Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2005 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Erteilung einer Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von Koloskopien.
Der Kläger ist als Facharzt für Innere Medizin zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen; er nimmt an der fachärztlichen Versorgung teil.
Im November 2002 beantragte er bei der Beklagten die Erteilung einer Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von Koloskopien nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002. Er stellte grundsätzlich in Abrede, dass er zur Erbringung von Koloskopien des Nachweises seiner Qualifikation bedürfe, da er seit 1979 als Internist tätig sei und davon mehrere Jahre als Oberarzt und zeitweise als kommissarischer Chefarzt tätig gewesen sei. Unabhängig davon habe er das erforderliche Formular dem Schreiben beigefügt.
Mit Bescheid vom 04.04.2003 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab. Der Kläger habe nicht ausreichend die Voraussetzungen zur Erteilung einer Übergangsgenehmigung nachgewiesen. Die vorgelegten Dokumentationen, die z. T. auf Privatrezepten festgehalten seien, sei als nicht suffizient anzusehen.
Mit seinem Widerspruch wandte sich der Kläger gegen diese Beurteilung und verwies im Übrigen zum Nachweis seiner Qualifikation auf Zeugnisse und Bescheinigungen, die er bei der Beklagten einreichte. Mit Widerspruchsbescheid vom 28.10.2003 wies die Beklagte den Widerspruch zurück.
Zur Begründung der am 12.11.2003 erhobenen Klage hat der Kläger vorgetragen, er habe bereits vor seiner Niederlassung im Jahre 1985 im Rahmen seiner Ausbildung und Weiterbildung zahlreiche Koloskopien durchgeführt und an Lehrgängen teilgenommen. Nach seiner Niederlassung habe er regelmäßig diese Leistung erbracht. Auf die Zahl der durchgeführten Untersuchungen habe er keinen Einfluss gehabt, daher könne ihm nicht das Nichterreichen der geforderten Mindestzahl von 200 Koloskopien angelastet werden. Zumindest habe die Beklagte nach den Übergangsregelungen die Durchführung der koloskopischen Untersuchungen im kurativen Bereich nach den Ziffern 760 und 775 EBM (a. F.) weiterhin erlauben müssen.
Mit Urteil vom 23.11.2005 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Der Kläger habe die Voraussetzungen der Übergangsregelung des § 10 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002 nicht erfüllt, da er den nach § 10 Abs. 2 lit. c geforderten Nachweis von 200 selbständig durchgeführten totalen Koloskopien ausweislich der von ihm vorgelegten Unterlagen nicht erbracht habe. Auf die Frage, ob die vorgelegten Dokumentationen ausreichend seien, komme es daher nicht an. Er erfülle auch nicht die Voraussetzungen für eine beschränkte Genehmigung nach § 10 Abs. 3 Satz 1, weil er die erforderliche Fachkunde Sigmoido-Koloskopie nicht erworben habe.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung macht der Kläger geltend, es sei die Frage, ob ein Internist, der seit 20 Jahren Koloskopien durchführe, überhaupt noch den Fachkundenachweis Sigmoido-Koloskopie erbringen müsse. Der Nachweis dieser Fachkunde sei auf Druck der Gastroenterologen eingeführt worden. Es sei gar nicht möglich, diesen Fachkundenachweis zu erlangen, weder die Ärztekammer noch die Beklagte hätten ihm entsprechende Möglichkeiten nennen können. Darüber hinaus sei die geforderte Zahl von 200 Koloskopien unverhältnismäßig, da eine hohe Frequenz der Leistungserbringung nichts über die Qualität der Durchführung aussage. Zudem fehle es für diese Forderung an einer gesetzlichen Grundlage; die Qualitätssicherungsvereinbarung könne diese nicht ersetzen. Ferner weist der Kläger darauf hin, dass Kollegen, die eine Genehmigung zur Durchführung von koloskopischen Untersuchungen erhalten hätten, keine bessere internistische Qualifikation aufwiesen. Auch ihnen sei von einem Fachkundenachweis nichts bekannt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 23.11.2005 abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung ihrer Bescheide vom 04.04.2003 und 28.10.2003 zu verurteilen, ihm eine Genehmigung zur Erbringung und Abrechnung von koloskopischen Leistungen zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung ist nicht begründet, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Genehmigung nach der Übergangsregelung des § 10 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002.
Der Anspruch des Klägers ist noch nach der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002 zu beurteilen, obwohl seit dem 01.10.2006 die Qualitätssicherungsvereinbarung vom 24.07.2006 gilt. Diese sieht in § 4 Abs. 1 vor, dass nur noch Fachärzte für Innere Medizin mit dem Schwerpunkt Gastroenterologie die fachliche Voraussetzung für die Genehmigung erfüllen. Nach der Neufassung könnte der Kläger also von vornherein die Genehmigung nicht mehr erlangen. Nach § 10 Abs. 2 der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 24.07.2006 behalten allerdings Ärzte, denen schon die Genehmigung nach der alten Vereinbarung erteilt worden war, diese Genehmigung. Daraus ergibt sich, dass das Begehren des Klägers nach der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002 zu prüfen ist. Zwar ist für die materiell-rechtliche Prüfung, ob ein den Klageantrag deckender Anspruch besteht, bei der Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung anzusetzen. Bei einer Rechtsänderung zu Ungunsten des Klägers ist aber entscheidend, ob die neue Fassung einen durch das alte Recht begründeten Anspruch beseitigt oder unberührt gelassen hat (vgl. BVerwGE 84, 157, 160 f). Da eine nach der alten Fassung der Qualitätssicherungsvereinbarung erteilte Genehmigung weiter gelten würde, reicht es aus, dass zum Zeitpunkt der Antragstellung ein Anspruch nach der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002 bestand.
Mangels Erfüllung der fachlichen Voraussetzungen hat der Kläger weder nach § 10 Abs. 2 noch nach Abs. 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002 einen Anspruch auf Genehmigung zur Durchführung von Koloskopien. Auf die zutreffenden Ausführungen des Sozialgerichts wird Bezug genommen (§ 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
Das Berufungsvorbringen des Klägers kann zu keiner anderen Beurteilung führen. Dass der Kläger für die Durchführung von Koloskopien ab dem 01.10.2002 einer Genehmigung nach der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002 bedarf, was er in seinem Schreiben vom 15.11.2002 bezweifelt hat, steht außer Frage. § 135 Abs. 2 5. Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) ermächtigt die Partner des Bundesmantelvertrages-Ärzte (BMV-Ä) zum Abschluss von Vereinbarungen für ärztliche Leistungen, die wegen der Anforderungen an ihre Ausführung besonderer Kenntnisse und Erfahrungen (Fachkundenachweis) sowie einer besonderen Praxisausstattung oder weiterer Anforderungen an die Strukturqualität bedürfen. Diesem Zweck dient die Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002, nach deren § 1 die Strukturqualität von Koloskopien gesichert werden soll. In diesem Zusammenhang darf das Vertragsarztrecht auch Qualifikationsanforderungen anstellen, die über das Berufsrecht hinausgehen. Beide Gebiete sind nicht notwendig deckungsgleich hinsichtlich der Anforderungen; da die Ärzte aus der Partizipation am öffentlich-rechtlichen Krankenversicherungssystem Vorteile ziehen, müssen sie umgekehrt auch Einschränkungen hinnehmen, die ihnen das Berufsrecht nicht abverlangt (BVerfG SozR 4-2500 § 135 Nr. 2).
Unstreitig verfügt der Kläger nicht über den Fachkundenachweis Sigmoido-Koloskopie. Seine Behauptung, diesen Fachkundenachweis "gebe es nicht", ist ausweislich der von ihm selbst vorgelegten Weiterbildungsordnungen offenkundig falsch. Soweit er auf das Schreiben der Ärztekammer Nordhrein vom 07.12.2005 verweist, teilt die Ärztekammer darin lediglich mit, dass nach den Richtlinien der Weiterbildungsordnung von 1970, nach der der Kläger die Facharztanerkennung Innere Medizin erworben hat, er nicht automatisch über die Kenntnisse verfügt, die auf Grund der nachfolgenden Richtlinien über den Inhalt der Weiterbildung in der Inneren Medizin erforderlich waren, um den Fachkundenachweis Sigmoido-Koloskopie zu erwerben.
Ob der Kläger zum gegenwärtigen Zeitpunkt berufsbegleitend noch den Fachkundenachweis erwerben kann, ist rechtlich irrelevant. Werden Ärzte durch neue Regelungen von der Erbringung und Abrechnung bestimmter, zu ihrem Fachgebiet gehörender Leistungen ausgeschlossen, so liegt eine statusrelevante Berufsausübungsregelung nur dann vor, wenn diese Leistungen für das Fachgebiet wesentlich sind. Die Normierung nicht statusrelevanter Regelungen kann dem untergesetzlichen Normgeber überlassen werden. Dabei haben die Partner der Bundesmantelverträge als Normsetzer bei der Einführung nicht statusrelevanter qualitätssichernder Maßnahmen einen weitgehenden Entscheidungsspielraum (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 15). Werden für Leistungen, die – wie im vorliegenden Fall – nicht den Grundbestand bzw. Kernbereich des Fachgebiets betreffen, für die Erbringung Qualifikationsanforderungen aufgestellt, ist der Normsetzer nicht verpflichtet, für diejenigen, die diese Leistung in der Vergangenheit in erlaubter Weise erbracht haben, überhaupt Übergangsregelungen zu schaffen (BSG SozR 3-2500, § 72 Nr. 11; SozR 3-2500 § 135 Nr. 15). Soweit Übergangsregelungen getroffen werden, kann der Normsetzer sie eng begrenzen bzw. strenge Anforderungen festlegen. Er muss nicht vorsehen, dass jeder Arzt, der Erfahrungen in der qualifizierten Erbringung solcher Leistungen nachweist, die Berechtigung erlangen muss, sie künftig im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbringen zu können (BSG SozR 3-2500 § 135 Nr. 15). Nach diesen rechtlichen Vorgaben, die der Senat für zutreffend hält, ist die getroffene Regelung nicht zu beanstanden. Den berufsrechtlichen Vorgaben der zuständigen Länder ist ausreichend dadurch Rechnung getragen worden, dass sich die Grundtatbestände der Vereinbarung an den berufsrechtlichen Qualifikationen orientieren. Nach § 4 Abs. 1 der Qualitätssicherungsvereinbarung vom 20.09.2002 war die fachliche Befähigung nachgewiesen mit der Berechtigung zum Führen der Schwerpunktbezeichnung Gastroenterologie oder der Gebietsbezeichnung Innere Medizin mit dem Erwerb der Fachkunde Sigmoido-Koloskopie. Das entsprach den zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vereinbarung geltenden Weiterbildungsordnungen.
Auch aus § 135 Abs. 2 Satz 3 SGB V ergibt sich nicht, dass bei Einführung neuer Qualifikationserfordernisse übergangsweise den Ärzten, die über diese bisher nicht verfügen, das Recht der weiteren Leistungserbringung eingeräumt werden muss. Diese Bestimmung legt nur Mindestanforderungen für eine "Nach-" Qualifikation eines bisher schon in diesem Bereich tätigen Arztes fest. Sie ist indessen keine Regelung, die nach Art eines Übermaßverbotes Schutz gegen zu strenge Anforderungen einer Übergangsvorschrift bieten kann (BSG, a. a. O.).
Auf die Frage, ob die in dem vom Kläger vorgelegten Schreiben der Kreisstelle Oberbergischer Kreis der Beklagten genannten Ärzte die fachliche Voraussetzung für die erteilte Genehmigung zur Durchführung von Koloskopien verfügen (was jedenfalls hinsichtlich des in dem Schreiben genannten Allgemeinmediziners kaum der Fall sein kann), kommt es rechtlich nicht an. Selbst wenn die Beklagte einzelnen oder allen genannten Ärzten zu Unrecht die Genehmigung erteilt hätte, könnte der Kläger daraus nichts zu seinen Gunsten herleiten, denn es gibt keine Gleichheit im Unrecht (BVerwGE 92, 153, 157). Somit kann der Kläger unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt die beantragte Genehmigung nach § 10 Abs. 2 oder nach Abs. 3 der Qualitätssicherungsvereinbarung zur Koloskopie vom 20.09.2002 erlangen.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 197 a Abs. 1 SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 18.04.2007
Zuletzt verändert am: 18.04.2007