NZB
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06.07.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Kostenerstattung für eine vom Kläger selbst beschaffte Behandlung mittels Hyperthermie.
Der 1930 geborene Kläger ist Mitglied der Beklagten. Nachdem bei ihm im Herbst 2005 ein Prostatakarzinom festgestellt worden war, begab er sich auf Anraten seines Hausarztes in das St. H Hospital in Bad B, wo im Rahmen einer ambulanten Behandlung am 05.10. und 10.10.2005 eine Hyperthermiebehandlung (transurethrale Radiofrequenzthermoablation) durchgeführt worden. Hierfür wurden dem Kläger von der Klinik mit Rechnung vom 18.10.2005, in der keine Leistungsziffern nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) genannt werden, ein Betrag von 2775,64 Euro in Rechnung gestellt, den der Kläger beglichen hat.
Mit Schreiben vom 02.11.2005 beantragte der Kläger die Erstattung des Betrages, wobei er darauf hinwies, wegen anderer schwerer Erkrankung habe er keine risikoreiche Operation durchführen lassen wollen. Auf Empfehlung seines Arztes habe er deswegen das St. H Hospital in Bad B aufgesucht. Mit Bescheid vom 18.11.2005 lehnte die Beklagte eine Kostenerstattung für die Hyperthermiebehandlung ab, da das St. H-Hospital eine Privatklinik sei und nicht zu den Leistungserbringern der gesetzlichen Krankenversicherung zähle. Darüber hinaus sei die Hyperthermie der Prostata keine anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethode. Der Kläger legte Widerspruch ein und machte geltend, er sei nicht in der Lage gewesen, vor der Behandlung in Bad B die Genehmigung der Beklagten einzuholen. Darüber hinaus sei die Behandlung erfolgreich gewesen, eine Behandlung mittels anerkannter Methoden hätte deutlich höhere Kosten verursacht. Mit Widerspruchsbescheid vom 11.01.2006 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung der am 13.02.2006 erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, er sei ein Risikopatient und die Ärzte hätten ihm von einer Operation abgeraten. Von daher habe er sich für eine schonende Behandlungsmethode entschieden. Deren Kosten seien geringer als die Behandlung mittels anerkannter Methoden.
Mit Urteil vom 06.07.2006 hat das Sozialgericht unter Bezugnahme auf die Gründe des Widerspruchsbescheides die Klage abgewiesen.
Gegen das ihm am 20.06.2006 zugestellte Urteil hat der Kläger am 11.08.2006 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, im Rahmen einer stationären Behandlung vom 16. bis 17.09.2005 sei die Diagnose eines Prostatakarzinoms bestätigt worden. Die Urologin des Krankenhauses habe ihm eine Operation empfohlen. Sein Hausarzt habe ihm dann die Risiken einer Operation im Hinblick auf eine frühere Halsschlagaderoperation und eine Herzoperation mit 4 Bypässen erläutert und ihm erklärt, es besteht die Möglichkeit, ohne eine operativen Eingriff die Krebserkrankung zu überwinden. Er habe ihm deshalb die Hyperthermiebehandlung in Bad B empfohlen. Diese sei auch erfolgreich gewesen. Es sei bekannt, dass andere Krankenkassen die Kosten entsprechender Behandlungen übernommen hätten. Soweit der Bundesausschuss die Hyperthermiebehandlung nicht als Behandlungsmethode anerkannt habe, sei nicht befugt, den Umfang des Leistungsrechts mit Verbindlichkeit gegenüber den Versicherten zu definieren. Im Übrigen habe bei ihm eine lebensbedrohliche Erkrankung vorgelegen, so dass es verfassungswidrig sei, ihm eine bestimmte Behandlungsmethode zu verweigern, wenn allgemein anerkannte Methoden nicht zur Verfügung stünden. Die von der Urologin vorgeschlagene Operation sei für ihn lebensbedrohlich gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 06.07.2006 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 18.11.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.01.2006 zu verurteilen, ihm die Kosten der Behandlung im St. H-Hospital Bad B in Höhe von 2775,64 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass der Kläger den Beschaffungsweg nicht eingehalten habe, so dass schon deshalb ein Kostenerstattungsanspruch ausscheide. Im Übrigen sei sie an der Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses gebunden, der die Hyperthermie nicht als Behandlungsmethode anerkannt habe.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der Entscheidung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erstattung der ihm für die ambulante Behandlung im St. H-Hospital Bad B entstandenen Kosten.
Ein Kostenerstattungsanspruch nach der allein in Betracht kommenden Vorschrift des § 13 Abs. 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) scheitert schon daran, dass sich der Kläger die Leistung selbst beschafft hat, ohne sich zuvor an die Beklagte zu wenden. § 13 Abs. 3 SGB V räumt einen Kostenerstattungsanspruch für den Ausnahmefall ein, dass eine von der Krankenkasse geschuldete notwendige Behandlung in Folge eines Mangels im Leistungssystem der Krankenversicherung als Dienst- oder Sachleistung nicht oder nicht in der gebotenen Zeit zur Verfügung gestellt werden kann. Die Kosten einer selbst beschafften Leistung sind in der entstandenen Höhe zu erstatten, wenn die Leistung unaufschiebbar war und die Krankenkasse sie nicht rechtzeitig erbringen konnte (1. Alternative) oder wenn die Krankenkasse zu Unrecht abgelehnt hatte (2. Alternative).
Die Voraussetzungen der 2. Alternative liegen ersichtlich nicht vor, weil der Kläger erst nach der durchgeführten Behandlung sich wegen der Kostenerstattung an die Beklagte gewandt hat. Somit fehlt es an dem Ursachenzusammenhang zwischen dem die Haftung der Krankenkasse begründeten Umstand, nämlich der rechtswidrigen Ablehnung und der Kostenlast des Versicherten (vgl. BSG SozR 4-2500 § 135 Nr. 1 m.w.N. der ständigen Rechtsprechung).
Auch eine unaufschiebbare Behandlung im Sinne der 1. Alternative lag nicht vor. Neben der Unaufschiebbarkeit aus medizinischen Gründen wird vorausgesetzt, dass die Krankenkasse die in Rede stehende Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte, wovon im Regelfall nur ausgegangen werden kann, wenn sie mit dem Leistungsbegehren konfrontiert war und sich dabei ihr Unvermögen herausgestellt hat (BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 22). Nur dann, wenn eine vorherige Einschaltung der Krankenkasse vom Versicherten nach den Umständen des Falles nicht verlangt werden konnte, darf die Unfähigkeit zur rechtzeitigen Leistungserbringung unterstellt werden. Schon der vom Kläger geschilderte Geschehensablauf zeigt aber, dass diese Voraussetzung nicht vorliegt. Die Diagnose eines Prostatakarzinoms war dem Kläger am 19.09.2005 mitgeteilt worden. Er hat anschließend seinen Hausarzt aufgesucht und dann am 05.10.2005 die Behandlung in Bad B durchführen lassen. Die Zeitspanne zwischen Diagnosestellung und Behandlung in Bad B war nicht so kurz bemessen, als das dem Kläger es in diesem Zeitraum nicht möglich oder zumutbar gewesen wäre, vor der Beschaffung der Leistung die Krankenkasse einzuschalten. Ferner ist auch fraglich, ob die Behandlung in Bad B nicht ohnehin hätte (geringfügig) später durchgeführt werden können, um der Beklagten zunächst eine Prüfung zu ermöglichen.
Unabhängig davon besteht ein Kostenerstattungsanspruch auch deshalb nicht, weil der Kläger keiner durchsetzbaren Forderung ausgesetzt war. Die von ihm vorgelegte Rechnung des St. H-Hospitals vom 18.10.2005 entspricht nicht § 12 Abs. 2 GOÄ, denn sie enthält keine Gebührenziffer nach der GOÄ, sondern nur eine offensichtlich klinikinterne Leistungsposition. Damit war die Forderung noch nicht gemäß § 12 Abs. 2 GOÄ fällig. Der Kläger hat somit auf eine nicht durchsetzbare Forderung gezahlt, so dass ihm die Kostenlast nicht wegen des von § 13 Abs. 3 Satz 1 vorausgesetzten Systemmangels entstanden ist (vgl. BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 17).
Da somit schon aus formellen Gründen kein Kostenerstattungsanspruch besteht, kommt es nicht darauf an, ob überhaupt die streitige Behandlung von der Leistungspflicht der Beklagten umfasst war. Insoweit ist lediglich darauf hinzuweisen, dass selbstverständlich die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses vom 18.05.2005 (BAnz Nr. 40 vom 14.05.2005), mit dem der Gemeinsame Bundesausschuss die Hyperthermie in den Katalog der nicht anerkannten Leistungen aufgenommen hat, auch verbindlich für den Leistungsanspruch des Versicherten ist, da die Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 i.V.m. § 135 Abs. 1 SGB V auch den Umfang der den Versicherten von den Krankenkassen geschuldeten ambulanten Leistungen verbindlich festlegen (ständige Rechtsprechung seit BSG SozR 3-2500 § 92 Nr. 7), was seit dem 01.01.2004 nunmehr ausdrücklich auch § 91 Abs. 9 SGB V bestimmt. Allenfalls wäre ein Leistungsanspruch nach den Grundsätzen des Beschlusses des Bundesverfassungsgerichtes vom 06.12.2005 (SozR 4-2500 § 27 Nr. 5) in Betracht gekommen. Ob die insoweit geforderten Voraussetzungen vorliegen und ob insbesondere die unzweifelhaft zur Verfügung stehenden anerkannten Behandlungsmethoden (vgl. insoweit den Bericht des Gemeinsamen Bundesausschusses zur Hyperthermie vom 15.06.2005, S. 358) kontraindeziert waren, bedarf aber keiner Entscheidung, so dass auch die vom Kläger angeregte Befragung seines Hausarztes nicht erforderlich ist.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 25.04.2007
Zuletzt verändert am: 25.04.2007