Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 01.02.2007 betreffend die Ablehnung des Erlasses einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Der Antrag der Antragstellerin auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe:
I.
Die Antragstellerin begehrt die Verpflichtung der Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung, ihr im Rahmen der von ihr bezogenen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) einen Betrag von 114,91 EUR als Kosten im Zusammenhang mit dem Auszug aus ihrer bis zum 31.02.2007 bewohnten Wohnung zu erstatten.
Der Umzug der Antragstellerin in eine neue Wohnung erfolgte mit Zustimmung der Antragsgegnerin. Die Antragstellerin beantragte vor dem Umzug mit Schreiben vom 07.11.2006 die Übernahme von Kosten für die Auszugsrenovierung. Nach § 14 Abs. 1 des Mietvertrages vom 30.05.1988 zwischen der Antragstellerin und der Ärztekammer Westfalen-Lippe hat der Mieter die Mieträume bei seinem Auszug dem Vermieter in fachmännisch vollständig renoviertem und bezugsfertigem Zustand zurückzugeben (S. 1). Gleichzeitig müssen zu diesem Zeitpunkt die nach § 8 des Mietvertrages durchzuführenden Arbeiten beendet sein (S. 2). Kommt der Mieter dieser Verpflichtung bis zur Beendigung der Mietzeit nicht nach, so ist der Vermieter berechtigt, ohne Mahnung und Fristsetzung diese Arbeiten auf Kosten des Mieters durchzuführen und vom Mieter einen entsprechenden Kostenvorschuss zu verlangen (S. 3). Die nach Durchführung der Arbeiten nachgewiesenen Kosten sind unverzüglich zu erstatten (S. 4). Der Mieter hat ferner alle, auch die von ihm selbst beschafften, Schlüssel dem Vermieter auszuhändigen, anderenfalls der Vermieter auf Kosten des Mieters die Räume öffnen und neue Schlösser und Schlüssel anfertigen lassen kann (S. 5). Nach § 8 Abs. 3 ist der Mieter für Beschädigungen der Mieträume und des Gebäudes sowie der zu den Mieträumen oder zu dem Gebäude gehörigen Anlagen ersatzpflichtig, soweit sie von ihm oder den zu seinem Haushalt gehörigen Personen sowie Untermietern, Besuchern, Lieferanten, Handwerkern usw. verursacht worden sind (S. 1). Wegen der weiteren Einzelheiten des Mietvertrages wird auf diesen Vertrag Bezug genommen.
Nachdem die Antragsgegnerin den Antrag vom 07.11.2006 mit Bescheid vom 21.12.2006 abgelehnt und die Antragstellerin hiergegen Widerspruch eingelegt hatte, hat die Antragstellerin am 19.01.2007 beim Sozialgericht beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Kosten der Auszugsrenovierung sowie der Beschaffung eines neuen Türschließzylinders zu übernehmen. Im Antrag hat sie u.a. ausgeführt, ihr seien in der Vergangenheit Schlüssel abhanden gekommen; das Sozialamt der Stadt X habe ihr seinerzeit nur den Einbau eines einfachen Schließzylinders bewilligt, so dass bei Auszug ein zu der vorhandenen Schließanlage passender Zylinder mit entsprechenden Schlüsseln beschafft und eingebaut werden müsse. Dies sei Bestandteil der Auszugsrenovierung.
Sie hat auf ihre Verpflichtung zur Auszugsrenovierung nach § 14 ihres Mietvertrages hingewiesen und die Auffassung vertreten, Kosten der Auszugsrenovierung unterfielen den Kosten für die Unterkunft nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II.
Mit Beschluss vom 01.02.2007 hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Es sei bereits ein Anordnungsgrund, d.h. ein Eilbedürfnis für eine Entscheidung des Gerichts, nicht glaubhaft gemacht. Zwar werde der Vermieter der Antragstellerin voraussichtlich Kosten der Auszugsrenovierung geltend machen. Allein diese voraussichtliche Geltendmachung belege jedoch keinen Anordnungsgrund. Ein solcher setze vielmehr die Glaubhaftmachung schwerer und unzumutbarer, anders nicht mehr abwendbarer Nachteile voraus. Solche seien von der Antragstellerin nicht dargelegt worden. Es fehlten im Übrigen auch trotz entsprechender Aufforderung durch das Gericht Nachweise für die konkrete wirtschaftliche Situation der Antragstellerin. Bestehe kein Anordnungsgrund, könne dahin stehen, ob der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch zur Seite stehe.
Mit Schreiben vom 06.02.2007 stellte der Vermieter der Antragstellerin einen Betrag von 114,91 EUR für neue Schlüssel in Rechnung. Wegen der Einzelheiten wird auf das Schreiben vom 06.02.2007 Bezug genommen. Die Antragstellerin hat die Forderung des Vermieters unter dem 15.02.2007 beglichen.
Gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 01.02.2007 hat die Antragstellerin am 26.02.2007 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 05.03.2007 nicht abgeholfen hat. Die Antragstellerin trägt vor, eine Aufforderung durch das Sozialgericht, ihre konkrete wirtschaftliche Situation darzulegen und nachzuweisen, habe sie nicht erhalten. Sie habe allerdings im Rahmen eines Antrags auf Gewährung von Prozesskostenhilfe eine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu den Akten gereicht. Der Anordnungsgrund habe sich mittlerweile durch das Schreiben des Vermieters vom 06.02.2007 mit der Geltendmachung der Kosten für neue Schlüssel realisiert. Diese Schlüssel habe der Hausmeister des Vermieters bestellt. Ihr Konto befinde sich derzeit erheblich im Soll; sie habe die Forderung ihres Vermieters unter weiterer Überziehung ihre Dispositionskredits bei der Bank beglichen.
Auf Nachfrage des Senats hat die Antragstellerin mitgeteilt, ihr Vermieter habe bis zum heutigen Tage weitere Forderungen als diejenige über 114,91 EUR ihr gegenüber im Zusammenhang mit ihrem Auszug aus der Wohnung nicht geltend gemacht. Es bestehe allerdings die Gefahr, dass solche Kosten geltend gemacht würden, wenn sie die Rückzahlung ihrer Kaution verlange. Sie hat Auszüge ihre Girokontos vorgelegt; nach dem letzten vorgelegten Auszug vom 16.04.2007 betrug der Soll-Stand 649,87 EUR bei einem Kreditrahmen von 775,00 EUR.
Die Antragsgegnerin vertritt die Auffassung, als Kosten der Auszugsrenovierung kämen allenfalls Kosten für Streicharbeiten in Wohnraum, Diele, Bad und Abstellraum in Betracht. Allerdings sei schon fraglich, ob die Regelung im Mietvertrag über die Durchführung von Schönheitsreparaturen in Verbindung mit der Verpflichtung zur Auszugsrenovierung zivilrechtlich überhaupt wirksam sei. Die Antragstellerin habe auch nicht dargelegt, wann sie die letzten Schönheitsreparaturen überhaupt durchgeführt habe. Die Antragstellerin hätte den Vermieter bezüglich seiner Ansprüche im Übrigen auch auf die am 07.03.1986 in Höhe von 780,00 DM geleistete Kaution verweisen können. Im Übrigen sei bei den Kosten für die Auszugsrenovierung davon auszugehen, dass diese erst nach dem Bezug der neuen Wohnung angefallen seien. Kosten im Zusammenhang mit der alten Wohnung gehörten dann jedoch nicht mehr zum aktuellen Bedarf; der Unterkunftsbedarf sei vielmehr bereits durch die neue Wohnung sichergestellt. Es handele sich also bei den Kosten für die Auszugsrenovierung um eine Schuldverpflichtung gegenüber dem alten Vermieter; würden solche Kosten übernommen, so würde der Vermieter aufgrund des Leistungsbezugs des Mieters nach dem SGB II gegenüber anderen Vermietungsfällen in einer den Zwecken des SGB II zuwiderlaufenden Weise privilegiert.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs der Antragsgegnerin Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig, aber nicht begründet.
Bis zum heutigen Tag hat der ehemalige Vermieter der Antragstellerin allein Kosten für die Neubeschaffung von Schlüsseln in Höhe von 114,91 EUR gegen die Antragstellerin geltend gemacht. Dementprechend beantragt die Antragstellerin im Beschwerdeverfahren auch nurmehr die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Zahlung dieses Betrages (Schriftsatz vom 16.04.2007).
Zwar spricht manches dafür, dass Kosten für Auszugsrenovierungen bei einem notwendigen Auszug im Rahmen des § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II als notwendige Aufwendungen für die Unterkunft angesehen werden können, sofern nämlich diese Kosten an die Stelle der sonst regelmäßig anfallenden Schönheitsreparaturen treten, zu denen der Mieter vertraglich verpflichtet ist (vgl. BVerwG Urteil v. 30.04.1992 – 5 C 26.88, BVerwGE 90,160; Berlit in: LPK-SGB II, 2. Aufl. 2007, § 22 Rn. 20). Es kann allerdings im Falle der Antragstellerin dahin stehen, ob bei ihr Kosten für die Auszugsrenovierung an die Stelle mietvertraglich geschuldeter Schönheitsrenovierungen getreten sind und wenn ja, ob diese Kosten trotz zwischenzeitlichen Umzugs in eine andere Wohnung und damit trotz zwischenzeitlicher Deckung des Bedarfs an Unterkunft aus Mitteln der Grundsicherung für Arbeitssuchende zu übernehmen sind.
Denn die Antragstellerin begehrt lediglich den Ersatz der Kosten, die ihr durch den Verlust von Schlüsseln für ihre alte Wohnung entstanden sind. Der Ersatz verlorener Schlüssel hat jedoch von vornherein nichts mit einer mietvertraglich geschuldeten Auszugsrenovierung bzw. einer Schönheitsreparatur zu tun. Letztere dient allein dem Erhalt einer Wohnung. Die zivilrechtliche Verantwortlichkeit für den Ersatz verlorener Schlüssel nimmt demgegenüber allein Rücksicht auf ein entsprechendes Missgeschick bzw. eine Unachtsamkeit des Mieters im Umgang mit Eigentumsgegenständen des Vermieters, welche – wie ein Schlüssel – regelmäßig keiner Wartung im Sinne einer Schönheitsreparatur bedürfen. Die Abwälzung solcher Kosten für den Ersatz verlorenen Vermietereigentums auf die Allgemeinheit, welche die Fürsorgeleistungen nach dem SGB II aufzubringen hat, kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil keinerlei Zusammenhang mit dem nach § 22 SGB II zu deckenden Wohnungsbedarf besteht. Im Übrigen würde eine von der Antragstellerin begehrte Kostenübernahme lediglich den Vermieter als Gläubiger des Mieters im Vergleich zur Situation mit anderen Mietern, die keine Leistungen nach dem SGB II beziehen, sachwidrig privilegieren.
Nichts anderes ergibt sich daraus, dass die Antragstellerin die Forderung ihres ehemaligen Vermieters bereits beglichen hat. Ein solches Verhalten oblag ihrer freien Entscheidung; sie hat jedenfalls keinen Anspruch darauf, dass sie aus Mitteln der Grundsicherung für Arbeitssuchende von privaten Schulden freigestellt wird, die sich nicht mehr negativ auf ihren aktuellen Unterkunftsbedarf auswirken können.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Hat der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bereits aus Rechtsgründen keinen Erfolg, so fehlt der Rechtsverfolgung der Antragstellerin auch im Sinne von § 73a SGG iVm § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) eine hinreichende Erfolgsaussicht. Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren ist deshalb nicht zu bewilligen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.05.2007
Zuletzt verändert am: 22.05.2007