Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 22.11.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers und der aus der Ehe hervorgegangene Sohn K beziehen seit Januar 2005 von der Beklagten Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Noch im Oktober 2004 (bis einschließlich Januar 2005) zahlte der Kläger Unterhalt für seine geschiedene Ehefrau und seinen Sohn in Höhe von 280 EUR.
Mit Stufenmahnung vom 23.09.2004 war der Kläger durch die seinerzeitigen Bevollmächtigten seiner geschiedenen Ehefrau zur Auskunftserteilung über seine Einkommensverhältnisse aufgefordert worden.
In der Folge haben der Kläger und seine Ehefrau sich auf monatliche Unterhaltszahlungen für ihren gemeinsamen Sohn in Höhe von 150 EUR geeinigt. Daneben sollte der Kläger einen angabegemäß aus der Ehe herrührenden Kredit abzahlen.
Mit Schreiben vom 10.03.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, sie prüfe, ob Unterhaltsansprüche der genannten Leistungsbezieher nach § 33 SGB II für die Zeit ab dem 01.01.2005 überzuleiten seien. Es werde gemäß § 24 SGB X Gelegenheit gegeben, sich zur bestehenden Unterhaltspflicht zu äußern. Zugleich werde er gebeten, binnen zwei Wochen Auskunft über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu erteilen. Es werde darauf hingewiesen, dass er gegebenenfalls auch rückwirkend bis zum Beginn des Leistungsbezuges gemäß § 33 Abs. 2 SGB II in Verbindung mit § 1613 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) in Anspruch genommen werden könne.
Die geschiedene Ehefrau des Klägers teilte bei einer persönlichen Vorsprache am 13.10.2005 mit, ihre jetzige Bevollmächtigte habe ihr geraten, den Mindestunterhalt für ihren Sohn gegebenenfalls einzuklagen. Mit Schreiben vom 13.10.2005 forderte die Beklagte die Prozessbevollmächtigte der geschiedenen Ehefrau des Klägers auf, Kindesunterhalt in Höhe von 199 EUR auch rückwirkend zum 01.01.2005 geltend zu machen.
Mit Schreiben vom 03.11.2005 teilte die Beklagte dem Kläger mit, er sei für den Zeitraum 01.02.2005 bis 31.10.2005 mit Unterhaltsleistungen im Rückstand. Hinsichtlich eines Teils seiner Verbindlichkeiten könne nicht festgestellt werden, dass diese ehebedingt seien. Er habe bisher nicht mitgeteilt, wie hoch eine eventuelle Erstattung aus dem Lohnsteuerjahresausgleich und die Zahlungen von Weihnachts- und Urlaubsgeld im Jahr 2005 gewesen seien. Für den genannten Zeitraum ergebe sich ein Rückstand von 441 EUR.
Hiergegen wandte sich der Kläger mit Schreiben seiner Bevollmächtigten vom 28.11.2005. Es könnten keine Unterhaltsrückstände entstanden sein, da man sich auf einen Betrag von 150 EUR geeinigt habe und er sich zu keinem Zeitpunkt wegen eines höheren Betrages in Verzug befunden habe.
Daraufhin leitete die Beklagte unter Verweis auf § 33 Abs. 1 bis 3 SGB II den Unterhaltsanspruch des Sohnes des Klägers für die Zeit vom 01.02.2005 bis 31.10.2005 bis zur Höhe der von ihr erbrachten Leistungen auf sich über. Mit Schreiben vom 12.12.2005 forderte die Beklagte den Kläger nochmals auf, den rückständigen Betrag von 441 EUR bis zum 20.12.2005 zu zahlen. Mit Schreiben vom gleichen Tag informierte die Beklagte die Bevollmächtigten der geschiedenen Ehefrau des Klägers über die erteilte Überleitungsanzeige.
Mit Widerspruch vom 16.12.2005 vertrat der Kläger die Auffassung, der Überleitungsanzeige sei eine sozialhilferechtliche Vergleichsberechnung, wie sie das Gesetz vorsehe, nicht zu entnehmen. Im Übrigen könne ein Hilfeträger den Unterhaltspflichtigen unter den Voraussetzungen des § 1613 BGB rückwirkend heranziehen. Da die Überleitung erst mit der nunmehr angefochtenen Überleitungsanzeige erfolgt sei, könnten die Voraussetzungen des § 1613 BGB zuvor nicht herbeigeführt worden sein, so dass eine Inanspruchnahme des Klägers frühestens ab dem 01.12.2005 in Betracht komme. Der Bescheid sei daher aufzuheben.
Mit Widerspruchsbescheid vom 31.03.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Sie hat zur Begründung ausgeführt, es könne dahinstehen, ob das Auskunftsverlangen im Rahmen der §§ 24 SGB X und 60 Abs. 2 SGB II den Kläger in Verzug gesetzt hätte. Ausweislich der vorliegenden Korrespondenz sei der Kläger bereits mit anwaltlichem Schreiben vom 29.09.2004 durch eine Stufenmahnung wirksam in Verzug gesetzt worden. Die Verzugswirkung sei auch nicht nachträglich entfallen. Der Wegfall des Verzuges setze Tatsachen voraus, aus denen der Schuldner schließen könne, vom Unterhaltsgläubiger für einen vergangenen Zeitraum nicht mehr in Anspruch genommen zu werden.
Mit seiner am 26.04.2006 beim Sozialgericht Dortmund erhoben Klage begehrt der Kläger die Aufhebung der Überleitungsanzeige der Beklagten vom 12.12.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.03.2006. Er hat erneut daraufhin gewiesen, dass er sich mit seiner geschiedenen Ehefrau Anfang des Jahres 2005 darauf geeinigt habe, zukünftig lediglich Kindesunterhalt für seinen Sohn in Höhe von monatlich 150 EUR zu zahlen. Nachfolgend sei er erst mit Schreiben vom 17.10.2005 von den neuen Bevollmächtigten der Kindesmutter aufgefordert worden, Kindesunterhalt in Höhe von monatlich 199 EUR zu zahlen. Diesen Anspruch habe er anerkannt und ab dem 01.11.2005 Leistungen in entsprechender Höhe erbracht.
Der Kläger hält an seiner Auffassung fest, die Voraussetzungen des § 1613 BGB lägen nicht vor. Die zunächst ausgesprochene Stufenmahnung gemäß § 1613 BGB sei mit Berechnung der Unterhaltsansprüche im Schreiben der seinerzeitigen Bevollmächtigten der Kindesmutter vom 07.10.2004 auf den dort berechneten Kinderunterhaltsbetrag in Höhe von 147 EUR beschränkt worden. Ein darüber hinausgehender Unterhaltsanspruch sei nie geltend gemacht worden. Demzufolge habe er sich niemals in Verzug befunden. Die vorbereitende Auskunftsanforderung nach § 60 SGB II genüge für eine Inverzugsetzung nicht.
Mit Beschluss vom 22.11.2006 hat das Sozialgericht den mit Klageerhebung gestellten Prozesskostenhilfeantrag des Klägers abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, es bestehe keine so genannte Negativevidenz. Für die Überleitung genüge es, dass nach dem objektiven (materiellen) Recht abstrakt-begrifflich das Vorhandensein eines Anspruchs in Betracht komme. Es komme durchaus in Betracht, dass die Beklagte sich als Überleitende auf die Stufenmahnung vom 23.09.2004 stützen könne. Unabhängig davon sei nicht erkennbar, warum das Auskunftsersuchen der Beklagten vom 10.03.2005 nicht ebenfalls herangezogen werden könne. Auch wenn die Beklagte zu diesem Zeitpunkt noch nicht Anspruchsinhaberin gewesen sei, werde dem Adressaten jedoch klargemacht, dass er mit einer Inanspruchnahme rechnen müsse.
Mit seiner Beschwerde vom 27.12.2006 gegen den ihm am 27.11.2006 zugestellten Beschluss hält der Kläger an seiner Auffassung fest, es liege kein Fall der so genannten Negativevidenz vor. Am 10.03.2005 hätten sich der Kläger und die Kindesmutter bereits über die Höhe des zu leistenden Kindesunterhalts geeinigt. Zum Abschluss dieser Einigung sei die Kindesmutter auch berechtigt gewesen, da bis dahin eine Überleitung nicht erfolgt sei. Es sei daher evident, dass im Zeitpunkt der Überleitungsanzeige ein Unterhaltsanspruch nicht mehr bestanden habe.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitsstandes wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte der Beklagten sowie der Gerichtsakte verwiesen, der der Entscheidung des Senats zu Grunde liegt.
II.
Die zulässige Beschwerde des Klägers, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom 28.12.2006), ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, dem Kläger für das erstinstanzliche Klageverfahren Prozesskostenhilfe (PKH) zu bewilligen.
Auch zur Überzeugung des Senats hat die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 73 a Sozialgerichtsgesetz (SGG), 114 Zivilprozessordnung (ZPO).
Gemäß § 33 Abs. 2 S. 3 SGB II (in der bis zum 31.07.2006 geltenden Fassung) konnten Leistungsträger nach dem SGB II den Übergang eines Unterhaltsanspruchs für die Vergangenheit nur unter den Voraussetzungen des § 1613 BGB bewirken.
Zwar bezieht sich der vom Sozialgericht angesprochene und auf Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. etwa BVerwGE 49, 311, 315ff.) beruhende Grundsatz der so genannten Negativevidenz in erster Linie auf das Bestehen eines materiellrechtlichen Anspruchs. Ob dieser nämlich tatsächlich besteht und bejahendenfalls in welchem Umfang, ist für die Rechtmäßigkeit der Überleitungsanzeige unerheblich, da diese nichts über Bestand, Höhe und Inhalt des übergeleiteten Anspruchs aussagt. Übergeleitet wird hingegen lediglich ein vermuteter bzw. behauptete Anspruch (vgl. Link in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 33 RdNr. 19).
Losgelöst davon ist prinzipiell die Frage zu betrachten, unter welchen Voraussetzungen ein Übergang eines Unterhaltsanspruchs für die Vergangenheit bewirkt werden kann. Gemäß § 1613 BGB kann der Berechtigte Unterhalt nur für die Zeiten beanspruchen, zu welchem der Verpflichtete zum Zwecke der Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs aufgefordert worden ist, über seine Einkünfte und sein Vermögen Auskunft zu erteilen, zu welchem der Verpflichtete in Verzug gekommen oder der Unterhaltsanspruch rechtshängig geworden ist.
Auch die danach erforderliche Prüfung, ob der Träger der Leistungen nach dem SGB II einen nach bürgerlichem Recht Unterhaltspflichtigen wegen in der Vergangenheit erbrachter Leistungen in Anspruch nehmen kann, betrifft somit materiell-rechtlich das Bestehen des bürgerlich-rechtlichen Unterhaltsanspruchs des Empfängers der Leistungen nach dem SGB II für den zurückliegenden Zeitabschnitt. § 33 Abs. 2 Satz 3 SGB II in der hier noch maßgeblichen Fassung verweist ausdrücklich auf das bürgerlich-rechtliche Unterhaltsrecht. Die Entscheidung darüber, ob eine Unterhaltsverpflichtung für die Vergangenheit besteht, obliegt sachgerechterweise den Zivilgerichten. Vom Prüfungsumfang der Sozialgerichte ist die Frage des Vorliegens der Voraussetzungen des § 1613 BGB daher grundsätzlich nicht erfasst (vgl. auch BVerwGE 50, 64-73 zur seinerzeitigen (vergleichbaren) Fassung des § 91 Abs. 2 BSHG; BVerwGE 56, 300-306 ausdrücklich unter Hinweis auf die Problematik der Überprüfung der Schuldnerverzuges im verwaltungsgerichtlichen Verfahren zum seinerzeitigen § 37 Abs. 4 BAföG; OVG NW FEVS 39, 29-41). Ob bei offensichtlichem Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 1613 BGB etwas anderes gilt, kann vorliegend dahinstehen.
Der Kläger war durch die Stufenmahnung vom 23.09.2004 ursprünglich wirksam mit seiner Unterhaltsverpflichtung in Verzug gesetzt worden. Ob der Verzug dadurch entfallen ist, dass mit Schreiben vom 05.10.2004 die Unterhaltsforderung für seinen Sohn allerdings zunächst auf einen Betrag von 147 EUR beschränkt wurde und er sich mit der Kindesmutter nachfolgend wohl über die Erbringung einer Unterhaltszahlung von 150 EUR geeinigt hat, bedarf ggf. der zivilgerichtlichen Klärung. Jedenfalls forderte die Beklagte den Kläger mit Schreiben vom 10.03.2005 auf, Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu erteilen und unterrichtete ihn von der Absicht, eine Überleitung der etwaigen Unterhaltsansprüche zu bewirken, so dass unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 1613 Abs. 1 S. 2 BGB eine wirksame Überleitung der Unterhaltsansprüche ab März 2005 auch zwischen den Beteiligten nicht streitig sein dürfte. Der Senat weist insoweit lediglich ergänzend auf die von der Beklagten mit Schreiben vom 10.02.2006 gegenüber dem Kläger geäußerte Rechtsauffassung hin.
Kosten sind nicht zu erstatten, § 127 Abs. 4 ZPO
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 08.03.2007
Zuletzt verändert am: 08.03.2007