senats angesichts der Zweifel hinsichtlich des Bestehens eines Anordnungsanspruchs dahinstehen, ob der Umstand, dass die Antragsteller seit 1999 mit den geringen Leistungen des § 1a Nr. 1 AsylbLG zu wirtschaften in der Lage sind, daraus folgende erhebliche Nachteile, die nunmehr die Eilbedürftigkeit der Angelegenheit begründen könnten, nicht vorgetragen werden und das prozessuale Verhalten – Ausschöpfen der Beschwerdefrist und Begründung der Beschwerde nach Ablauf weiterer 6 Wochen und mehrfacher Erinnerungen für den vorliegenden Einzelfall nicht auch gegen eine Eilbedürftigkeit der Angelegenheit sprechen.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 12.02.2007
Zuletzt verändert am: 12.02.2007