Unter teilweiser Abänderung des Beschlusses des Sozialgerichts Dortmund vom 07.03.2007 wird die Antragsgegnerin zur einstweiligen Erbringung von Leistungen nach dem SGB II in Höhe von je 423,91 EUR für die Monate April bis Juli 2007 verpflichtet. Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 07.03.2007 im Übrigen werden zurück-gewiesen. Die Antragsgegnerin trägt die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren.
Gründe:
Mit Bescheid vom 05.01.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.01.2007 (Klage anhängig unter dem Az.: S 5 AL 76/07, SG Dortmund) lehnte die Antragsgegnerin den für den Leistungszeitraum ab Januar 2007 gestellten Antrag der Antragstellerin auf Leistungen nach dem SGB II mit der Begründung ab, die Erwerbsfähigkeit der Antragstellerin als Voraussetzung eines Anspruches auf Leistungen nach dem SGB II sei nicht feststellbar, weil die Antragstellerin sich einer ärztlichen Untersuchung nicht gestellt habe.
Mit Antrag im einstweiligen Rechtsschutzverfahren vom 05.02.2007 hat die Antragstellerin eine einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Erbringung von Leistungen nach dem SGB II, hilfsweise eine einstweilige Verpflichtung des beizuladenden Leistungsträgers nach dem SGB XII zur Erbringung von Leistungen begehrt.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 07.03.2007 hat das Sozialgericht die gestellten Anträge in der Sache sowie den zugleich gestellten Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wegen fehlender Erfolgsaussichten abgelehnt. Dies hat das Sozialgericht damit begründet, im Hinblick auf noch vorhandene Barmittel der Antragstellerin bestehe keine Eilbedürftigkeit.
Gegen den am 12.03.2007 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde der Antragstellerin vom 25.03.2007, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt und auf den zwischenzeitlichen Aufbrauch ihrer Ersparnisse hinweist.
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Beschluss vom 26.03.2007), ist im tenorierten Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.
Der Senat hat die Antragsgegnerin im tenorierten Umfang zur einstweiligen Erbringung von Leistungen nach dem SGB II verpflichtet, weil nach dem tatsächlichen Verbrauch der zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts noch vorhandenen Barmittel nunmehr Eilbedürftigkeit gegeben ist. Der Anordnungsgrund als eine der beiden Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung nach § 86b Abs. 2 S. 2 SGG ist damit (mittlerweile) glaubhaft gemacht. Auch ein Anordnungsanspruch im Sinne eines materiell-rechtlichen Anspruches auf die begehrte Leistung liegt vor. Die Antragstellerin ist bedürftig und hat nach § 44a Abs. 1 S. 2 SGB II (ab dem 01.08.2006 geltende Fassung des Gesetzes in der Form der letzten Änderung durch Art. 1 Nr. 34 des Gesetzes vom 20.07.2006, BGBl. I, 1706) bis zur endgültigen Feststellung entweder der Leistungszuständigkeit der Antragsgegnerin oder des Leistungsträgers nach dem SGB XII einen Anspruch auf Erbringung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen die Antragsgegnerin. Der von der Antragsgegnerin beschrittene Weg, Leistungen nach dem SGB II wegen Nichtfeststellbarkeit der Erwerbsfähigkeit abzulehnen, ist vom Gesetz nicht eröffnet.
Der Leistungsanspruch der Antragstellerin nach dem SGB II setzt grundsätzlich Erwerbsfähigkeit im Sinne von § 8 SGB II (hierzu ausführlich Rixen, info also 2006, 153 ff.) voraus. Diese muss die Antragsgegnerin nach § 44a SGB II – positiv oder negativ-feststellen. Hiernach stellt die Agentur für Arbeit fest, ob der Arbeitsuchende erwerbsfähig und hilfebedürftig ist. Bei Feststellung beider Tatbestandsvoraussetzungen sind Leistungen nach dem SGB II zu bewilligen. Wird das Nichtvorliegen von Erwerbsfähigkeit festgestellt und erkennt der alternativ in Betracht kommende Leistungsträger seine Leistungszuständigkeit an, entfällt die Leistungszuständigkeit des Grundsicherungsträgers nach dem SGB II. Widerspricht der alternativ in Betracht kommende Leistungsträger, bleibt die Leistungsverpflichtung des Leistungsträgers nach dem SGB II aufgrund der in § 44a Abs. 1 S. 2 getroffenen Regelung erhalten. Hiernach besteht eine Leistungsverpflichtung der Agentur für Arbeit und des kommunalen Trägers zur Erbringung von Leistungen der Grund-sicherung für Arbeitsuchende "bis zur Entscheidung der Einigungsstelle" (vgl. Urteil des BSG vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R).
Für die Feststellung der Erwerbsfähigkeit gilt der Untersuchungsgrundsatz nach § 20 SGB X, weshalb die Agentur für Arbeit von Amts wegen den Sachverhalt ermittelt. Der Antragsteller ist hierbei umfassend auskunftspflichtig und mitwirkungspflichtig (vgl. §§ 60 ff. SGB I). Bei Zweifeln an seiner Erwerbsfähigkeit kann eine Untersuchung durch den ärztlichen Dienst oder einen anderen Sachverständigen veranlasst werden (vgl. § 62 SGB I). Bei Unterlassen der Mitwirkung kann der Leistungsträger die Leistung unter bestimmten Umständen ganz oder teilweise versagen oder entziehen (§ 66 SGB I). Bei Weigerung, trotz Rechtsfolgebelehrung zur ärztlichen Untersuchung zu erscheinen, kann es nach § 31 Abs. 2, 3 SGB II zu einer Absenkung bzw. zum Wegfall des Arbeitslosengeldes II kommen (Hoehl in juris PK-SGB II, § 44a, Stand 08.02.2007; speziell zum Anwendungsbereich von § 66 SGB I bei Verletzung der Pflicht, zu einem ärztlichen oder psychologischen Untersu-chungstermin zu erscheinen (§ 59 SGB II, 309 SGB III): Blüggel in Eicher/Spellbrink, SGB II, § 59 Rn 25).
Als Möglichkeiten weiterer Aufklärung bietet sich z.B. die Veranlassung eines ärztlichen Gutachtens auf Basis des Akteninhaltes an, sofern sich die Antragstellerin fortgesetzt weigert, an einer ärztlichen Untersuchung teilzunehmen.
Der Senat hat 70% der zuletzt von der Antragstellerin bis Jahresende 2006 bezogenen Leistungen nach dem SGB II (605,59 EUR) für drei Monate zugesprochen, um einerseits den existenziellen Bedürfnissen der Antragstellerin andererseits aber auch dem Umstand, dass sie an der Klärung ihrer Erwerbsfähigkeit bisher nicht mitgewirkt hat, Rechnung zu tragen. Der Antragsgegnerin ist damit ausreichend Zeit zur Durchführung des vorbeschriebenen Feststellungsverfahrens gegeben.
Die Beschwerden im Übrigen waren zurückzuweisen, weil es zum Zeitpunkt der Entscheidung des Sozialgerichts im Hinblick auf noch vorhandenes Barvermögen der Antragstellerin an einem Anordnungsgrund im Sinne von § 86b Abs. 2 S. 2 SGB II und damit auch am Vorliegen hinreichender Erfolgsaussicht als Voraussetzung eines Anspruches auf die Bewilligung von Prozesskostenhilfe nach §§ 73a SGG, 114 ff. ZPO fehlte. Der Senat folgt der Begründung des angefochtenen Beschlusses und verweist hierauf nach § 142 Abs. 2 S. 2 SGG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG in entsprechender Anwendung und trägt dem Teilerfolg der Beschwerde Rechnung.
Dieser Beschluss ist nach § 177 SGG endgültig.
Erstellt am: 31.05.2007
Zuletzt verändert am: 31.05.2007