Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.12.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Gewährung einer Regelaltersrente aus der deutschen Rentenversicherung unter Berücksichtigung von behaupteten Versicherungszeiten im Ghetto Przemysl/Polen (im damaligen Generalgouvernement) von September 1941 bis September 1943 nach Maßgabe des Gesetzes zur Zahlbarmachung von Renten aus Beschäftigungen in einem Ghetto (ZRBG).
Die 1924 in Q geborene Klägerin verbrachte ihre Jugend zunächst in L und wurde im Herbst 1939 nach Przemysl umgesiedelt. Hier hielt sie sich von Juli 1941 bis September 1943 im Ghetto auf und wurde im September 1943 ins Arbeitslager Szibnia verbracht. Seit 1948 lebt die Klägerin in Israel und besitzt die israelische Staatsangehörigkeit.
Im Rahmen ihres Entschädigungsverfahrens hatte die Klägerin in einer eidlichen Erklärung vom 20.11.1955 ausgeführt: "Im September 1941 wurde ich verhaftet und in das Ghetto Przemysl eingeliefert. Das Ghetto war mit Stacheldraht umzäunt und von SS und ukrainischer Miliz scharf bewacht. Innerhalb des Ghettos sorgte die jüdische Polizei für Ordnung. Ich wohnte in der Dzarneckiego-Straße mit 6 Personen in einem kleinen Zimmer. Ich trug den Judenstern auf einer Armbinde und arbeitete zwangsweise im Schneiderressort. Die Nahrung bekam ich vom Judenrat zugeteilt, dessen Ältester Herr Dr. Duldig war". Die Zeugin T führte in einer eidlichen Erklärung vom 20.11.1955 aus: "Im Juli 1941 drangen die Deutschen in Przemysl ein und ich musste zusammen mit der Klägerin den Judenstern auf einer Armbinde tragen und wurde zu verschiedenen Zwangsarbeiten herangezogen. Im Herbst 1941 wurden wir gemeinsam in das Ghetto Przemysl eingeliefert. Das Ghetto war mit Stacheldraht umgeben und von SS und ukrainischer Miliz scharf bewacht. Wir hausten in der Nähe und trugen den Judenstern auf einer Armbinde. Zwangsweise verrichteten wir verschiedene Arbeiten und bekamen die Rationen vom Judenrat zugeteilt. Der Judenälteste war Herr Dr. Duldig. Im September 1943 wurden wir zusammen in das ZAL Szibnia abgeschoben." Die eidliche Erklärung der damaligen Zeugin F vom 20.11.1955 enthält wortgleiche Ausführungen. In einer weiteren eidlichen Erklärung der Klägerin vom 06.11.1957 heißt es hinsichtlich ihres Aufenthaltes in Przemysl weiter: "Nachdem der deutsch-russische Krieg im Juni 1941 ausgebrochen war, besetzten die Deutschen sofort die Stadt, ich musste schon nach kurzer Zeit den Judenstern an der Armbinde tragen und wurde zu verschiedenen Straßenarbeiten zwangsweise herangezogen. Im September 1941 kam ich in das Ghetto Przemysl, wo ich ebenfalls den Judenstern trug. Alle weiteren genauen Angaben habe ich bereits in meiner früher abgegebenen eigenen eidlichen Erklärung angeführt". Die Klägerin erhielt auf der Grundlage dieser Angaben Entschädigung wegen Schadens an Freiheit (Bescheid des Bezirksamtes für Wiedergutmachung Koblenz vom 31.08.1960).
Im Rahmen eines Antrags auf Entschädigung von Schaden an Gesundheit wird in einem Gutachten des Arztes Dr. N vom 20.12.1958 ausgeführt: " … dann wurde sie mit ihren Eltern nach dem Ghetto in Przemysl zwangsweise verbracht. Dort musste sie schwere Feldarbeit machen. Im September 1943 wurde sie nach dem Vernichtungslager in Szibnia … verschickt". In dem am 27.03.1960 von der Klägerin unterzeichneten Antragsformular hinsichtlich der Geltendmachung eines Schadens an Körper oder Gesundheit heißt es: "Die Antragstellerin wurde im September 1939 in einem Dorf bei Przemysl zusammen mit ihrer Schwester von den Deutschen nach Przemysl ausgesiedelt und nach Ausbruch des deutsch-russischen Krieges 1941 zu Zwangsarbeiten genommen und ab September 1941 im Ghetto Przemysl beschäftigt. Im September 1943 wurde die Klägerin in das Lager Szibnia überführt". In einem ärztlichen Gutachten des Dr. F1 vom 20.07.1965 wurden als Tätigkeiten im Ghetto Przemysl "Feldarbeiten und Schneiderwerkstätten" erwähnt. In einem weiteren am 23.08.1965 von Dr. Goldschläger erstellten Gutachten heißt es zum Verfolgungsschicksal in Przemysl: "Im Juni 1941 wurde das Gebiet von den vordrängenden deutschen Truppen besetzt und die Antragstellerin kam zum zweiten Mal unter das Joch der Rassenverfolgung. Später kamen ihre Eltern auch nach Przemysl. Erst wurde ein jüdischer Wohnbezirk eingerichtet, später ein richtiges Ghetto. Die Antragstellerin wurde gezwungen täglich 12 Stunden schwere körperliche landwirtschaftliche Arbeiten zu verrichten. Die Lebensmittelversorgung war bereits damals schlecht, die Antragstellerin wurde von den ukrainischen und deutschen Aufsehern misshandelt und bedroht. Es gab bereits die ganze Zeit Deportationen und alle, darunter auch die Antragstellerin, lebten unter der dauernden Angst vor dieser Deportation … Im Herbst 1943 wurde das Ghetto liquidiert und die Antragstellerin kam ins Vernichtungslager Szibnia".
Die weiteren Unterlagen, eigenen Erklärung und Zeugenerklärungen in der Entschädigungsakte befassen sich mit der Zugehörigkeit der Klägerin zu deutschen Sprach- und Kulturkreis (dSK) und enthalten keine weiteren Angaben zu ihrem Verfolgungsschicksal bzw. den im Ghetto verrichteten Tätigkeiten.
Die Klägerin hat nach dem sogenannten Stiftungsgesetz eine Entschädigungsleistung aufgrund ihres Verfolgungsschicksals im Konzentrationslager Auschwitz erhalten.
Im Mai 2003 beantragte die Klägerin die Zahlung einer Regelaltersrente ab dem 01.07.1997 unter Bezugnahme auf das ZRBG. Hierbei gab sie in dem am 18.05.2003 unterzeichneten Fragebogen an, sie habe 1941 im Ghetto Przemysl verschiedene Reinigungsarbeiten und von 1942 bis 1943 im Schneiderressort Näharbeiten/Änderungsarbeiten für die Zivilbevölkerung mindestens 10 Stunden täglich verrichtet. Sie könne sich nicht erinnern, wie diese Tätigkeit vermittelt worden sei. Sie habe als Entlohnung ein Suppe täglich erhalten. Die Beklagte nahm Kopien aus dem Entschädigungsverfahren zu den Akten und lehnte mit Bescheid vom 24.10.2003 die Gewährung einer Regelaltersrente unter Berücksichtigung von Beitragszeiten nach dem ZRBG ab. Bei den geltend gemachten Beitrags- und Beschäftigungszeiten im Ghetto Przemysl müsse davon ausgegangen werden, dass es sich um Zwangsarbeit gehandelt habe, die nicht vom ZRBG erfasst werde. Hiergegen erhob die Klägerin Widerspruch und machte geltend, sie habe über die direkte Verpflegung am Arbeitsplatz in Form der genannten Suppe hinaus als direkten Ausfluss aus der Beschäftigung auch Anspruch auf weitere Lebensmittel und Sachbezüge gehabt. Außerdem seien die Gewinne aus den Arbeiten in dem Schneiderressort der deutschen Ghettoverwaltung zugeflossen und unter Abschlägen an die Ghettoverwaltung weitergeleitet worden. Es sei deshalb von einer entgeltlichen und freiwillig aufgenommenen Tätigkeit auszugehen. Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2004 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Allein die Versorgung mit Mahlzeiten am Arbeitsplatz stelle kein Entgelt dar.
Hiergegen hat die Klägerin am 26.09.2004 Klage vor dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben und ausgeführt, die Beklagte weite den vom Gesetz geforderten Entgeltbegriff in unzulässiger Weise aus. In den Ghettos sei den Arbeitskräften kein Entgelt gewährt worden, das über den persönlichen Bedarf und das Notwendige zum Überleben des Einzelnen und seiner Familie hinaus gegangen sei und das mehr als nur zur Erhaltung der Arbeitskraft geeignet gewesen sei. Im Rahmen des ZRBG müsse daher der Erhalt irgendeines Entgeltes genügen. Im Übrigen seien auch die Grundsätze des § 160 Reichsversicherungsordnung (RVO) alte Fassung (a.F.) heranzuziehen. Zum Entgelt im Sinne dieser Vorschrift gehörten neben Gehalt oder Lohn auch Gewinnanteile, Sach- und andere Bezüge, die der Versicherte, wenn auch nur gewohnheitsmäßig, statt des Gehalts oder Lohns oder daneben von dem Arbeitgeber oder Dritten erhalten haben. Die Beklagte hat demgegenüber auf die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 07.10.2004 – Az.: B 13 RJ 59/03 R – verwiesen. Danach reiche der Erhalt einer guten Verpflegung nicht aus. Im Übrigen seien Ersatzzeittatbestände für den Zeitraum 01.10.1939 bis 31.12.1949 gegeben.
Mit Urteil vom 07.12.2005 hat das Sozialgericht – ohne mündliche Verhandlung – die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Gewährung einer Altersrente, da sie über keine auf die Wartezeit anrechenbaren Pflichtbeitragszeiten verfüge. Pflichtbeitragszeiten könnten hier nach der einzig geltend gemachten Rechtsgrundlage (§§ 1, 2 ZRBG) keine Berücksichtigung finden. Es sei nicht glaubhaft im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit, dass die Klägerin in dem streitgegenständlichen Zeitraum entgeltlich im Sinne des § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 lit b ZRBG beschäftigt gewesen sei. Entgeltlichkeit der Beschäftigung liege nur dann vor, wenn den Betroffenen für die Tätigkeit eine Gegenleistung gewährt worden sei, die zum Umfang und der Art der geleisteten Arbeit noch in einem angemessenen Verhältnis gestanden habe. Dies sei bei allzu geringfügigen Leistungen außerhalb eines jeden Verhältnisses zur erbrachten Arbeit nicht mehr der Fall, da es dann an dem notwendigen Bezug zur Versichertengemeinschaft fehle. Das Entgelt dürfe auch nicht nur in der reinen Gewährung von freiem Unterhalt bestehen, da ansonsten Versicherungsfreiheit für diese Beschäftigung vorliege (§ 1227 RVO a.F.). An einem versicherungspflichtigen Entgelt im vorgenannten Sinne fehle es daher insbesondere, wenn allein freie Verpflegung zur unmittelbaren Befriedigung der notwendigen Lebensbedürfnisse gewährt worden sei. Ebenso zählten Sachbezüge in geringem Umfang zur Befriedigung kleinerer Bedürfnisse und Lebensgewohnheiten noch zum freien Unterhalt. Im Übrigen sei bei der Gewährung von Lebensmittel stets zu prüfen, ob sie nach Umfang und Art des Bedarfs unmittelbar zum Verbrauch und Gebrauch oder nach vorbestimmten Maße zur beliebigen Verfügung gegeben worden seien. Die Klägerin habe im Rentenverfahren angegeben, für ihre 10-stündige Arbeit eine Entlohnung von täglich einer Suppe erhalten zu haben. Weitere Aussagen habe sie hierzu nicht mehr getroffen. Die Entlohnung mit täglich einer Suppe sei kein versicherungspflichtiges Entgelt.
Denn bei dieser Art der Vergütung handele es sich vielmehr nur um ein Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft, wie es gerade typisch für Zwangsarbeitsverhältnisse sei. Diese Leistung stehe außerhalb eines jeden Verhältnisses zu einem 10-stündigen Arbeitstag und habe daher keinen Entgeltcharakter mehr. Der Einwand des Prozessbevollmächtigten der Klägerin, die Klägerin habe über den Judenrat Nahrungsmittel und andere Sachbezüge erhalten, da der Judenrat diese Verpflegung an die Arbeitskräfte habe ausgeben können, weil er von der deutschen Ghettoverwaltung Geld bekommen habe, rechtfertige keine andere Beurteilung. Es könne offen bleiben, ob dieser Vortrag zutreffend und überhaupt geeignet sei, die Entgeltlichkeit im Sinne des ZRBG zu begründen. Selbst wenn man unterstellte, dass der Klägerin noch zusätzlich zu der täglichen Suppe weitere vom Judenrat gewährte Nahrungsmittel und Sachbezüge zugeflossen seien, erfülle dies vorliegend nicht die Voraussetzungen der Entgeltichkeit nach dem ZRBG. Denn es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass ihr die Sachbezüge in solchen Mengen und in einer solchen Regelmäßigkeit gewährt worden seien, dass sie zum Umfang (täglich mindestens 10 Stunden) der geleisteten Arbeit noch in einem angemessenen Verhältnis gestanden hätten. Hinreichend sichere Schlussfolgerungen zum konkreten Umfang, dem Wert und der Menge der Gegenleistung für die erbrachten Arbeiten ließen sich aus den Angaben der Klägerin nicht ziehen, zumal sie auch im Entschädigungsverfahren zusammen mit den Zeugen stets nur davon gesprochen habe, sie habe Lebensmittelrationen vom Judenrat bekommen. Zudem habe die Kläger auch an keiner Stelle behauptet, Sachbezüge über ihren täglichen Bedarf hinaus zur freien Verfügung erhalten zu haben. Bei dieser Sach- und Rechtslage komme es nicht mehr darauf an, ob die Klägerin die behauptete Beschäftigung tatsächlich im streitgegenständlichen Zeitraum aus eigenem Willensentschluss gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 a ZRBG vorgenommen habe. Ergänzend weise die Kammer allerdings darauf hin, dass vieles dafür spreche, dass ihre Tätigkeit nicht freiwillig erfolgt sei. Denn im zeitnahen Entschädigungsverfahren hätten sowohl die Klägerin wie auch die Zeugen ungeachtet der konkret ausgeübten Tätigkeit davon gesprochen, zwangsweise Arbeiten verrichtet zu haben. Zwar möge es zutreffen, dass ihnen die rechtliche Ausprägung des Begriffs der Zwangsarbeit nicht bekannt oder bewusst gewesen sei. Das Wort Zwang habe jedoch neben seiner inhaltlich differenzierten Bedeutung im Zusammenhang mit dem Rechtsbegriff der Zwangsarbeit auch und insbesondere einen allgemein gültigen Sinngehalt dahingehend, dass der Begriff des Zwangs gemeinhin als Gegenbegriff zur freien Willensentscheidung verstanden werde und das Merkmal der Freiwilligkeit ausschließe. Insoweit spreche vieles dafür, dass durch die Verwendung dieses Begriffs im Zusammenhang mit der Arbeit entsprechend seinem üblichen Verständnis zum Ausdruck gebracht werden sollte, dass sich die Betroffenen dem Arbeitseinsatz gerade nicht entziehen konnten und gegen ihren Willen zur Arbeit gezwungen worden seien.
Gegen das am 14.12.2005 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 10.01.2006 Berufung eingelegt.
Unter Wiederholung und Vertiefung des bisherigen Vorbringens führt der Prozessbevollmächtigte der Klägerin aus, die von der Klägerin unter Berücksichtigung der damaligen Notlage heraus aus eigenem Willensentschluss aufgenommene Beschäftigung sei nach der seinerzeit für das Generalgouvernement Distrikt Krakau geltenden Rechtslage entgeltlich gewesen. Der Lohn, den sie für ihre Arbeit habe beanspruchen können, habe die Geringfügigkeitsgrenze überstiegen. Nach der Rechtsprechung des früheren Reichsversicherungsamtes richte sich die Versicherungspflicht nicht nach der Höhe des tatsächlich gezahlten Lohns, sondern allein nach dem Entgelt, auf dessen Zahlung der Versicherte bei Fälligkeit einen Rechtsanspruch gehabt habe. Es sei also unerheblich, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin tatsächlich entlohnt worden sei.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen sinngemäß,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 07.12.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 24.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2004 zu verurteilen, der Klägerin eine Regelaltersrente unter Berücksichtigung einer Beitragszeit von September 1941 bis September 1943 unter Berücksichtigung einer Ersatzzeit vom 01.10.1939 bis 31.12.1949 nach im Übrigen näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen ab dem 01.07.1997 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Soweit sich die Klägerin für die Begründung einer Entgeltichkeit der behaupteten Beschäftigung auf die "Anspruchstheorie" berufe, könne auf der Grundlage solcher Entgeltregelungen zunächst kein Arbeitsverhältnis begründet werden. Es müsse nach wie vor den Umständen des Einzelfalls vorbehalten bleiben, ob im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses von einer Entgeltgewährung im Sinne des ZRBG ausgegangen werden könne. Hierbei müsse der Betroffene für die geleistete Arbeit wirklich ein entsprechendes Entgelt erhalten haben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten und der beigezogenen Entschädigungsakte des Amtes für Wiedergutmachung in Saarburg Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte die Sache verhandeln und entscheiden, obwohl weder die Klägerin noch ihr Prozessbevollmächtigter im Termin erschienen sind. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin ist mit der ordnungsgemäß erfolgten Terminsbenachrichtigung (Empfangsbekenntnis vom 18.12.2006) auf diese Verfahrensweise (§§ 124 Abs. 1, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz – SGG -) hingewiesen worden.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Berufung ist nicht begründet.
Die Klägerin hat auch nach Auffassung des Senats keinen Anspruch auf Regelaltersrente gemäß §§ 35 ff SGB VI bzw. den Vorschriften des ZRBG. Hinsichtlich der rentenrechtlichen Voraussetzungen im Einzelnen wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG zunächst auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen, denen sich der Senat anschließt. Auch nach Auffassung des Senats ist das Vorliegen eines freiwillig eingegangenen, entgeltlichen Beschäftigungsverhältnisses im Ghetto weder nachgewiesen noch glaubhaft gemacht im Sinne einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit oder nur einer guten Möglichkeit. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 des WGSVG, der auch im Rahmen der Vorschriften des ZRBG herangezogen werden kann, ist eine Tatsache dann glaubhaft gemacht, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen, überwiegend wahrscheinlich ist, d.h. wenn nach einer Gesamtwürdigung aller Umstände mehr Faktoren für eine Tatsache als gegen diese sprechen. Hierbei gilt wie in allen anderen Prozessordnungen auch im sozialgerichtlichen Verfahren der Grundsatz der objektiven Beweislast, wonach die Folgen objektiver Beweislosigkeit bzw. Nichtfeststellbarkeit der Tatsache zu Lasten desjenigen gehen, die aus einer Tatsache ein Recht (eine ihm günstige Rechtsfolge) herleiten will.
Im Falle der Klägerin ist schon fraglich, wann und unter welchen Bedingungen die im ZRBG-Antrag für 1941 angegebenen verschiedenen Reinigungsarbeiten und die für 1942 bis 1943 geltend gemachten Tätigkeiten im Schneiderressort ausgeübt worden sind. Dies ist auch deshalb problematisch, weil im Entschädigungsverfahren für den streitigen Zeitraum landwirtschaftliche Arbeiten (Feldarbeit) und eine Tätigkeit im Schneiderressort, nicht aber die im ZRBG-Antrag für 1941 geltend gemachten Reinigungsarbeiten erwähnt und die Feldarbeit und die Tätigkeit im Schneiderressort gleichermaßen als Zwangsarbeit bezeichnet worden sind.
Stellt man aber zu Gunsten der Klägerin die hieraus resultierenden Unsicherheiten insbesondere auch zur Frage der Freiwilligkeit zurück, sieht es der Senat wie das Sozialgericht jedenfalls als nicht glaubhaft gemacht an, dass die Klägerin die mit dem ZRBG-Antrag geltend gemachten Tätigkeiten entgeltlich verrichtet hat.
Die maßgebenden Vorschriften des ZRBG, die das Sozialgericht zutreffend angewandt hat, knüpfen an die Rechtsprechung des BSG zu den sogenannten Ghettofällen an (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 18.06.1997, SozR 3 – 2200, § 1248 Nr. 15; BSG, Urteil vom 21.04.1999, SozR 3 – 2200, § 1248 Nr. 16; und BSG vom 14.07.1999, SozR 3 – 5070, § 14 Nr. 3). Dem ZRBG ist nicht zu entnehmen, dass es für andere Arten von Beschäftigungen in einem Ghetto Geltung beansprucht als solchen, die nach der sogenannten Ghetto-Rechtsprechung des BSG als versicherungspflichtige Beschäftigungen anzusehen sind. Dies ergibt sich aus der hierzu vorliegenden Gesetzesbegründung (Bundestagsdrucksache 14/8583, Seite 1, 6; 14/8602, Seite 1, 5), wonach dieses Gesetz ausdrücklich in Reaktion (und Akzeptanz) der Rechtsprechung des BSG verabschiedet worden ist, um – im Hinblick auf § 272 SGB VI – in vielen Fällen die daraus resultierenden Rentenansprüche ins Ausland erst zahlbar zu machen. Eine Erweiterung des anspruchsberechtigten Personenkreises über den von der Ghetto-Rechtsprechung begünstigten hinaus ist ersichtlich vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen. Die in § 1 ZRBG genannten Kriterien folgen vielmehr der Rechtsprechung des BSG und verdeutlichen die Trennung zur nicht versicherten Zwangsarbeit (BSG, Urteil vom 07.10.2004, Az.: B 13 RJ 59/03 R). Zur Berücksichtigung von fiktiven Beitragszeiten im Ghetto nach Maßgabe des ZRBG ist danach neben dem Vorliegen einer aus eigenem Willensentschluss zustande gekommenen entgeltlichen Beschäftigung eine Vereinbarung zwischen einem konkreten Arbeitgeber und dem Beschäftigten über den Austausch von Arbeit und Lohn sowie das Eingebundensein des Arbeitnehmers in den organisatorischen Ablauf eines Betriebes erforderlich. In Abgrenzung hierzu ist eine unter Zwang zustande gekommene und verrichtete Arbeit nicht als versicherungspflichtige Beschäftigung einzustufen. An diesen Voraussetzungen hat die Rechtsprechung des BSG auch nach Einführung des ZRBG festgehalten und im Übrigen klargestellt, dass auch unter Berücksichtigung der allgemeinen Bedingungen nationalsozialistischer Gewaltherrschaft an der Glaubhaftmachung der Freiwilligkeit und des Bezugs eines Entgeltes, welches sich nicht in einer guten Verpflegung erschöpfen darf, festzuhalten ist (BSG, Urteil vom 07.10.2004, a.a.O.).
Danach ist es hier nicht überwiegend wahrscheinlich, dass die Klägerin die geltend gemachten Tätigkeiten gegen Entgelt ausgeübt hat. Wie bereits dargestellt verlangt das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses ein Austauschverhältnis zwischen geleisteter Arbeit und gezahltem Entgelt. Zwar ist die Höhe des Entgeltes grundsätzlich kein Merkmal für das Vorliegen oder Nichtvorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und es kann auch in Form von Sachbezügen entlohnt werden. Art und Umfang der gewährten Leistungen können aber Anhaltspunkte dafür geben, ob das Entgelt als Bezahlung für die geleistete Arbeit oder zu anderen Zwecken, wie z.B. nur als Mittel zur Erhaltung der Arbeitskraft bei zur Arbeit gezwungenen Beschäftigten gedacht ist. Allzu geringfügige Leistungen außerhalb eines Verhältnisses zur erbrachten Leistung haben keinen Entgeltcharakter mehr (BSG, Urteil vom 07.10.2004, a.a.O.). Die bloße Gewährung freien Unterhaltes genügt insoweit ebenfalls nicht, Versicherungspflicht begründen zu können, weil sie zur Versicherungsfreiheit kraft Gesetzes führte (BSG, Urteil vom 07.10.2004, a.a.O.). Die von der Klägerin im Rentenantragsverfahren allein erwähnte Vergütung in Form einer täglichen Portion Suppe (der Erhalt von Barlohn wurde nicht behauptet) reicht damit ersichtlich nicht aus, um ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis annehmen zu können.
Auch die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin angeführte "Anspruchstheorie" führt jedenfalls im vorliegenden Fall nicht dazu, dass ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis anzunehmen wäre. Nach dem Gesetzeswortlaut des § 1 ZRBG muss die Beschäftigung gegen Entgelt ausgeübt worden sein. Dieser Gesetzeswortlaut spricht dafür, dass auch ein Entgelt (sei es auch durch ausreichende, über die existenzsichernde Verpflegung hinausgehende Sachbezüge) tatsächlich dem "Beschäftigten" zugeflossen ist. Ein eventueller tariflicher Anspruch, dessen Erfüllung nach den damaligen Umständen niemals beabsichtigt war, reicht deshalb nicht aus. Die vom Prozessbevollmächtigten der Klägerin zitierte Entscheidung des Reichsversicherungsamtes vom 29.10.1930 (Az.: III RV 44/03 B in: Amtliche Nachrichten für Reichsversicherung, 1931, IV, 34) rechtfertigt die Annahme eines Entgeltes im Sinne des ZRBG ebenfalls nicht. Die sogenannte Anspruchstheorie verhält sich lediglich zu der Beitragsschuld im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses und differenziert insoweit nach dem tarifvertraglich geschuldeten und dem tatsächlich gezahlten Entgelt. Sie setzt also das Bestehen eines dem Grunde nach versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses voraus und kann deshalb nicht zur Begründung eines solchen Versicherungsverhältnisses herangezogen werden. Sowohl aus dem Kontext der Entscheidung des BSG vom 07.10.2004 wie auch aus dem diese Frage berührenden Beschluss des BSG vom 14.08.2006 (Az.: B 5 RJ 246/05 B – betreffend das Urteil des LSG NRW vom 24.08.2005 – Az.: L 8 RJ 49/03 -) ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass das BSG der von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin angesprochenen Anspruchstheorie für das Tatbestandsmerkmal der Entgeltlichkeit folgen wollte.
Aus der vom Bevollmächtigten der Klägerin im Widerspruchsverfahren in den Raum gestellten Behauptung, es sei eine Zahlung von Löhnen an den Judenrat erfolgt, lässt sich eine entgeltliche Beschäftigung der Klägerin im Ghetto Przemysl ebenfalls nicht ableiten. Unabhängig davon, dass sich das Vorliegen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls bestimmt, genügt eine solche Zahlung jedenfalls nicht, um ein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis im Sinne des ZRBG glaubhaft zu machen. In der Zahlung an Dienststellen oder andere Stellen, etwa den Judenrat, ist keine Entlohnung des Verfolgten zu sehen, vielmehr muss den Beschäftigten dieser Lohn selbst unmittelbar oder jedenfalls durch Auszahlung über Dritte persönlich individuell zuordenbar als Gegenleistung für die verrichtete Arbeit zufließen (BSG, Urteil vom 10.12.1974 – Az.: 4 RJ 379/73 -; und LSG NRW, Urteil vom 30.10.2006, Az.: L 3 R 96/06). Anhaltspunkte, die eine solche Zuordnung ermöglichen könnten, trägt die Klägerin nicht vor, sie sind für den Senat auch nicht ersichtlich.
Da somit Beschäftigungszeiten nach dem ZRBG nicht anerkannt werden können, finden Ersatzzeiten nach § 250 SGB VI ebenfalls keine Berücksichtigung, da diese nur Versicherten zustehen.
Die Berufung der Klägerin konnte daher keinen Erfolg haben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 160 Abs. 2 Nr. 1 bzw. 2 SGG nicht erfüllt sind.
Erstellt am: 31.10.2007
Zuletzt verändert am: 31.10.2007