Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.01.2005 wird zurückgewiesen. Der Kläger hat auch die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Die Revisision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit von Honorarkürzungen für die Quartale I/1998 bis IV/1999 in Höhe von 34.756,56 Euro vor dem Hintergrund einer Kürzung der Fallkostenwerte. Für die vier Quartale des Jahres 1998 war das Verfahren L 11 KA 141/03 anhängig, siehe Urteil vom 14.09.2005.
Der Kläger ist Insolvenzverwalter über das Vermögen des Zahnarztes Dr. L in I, über dessen Vermögen am 01.12.2003 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. In der Praxis, die seit Dezember 1981 bestand, wurden seit dem Quartal I/1994 fortlaufend Wirtschaftlichkeitsprüfungen mit entsprechenden Honorarkürzungen durchgeführt. In dem hier streitigen Prüfzeitraum lagen die Fallzahlen der Praxis, in der ein Ausbildungsassistent tätig war, zwischen 44 % und 31 % unter den Durchschnittswerten im Bereich der Beigeladenen zu 1), während die Fallkostenwerte die maßgeblichen Durchschnittswerte um 35 % bis 93 % überschritten. Die Spiegelkarteien für das Quartal I/1998 wurden im Dezember 1999, für die Quartale II/1998 bis IV/1998 im Januar 2000, für die Quartale I/1999 und II/1999 im Juni 2000 und für die restlichen Quartale des Jahres 1999 im Juli 2000 den Krankenkassen übersandt. Diese beantragten im Februar 2000 die Prüfung der Wirtschaftlichkeit der Abrechnung des Dr. L für das Jahr 1998 und im Juli 2000 für das Jahr 1999. Begründet wurden die Prüfanträge mit einer Überschreitung der Durchschnittswerte bei den Fallkosten und bei einzelnen Gebührenziffern. Der Zahnarzt Dr. L vertrat die Auffassung, die Prüfanträge seien nicht fristgerecht gestellt worden. Im Übrigen sei es im Prüfzeitraum zu einem überdurchschnittlichen Anstieg des Spätaussiedleranteils aus unterversorgten Gebieten mit einem erhöhten Behandlungsbedarf im konservierend-chirurgischen Bereich gekommen. Darüber hinaus liege ein Schwerpunkt der zahnärztlichen Tätigkeit im Bereich der Endodontie. Zudem führe ein überdurchschnittlich hoher Anteil an prophylaktischen Leistungen zu einem vermehrten Aufwand im konservierend-chirurgischen Bereich und den durchgeführten PAR-Behandlungen. Auslöser für einen erhöhten Behandlungsbedarf seien auch die kieferorthopädischen Leistungen mit dem Einstieg in die Multibandbehandlung gewesen.
Der Prüfungsausschuss IV kürzte mit Beschluss vom 14.02.2001 das vertragsärztliche Honorar des Dr. L zwischen 100 % und 300 %, abhängig von einzelnen Gebührenziffern. Gegen diese Entscheidung legten sowohl die Krankenkassen als auch der Vertragszahnarzt Beschwerde ein. Die Krankenkassen vertraten die Auffassung, trotz der Honorarkürzungen bestünden weiterhin Fallkostenüberschreitungen von bis zu 84 %, so dass die durchgeführten Honorarkürzungen unzureichend seien. Dr. L verwies weiterhin auf die Verfristung der Prüfanträge und machte darüber hinaus geltend, es seien die Auswirkungen der geringen Fallzahlen auf die Fallkosten nicht ausreichend berücksichtigt worden, hier hätten höhere Toleranzen eingeräumt werden müssen. Die desolaten Gebissverhältnisse seien ebensowenig wie der Mehraufwand durch die PAR-Behandlungen und der hohe Prothetikanteil hinreichend gewürdigt worden.
Der Beklagte wies die Beschwerde des Vertragszahnarztes mit Beschluss vom 06.11.2002 zurück und änderte auf die Beschwerde der Beigeladenen die Entscheidung des Prüfungsausschusses dahingehend ab, dass das zahnärztliche Honorar insoweit gekürzt wurde, als im Prüfzeitraum der durchschnittliche Fallwert um mehr als 50 % überschritten wurde. Daraus resultierte eine Honorarrückforderung in Höhe von 34.756,56 Euro, die nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Eintragung in die Tabelle angemeldet wurde. Der Beklagte begründete seine Entscheidung im Bescheid vom 19.03.2003 dahingehend, dass auf Grund der Abweichungen der Fallwerte von den Durchschnittswerten der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit der Behandlung bestehe. Die geprüfte Praxis verfüge über ein entsprechendes Stammklientel, ein erhöhter Anteil an Neupatienten sei anhand der unauffälligen 01-Werte nicht feststellbar. Kieferorthopädische Leistungen seien nicht zu berücksichtigen, da diese mitsamt der Begleitleistungen in gesonderten Statistiken erfasst würden. Die absolute Zahl der chirurgischen Leistungen sei gering. Bezogen auf den Gesamtprüfzeitraum ergebe sich für diese Leistungen ein Mehraufwand gegenüber einer Durchschnittspraxis von 1 %. Besonderheiten bei der Zusammensetzung des Patientengutes seien nur zum Teil anzuerkennen. Die Auswertung der Behandlungsunterlagen habe keinen überdurchschnittlich hohen Anteil kostenintensiver Sanierungsfälle ergeben. Ein Schwerpunkt der vertragszahnärztlichen Tätigkeit liege im Bereich der Endodontie. Allerdings sei kein Minderaufwand bei den Extraktionen oder den chirurgischen Leistungen festzustellen. Ebenso seien der prozentuale Prothetikanteil und die Fallwerte in diesem Bereich durchgängig überdurchschnittlich. Auffällig sei der hohe Anteil von Einzelaufnahmen neben den OPG-Aufnahmen und deren schlechte Qualität. Hinweise für eine Unwirtschaftlichkeit hätten sich auch aus der Auswertung der Behandlungsunterlagen für die Fälle ergeben, in denen Vitalextirpationen durchgeführt worden seien. In Einzelfällen habe sich deren Notwendigkeit aus dem Röntgenbefund nicht ableiten lassen. Eine solche Maßnahme sei auch bei Zähnen durchgeführt worden, die mit Zahnersatz versorgt gewesen seien. Es seien auch nicht sämtliche Kanäle einzelner Zähne behandelt worden. Von der Behandlungsfähigkeit eines mehrwurzligen Zahnes könne jedoch dann nicht ausgegangen werden, wenn nicht sämtliche Kanäle behandelt werden konnten. Die endodontischen Leistungen können auch nicht als Folgeaufwand zum erheblichen Aufwand im Zahnersatzbereich anerkannt werden, denn die Auswertung der Behandlungsunterlagen habe auch insoweit einen unwirtschaftlichen Ansatz bestätigt. Unter Berücksichtigung der unterdurchschnittlichen Fallzahlen und im Hinblick auf die Tätigkeit eines Ausbildungsassistenten sei das Honorar je Behandlungsfall zu kürzen, soweit der Durchschnittswert um mehr als 50 v. H. überschritten werde.
Gegen den Bescheid vom 19.03.2003 richtete sich das vom Vertragszahnarzt Dr. L am 15.04.2003 eingeleitete Klageverfahren, das durch die insolvenzbedingte Unterbrechung vom Kläger im September 2004 aufgenommen wurde. Der Kläger machte geltend, die Prüfanträge seien verfristet, da im Jahre 2000 nach den Bestimmungen der Verfahrensordnung keine Prüfanträge mehr hätten gestellt werden können. In der Sitzung des Beklagten habe ein Röntgenbildbetrachter nicht zur Verfügung gestanden, der Beklagte habe es außerdem unterlassen, die von ihm festgestellten Praxisbesonderheiten zu quantifizieren und den ursprünglichen Fallwert vor dem Vergleich mit dem Landesdurchschnitt zu reduzieren. Bei der Auswahl der Prüfmethode habe der Beklagte ermessensfehlerhaft gehandelt, denn er hätte wegen der geringen Fallzahlen prüfen müssen, ob nicht eine repräsentative Einzelfallprüfung hätte vorgenommen werden müssen. Im Übrigen habe der Beklagte aus den statistischen Daten falsche Schlüsse gezogen. Aus den Abrechnungswerten bei den Gebührenziffer 01 könne nicht auf die Zahl der Neupatienten geschlossen werden, da die eingehende Untersuchung auch bei den Patienten durchgeführt worden sei, bei denen die letzte Untersuchung bereits ein halbes Jahr zurückgelegen habe. Auch aus der Gegenüberstellung von Mehr- und Minderaufwand ergebe sich, dass der Beklagte das System der Vergleichsprüfung nicht erkannt habe. Durch die endodontischen Leistungen seien eine erhebliche Anzahl von Zähnen erhalten worden. Der Beklagte habe außerdem zahnmedizinische Grundsätze bei seiner Entscheidung nicht beachtet. Eine Indikation für eine Vitalextirpation könne auch auf Grund des klinischen Befundes gestellt werden. Auch die Annahme der fehlenden Behandlungsfähigkeit eines mehrwurzligen Zahnes, bei dem ein Kanal aus anatomischen oder behandlungstechnischen Gründen nicht aufbereitet werden könne, sei unzutreffend. Die eingeräumten Toleranzen seien angesichts der anerkannten Praxisbesonderheiten in Form eines besonderen Klientels, des Folgeaufwands zu den systematischen PAR-Behandlungen und der unterdurchschnittlichen Fallzahl zu gering. Außerdem seien die Berechnungen zum Mehraufwand durch die PAR-Behandlungen unvollständig.
Der Kläger, der im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht vertreten war, hat schriftsätzlich beantragt,
den Beschluss des Beklagten vom 19.03.2003 aufzuheben und den Regressbetrag von 34.756,56 Euro auszukehren,
hilfsweise,
den Beklagten zu verpflichten, einen neuen Beschluss unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu fassen.
Der Beklagte und die Beigeladenen zu 2) bis 4) haben beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte hielt den angefochtenen Bescheid für rechtmäßig. Eine Vorabbereinigung des Gesamtfallwertes habe nur um die als wirtschaftlich anzuerkennenden Mehrkosten erfolgen können, der gesamte Mehraufwand habe aber nicht als notwendig und wirtschaftlich anerkannt werden können. Die gewählte Prüfmethode des statistischen Vergleichs sei die Regelprüfmethode, die trotz der geringen Fallzahlen auch hätte angewandt werden dürfen. Berücksichtigungsfähige Praxisbesonderheiten seien nicht festgestellt worden. Die Tätigkeitsschwerpunkte und die hierdurch hervorgerufenen Mehraufwendungen seien berücksichtigt worden, die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis liege bei einer Überschreitung des Fallwertdurchschnittes um 40 %. Mit der Toleranz um 50 % seien die Mehraufwendungen in den Bereichen PAR, Chirurgie und Endodontie ausreichend berücksichtigt worden.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 17.01.2005 abgewiesen. Der Kläger habe in seiner Eigenschaft als Insolvenzverwalter den auf Grund der Eröffnung des Insolvenzverfahrens unterbrochenen Rechtsstreits nach § 85 Abs. 1 Satz 1 der Insolvenzordnung (InsO) wirksam aufgenommen. Die Klage sei jedoch unbegründet. Hinsichtlich des Hauptantrages sei die Klage abzuweisen gewesen, da die Aufhebung einer Entscheidung des Prüfungsausschusses nur dann im Sinne einer gebundenen Entscheidung in Betracht komme, wenn die Krankenkassen die maßgeblichen Prüfanträge nicht fristgerecht gestellt hätten. Dies sei jedoch nicht der Fall gewesen. § 11 Abs. 4 der Verfahrensordnung für die Wirtschaftlichkeitsprüfung (VoWi) nach § 106 des Sozialgesetzbuches (SGB) V sei in Verbindung mit § 6 VoWi dahin zu interpretieren, dass die Frist des § 11 Abs. 4 VoWi erst zu laufen beginne, wenn den Krankenkassen die Spiegelkarteien vorlägen, andernfalls würden die Krankenkassen entweder überhaupt keine wirksamen Prüfanträge stellen können oder müssten das ohne Vorliegen statistischer Daten ins Blaue hinein tun. Hinsichtlich des Hilfsantrags sei die Klage abzuweisen gewesen. Materielle Rechtsgrundlage der Prüfung sei § 106 SGB V, der in seinem Abs. 2 Nr. 1 die statistische Vergleichsprüfung im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung vorsehe. Ergebe diese Prüfung, dass die Werte des geprüften Arztes im Verhältnis zum Durchschnitt in einem offensichtlichen Missverhältnis stünden, bestehe der Anscheinsbeweis der Unwirtschaftlichkeit (BSG, Urteil vom 21.05.2003, Az.: B 6 KA 32/02 R). Die Prüfgremien hätten im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung einen Beurteilungsspielraum, der nach allgemeinen Grundsätzen nur eingeschränkter gerichtlicher Kontrolle unterliege. Die angefochtene Entscheidung sei formell rechtmäßig gewesen, das Verwaltungsverfahren sei ordnungsgemäß durchgeführt worden, dem Vertragszahnarzt sei auch rechtliches Gehör gewährt worden, denn er habe an der Sitzung des Beklagten vom 06.11.2002 persönlich teilgenommen und sei durch einen Anwalt vertreten gewesen. Dem stehe auch nicht entgegen, dass in der Sitzung kein Röntgenbildbetrachter zur Verfügung gestanden habe, denn an dieser Sitzung hätten vier Vertragszahnärzte teilgenommen, die die erforderliche Sachkenntnis zur Auswertung der Röntgenaufnahmen besessen hätten. Auch die Begründung im angefochtenen Bescheid entspreche den Vorgaben des § 35 Abs. 1 SGB X. Die wesentlichen rechtlichen und tatsächlichen Gründe seien mitgeteilt worden, die statistischen Daten bezüglich der Fallkosten und Fallzahlen seien aufgeführt worden, auch die Begründung für die Honorarkürzung sei als ausreichend anzusehen. Der Bescheid sei auch materiell rechtmäßig. Zu Recht sei die Prüfmethode des statistischen Vergleichs zu Grunde gelegt worden, da es sich hierbei um die Regelprüfmethode handele. Die mit der Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 28.06.2000, Az.: B 6 KA 36/98 R) festgelegte Ausnahme, die zur Unanwendbarkeit dieser Methode bei Fallzahlen unter 20 % der Vergleichsgruppe liege, sei nicht einschlägig gewesen. Auch die Grenzen zum offensichtlichen Missverhältnis seien zu Recht angenommen worden, denn dieses liege bei einer Überschreitung des durchschnittlichen Fallkostenwertes bei mehr als 40 %. Bei dem Anteil an Spätaussiedlern mit erhöhtem Behandlungsbedarf handele es sich nicht um eine Praxisbesonderheit, denn nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 15.10.2000, Az.: B 6 KA 25/99 R) könne bei Aussiedlern oder Ausländern nicht generell ein erhöhter zahnmedizinischer Behandlungsbedarf angenommen werden, da es keinen Erfahrungssatz gebe, dass bei diesem Personenkreis generell ein solcher Bedarf bestehe. Der Beklagte habe einen Anteil von 6 % der Behandlungsfälle mit einem Sanierungsbedarf von mindestens 6 Zähnen ermittelt, das könne nicht als überdurchschnittlich angesehen werden. Ebensowenig sei zu beanstanden, dass die kieferorthopädischen Leistungen mit Multibehandlungen in die Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht einbezogen worden seien, denn diese würden in einer gesonderten Statistik erfasst und hätten keinen Einfluss auf die Werte bei den konservierend-chirurgischen Leistungen. Nicht nachvollziehbar sei das Vorbringen des Klägers, der Beklagte habe die Abrechnungswerte bei der Nr. 01 falsch bewertet, da neben Neupatienten Leistungen nach dieser Gebührennummer auch bei Patienten erbracht worden seien, die länger als ein halbes Jahr die Praxis nicht aufgesucht hätten. Damit setze der Kläger sich in Widerspruch zu der Behauptung eines hohen Anteils an Neupatienten. Patienten, deren letzte Untersuchung länger als sechs Monate zurückliege, könnten nicht als Neupatienten betrachtet werden. Daraus ergebe sich, dass ein Anteil der Ziffer 01 auf Patienten entfalle, die nicht Neupatienten seien, damit liege ein unwirtschaftliches Handeln vor. Auch der Anfall in dem Mehr- oder Minderaufwand sei ausreichend berücksichtigt worden. Im Bereich der Endodontie sei ein Mehraufwand anerkannt worden. Allerdings habe die Auswertung der Unterlagen ergeben, dass Anhaltspunkte für eine unwirtschaftliche Behandlungsweise des Vertragszahnarztes vorlägen, die auf Verstöße gegen zahnärztliche Behandlungsgrundsätze zurückzuführen seien. Der Beklagte habe sich auch bei seinen Feststellungen nicht nur auf die Auswertung von Röntgenaufnahmen gestützt, vielmehr habe er auch die weiter zur Verfügung gestellten Behandlungsunterlagen ausgewertet. Entgegen der Ansicht des Klägers sei auch die Einschätzung hinsichtlich der Beurteilung der Behandlungsfähigkeit eines mehrwurzligen Zahnes nicht unzutreffend. Dies habe der ehrenamtliche Richter aus dem Kreis der Vertragszahnärzte in der mündlichen Verhandlung bestätigt. Zutreffend sei auch darauf abgestellt worden, ob zwischen dem Mehraufwand im Bereich der Endodontie und dem Minderaufwand in anderen Bereichen ein adäquater Zusammenhang bestehe. Dieser sei unzutreffend verneint worden. Einen Minderaufwand bei den Extraktionen habe der Beklagte wegen der überdurchschnittlichen Abrechnungswerte bei den Nrn. 45 und 47 a nicht festgestellt, da auch die Abrechnungswerte im Bereich des Zahnersatzes über den Durchschnittswerten lägen, bestehe in diesem Bereich ebenfalls kein adäquater Minderaufwand. Dem Mehraufwand im Bereich der PAR-Behandlungen sei im ausreichenden Maße Rechnung getragen worden. Der Mehraufwand sei für den Prüfzeitraum genau beziffert worden. Entgegen der Auffassung des Klägers seien nicht sämtliche möglicherweise anfallende Begleitleistungen in diese Berechnung einzubeziehen. Im Rahmen einer statistischen Vergleichsprüfung seien nämlich nur die in der Durchschnittspraxis regelmäßig anfallenden Leistungen und die hierauf entfallenden Punkte zu erfassen. Die der geprüften Praxis eingeräumte Toleranz sei auch ausreichend hoch, sie entspreche den Vorgaben der Rechtsprechung, die die Grenze zum offensichtlichen Missverhältnis bei Fällen der Überschreitung der maßgeblichen Durchschnittswerte um 40 % ansetze. Mit der Einräumung einer Toleranz von 50 % habe der Beklagte den ermittelten Mehraufwand im Bereich der Endodontie, der PAR-Behandlungen und der großen Chirurgie berücksichtigt. Der Beklagte sei auch nicht verpflichtet gewesen, die HVM-Kürzungen bei der Festsetzung der Erstattungsforderung zu berücksichtigen. Nach den maßgeblichen Regelungen in der Anlage zum HVM der Beigeladenen zu 1) seien nämlich die Kürzungsbeträge auf Grund der Anwendungen des HVM auf die Kürzungsbeträge im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung anzurechnen.
Hiergegen richtet sich die Berufung des Klägers vom 02.03.2005. Die Anträge auf Durchführung des Prüfverfahrens seien verfristet, soweit sie die Quartale I/1998 bis III/1998 beträfen. Nach § 11 VoWi könnten Prüfanträge für die letzten vier Quartalsabrechnungen gestellt werden, für die den Verbänden die Statistiken nach § 6 VoWi vorlägen. In § 6 VoWi werde die Beigeladene zu 1) wiederum verpflichtet, die benötigten Daten innerhalb von drei Monaten nach Ablauf des Quartals den Krankenkassenverbänden vorzulegen. Rechtskonformes Verhalten unterstellt, hätten den Krankenkassenverbänden die Daten des Quartals III/1998 spätestens am 31.12.1998 vorgelegen haben müssen. Ab Beginn des Jahres 2000 hätte es sich bei den Quartalen I/1998 bis III/1998 nicht mehr um die letzten vier Quartale gehandelt, so dass die diesbezüglichen Anträge verfristet seien. Die Fristen hätten den Zweck, Vertragszahnärzte zu schützen, indem sie festlegten, ab wann diese nicht mehr mit Wirtschaftlichkeitsprüfungen zu rechnen hätten. Die Verfristung führe dazu, dass die Prüfverfahren insoweit unzulässig seien. Im Übrigen sei auch das rechtliche Gehör des Klägers verletzt worden. Wenn auch die Sitzung des Beklagten drei Stunden gedauert habe, sei davon zunächst die Beratungszeit der Mitglieder des Beklagten abzuziehen (30 Minuten). Ziehe man darüber hinaus für die besonders wichtige Frage nach den Praxisbesonderheiten weitere 15 Minuten ab, blieben für die Besprechung der 101 Behandlungsfälle, ca. 135 Minuten oder etwas mehr als eine Minute pro Fall. Bedenke man dann noch, dass die betreffenden Unterlagen mindestens vom Vertragszahnarzt und den vier zahnärztlichen Mitgliedern des Beklagten in Augenschein genommen werden müssten und darüber hinaus auch kein Röntgenbetrachtungsgerät zur Verfügung gestanden habe, bleiben für das eigentliche Gespräch nur wenige Sekunden pro Fall. Im Übrigen habe das Sozialgericht auch zu Unrecht das Vorliegen von Praxisbesonderheiten verneint, denn der Beklagte habe festgestellt, dass diese vorlägen. Das ergebe sich aus den Ausführungen auf S. 16 des Beschlusses. In diesem Fall sei es dem Gericht dann verwehrt, die Existenz von Praxisbesonderheiten zu verneinen. Wiederholt habe das Sozialgericht auch falsche Schlüsse gezogen und damit den Prozessstoff unrichtig gewertet. Es habe offenbar die erstinstanzlichen Ausführungen bezüglich der Zahl der Neupatienten bzw. der Abrechnung der Gebührenziffer 01 falsch verstanden. Es sei lediglich darum gegangen, darzulegen, dass der Beklagte unzulässigerweise von der Abrechnungshäufigkeit auf die Zahl der Neupatienten geschlossen habe. Dr. L habe nie behauptet, dass es sich um Neupatienten gehandelt habe, wenn er die Nr. 01 abgerechnet habe. Unzutreffend sei ferner, dass Zähne, bei denen ein Wurzelkanal nicht vollständig aufzubereiten sei, nicht behandlungsfähig seien. Das Sozialgericht habe die Zahl der endodontischen Behandlungen unzureichend gewürdigt, es käme nicht darauf an, wie häufig diese vorgenommen worden seien, vielmehr komme es im Sinne der vom BSG geforderten intellektuellen Prüfung darauf an, ob ein solcher Mehraufwand gerechtfertigt sei. Das sei wegen des sehr schlechten Gebisszustandes der Patienten der Fall gewesen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 17.01.2005 abzuändern und den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 19.03.2003 auf Grund der Sitzung vom 06.11.2002 zu verpflichten, erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates zu bescheiden,
hilfsweise,
die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Bezüglich der Antragsfristen sei eine Beeinträchtigung des schutzwürdigen Vertrauens des Klägers nicht festzustellen. Entgegen seinen Auffassungen müsse jeder an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmende Arzt damit rechnen, dass auch später noch Prüfanträge gestellt würden, denn allen an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzten sei in einem entsprechenden Rundschreiben die diesbezügliche Vereinbarung zwischen der Beigeladenen zu 1) und den Kassenverbänden bekannt gemacht worden. Die Ansicht des Klägers, es hätte hier eine Einzelfallprüfung durchgeführt werden müssen, sei nicht nachvollziehbar. Aus der Rechtsprechung und Gesetzgebung lasse sich dieses Postulat nicht ableiten. Auch die vom Kläger erhobene Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs sei nicht nachvollziehbar. Der Kläger habe im Beisein seines Prozessbevollmächtigten an der Sitzung teilgenommen. Es sei eine statistische Vergleichsprüfung auf der Grundlage der Fallkostenabweichungen vorgenommen worden. Eine Besprechung von Einzelfällen hingegen sei nicht vorgenommen worden. Man habe sich lediglich ein Bild von der Abrechnung des Klägers durch Sichtung von Beispielsfällen gemacht. Den Ausführungen des Sozialgerichts hinsichtlich der Zahl der Neupatienten sei zuzustimmen, denn eine überproportionale Zahl von Neupatienten würde zu einem deutlichen Mehraufwand bei den eingehenden Untersuchungen führen, da diese in der Regel am Anfang der Behandlung stünden. Das sei in der Praxis des Klägers ausweislich der Abrechnungswerte der Gebührenziffer 01 aber gerade nicht der Fall.
Wegen der weiteren Darstellung des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte des Beklagten, die der Senat beigezogen hat, und deren Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Der angefochtene Honorarbescheid vom 19.03.2003 ist rechtmäßig, denn er verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten und beschwert ihn damit nicht im Sinne des § 54 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Zur Begründung verweist der Senat auf die zutreffende Begründung im angefochtenen Urteil des Sozialgerichts Münster, die er sich nach Prüfung der Sach- und Rechtslage zu eigen macht (§ 153 Abs. 2 SGG).
Der Vortrag des Klägers im Berufungsverfahren führt zu keinem anderen Ergebnis, denn er erstreckt sich auf eine wiederholende und vertiefende Darstellung des erstinstanzlichen Vorbringens, welches jedoch, wie ausgeführt, in der angefochtenen Entscheidung umfassend und zutreffend abgehandelt worden ist.
Ergänzend weist der Senat darauf hin, ohne dass sich das vorliegend auf das Ergebnis des Verfahrens auswirkt, dass die Frage des Zusammenspiels der Fristen der §§ 6 und 11 VoWi diskussionswürdig ist. Angesichts des Umstandes, dass der Beklagte jedoch die an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte über die Tatsache informiert hat, dass jederzeit Prüfanträge gestellt werden können, ist eine Stellungnahme zu diesem Problemfeld entbehrlich, denn es ist kein Vertrauenstatbestand entstanden. Darüber hinaus weist der Beklagte zu Recht darauf hin, dass das rechtliche Gehör des Klägers nicht verletzt worden ist. Der Kläger übersieht, dass es sich vorliegend um eine statistische Vergleichsprüfung handelt, die nach den rechtlichen Vorschriften die zulässige Prüfmethode ist, nicht hingegen um eine intellektuelle Einzelfallprüfung. Aus diesem Grunde liegt die vom Kläger vorgenommene Umrechnung des Gesamtzeitraums auf den für die einzelnen Fälle entsprechenden Zeitraum neben der Sache, denn die diskutierten Behandlungsfälle sind, worauf der Beklagte zutreffend hingewiesen hat, nur exemplarisch aufgeführt worden, um sich über das Behandlungsverhalten des Klägers ein Bild zu machen. Aus dem gleichen Grunde ist es auch ohne Konsequenz, dass in der Sitzung kein Röntgenbetrachtungsgerät zur Verfügung gestanden hat, da es auf eine exakte Auswertung von Röntgenaufnahmen im Einzelfall nicht ankommt, abgesehen davon, dass versierten Vertragszahnärzten, die an der Sitzung teilgenommen haben, dies auch ohne ein Röntgenbetrachtungsgerät möglich sein dürfte.
Ebensowenig lässt sich eine Verletzung des rechtlichen Gehörs des Klägers durch das Sozialgericht feststellen. Zutreffend ist zwar, dass weder der Insolvenzverwalter noch der Prozessbevollmächtigte an der Sitzung teilgenommen haben, der Kläger hat jedoch auf die Ladung des Sozialgerichts vom 15.11.2004, die er am 16.11.2004 erhalten hat, mit Schriftsatz vom 25.11.2004 gebeten, die Anordnung seines persönlichen Erscheinens aufzuheben, verbunden mit der Zusage, einen Terminsvertreter mit ausreichender Vollmacht zum Abschluss eines Vergleichs auszustatten. Bei dieser Sachlage kann eine Verletzung rechtlichen Gehörs nicht festgestellt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i. V. m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Revisionszulassungsgründe liegen nicht vor (§ 160 Abs. 2 SGG). Soweit der Kläger die Frage der Verfristung der Prüfanträge durch das Revisionsgericht überprüft wissen will, übersieht er hierbei, dass die Verfahrensordnung zur Wirtschaftlichkeitsprüfung nur im Bereich der Beigeladenen zu 1) Gültigkeit hat und aus diesem Grunde kein revisives Recht im Sinne des § 162 SGG darstellt (vgl. hierzu BSG, Beschluss vom 14.12.2005, Az.: B 6 KA 67/05 B).
Erstellt am: 05.04.2007
Zuletzt verändert am: 05.04.2007