Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.10.2005 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung zu befreien ist.
Der am 00.00.1964 geborene Kläger war bis zum 31.10.1999 als selbständiger Steuerberater tätig und bis zu diesem Zeitpunkt Zwangsmitglied der Steuerberaterkammer E sowie des Versorgungswerkes der Steuerberater Nordrhein-Westfalen. Zum 01.11.1999 trat er in ein Arbeitsverhältnis als Leiter der Finanz- und Controllingabteilung bei der U N GmbH ein (Arbeitsvertrag – AV – vom 28.10.1999). Nach § 1 Abs. 2 AV ist der Kläger der Geschäftsleitung unmittelbar unterstellt und hat den Anweisungen der Geschäftsleitung entsprechend Folge zu leisten. In § 1 Abs. 3 AV behält sich der Arbeitgeber das Recht vor, den Kläger mit anderen Aufgaben zu betrauen, welche seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechen.
Unter dem 09.05.1999 beantragte der Kläger gegenüber dem Versorgungswerk der Steuerberater die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Dieser Antrag enthielt noch keinen Hinweis auf die spätere Beschäftigung bei der U N GmbH, sondern auf eine selbständige Tätigkeit und eine freiwillige Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung. Im September 1999 (Antrag vom 25.09.1999) beantragte der Kläger erneut gegenüber dem Versorgungswerk der Steuerberater nunmehr unter Hinweis auf seine Beschäftigung als Leiter der Finanzabteilung der U N GmbH die Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Anträge gelangten erst im Rahmen einer Betriebsprüfung nach § 28 p Abs. 1 SGB IV zu der Beklagten. Am 02.12.1999 verzichtete der Kläger auf die Bestellung zum Steuerberater. Das Finanzministerium des Landes Nordhein-Westfalen teilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 07.12.1999 mit, dass die Bestellung als Steuerberater und die Befugnis, diese Berufsbezeichnung zu führen, erloschen seien. Nach dem 02.12.1999 wurde dem Versorgungswerk der Steuerberater eine erneute Pflichtmitgliedschaft in einer berufsständischen Kammer nicht gemeldet. Auf Antrag des Klägers führte das Versorgungswerk aber die Mitgliedschaft des Klägers ununterbrochen zu denselben Rechten und Pflichten nach § 12 Abs. 2 der Satzung des Versorgungswerkes der Steuerberater im Land Nordrhein-Westfalen fort (Bescheid vom 14.12.1999).
Mit Bescheid vom 28.07.2004 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers vom 25.09.1999 auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB VI) ab. Der Kläger sei aufgrund seiner Beschäftigung bei der U N GmbH nicht Pflichtmitglied der Steuerberaterkammer und des Versorgungswerkes der Steuerberater in Nordhein-Westfalen geworden.
Dagegen erhob der Kläger am 18.08.2004 Widerspruch. Er sei zunächst Zwangsmitglied der Steuerberaterkammer und des Versorgungswerkes aufgrund seiner selbständigen Tätigkeit als Steuerberater gewesen. Mit seiner Anstellung bei der U N GmbH habe er dann aber seine Tätigkeit als Steuerberater nicht mehr fortführen können. Der Antrag vom 25.09.1999 stelle nur eine Wiederholung des Antrags vom 09.05.1999 dar.
Die Beklagte wies den Widerspruch mit Bescheid vom 14.12.2004 zurück. Da es dem Kläger nicht möglich gewesen sei, seine selbständige Tätigkeit neben der abhängigen Beschäftigung fortzuführen, habe er auf seine Bestellung als Steuerberater verzichtet und sei daher seit dem 02.12.1999 nicht mehr Pflichtmitglied der Steuerberaterkammer. Die Tätigkeit bei der U N GmbH habe hingegen nicht zu einer Pflichtmitgliedschaft in der Steuerberaterkammer und dem entsprechenden Versorgungswerk geführt. Beide Voraussetzungen müssten aber kumulativ erfüllt sein, damit eine Befreiung von der Rentenversicherungspflicht erfolgen könne.
Der Kläger hat am 14.01.2005 Klage bei dem Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Bis zum 01.12.1999 sei er Pflichtmitglied in der Steuerberaterkammer gewesen. Es sei rechtsfehlerhaft, ihn nach diesem Zeitpunkt nicht mehr als Pflichtmitglied zu behandeln. Die Voraussetzungen der Pflichtmitgliedschaft lägen aus verfassungsrechtlichen Gründen auch über diesen Zeitpunkt hinaus vor. Denn er habe allein auf der Grundlage von §§ 57 Abs. 4 Nr. 2, 58 des Steuerberatungsgesetzes (StBerG) auf seine Bestellung als Steuerberater verzichtet. Diese Normen würden jedoch sowohl gegen das Grundrecht auf Berufsfreiheit als auch gegen den Gleichheitsgrundsatz verstoßen. Ähnlich wie Rechtsanwälten müsse es auch ihm möglich sein, neben seiner Beschäftigung bei der U N GmbH weiterhin als Steuerberater tätig zu sein. Da er also auf der Grundlage einer verfassungswidrigen Norm seinen Verzicht erklärt habe, sei dieser Verzicht unbeachtlich und er so zu stellen, als wäre er weiterhin Steuerberater und damit Zwangsmitglied der Steuerberaterkammer. Zur Begründung der Verfassungswidrigkeit von §§ 57 Abs. 4 Nr. 2, 58 StBerG hat der Kläger umfassend vorgetragen. Des Weiteren hat er sich auf einen Gesetzentwurf gestützt (vgl. BT-Drs. 14/4059), der in § 58 Satz 2 Nr. 5a StBerG n.F. die Möglichkeit zulässt, als Syndikussteuerberater tätig zu werden.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.07.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2004 zu verurteilen, den Kläger von der Versicherungspflicht nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI mit Wirkung ab dem 01.11.1999 zu befreien.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat geltend gemacht, dass die angefochtenen Bescheide rechtmäßig seien.
Mit Urteil vom 26.10.2005 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Klage abgewiesen. Es hat zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, der Kläger habe deshalb keinen Anspruch auf eine Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI, da die ab dem 01.11.1999 bei der U N GmbH als Leiter der Finanz- und Controllingabteilung ausgeübte Beschäftigung nicht dazu geführt habe, dass er kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer geworden sei. Vielmehr habe der Kläger auf seine Bestellung als Steuerberater verzichtet, so dass die Bestellung zum Steuerberater erloschen sei (§§ 45 Abs. 1 Nr. 2, 47 Abs. 1 StBerG). Der Kläger müsse sich insoweit widersprüchliches Verhalten vorwerfen lassen, wenn er einerseits auf seine Bestellung als Steuerberater verzichte, andererseits aber nunmehr die Feststellung der Zwangsmitgliedschaft in der Steuerberaterkammer begehre. Das Gericht sehe sich auch nicht in der Lage, die Zwangsmitgliedschaft des Klägers in der Steuerberaterkammer in eigener Zuständigkeit herbeizuführen. Selbst wenn die §§ 57 Abs. 4 Nr. 2, 58 StBerG verfassungswidrig sein sollten, sei das Sozialgericht nicht zur Überprüfung berechtigt. Vielmehr müsse der Kläger in einem Verwaltungsverfahren bei der Steuerberaterkammer seine Bestellung zum Steuerberater anstreben bzw. durchsetzen. Hierfür sei nicht das Sozialgericht zuständig. Selbst bei einer unterstellten Pflichtmitgliedschaft des Klägers in der Steuerberaterkammer hätte er keinen Anspruch auf die Befreiung von der Versicherungspflicht. Denn diese Befreiung wäre tätigkeitsbezogen, nicht aber personenbezogen. Wäre der Kläger also weiterhin als Steuerberater tätig, würde sich die Befreiung nur auf diese Tätigkeit erstrecken, nicht aber auf seine Beschäftigung bei der U N GmbH. Die Tätigkeit eines "Syndikussteuerberaters" stelle keinen einheitlichen Beruf als Steuerberater ausgeübt an zwei Arbeitsstellen dar. Vielmehr würde es sich bei der Tätigkeit als Leiter der Finanz- und Controllingabteilung und einer parallel dazu ausgeübten Tätigkeit als Steuerberater um zwei von einander zeitlich, inhaltlich und funktional abgrenzbare Tätigkeiten handeln, die unabhängig von einander zu bewerten seien (vgl. die Rechtsprechung zum Syndikusrechtsanwalt: LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 19.03.2004 Az. L 4 RA 12/03; LSG Hamburg Az. L 3 RA 45/02; beide Urteil abrufbar unter www.juris.de). Die Voraussetzungen für die Versicherungspflicht bzw. für die Befreiung von der Versicherungspflicht seien deshalb jeweils gesondert zu prüfen.
Gegen das am 29.11.2005 zugestellte Urteil hat der Kläger am 27.12.2005 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er sein erstinstanzliches Vorbringen wiederholt und ergänzend vorgetragen: Widersprüchliches Verhalten könne ihm nicht vorgehalten werden. Er habe seinen Verzicht auf die Bestellung als Steuerberater aufgrund der Anregung des Finanzministeriums NRW erklärt. Aufgrund der Äußerungen des Finanzministeriums habe er damit rechnen müssen, dass das Finanzministerium ohne den Verzicht die Bestellung als Steuerberater widerrufen werde, ohne Rücksicht darauf, ob dies verfassungskonform sei. Die auf das Urteil des LSG NRW vom 19.03.2004 (Az.: L 4 RA 12/03) vom Gericht erster Instanz gestützte Auffassung, seine Tätigkeit sei nicht die Tätigkeit eines Steuerberaters und deshalb dieser Bereich nicht von der Versicherungspflicht befreit werden könne, sei unzutreffend. Das vorgenannte Urteil lege zwar fest, dass in dem von ihm zu beurteilenden Fall eine Syndikusrechtsanwaltstätigkeit nicht vorliege. Daraus lasse sich aber nicht schließen, dass eine "Syndikussteuerberatertätigkeit" für ihn ausscheide. Entgegen der Ansicht des erstinstanzlichen Gerichts sei er in seiner Stellung als Leiter der Finanz- und Controllingabteilung der U N GmbH berufsspezifisch als Steuerberater tätig. Seine abweichende Auffassung könne das erstinstanzliche Gericht nicht auf das vorgenannte Urteil des LSG NRW vom 19.03.2004 stützen, da diesem ein anderer Sachverhalt zugrunde lag. Er übe eine "Syndikussteuerberatertätigkeit" aus, welche aus den dargelegten Gründen des Gleichheitsgebots auf Antrag die Befreiung von der Versicherungspflicht nach sich ziehe. Die Steuerberatertätigkeit ergebe sich für ihn daraus, dass er in seiner Tätigkeit für die Erstellung und Abgabe von Steuererklärungen, die Prüfung von Steuerbescheiden, die Führung von Einsprüchen gegen Steuerbescheide und die Betreuung von Betriebsprüfungen zuständig sei. Er überwache die steuerrechtlich relevanten Vorgänge seines Arbeitgebers und beeinflusse sie ggf. dahingehend, dass im Rahmen der steuerrechtlichen Vorschriften die günstigsten Gestaltungen gewählt würden.
Er sei auch dafür verantwortlich, dass die steuerrechtlichen Vorschriften in der Buchhaltung etc. eingehalten würden, die u.a. auch als Vorbereitung der Steuererklärung dienten. Ebenso umfassten seine Aufgaben als Leiter der Finanz- und Controllingabteilung der U N GmbH die zum Berufsbild des Steuerberaters gehörende betriebswirtschaftliche Beratung, wie Erstellung von Analysen zur Senkung von Kosten und Steigerungen von Gewinnen, die Optimierung der Liquiditätsplanung, die Budgetierung und das Controlling von Projekten und Profitcentern zur Erreichung der Ertragsziele und Investitionsrechnungen mit Vorteilhaftigkeitsanalyse. Er führe somit eine berufsspezifische Tätigkeit im Sinne des § 1 StBerG aus. Seine Tätigkeit sei deshalb mit der eines Steuerberaters deckungsgleich. Er sei zudem berechtigt, außerhalb seines Angestelltenverhältnisses eigenverantwortlich Aufträge als Steuerberater im Rahmen seiner Steuerberaterpraxis anzunehmen. Von seinem Arbeitgeber sei ihm dies ausdrücklich bescheinigt worden. Hierzu hat der Kläger eine Bescheinigung seines Arbeitgebers vom 15.04.2005 beigebracht.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 26.10.2005 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28.07.2004 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2004 zu verurteilen, ihn von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI zu befreien.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Der Kläger könne nicht im Rahmen des Befreiungsrechts so gestellt werden, als sei er über den 31.10.1999 hinaus weiterhin Pflichtmitglied der Steuerberaterversorgung geblieben, weil die berufsrechtlichen Regelungen, die schließlich zum Wegfall der Befreiungsvoraussetzungen führten, gegen Art. 3 GG verstießen. Maßgebend für die Befreiung von der gesetzlichen Rentenversicherungspflicht sei, dass die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI vorlägen. Welche Gründe ggf. dazu führen, dass dies nicht der Fall sei, sei dabei nicht -jedenfalls nicht vom Rentenversicherungsträger – zu prüfen.
Der Senat hat den Kläger unter Übersendung von Urteilen des LSG NRW vom 22.08.2005 (Az.: L 3 RA 72/04) und vom 14.10.2005 (Az.: L 13 RA 10/04), des BGH vom 04.03.1996 (Az.: StbSt (R) 4/95) und des Schleswig-Holsteinischen LSG vom 09.10.2002 (Az.: L 8 RA 48/01) sowie des Beschlusses des BVerfG vom 04.11.1992 (Az.: 1 BvR 79/85, 1 BvR 643/87, 1 BvR 442/89, 1 BvR 238/90, 1 BvR 1258/90, 1 BvR 772/91, 1 BvR 909/91) und unter Hinweis auf die übersandten Urteile darauf hingewiesen, dass die Berufung danach keine Aussicht auf Erfolg haben dürfte. Nach der Entscheidung L 3 RA 72/04 sei auch der Syndikusanwalt nicht zu befreien, so dass sich hieraus kein Verstoß gegen Art. 3 GG begründen ließe.
Der Kläger hat hierzu ergänzend vorgetragen, dass seine Tätigkeit bei der U N GmbH in vollem Umfang den Tätigkeitsbereichen eines Steuerberaters entspreche. Materiell stimme somit der Gegenstand der Tätigkeit mit der eines Steuerberaters überein. Materiell gleiche Tätigkeiten müssten auch sozialversicherungsrechtlich gleich behandelt werden. Entgegen dem Urteil des LSG NRW vom 22.08.2005 (Az.: L 3 RA 72/04) seien seine Tätigkeit als Steuerberater, die aufgrund seiner verfassungsrechtlichen Argumentation hinzugedacht werden müsse, und die Tätigkeit als der Leiter der Finanz- und Controllingabteilung bei der U N GmbH zusammenzurechnen und wie eine – nicht rentenversicherungspflichtige – Tätigkeit zu behandeln.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht (SG) hat die Klage zu Recht abgewiesen. Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 28.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.12.2004 ist rechtmäßig und beschwert den Kläger somit nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Zum Rechtsstreit über die Befreiung brauchte der Arbeitgeber nicht nach § 75 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) beigeladen zu werden (vgl. LSG NRW, Urteil vom 16.07.2001, Az.: L 3 RA 73/00). Er wird von der Entscheidung über eine Befreiung nicht unmittelbar in eigenen Rechten betroffen. Die Ablehnung einer Befreiungsmöglichkeit zieht nicht unmittelbar die Bejahung einer Versicherungs- und Beitragspflicht nach sich, weil hiergegen noch weitere Einwendungen denkbar sind. Der Ausspruch ebenso wie die Ablehnung der Befreiung haben zwar für ihn Folgen, weil entweder seine Pflicht zur Beitragstragung und zur Beitragszahlung entfällt oder bestehen bleibt. Beides ist jedoch nur eine Auswirkung der Entscheidung über die Befreiung. Diese hat Tatbestandswirkung für den Arbeitgeber, der seinerseits kein eigenes Antragsrecht hat und den Befreiungsantrag des Arbeitnehmers nicht beeinflussen kann. Somit brauchte die Entscheidung – anders als bei Streitigkeiten über die Versicherungs- und Beitragspflicht Beschäftigter – auch dem Arbeitgeber gegenüber nicht einheitlich zu ergehen (vgl. LSG NRW, Urteil vom 16.07.2001, Az.: L 3 RA 73/00; ähnlich BSG, Urteil vom 03.04.1997, Az.: 12 RK 20/96). Dasselbe gilt für das Versorgungswerk der Steuerberater Nordrhein-Westfalen, das ebenfalls nicht zu dem Verfahren notwendig beizuladen war (vgl. LSG NRW, Urteil vom 22.08.2005, Az.: L 3 RA 72/04).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI im Hinblick auf seine ab dem 01.11.1999 ausgeübte Tätigkeit als Leiter der Finanz- und Controllingabteilung bei der U N GmbH.
Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI werden Beschäftigte und selbständig Tätige für die Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit, wegen der sie aufgrund einer durch Gesetz angeordneten oder auf Gesetz beruhenden Verpflichtung Mitglied einer öffentlich-rechtlichen Versicherungseinrichtung oder Versorgungseinrichtung ihrer Berufsgruppe (berufsständische Versorgungseinrichtung) und zugleich kraft gesetzlicher Verpflichtung Mitglied einer berufsständischen Kammer sind, bei dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen von der Versicherungspflicht befreit. Die Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI liegen nicht vor.
Die vom Kläger bis zum 31.10.1999 ausgeübte – und entsprechend dem Vortrag des Klägers über den vorgenannten Zeitpunkt hinaus "hinzugedachte" – Tätigkeit als selbständiger Steuerberater kann nicht zu einer Befreiung von einer Versicherungspflicht führen, da eine solche nicht bestand und auch bei einer "hinzugedachten" Tätigkeit nicht bestehen kann. Selbständig Tätige können nur nach den §§ 2, 4 Abs. 2 SGB VI versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung sein. Zu dem Personenkreis des § 2 SGB VI gehören beispielsweise – bei dem Vorliegen weiterer Voraussetzungen – selbständig tätige Lehrer und Erzieher oder auch selbständig tätige Hebammen und Entbindungspfleger, jedoch nicht selbständig tätige Steuerberater. Darüber hinaus kann eine Versicherungspflicht für selbständig Tätige nur gem. § 4 Abs. 2 SGB VI auf Antrag eintreten. Die Stellung eines solches Antrags durch den Kläger ist nicht ersichtlich und wird vom Kläger auch nicht behauptet. Es kann daher dahinstehen, ob die Ausführungen des Klägers zu einer etwaigen Verfassungswidrigkeit von Normen des Steuerberatungsgesetzes (§§ 57 Abs. 4 Nr. 2, 58), die seinem erklärten Verzicht auf die Bestellung zum Steuerberater zugrunde gelegen hätten, zutreffen oder nicht, da es auf diese für die Streitentscheidung nicht ankommt. Dasselbe gilt für die Ausführungen des Klägers zu einer "Zusammenrechnung". Ebenfalls nicht streitentscheidend ist daher auch, dass der Arbeitgeber dem Kläger die Ausübung einer Steuerberatertätigkeit gestattet hat.
Alleiniger Anknüpfungspunkt für den Eintritt einer Versicherungspflicht und dem etwaigen Vorliegen eines Befreiungsanspruchs des Klägers kann daher die Tätigkeit bei der U N GmbH sein. Bei dieser handelt es sich jedoch nicht um eine Tätigkeit eines – angestellten – Steuerberaters, die sowohl die Pflichtmitgliedschaft in der Steuerberaterkammer (vgl. §§ 73, 58 S. 1, 3 Nr. 1 StBerG), als auch in der berufsständischen Versorgungseinrichtung vermitteln könnte, unabhängig davon, ob diese als die eines "Syndikussteuerberaters" angesehen wird oder nicht.
Die vom Kläger ausgeübte – angestellte – Tätigkeit eines Leiters der Finanz- und Controllingabteilung der U N GmbH ist nicht die eines Steuerberaters. Denn sie entspricht nicht dem Berufsbild eines Steuerberaters gem. §§ 32 Abs. 2, 57 Abs. 1 StBerG, selbst wenn entsprechend dem Vortrag des Klägers unterstellt würde, er hätte Tätigkeiten ausgeübt bzw. auszuüben, die mit denen eines Steuerberaters identisch sind. Steuerberater üben gem. § 32 Abs. 2 StBerG einen freien Beruf und kein Gewerbe aus. Nach § 57 Abs. 1 StBerG haben Steuerberater ihren Beruf unabhängig, eigenverantwortlich, gewissenhaft, verschwiegen und unter Verzicht auf berufswidrige Werbung auszuüben. Sie sind – den Rechtsanwälten vergleichbar – ein unabhängiges Organ der Steuerrechtspflege; das Berufsbild ist ausgerichtet auf den Vorrang der persönlichen berufsspezifischen Leistung vor den wirtschaftlichen Aspekten der Tätigkeit. Es ist geprägt durch die unabhängige und unparteiliche Erfüllung der den steuerberatenden Berufen übertragenen Aufgabe, eine umfassende Hilfeleistung in Steuersachen zu gewährleisten (vgl. zu Vorstehendem: BGH, Urt. v. 04.03.1996, Az.: StbSt (R) 4/95).
Als Leiter der Finanz- und Controllingabteilung der U N GmbH ist der Kläger schon nicht unabhängig, wie es § 57 Abs. 1 StBerG fordert. Er ist nach den Regelungen des Arbeitsvertrages – AV – an die Weisungen seines Arbeitgebers gebunden: Nach § 1 Abs. 2 AV ist der Kläger der Geschäftsleitung unmittelbar unterstellt und hat den Anweisungen der Geschäftsleitung entsprechend Folge zu leisten. In § 1 Abs. 3 AV behält sich der Arbeitgeber das Recht vor, den Kläger mit anderen Aufgaben zu betrauen, welche seiner Vorbildung und seinen Fähigkeiten entsprechen. Im Rahmen seines Arbeitsvertrages unterliegt der Kläger damit dem Prinzip der Über- und Unterordnung, was mit einer freien, unabhängigen und eigenverantwortlichen Ausübung des Berufs eines Steuerberaters nicht vereinbar ist (vgl. zu Vorstehendem für den Syndikusanwalt: LSG NRW, Urteile vom 22.08.2005 ,Az.: L 3 RA 72/04, und vom 19.03.2004 – Az.: L 4 RA 12/03 -). Auch steht bei dem Kläger nicht die persönliche berufsspezifische Leistung, wie sie für einen freien Beruf typisch ist, sondern vielmehr der wirtschaftliche Aspekt im Vordergrund. Nach seinem eigenen Vorbringen zielt seine Tätigkeit unter anderem auch auf die Senkung von Kosten, die Steigerung von Gewinnen, die Optimierung der Liquiditätsplanung und die Erreichung der Ertragsziele. Auch den Anforderungen des § 32 Abs. 2 StBerG genügt die vom Kläger ab dem 01.10.1999 ausgeübte Tätigkeit damit nicht.
Es ist auch keine analoge Anwendung des § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI möglich, da die Befreiungsvorschrift als Ausnahmevorschrift schon nicht analogiefähig ist. Auch nach Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift ist die Befreiung des Klägers von der Versicherungspflicht auch nicht unter dem Gesichtspunkt einer Doppelbelastung gefordert. Denn er hat diese selbst mit seiner freiwilligen Mitgliedschaft im berufsständischen Versorgungswerk herbeigeführt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 183, 193 SGG.
Die Revision wird mangels Vorliegens von Zulassungsgründen gem. § 160 Abs. 2 SGG nicht zugelassen.
Erstellt am: 27.03.2007
Zuletzt verändert am: 27.03.2007