Die Berufungen der Beigeladenen zu 5) gegen die Urteile des Sozialgerichts Köln vom 23.11.2005 werden zurückgewiesen. Die Beigeladene zu 5) trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Entziehung der Zulassung zur vertragsärztlichen Versorgung.
Die Klägerinnen sind Psychologische Psychotherapeutinnen, die seit 1999 in L zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind. Sie waren Mitglied einer Gemeinschaftspraxis von sieben Psychologischen Psychotherapeuten, die vom Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 26.09.2000 mit Wirkung vom 01.10.2000 genehmigt worden war. Die Vorlage eines Vertrages für die Gemeinschaftspraxis war seinerzeit vom Zulassungsausschuss nicht verlangt worden, ein schriftlicher Vertrag bestand nach Angabe der Klägerinnen auch nicht. Die Gemeinschaftspraxis übte ihre Tätigkeit am Standort einer gebietsübergreifenden ärztlichen Gemeinschaftspraxis aus, der der Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. O und zwei weitere Ärztinnen angehörten. Die Praxisräume wurden gemeinsam von beiden Gemeinschaftspraxen genutzt. Ein schriftlicher Vertrag zwischen den Gemeinschaftspraxen bestand auch insoweit nicht. Verwaltungsangelegenheiten wurden durch Dr. O in Vollmacht für die Klägerinnen erledigt. Die Honorarabrechnungen erfolgten über ein von Dr. O verwaltetes Konto, wobei von ihm ein Anteil von 35 % zur Abgeltung der Praxiskosten einbehalten wurde.
Zwischen Dr. O und einer seiner Partnerinnen bestand ein Vertrag vom 01.12.1998, in dem Dr. O als Seniorpartner und die Partnerin als Juniorpartner bezeichnet wurden. Dieser Vertrag sah u. a. die Ausübung der Kassenarztpraxis in den Praxisräumen des Seniorpartners sowie die alleinige Geschäftsführung und -vertretung der Gemeinschaftspraxis durch Dr. O vor. Als Anteil am Ergebnis der Gesellschaft erhielten die Gesellschafter einen Anteil von 65 % an den von ihnen erwirtschafteten Honoraren; darüber hinaus nahmen sie an Gewinn und Verlust der Gesellschaft nicht teil.
Am Standort der Praxis ist mit Wirkung vom 01.10.2004 eine neue Gemeinschaftspraxis von Dr. O mit zwei Ärzten genehmigt worden (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 27.10.2004). Zugleich ist im Jahre 2004 eine medizinische Kooperationsgemeinschaft in Gestalt einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwischen der Gemeinschaftspraxis und anderen Ärzten und Psychologen gegründet worden. Die Ärztekammer Nordrhein hat gegen die Errichtung einer medizinisch-psychologischen Kooperationsgemeinschaft nach dem vorgelegten Vertrag keine berufsrechtlichen Bedenken erhoben (Schreiben vom 24.09.2004). Wegen der zugleich beantragten Genehmigung der medizinisch-psychologischen Kooperationsgemeinschaft hatte der Zulassungsausschuss mit Schreiben 08.07.2004 seine Zuständigkeit verneint und mit Beschluss vom 17.01.2005 förmlich die Genehmigung mangels Zuständigkeit abgelehnt. Im Zusammenhang mit diesen Vorgängen ist dem Zulassungsausschuss sowohl der ab dem 01.10.2004 geltende Vertrag über die Gemeinschaftspraxis Dr. O pp. sowie der Vertrag über die Kooperationsgemeinschaft vorgelegt worden. Die Klägerinnen zu 1) und 2) üben ihre Tätigkeit weiter in den Praxisräumen am alten Standort aus; die Klägerin zu 3) hat sich seit dem 4. Quartal 2006 anderweitig niedergelassen.
Nachdem der Klägerin Ende des Jahres 2000 der Vertrag vom 01.12.1998 bekannt geworden war, wertete sie das Vertragsverhältnis auf Grund der getroffenen Regelungen bezüglich der Rechtsverhältnisse an Praxisgegenständen und Praxiswert, Geschäftsverteilung und der Verteilung des Gewinnes und Verlustes als Angestelltenverhältnis. Mit Schreiben vom 10.05.2001 beantragte sie für beide Gemeinschaftspraxen den (rückwirkenden) Widerruf der Genehmigungen der Gemeinschaftspraxen. Mit Beschluss vom 27.08.2001 hat der Zulassungsausschuss das Ende der Gemeinschaftspraxis mit Wirkung vom gleichen Tag festgestellt und zugleich eine rückwirkende Aufhebung der Genehmigung der Gemeinschaftspraxis abgelehnt. Der Beklagte hat diese Entscheidung bestätigt, die Klagen der Klägerin und der Beigeladenen zu 5) gegen dessen Beschluss sind vom Sozialgericht Köln mit Urteil vom 25.06.2003 (S 19 KA 22/02) abgewiesen worden. Hinsichtlich der Klägerinnen ist das Urteil rechtskräftig geworden, das Berufungsverfahren der Beigeladenen zu 5) ruht.
Mit Schreiben vom 28.05.2001 forderte die Beigeladene zu 5) u. a. die Klägerinnen auf, einen "ordnungsgemäßen" Gemeinschaftspraxisvertrag vorzulegen, andernfalls müssten sie mit einem Antrag auf Entziehung der Zulassung rechnen. Von diesem Schreiben wollen die Klägerinnen keine Kenntnis erlangt haben.
Mit Schreiben vom 10.09.2001 beantragte die Beigeladene zu 5) beim Zulassungsausschuss die Entziehung der Zulassung. Mit Beschlüssen vom 15.04.2002 hat der Zulassungsausschuss diesem Antrag entsprochen. Er hat die Auffassung vertreten, tatsächlich seien die Klägerinnen nicht selbständig im Rahmen einer Gemeinschaftspraxis tätig geworden, sondern es habe nach dem Vertrag vom 01.12.1998 ein Anstellungsverhältnis zu Dr. O vorgelegen. Somit lägen die Voraussetzungen für die Zulassungen nicht (mehr) vor.
Auf den Widerspruch der Klägerinnen hörte der Beklagte die Klägerinnen zu 1) und 3) in seiner Sitzung am 29.09.2004 an; wegen ihrer Angaben wird auf die Niederschrift Bezug genommen. Mit Beschlüssen vom gleichen Tag (Bescheid vom 20.10.2004) wies der Beklagte die Widersprüche zurück. Auf Grund der Angaben der Klägerinnen sowie zweier Zeugenaussagen (Beschäftigte der Praxis) in einem Verfahren des SG Köln stehe fest, dass die Klägerinnen ihre psychotherapeutische Tätigkeit nicht hauptberuflich in eigener Praxis ausübten. Die Klägerinnen hätten sich in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation begeben, die ihnen keinerlei Entscheidungsspielraum lasse. Die Entscheidungsbefugnisse lägen vielmehr allein in den Händen des eigentlichen Praxisinhabers Dr. O. Dieser bestimme über die Anschaffung und den Einsatz der sächlichen Mittel sowie über die Einstellung von Personal. Die Klägerinnen hätten weder das Recht zur Auswahl noch ein Direktionsrecht. Sie könnten noch nicht einmal über die für sie bestimmten Honorarzuflüsse von Seiten der Beigeladenen zu 5) verfügen. Da sie 35 % ihres Honorars an Dr. O abführen müssten, sei ihre Unabhängigkeit in ihren fachlichen Entscheidungen gefährdet. Im Gegensatz zu anderen Psychotherapeuten, die inzwischen aus der Praxis Dr. O ausgeschieden seien, hätten die Klägerinnen offensichtlich keinen Anlass gesehen, ihre vertragsärztliche Tätigkeit den gesetzlichen Anforderungen anzupassen. Somit seien die Voraussetzungen für die Entziehung der Zulassung gegeben.
Zur Begründung der am 22.11.2004 erhobenen Klagen haben die Klägerinnen vorgetragen, der Vorwurf der gröblichen Pflichtverletzung sei unberechtigt. Unabhängig davon, dass die bestehenden Vertragsstrukturen den Grundsätzen einer Gemeinschaftspraxis entsprochen hätten, seien auch durch ihr Verhalten Strukturen des Systems nicht beeinträchtigt worden. Sie hätten alle Leistungen persönlich erbracht und sachlich-rechnerisch korrekt abgerechnet. Ein Abhängigkeitsverhältnis zu Dr. O habe nicht bestanden. Der Kostenanteil von 35 % des Honorars sei ein angemessener Beitrag zu den Betriebskosten einer Arztpraxis. Es treffe zu, dass sie kein eigenes Personal gehabt hätten, dies beruhe jedoch darauf, dass sie ausschließlich psychotherapeutisch tätig gewesen seien und insoweit kein Personal erforderlich sei. Selbstverständlich hätten sie aber die Möglichkeit gehabt, bei Bedarf Personal einstellen zu können. Sie hätten auch das Direktionsrecht gegenüber dem anwesenden Personal ausgeübt.
Das Sozialgericht hat mit Urteilen vom 23.11.2005 den Klagen stattgegeben und die Beschlüsse vom 29.09.2004 aufgehoben. Den Klägerinnen sei wegen der Ausübung ihrer Tätigkeit mit anderen psychologischen Psychotherapeutinnen in Zusammenarbeit mit Dr. O keine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten vorzuwerfen. Die innere Abhängigkeit von dem Praxisinhaber Dr. O als Seniorpartner habe sich nicht auf die psychotherapeutische Tätigkeit bezogen. Die Klägerinnen hätten sich nicht in ein Abhängigkeitsverhältnis begeben, das Kennzeichen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses sei. Die Beklagte habe die Abhängigkeit der Psychotherapeutinnen von Dr. O überbewertet. Soweit die Klägerinnen nicht in genügendem Maße auf die Praxisausstattung oder die Praxisorganisation hätten Einfluss nehmen können, möge dies einer gemeinsamen Ausübung der Tätigkeit entgegengestanden haben. Ein Beschäftigungsverhältnis sei aber darin nicht zu sehen. Eine gewisse Abhängigkeit bestehe zwar dann, wenn das ärztliche Honorar nicht dem Therapeuten unmittelbar überwiesen werde, andererseits habe es zwischen den Klägerinnen und Dr. O zu keiner Zeit Unstimmigkeiten über die Abrechnung gegeben. Durch die Abführung eines Honoraranteils von 35 % zur Abdeckung der Praxiskosten sei keine knebelungsähnliche Situation entstanden, denn ein solcher Kostenanteil sei zur Abgeltung der Praxiskosten eher ausgesprochen günstig.
Die Beigeladene zu 5) hat gegen die Urteile fristgerecht Berufung eingelegt. Mit Beschluss vom 06.06.2006 sind alle Verfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden worden.
Die Beigeladene zu 5) hält an ihrer Auffassung fest, dass den Klägerinnen eine gröbliche Verletzung vertragsärztlicher Pflichten vorzuwerfen sei. Der Vorwurf sei schon deshalb begründet, weil der für die Genehmigung der Gemeinschaftspraxis erforderliche Vertrag offensichtlich nicht existiere und somit die Klägerinnen über das Vorliegen einer Gemeinschaftspraxis getäuscht hätten. Auf Grund der Zeugenaussagen der Praxishelferinnen vor dem Sozialgericht Köln und den Angaben der Klägerinnen zu 1) und 3) sei deutlich geworden, dass der Inhalt des Vertrages vom 01.12.1998 zwischen Dr. O und seiner Partnerin der Tätigkeit zu Grunde gelegen habe. Nach seiner Gestaltung habe dieser Vertrag keine rechtliche Grundlage für eine Gemeinschaftspraxis und die Tätigkeit als freiberuflich tätiger Vertragspsychotherapeut bieten können. Vor allem sei zu berücksichtigen, dass es sich um oktroyierte Bestimmungen eines Dritten gehandelt habe, der an der beantragten und genehmigten Gemeinschaftspraxis der Klägerinnen nicht beteiligt gewesen sei. Die Klägerinnen hätten vorgetäuscht, untereinander in einem Gesellschaftsverhältnis zu stehen, was jedoch nicht der Fall gewesen sei, da sie sich in die Praxisorganisation des sogenannten Seniorpartners Dr. O begeben hätten. Sie hätten daher über die tatsächlich bestehenden Vertragsverhältnisse getäuscht. Die Klägerinnen hätten über keine Entscheidungsbefugnisse seitens der Praxisorganisation verfügt. Sie hätten über Inhalt und Umfang der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit und den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel nicht selbst bestimmen können und hätten der maßgeblichen Einflussnahme durch andere unterlegen. Auch nachdem den Klägerinnen die Vorwürfe bezüglich der Tätigkeit der Praxisorganisation Dr. O bekannt geworden sei, hätten sie ihr Verhalten nicht geändert. Sie hätten in der Sitzung des Beklagten am 29.09.2004 die seit 2001 beanstandeten Verhältnisse in der Praxis ausdrücklich bestätigt. Eine Änderung des Verhaltens oder eine andere vertragliche Gestaltung der Verhältnisse in der Praxis sei nicht ersichtlich geworden. Der vertragswidrige Zustand und die gröbliche Pflichtverletzung sei also über Jahre trotz inzwischen auch anderer rechtlicher Beratung aufrechterhalten worden. Auf Grund dieses Verhaltens sei das Verhältnis zu den Klägerinnen unwiderbringlich zerstört. An dieser Betrachtung sich nichts daran, dass die Klägerin zu 3) im vierten Quartal 2006 sich an anderer Stelle niedergelassen habe.
Die Beigeladene zu 5) beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Köln abzuändern und die Klagen abzuweisen.
Die Klägerinnen beantragen,
die Berufungen der Beigeladenen zu 5) zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtene Entscheidung für zutreffend und meinen, auch das Berufungsvorbringen der Beigeladenen zu 5) sei nicht geeignet, eine andere Entscheidung zu rechtfertigen.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die Berufungen der Beigeladenen zu 5) sind zulässig, aber nicht begründet. Das Sozialgericht hat zu Recht die Beschlüsse des Beklagten vom 29.09.2004 aufgehoben, denn die Voraussetzungen für eine Entziehung der Zulassung liegen nicht vor.
Nach § 95 Abs. 6 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 27 Zulassungsverordnung für Vertragsärzte (Ärzte-ZV) ist die Zulassung u. a. zu entziehen, wenn die Voraussetzungen nicht oder nicht mehr vorliegen oder der Vertragsarzt seine vertragsärztlichen Pflichten gröblich verletzt hat. Aus der Begründung der Beklagten lässt sich nicht eindeutig entnehmen, ob er das Fehlen bzw. den Wegfall der Zulassungsvoraussetzungen oder eine gröbliche Pflichtverletzung bejaht hat. Er stellt zwar darauf ab, dass keine Ausübung der psychotherapeutischen Tätigkeit in selbständiger Tätigkeit vorliege, ob er insoweit den Klägerinnen eine gröbliche Pflichtverletzung vorwirft oder annimmt, es fehle an den Zulassungsvoraussetzungen, wird aus dem Beschluss nicht klar.
1. Der Entziehungsgrund des Fehlens der Zulassungsvoraussetzungen liegt schon deshalb nicht (mehr) vor, weil sich die Verhältnisse, auf die der Beklagte abgestellt hat, geändert haben. Da für den Zulassungsentziehungsgrund des Fehlens der Zulassungsvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung abzustellen ist, sind die nach der Entscheidung des Beklagten eingetretenen Änderungen der Sach- und Rechtslage zu berücksichtigen. Der Beklagte hat den Klägerinnen vorgeworfen, sie übten ihre psychotherapeutische Tätigkeit nicht freiberuflich in eigener Praxis aus, wie dies § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV vorschreibe, da sie sich in eine fremdbestimmte Praxisorganisation begeben hätten. Seit dem 01.10.2004 war aber die Zusammenarbeit der Klägerinnen mit Dr. O bzw. der Gemeinschaftspraxis, der dieser angehörte, auf eine neue rechtliche Grundlage gestellt worden. Der Zulassungsausschuss hatte zum Einen auf der Grundlage des vorgelegten Vertrages eine Gemeinschaftspraxis von Dr. O mit zwei weiteren Ärzten genehmigt. Zum Anderen war schon im ersten Halbjahr 2004 mit anderen Ärzten und Psychologen eine medizinische Kooperationsgemeinschaft in Gestalt einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts begründet worden. Gegen die Errichtung einer medizinisch-psychologischen Kooperationsgemeinschaft hatte die Ärztekammer Nordrhein mit Schreiben vom 24.09.2004 keine berufsrechtlichen Bedenken erhoben. Auch dem Zulassungsausschuss war die Begründung dieser Kooperationsgemeinschaft bekannt, denn er hatte mit Schreiben vom 08.07.2004 seine Zuständigkeit für eine Genehmigung dieser Kooperationsgemeinschaft verneint.
Somit war seit dem 01.10.2004 die Zusammenarbeit der Klägerinnen innerhalb der Praxisorganisation auf eine neue, von der zuständigen Ärztekammer als berufsrechtlich zulässig angesehene rechtliche Grundlage gestellt worden. Dem Zulassungsausschuss und somit auch der diesem Gremium angehörenden Beigeladenen zu 5) war der in diesem Zusammenhang vorgelegte Kooperationsvertrag bekannt. Ein Anlass bestand nicht mehr, die Zulassung wegen angeblich fehlender Voraussetzung zu entziehen, wenn bereits eine völlig neue rechtliche Regelung geschaffen worden war. Die Klägerinnen zu 1) und 3) hatten schon in der Sitzung am 29.09.2004 auf die (beabsichtigte) neue vertragliche Gestaltung hingewiesen. Diesen Hinweis hätte der Beklagte nachgehen müssen. Unverständlich ist, weshalb die Beigeladene zu 5) auch jetzt noch in der Berufungsbegründung behauptet, eine Änderung der Verhältnisse in der Praxis sei nicht ersichtlich, ohne sich mit der Gestaltung der Kooperationsgemeinschaft zu befassen. Die Beigeladene zu 5) hat auch nie geltend gemacht, die vertragliche Gestaltung der Kooperations-gemeinschaft sei zwar berufsrechtlich unbedenklich, aber mit vertragsärztlichen Grundsätzen unvereinbar. Ebensowenig gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die tatsächliche Durchführung der Zusammenarbeit der Partner der Kooperationsgemeinschaft von der vertraglichen Gestaltung abgewichen und mit Grundsätzen einer selbständigen Ausübung der vertragsärztlichen/-psychotherapeutischen Tätigkeiten unvereinbar gewesen wäre bzw. ist. Hinsichtlich der Klägerin zu 3) ist zudem zu berücksichtigen, dass sie seit dem vierten Quartal 2006 sich an anderer Stelle niedergelassen hat, so dass ohnehin der behauptete Vorwurf, es fehle wegen der Eingliederung in eine fremde Praxisorganisation an der selbständigen Ausübung der vertragspsychotherapeutischen Tätigkeit, entfallen ist.
2. Eine die Zulassungsentziehung rechtfertigende gröbliche Pflichtverletzung kann den Klägerinnen nicht vorgeworfen werden. Eine gröbliche Pflichtverletzung als Voraussetzung für eine Zulassungsentziehung liegt nur vor, wenn der Verstoß gegen das Vertragsarzt-recht von einer Art und Schwere ist, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Arzt, Kassenärztlicher Vereinigung und Krankenkassen derart gestört ist, dass eine weitere Zusammenarbeit nicht mehr möglich erscheint (ständige Rechtsprechung, zusammenfassend BSG SozR 4-2500 § 95 Nr. 9; BVerfGE 69, 233).
Zu Recht hat das Sozialgericht eine gröbliche Pflichtverletzung der Klägerinnen verneint. Es mag zwar angenommen werden, dass die Gestaltung der Zusammenarbeit der Psychologischen Psychotherapeutinnen nicht der einer Gemeinschaftspraxis entsprochen hat, wie das Sozialgericht rechtskräftig im Urteil vom 25.06.2003 (S 19 KA 22/02) entschieden hat. Ob tatsächlich die Klägerinnen dem Vertrag zwischen Dr. O und seiner Partnerin vom 01.12.1998 beigetreten waren, wie die Beigeladene zu 5) behauptet, erscheint zweifelhaft. Zum Einen haben die Klägerinnen auch bekundet, es habe keinen schriftlichen Vertrag gegeben, zum Anderen konnte zwischen den Klägerinnen und Dr. O keine Gemeinschaftspraxis begründet werden, wie sie der Vertrag vom 01.12.1998 regelt. Wenn die Klägerinnen einzelne Regelungen wie die Abführung eines Honoraranteils von 35 % zur Abgeltung der Praxiskosten gegen sich geltend ließen, kann daraus nicht auf einen Beitritt zu diesem Vertrag geschlossen werden.
Die tatsächliche Gestaltung der Tätigkeit der Klägerinnen in der Praxisorganisation begründet nicht die Annahme eines Pflichtverstoßes von solchem Gewicht, dass eine weitere Zusammenarbeit mit den Klägerinnen für die Beigeladene zu 5) unzumutbar wäre. Der Beklagte und die Beigeladene zu 5) sehen eine gröbliche Pflichtverletzung darin, dass die Klägerinnen sich in eine fremdbestimmte Arbeitsorganisation begeben hätten, die ihnen keinerlei Entscheidungsspielraum gelassen habe. Sowohl für die Anschaffung und den Einsatz der sächlichen Mittel als auch für die Personalstellung habe die Entscheidungsbefugnis in den Händen des "eigentlichen Praxisinhabers" Dr. O gelegen. Die Klägerinnen hätten nur Wünsche hinsichtlich der Benutzung der Räumlichkeiten "anmelden" können und hätten noch nicht einmal über die für sie bestimmten Honorarzuflüsse von Seiten der Beigeladenen zu 5) verfügt. Sie hätten keine Verfügungsgewalt über das Geschäftskonto gehabt, auf das die Honorare überwiesen worden seien. Auch die Beteiligung von Dr. O an dem finanziellen Erfolg der Tätigkeit der Klägerinnen sei geeignet gewesen, die Unabhängigkeit der Klägerinnen in ihren fachlichen Entscheidungen zu gefährden.
Wie der Senat bereits in seinem Urteil vom 13.09.2006 (L 11 KA 20/06) im Falle der Zulassungsentziehung von Dr. O ausgeführt hat, haben sich die Psychologischen Psychotherapeuten und die ärztliche Gemeinschaftspraxis nur der gleichen organisatorischen Strukturen bedient. Die Mitarbeiterinnen der Praxis, auf deren Aussage sich auch der Beklagte gestützt hat, haben in dem Verfahren S 19 KA 27/01 SG Köln ausgesagt, dass sie die Abrechnungen sowohl für die Ärzte wie für die Psychotherapeuten erstellt haben und dass ein gemeinsamer Raumplan geführt wurde. Allerdings erfolgten diese Abrechnungen auf der Grundlage der jeweils von den Ärzten bzw. Psychologen gemachten Vorgaben. Soweit die finanzielle Abwicklung des Honorars über ein von Dr. O verwaltetes Konto erfolgte, mag es zwar unüblich sein, dass ein Arzt bzw. Psychologischer Psychotherapeut sich nicht um die wirtschaftlichen Verhältnisse seiner Praxis kümmert und die finanzielle Abwicklung des Honorars einem Dritten überlässt. Es ist andererseits aber nicht ersichtlich, inwiefern die Klägerinnen dadurch in ihrer Unabhängigkeit gefährdet wurden. Sie erhielten – entsprechend den Abschlagszahlungen der Beigeladenen zu 5) – monatliche Abschlagszahlungen, die sich an den Umsätzen der vergangenen Abrechnungsperioden orientierten, wobei aber zum Jahresende immer eine genaue Abrechnung des individuell erwirtschafteten Honorars vorgenommen wurde. Was die Nutzung der Praxisräume anbelangt, haben die Klägerinnen zu 1) und 3) in der Sitzung des Beklagten am 29.09.2004 bekundet, dass ihnen ein Raum zur Verfügung gestanden habe, den sie allein genutzt hätten und der nur in Notfällen von anderen Therapeuten mitbenutzt worden sei. Auch die vom SG vernommenen Mitarbeiterinnen haben ausgesagt, dass der Raumplan nach den Wünschen der Therapeuten erstellt worden sei. Es ist daher irreführend, wenn der Beklagte in seinem Beschluss behauptet, die Klägerinnen hätten lediglich Wünsche hinsichtlich der Praxisräume "anmelden" können.
Auf die Behandlungstätigkeit der Klägerinnen hat Dr. O keinen Einfluss genommen. Die Klägerinnen zu 1) und 3) haben bei ihrer Anhörung durch den Beklagten angegeben, dass sie entschieden hätten, wen sie aufgenommen hätten. Wenn sie Behandlungsplätze frei gehabt hätten, hätten sie dies in einer bei der Anmeldung ausliegende Liste eingetragen. Ein Patient, der die Praxis aufgesucht habe, sei von dem Konsilarzt erst nach Rücksprache an sie vermittelt worden. Sie hätten aber auch Patienten von anderen niedergelassenen Ärzten vermittelt bekommen.
Vor diesem Hintergrund ist die Beurteilung der Beigeladenen zu 5), es habe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zu Dr. O bestanden, fernliegend. Die Klägerinnen haben kein festes Gehalt, sondern lediglich das individuell erwirtschaftete Honorar erhalten, wovon ein Anteil von 35 % zur Abgeltung der Kosten der Praxis einbehalten wurde. Dies ist für ein Beschäftigungsverhältnis untypisch. Zutreffend hat das Sozialgericht die Abführung eines Honoraranteils von 35 % als Abgeltung der Praxiskosten nicht als bedenklich angesehen, da die tatsächlichen Kosten einer Praxis eher über diesem Satz liegen. Zudem war ein umsatzabhängiger Anteil zur Abgeltung der Kosten für die Klägerinnen insoweit günstig, als sie damit von dem Risiko, trotz evtl. sinkender Umsätze gleichbleibende Fixkosten für die Praxis tragen zu müssen, entlastet waren. Ein Weisungsrecht von Dr. O bestand nicht, insbesondere hat er nicht auf die Behandlung Einfluss genommen. Weder die Zuweisung von Patienten, noch die Festlegung von Behandlungszeiten sind behauptet worden. Die im Verfahren des SG Köln vernommene Mitarbeiterin hat vielmehr bekundet, die meisten Patienten, die in die Praxis gekommen seien, hätten von einem bestimmten Therapeuten behandelt werden wollen und seien diesem dann auch zugewiesen worden. Für die Klägerinnen bestand auch keine Präsenzpflicht. Aus der Tatsache, dass sie allein über die Aufnahme von Patienten entschieden, ergibt sich zugleich, dass sie auch den Umfang ihrer Tätigkeit bestimmen konnten. Der Vorwurf der Beigeladenen zu 5), die Klägerinnen hätten sich in eine fremdbestimmende Arbeitsorganisation begeben, die ihnen keinerlei Entscheidungsspielraum gelassen habe, ist somit unbegründet.
Der Beigeladenen zu 5) ist zuzugeben, dass die Klägerinnen in einem fast unbegreiflichen Ausmaß Dr. O vertraut und ihm alle organisatorischen Fragen überlassen haben. Sie haben sich nicht nur um die finanziellen Dinge nicht gekümmert, sondern waren auch mit allen sonstigen Verwaltungsangelegenheiten nicht befasst. Dass sie weder von den Schreiben der Beigeladenen zu 5) noch dem Zulassungsentziehungsantrag und auch von dem in ihrem Namen geführten Verfahren gegen die Beigeladene zu 5) keine Kenntnis erlangt haben wollen, die offenbar Dr. O mit einer "Blanko-Vollmacht" der Klägerinnen initiieren konnte, offenbart eine dem Senat unverständliche Nachlässigkeit in eigenen Angelegenheiten. Die Klägerinnen haben es offenbar als angenehm angesehen, ihre psychotherapeutische Tätigkeit ausüben zu können, ohne sich im mindesten um organisatorische Fragen kümmern zu müssen und haben sich dabei völlig auf Dr. O verlassen. Bequemlichkeit und Naivität rechtfertigen jedoch vor dem Hintergrund, dass die Klägerinnen jedenfalls ihre psychotherapeutische Tätigkeit unbeeinflusst und selbständig durchführen konnten und durchgeführt haben, nicht die Entziehung der Zulassung wegen einer gröblichen Pflichtverletzung, zumal die Zusammenarbeit in der Praxis mindestens seit dem 01.10.2004 auf eine neue Grundlage gestellt war.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz i. V. m. § 154 Abs. 2, 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 05.04.2007
Zuletzt verändert am: 05.04.2007