Auf die Beschwerde der Antragsteller (Pflegekassen) wird die aufschiebende Wirkung der Klage S 23 P 243/06 ab Zustellung der Beschwerdeentscheidung angeordnet, soweit die Antragsgegnerin (Schiedsstelle) den Punktwert höher als mit 4,1 ct, die Vergütungen für den Leistungskomplex 15 (Hausbesuchs-pauschale) höher als mit 1,53 Euro und für den Leistungskomplex 15a (erhöhte Hausbesuchspauschale) höher als mit 4,09 Euro festgesetzt hat. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin (Schiedsstelle) trägt die Kosten in beiden Rechtszügen des Anordnungsverfahrens. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird mit 13.568,46 Euro festgesetzt.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten in der Hauptsache um die Rechtmäßigkeit eines Schiedsspruches der Antragsgegnerin. Konkret geht es um die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der nordrheinischen Landesverbände der Pflegekassen (= Antragsteller, im Folgenden: Pflegekassen) gegen eine Entscheidung der Schiedsstelle für die Soziale Pflegeversicherung im Land Nordrhein-Westfalen (= Antragsgegnerin; im Folgenden: Schiedsstelle) hinsichtlich der Abrechnung von Pflegeleistungen der beigeladenen "B Häusliche Krankenpflege K. C und B1. X" in L (= Beigeladene, im Folgenden: Pflegeeinrichtung). Gegenstand des Schiedsspruches ist die Festsetzung des Punktwertes sowie die Höhe der Vergütung für Hausbesuchspauschalen (Leistungskomplex 15) und er-höhte Hausbesuchspauschalen (Leistungskomplex 15a).
Die Pflegeeinrichtung – ein durch Versorgungsvertrag zugelassener Pflegedienst – rechnete die den Pflegebedürftigen erbrachten Pflegeleistungen bisher mit den Pflegekassen nach einem Vergütungssystem ab, auf das sich die Verbände der freien Wohlfahrtspflege für ihre Einrichtungen mit den Pflegekassen im Jahr 1996 verständigt hatten und das nachfolgend durch einen Beschluss der Schiedsstelle vom 28.02.1996 bestätigt worden ist. Dieses System sieht Leistungskomplexe (LK) vor, die nach Punktzahlen bzw. Pauschalbeträgen vergütet werden. Die Punktzahlen bzw. Pauschalbeiträge werden danach zwischen den Pflegeeinrichtungen und Pflegekassen ausgehandelt. Die Pflegeeinrichtung und die Pflegekassen vereinbarten hiernach zuletzt bis zum 31.12.2004 einen Punktwert von 3,988 ct sowie eine Vergütung in Höhe von 1,53 Euro für den LK 15 und von 4,09 Euro für den LK 15a.
Mit Schreiben vom 06.09.2007 kündigte die Pflegeeinrichtung die bestehende Vergütungsvereinbarung. Sie forderte die Pflegekassen am 17.09.2004 und erneut am 27.10.2004 zu Verhandlungen über neue Vergütungen für Pflegeleistungen auf. Konkret beanspruchte sie die Erhöhung des Punktwerts auf 4,3 ct, sowie der Vergütung für die LK 15 und 15a auf 1,70 Euro und auf 4,50 Euro. Die Pflegekassen boten daraufhin mit Schreiben vom 30.10.2004 für die Geltungsdauer 01.01.2005 bis 31.12.2005 die Erhöhung des Punktwerts auf 4,1 ct und im Übrigen die Beibehaltung der Vergütung für die LK 15 und 15a (1,53 Euro bzw. 4,09 Euro) an.
Vor dem Hintergrund, dass zahlreiche andere Pflegedienste bereits inhaltlich gleich-lautende und höhere Beträge festsetzende Entscheidungen der Schiedsstelle über die Höhe des Punktwertes und der Pauschalen erwirkt hatten, lehnte die Pflegeeinrichtung das Angebot der Pflegekassen ab. Mit Schreiben vom 09.11.2004 (Eingang 12.11.2004) beantragte sie bei der Schiedsstelle, die Vergütung für die Zeit ab 01.01.2005 entsprechend ihrer bisherigen Forderung unter Berücksichtigung der allgemeinen Kosten- und Tarifentwicklung sowie der von der Schiedsstelle in vergleichbaren Fällen bereits praktizierten Anpassungssystematik zu bemessen. In der mündlichen Verhandlung der Schiedsstelle vom 25.05.2005 beschränkte sie den Antrag auf die Geltungszeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2005. Demgegenüber hielten die Pflegekassen die von ihnen – nach individueller Kalkulation – angebotenen Vergütungssätze für angemessen.
Mit Beschluss vom 25.05.2005 (berichtigt durch Beschluss vom 03.11.2006 wegen offenbarer Unrichtigkeit des Punktwertes 4,7 ct in 4,1 ct) setzte die Schiedsstelle für den Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 antragsgemäß den Punktwert auf 4,3 ct sowie die Vergütungen für den LK 15 auf 1,70 Euro und für den LK 15a auf 4,50 Euro fest.
Eine individuelle Kalkulation der Pauschalen sei unzulässig. Pauschalen schlössen eine individuelle Kostenermittlung begrifflich aus. Bei der Festsetzung der Vergütung komme eine vergleichende Bewertung mit Vergütungen anderer ambulanter Pflegedienste – anders als vom Bundessozialgericht (BSG) im stationären Bereich vorgenommen – nicht in Betracht. Eine Abkehr vom bisherigen Vergütungssystem mit landesweit gültigen Vergütungsgrundsätzen und Hinwendung zu individuell ermittelten Vergütungen sei schon deshalb nicht angezeigt, weil bei der stationären Pflege eine Verständigung der Vertrags-parteien auf ein Vergütungssystem mit Festsetzung durch Entscheidung der Schiedsstelle fehle. Anders als im stationären Bereich (§§ 84, 85 Sozialgesetzbuch, Elftes Buch – SGB XI -) habe der Gesetzgeber in den für den ambulanten Bereich geltenden Normen (§§ 89, 90 SGB XI) ein Vergütungssystem mit einheitlichen Vergütungssätzen für alle Pflegedienste vorgesehen. Solange eine Rechtsverordnung im Sinne von § 90 SGB XI oder ab-weichende Beschlüsse des Grundsatzausschusses fehlten, müsse es an dem festgesetzten Vergütungssystem aus dem Jahr 1996 verbleiben. Dieses Ergebnis habe auch das Sozialgericht (SG) Köln im Urteil vom 07.06.2004, S 23 P 31/03 gebilligt.
Als Ausgangspunkt der Vergütung lege die Schiedsstelle die Werte zugrunde, die nach der Verständigung der Vertragsparteien durch Beschluss der Schiedsstelle vom 28.02.1996 unangefochten festgestellt worden seien. Diese landesweit einheitlichen Pauschalen seien einheitlich fortzuschreiben. Das gelte unabhängig davon, ob einzelne Träger von Pflegediensten in der Zeit nach Februar 1996 durch Vereinbarungen mit den Kostenträgern oder durch Festsetzung der Schiedsstelle (unterschiedliche) Erhöhungen ihrer Vergütungen er-reicht hätten oder ob sich Leistungserbringer – wie im vorliegenden Fall – auf niedrigere Werte eingelassen hätten als im Vergütungssystem von 1996 genannt. Auf die Einzel-Vereinbarungen bzw. Beschlüsse der Schiedsstelle könne deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil deren Ermittlung – wie sich aus dem o.g. Urteil des SG Köln ergebe – anfechtbar gewesen sei und zudem dem System landesweit einheitlicher Pauschalen widerspreche.
Im Jahr 1996 sei die Pauschale für den LK 15 mit 3,00 DM = 1,53 Euro und für den LK 15a mit 8,00 DM = 4,09 Euro festgesetzt worden. Bei der nunmehrigen Erhöhung auf 1,70 Euro (LK 15) bzw. 4,50 Euro (LK 15a) habe die Schiedsstelle folgende Umstände be-rücksichtigt: Die LK 15 und 15a sähen eine Pauschale für die im Rahmen der eigentlichen Pflegeleistung erbrachten Tätigkeiten "Anfahrt" und "Dokumentation" vor. Hiermit würden sowohl Sachkosten (in der Regel PKW-Betriebskosten) wie auch Personalkosten erfasst. Mangels konkreter Hinweise und auch Vorschläge der Vertragsparteien schätze die Schiedsstelle in Ausübung des ihr eingeräumten Ermessens den Sachkostenanteil dieser Leistungskomplexe mit 75 % und den Personalkostenanteil mit 25 %. Die Erhöhung des Sachkostenanteils seit 1996 sei entsprechend der Entwicklung des bundesweiten Verbraucherpreisindexes bzw. des Verbraucherpreisindexes für NRW vorzunehmen (Steigerung zwischen Februar 1996 und Januar 2005 um 12,53 %). Hinsichtlich des Personalkostenanteils sei es sachgerecht auf die bundesweite Entwicklung der Monatsgehälter der Angestellten zurückzugreifen. Diese seien zwischen dem 01.01.1996 und dem 31.12.2004 um 20,77 % gestiegen. Anhaltspunkte für eine landesspezifisch andere Entwicklung ergäben sich nicht. Der Punktwert sei zwischen den Beteiligten 1996 mit 7,8 Pfennig = 3,988 ct vereinbart worden. Da die in den Leistungskomplexen aufgeführten Pflegeleistungen, die über den Punktwert berechnet würden, fast ausschließlich aus Dienstleistungen bestünden, sei es angezeigt, die Erhöhung des Punktwerts ebenfalls entsprechend der bundesweiten Entwicklung der Monatsgehälter der Angestellten vorzunehmen. Bei Berücksichtigung der genannten Entwicklungen ergäbe sich ein Punktwert von (gerundet) 4,8 ct, für den LK 15 ein Wert von 1,76 Euro, für den LK 15a ein Wert von 4,85 Euro. Die Pflegeeinrichtung habe den Punktwert jedoch lediglich auf 4,3 ct und die Beträge 15 und 15a auf 1,70 Euro und 4,50 Euro beschränkt. Deshalb seien die Werte nur in dieser Höhe festzusetzen.
Gegen den am 28.09.2005 zugestellten Beschluss der Schiedsstelle haben die Pflegekassen am 26.10.2005 Klage beim SG Duisburg (S 15 P 312/05) erhoben und den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gestellt (S 15 P 31/05 ER). Das SG Duisburg hat das Verfahren dem Landessozialgericht NRW (LSG) zur Bestimmung des örtlich zuständigen Sozialgerichts gemäß § 58 Abs. 1 Nr. 5, Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) vorgelegt. Das LSG hat mit Beschluss vom 22.03.2006 (L 18 AR 18/05) das SG Köln als örtlich zuständiges Gericht bestimmt (Verweisungsbeschluss SG Du vom 03.04.2006). Beim SG Köln wird das Hauptsacheverfahren unter dem Az.: S 23 P 243/06 geführt.
Das SG hat im Hauptsache- und im Anordnungsverfahren die Pflegeeinrichtung zum Verfahren beigeladen (Beschluss vom 29.08.2006 und 15.05.2006). Im Hauptsacheverfahren hat es zudem die Stadt Köln – Amt für Soziales und Senioren – als örtlichen Träger der Sozialhilfe und den Landschaftsverband Rheinland als überörtlichen Träger der Sozialhilfe beigeladen, weil diese als Partner der Vergütungsverhandlungen möglicherweise zu beteiligen sind (§ 89 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XI, Beschluss vom 29.08.2006). Diese haben sich nicht in der Lage gesehen, konkrete Auskünfte darüber zu geben, welche Zahl der vom Pflegedienst betreuten Pflegebedürftigen auf sie als Kostenträger entfällt. Die 5% – Quote des § 89 Abs. 2 S. 2 SGB XI werde sicherlich nicht erreicht. Das SG hat im Anord-nungsverfahren daraufhin davon abgesehen, den örtlichen und den überörtlichen Sozialhilfeträger beizuladen. Entsprechende Anträge haben die Beteiligten des Anordnungsverfahrens nicht gestellt.
Die Schiedsstelle hat auf den Folgeantrag der Pflegeeinrichtung mit Beschluss vom 08.06.2006 (berichtigt durch Beschluss vom 03.11.2006) für den Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.03.2007 antragsgemäß den Punktwert auf jetzt 4,4 ct sowie die Vergütung für den LK 15 auf 1,75 Euro und für den LK 15a auf 4,85 Euro festgesetzt.
Das SG Köln hat den Antrag der Pflegekassen auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage S 23 P 243/06 mit Beschluss vom 13.11.2006 abgelehnt. Gegenstand des Anordnungsverfahrens sei allein der mit der Klage angefochtene Beschluss der Schiedsstelle vom 25.05.2005 und der Zweitbescheid vom 06.03.2006 (gemeint ist der Berichtigungsbeschluss vom 03.11.2006), die den zurückliegenden Zeitraum vom 01.07.2005 bis 31.12.2005 beträfen. Der Beschluss der Schiedsstelle vom 08.06.2006 bzw. 03.11.2006 bezüglich der Zeit vom 01.08.2006 bis 31.03.2007 sei nicht gemäß § 96 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Anordnungsverfahrens geworden, weil er einen anderen Zeitraum betreffe und den Bescheid vom 25.05.2005 insoweit auch nicht ersetze.
Die Klage habe gemäß § 85 Abs. 5 S. 4 SGB XI grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Die aufschiebende Wirkung sei hier auch nicht anzuordnen. Ein überwiegendes Interesse der Pflegekassen, von dem regelmäßig anzunehmenden Vollzugsinteresse abzuweichen, bestehe nicht. Den Pflegekassen sei zuzumuten, den Ausgang des Hauptsacheverfahrens abzuwarten. Eine offenbare Rechtswidrigkeit des Schiedsstellenspruches sei bei der im Anordnungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung im Hinblick auf die eingeschränkte Kontrolldichte der gerichtlichen Überprüfung nicht feststellbar. Ob der angefochtene Spruch gegen zwingendes Recht verstoße, sei bei summarischer Prüfung nicht mit hinreichender Sicherheit zu beantworten. Dies müsse der Einzelfallprüfung im Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Das Gericht habe im Übrigen bewusst davon abgesehen, den örtlichen oder überörtlichen Träger der Sozialhilfe notwendig zum Verfahren beizuladen. Die Vorschrift des § 89 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB XI enthalte für die Vergütungsvereinbarungen eine Beschränkung der Vertragsparteien auf diejenigen Kostenträger, auf die im Jahr vor Beginn der Vergütungsverhandlungen jeweils mehr als 5 v.H. der vom Pflegedienst betreuten Pflegebedürftigen entfielen. Diese vorgerichtliche Verfahrensregelung wirke als spezialgesetzliche Norm auch im Gerichtsverfahren.
Die Pflegekassen haben gegen den am 02.12.2006 zugestellten Beschluss am 18.12.2006 Beschwerde erhoben. Das SG habe nicht davon absehen dürfen, den überörtlichen Träger der Sozialhilfe beizuladen. Schon von daher sei der angefochtene Beschluss rechtswidrig. Im Übrigen überwiege das Interesse der Pflegekassen an der aufschiebenden Wirkung. Die Schiedsstelle werde aufgrund ihrer Spruchpraxis in einer Flut von Anträgen zur Festsetzung ambulanter Vergütung herangezogen. In der Summe führe dies, sollten sich die von der Schiedsstelle festgesetzten Vergütungen als überhöht herausstellen, zu erheblichen Überzahlungen, die die Pflegekassen möglicherweise nicht zurück erhielten.
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Pflegekassen) haben schriftsätzlich beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 13.11.2006 zu ändern und die aufschiebende Wirkung der Klage S 23 P 243/06 anzuordnen.
Die Antrags- und Beschwerdegegnerin (Schiedsstelle) und die beigeladene Pflegeeinrichtung haben schriftsätzlich beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Schiedsstelle hat dargelegt, dass der Gesetzgeber in § 90 SGB XI grundsätzlich eine einheitliche Vergütung für ambulante Pflegeleistungen systemmäßig als zulässig angesehen habe. Eine als Rechtsverordnung vorgesehene Gebührenordnung sei bisher zwar nicht erlassen worden. Die Rechtsprechung habe jedoch strenge Anforderungen an die Ermessensentscheidungen der Schiedsstelle gestellt. Hiernach sei es ausgeschlossen, bei Schiedsentscheidungen eine Vermittlungs- oder Kompromissposition einzunehmen. Die Schiedsstelle sei keine Schlichtungsstelle. Soweit der Senat in einem Richterbrief darauf hingewiesen habe, dass er die Entscheidung der Schiedsstelle deshalb für rechtswidrig halte, weil diese sich nicht an den bundesgesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung der Pflegesätze orientiert habe, so werde aus dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs um Konkretisierung gebeten. Im Übrigen sei das einstweilige Anordnungsverfahren ohne eine mündliche Verhandlung mit einem Rechtsgespräch, ohne Beteiligung ehrenamtlicher Richter und ohne die Möglichkeit eines Rechtsmittels nicht geeignet, über grundsätzliche Rechtsfragen zu befinden. Dies müsse dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Das Gericht möge auch bedenken und entsprechend abwägen, dass es statt einer Entscheidung "Alles oder Nichts" auch einen Mittelweg geben könnte. Die Schiedsstelle hat schließlich die Ansicht vertreten, im vorliegenden Anordnungsverfahren sei auch über den im Beschluss vom 08.06.2006 bzw. vom 03.11.2006 geregelten Zeitraum vom 01.08.2006 bis 31.03.2007 zu befinden. Sie ist der Ansicht, dieser Beschuss sei als Folgebescheid Gegenstand des Verfahrens geworden. Schon aus Gründen der Prozessökonomie biete sich die Einbeziehung des Beschlusses an.
Die Pflegeeinrichtung hat auf die in verschiedenen Parallelverfahren vorgetragenen Gesichtspunkte Bezug genommen und ergänzend die Ansicht vertreten, die Ermittlung der Vergütung für ambulante Pflegeleistungen auf der Grundlage eines Marktvergleiches liefe den gesetzlichen Vorstellungen zuwider. Die eingeschränkte richterliche Kontrolle der Schiedsstellenbeschlüsse müsse im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes im Übrigen zu einer außerordentlichen Zurückhaltung des Gerichts führen. Nur bei eindeutigen Rechtsfehlern, die ohne weiteres aus dem Gesetz zu ersehen seien, könne das Gericht die Beschlüsse beanstanden. Sie hat auf die mit der Anordnung der aufschiebenden Wirkung und einer rückwirkenden Korrektur verbundenen praktisch nicht zu bewältigenden Schwierigkeiten hingewiesen. So sei die aufschiebende Wirkung erst ab der Beschwerdeentscheidung anzuordnen. Allein dies sei schon eine große Belastung für die Pflegeeinrichtung.
Das SG Köln hat der Beschwerde nicht abgeholfen (Beschluss vom 22.12.2006) und diese dem LSG am 28.12.2006 zur Entscheidung über die Beschwerde vorgelegt.
Der Senat hat in dem parallel geführten Beschwerdeverfahren L 6 B 27 /06 P ER die Beteiligten darauf hingewiesen, dass sich die Entscheidung der Schiedsstelle nicht an den bundesgesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung der Pflegesätze orientiere und er deshalb die Entscheidung des Sozialgerichts, mit der die aufschiebende Wirkung der Klage angeordnet worden war, bestätigen werde. Daraufhin hat die beschwerdeführende Pflegeeinrichtung das Rechtsmittel zurückgenommen. Das Gericht hat nach Ende der Amtszeit des bisherigen Vorsitzenden zum Jahresende 2006 in Absprache mit den Beteiligten diesen zum besonderen Vertreter für die zeitweilig nicht prozessfähige Schiedsstelle bestellt (Beschluss vom 21.03.2007). Nach der Übernahme des Amtes durch den neuen Vorsitzenden am 16.05.2007 hat der Senat die Bestellung des bisherigen Vorsitzenden zum besonderen Vertreter wieder aufgehoben (Beschluss vom 05.06.2007).
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte, die beigezogene Akte des Hauptsacheverfahrens S 23 P 243/06 sowie den bei dieser Akte befindlichen Verwaltungsvorgang der Schiedsstelle verwiesen. Diese waren Gegenstand der Beratung.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsteller ist zum überwiegenden Teil begründet. Entgegen dem angefochtenen Beschluss des SG Köln vom 13.11.2006 ist die aufschiebende Wirkung der Klage für die Zukunft insoweit anzuordnen, als in dem Beschluss der Schiedsstelle vom 25.05.2005 bzw. vom 03.11.2006 ein höherer als der von den Antragstellern hilfsweise angebotene Punktwert von 4,1 und für die Leistungskomplexe LK 15 und LK 15a höhere als die bisherigen Vergütungen mit 1,53 Euro und mit 4,09 Euro fest-gesetzt worden sind.
Streitgegenstand in diesem Anordnungsverfahren sind, anders als es das SG gesehen hat, auch der Beschluss der Schiedsstelle vom 25.05.2005,. 08.06.2006 bzw. 03.11.2006. Diese Folgebeschlüsse sind in Fortschreibung der hier streitigen Spruchpraxis ergangen. Im Hinblick auf die Regelung in § 89 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 85 Abs. 6 S. 3 SGB XI, wonach die "alten" Vereinbarungen so lange weiter gelten, bis neue Vergütungssätze vereinbart sind, kommt auch den Folgebescheiden jedenfalls für das laufende Anordnungsverfahren eine ersetzende Funktion zu. Der Aspekt der Prozessökonomie gebietet es, bei der vorliegenden Fallgestaltung die neuen Folgebeschlüsse in das Anordnungsverfahren einzubeziehen (vgl. hierzu: BSG, Urteil vom 21.11.2002, B 3 KR 13/02 R, in SozR 3-2500 § 37 Nr. 5). Die Schiedsstelle hat sich in ihrer Spruchpraxis fortlaufend von denselben Grundgedanken leiten lassen. Relevante Sachverhaltsabweichungen ergeben sich nicht und es geht in den Folgebeschlüssen – wie auch in den Parallelverfahren – ausschließlich um dasselbe Rechtsproblem.
Die nicht rechtsfähige, aber gemäß § 70 Nr. 4 i.V.m. § 51 Abs. 2 S. 1 SGG beteiligtenfähige und zum Zeitpunkt der Entscheidung über die Beschwerde durch ihren neuen Vorsitzenden handelnde und damit prozessfähige Schiedsstelle (§ 71 Abs. 4 SGG) ist richtige Antragsgegnerin (BSG, Urteil vom 14.12.2000, B 3 P 19/00 R). Bei dem angefochtenen Schiedsspruch handelt es sich um einen das Vertragsverhältnis zwischen der Pflegeeinrichtung und den Pflegekassen als Kostenträger gestaltenden Verwaltungsakt i.S.v. von § 31 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Gegen diesen ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zu den Sozialgerichten zulässig, wobei ein Vorverfahren als Klagevoraussetzung nicht durchzuführen ist (§ 85 Abs. 5 S. 4 SGB XI. i.V.m. § 78 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 SGG).
Grundsätzlich hat die Klage gemäß § 86 a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. §§ 89 Abs. 3 S. 2, 85 Abs. 5 S. 4 SGB XI aufschiebende Wirkung. Das Gericht der Hauptsache kann die aufschiebende Wirkung auf Antrag – hier der Pflegekassen – jedoch ganz oder teilweise anordnen (§ 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG).
Maßgeblich für die Entscheidung ist eine Interessenabwägung, die sich an den Kriterien des § 86a Abs. 3 S. 2 SGG ausrichtet (aA Meyer-Ladewig, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86a Rn 12 b). Bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts oder hätte die Vollziehung für den Beitragsschuldner eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs bei summarischer Prüfung deutlich wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg (st. Rspr. des LSG NRW, z.B. Beschluss vom 18.07.2005, L 16 B 1/05 KR ER m.w.N.; vgl. auch Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86a Rn 27: Erfolg muss wahrscheinlicher sein als Misserfolg). Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig, wird ausgesetzt, weil dann ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Vollziehung nicht erkennbar ist (Meyer-Ladewig, a.a.O., § 86 b Rn 12 c). Die Überprüfung von Schiedssprüchen durch die Gerichte kann allerdings nur eingeschränkt erfolgen. Der Schiedsspruch stellt seiner Natur nach einen Interessenausgleich durch ein sachnahes und unabhängiges Gremium dar. Insbesondere mit der paritätischen Zusammensetzung, dem Mehrheitsprinzip und der fachlichen Weisungsfreiheit (§ 76 Abs. 4 SGB XI) wollte der Gesetzgeber die Fähigkeit dieses Spruchkörpers zur vermittelnden Zusammenführung unterschiedlicher Interessen und zu einer Entscheidungsfindung nutzen, die nicht immer die einzig sachlich vertretbare ist und häufig Kompromisscharakter aufweist. Bei Berücksichtigung dieses Entscheidungsspielraums ist gerichtlich ausschließlich die Frage zu überprüfen, ob die Ermittlung des Sachverhalts in einem fairen Verfahren unter Wahrung des rechtlichen Gehörs erfolgte, der bestehende Beurteilungsspielraum eingehalten und zwingendes Gesetzesrecht beachtet wurde und die gefundene Abwägung auch hinreichend begründet ist (BSG, Urteil vom 14.12.2000, B 3 P 19/00 R).
Danach erweist sich der Weg der Entscheidungsfindung im Beschluss vom 25.05.2005, 08.06.2006 bzw. 03.11.2006 als offensichtlich rechtswidrig. Die Entscheidung der Schiedsstelle verstößt gegen die bundesgesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung der Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen und damit gegen zwingendes Gesetzesrecht.
Die offensichtliche Rechtswidrigkeit resultiert vorliegend allerdings nicht daraus, dass der Träger der Sozialhilfe nicht Vertragspartner der Vergütungsverhandlungen gewesen und von der Schiedsstelle auch nicht beteiligt worden ist. Von keinem der Beteiligten wird angeführt, dass auf den Sozialhilfeträger im Jahr vor Beginn der Vergütungsverhandlungen mehr als 5 v.H. der von der Pflegeeinrichtung betreuten Pflegebedürftigen entfielen. Der im Hauptsacheverfahren beigeladene Sozialhilfeträger hat diesbezüglich selbst erklärt, dass die 5%-Quote nicht erreicht werde. Welche Pflegebedürftigen insoweit zu berücksichtigen sind, wird von den Beteiligten, das entnimmt der Senat den Parallelverfahren, allerdings unterschiedlich gesehen. Der Senat neigt dazu, dass die Pflegebedürftigen, die keiner Pflegestufe nach dem SGB XI zuzuordnen sind (sog. Pflegestufe 0) bei der Berechnung der 5 %-Quote des § 89 SGB XI nicht zu berücksichtigen sind. Pflegebedürftige im Sinne des SGB XI sind nur diejenigen Personen, deren Hilfebedarf die Voraussetzungen einer Pflegestufe erreicht. Entscheidungen über die Pflegestufe 0 sind ausschließlich Gegenstand des Rechts der Sozialhilfe (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.12.2000, B 3 P 19/00 R). Hingegen sind in die Ermittlung der 5 %-Quote des § 89 SGB XI auch solche Pflegebedürftige einzubeziehen, die von der Pflegeeinrichtung "lediglich" gem. § 37 Abs. 3 S. 1 SGB XI beraten werden. Die Beratung ist eine Leistung des Pflegedienstes bei häuslicher Pflege und unterfällt damit dem Begriff der "Betreuung" des Pflegebedürftigen. Der Senat braucht die Frage, ob der örtliche bzw. überörtliche Sozialhilfeträgers als Vertragspartei bei den Vergütungsverhandlungen hätte beteiligt werden müssen, nicht zu entscheiden, weil die streitigen Schiedssprüche aus anderen Gründen offensichtlich rechtswidrig sind.
Die Entscheidung der Schiedsstelle ist rechtswidrig, weil sie sowohl der klaren gesetzgeberischen Konzeption eines Vorrangs der Vergütungsfindung auf dem Verhandlungswege als auch einer marktorientierten, am Wettbewerb ausgerichteten Pflegeversorgung widerspricht.
Die von der Schiedsstelle im streitigen Schiedsspruch als Ausgangsbasis der Vergütungsberechnung herangezogenen Zahlen stehen im Gegensatz zu der Regelung des § 89 Abs. 1 S. 1 SGB XI (bzw. im stationären Bereich der Regelung des § 85 Abs. 1 SGB XI). In diesen Vorschriften hat der Gesetzgeber die Verhandlung zwischen den Vertragsparteien, die insoweit Dispositionsfreiheit haben, als vorrangige Methode der Vergütungsfindung normiert, sofern – wie bisher – eine Gebührenordnung nach § 90 SGB XI nicht erlassen worden ist (vgl. auch BT-Drs. 12/5262 S. 144, 145, 148; Klie/Krahmer, Soziale Pflegeversicherung, 2. Aufl. 2003, § 89 Rn 5). Maßgeblich ist danach auf die letzten Verein-barungen abzustellen. Es spricht insoweit auch eine Vermutung dafür, dass vereinbarte Vergütungen, die über Jahre hinaus für die erbrachten Leistungen gezahlt worden sind, angemessen waren. Diese Vorgaben missachtet die Schiedsstelle, wenn sie in ihrer Entscheidung die Werte als Ausgangspunkt zugrunde legt, die nach einer Verständigung der Vertragsparteien durch unangefochtenen Beschluss der Schiedsstelle vom 28.02.1996 festgestellt worden seien und im Weiteren ausdrücklich ausführt, dass auf Einzelvereinbarungen oder Erhöhungen durch die Schiedsstelle zu späteren Zeitpunkten nicht zurückgegriffen werden könne. Anders als die Schiedsstelle meint, ist es bei richtiger Gesetzesanwendung nicht "unerheblich, wenn sich einzelne Leistungserbringer – wie hier- aus welchen Überlegungen auch immer in Verhandlungen mit den Kostenträgern in der Vergangenheit auf niedrigere Werte eingelassen haben, als sich systematisch ergeben hätten". Vielmehr ist nach der gesetzlichen Konzeption Ausgangspunkt neuer Vergütungsverhandlungen immer die letzte vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien, ersatzweise der letzte diese Vereinbarung ersetzende Schiedsstellenspruch. Dies ergibt sich über den gesetzlich verankerten Vorrang der Vereinbarung hinaus aus der Regelung des § 89 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 85 Abs. 6 S. 3 SGB XI. Hiernach gelten "alte" Vereinbarungen so lange weiter, bis neue Vergütungssätze vereinbart worden sind. Vereinbarungen zwischen den Vertragsparteien bzw. diese ersetzende Schiedssprüche sind daher – auch über den verhandelten Zeitraum hinaus – bindend und dies bis zum Inkrafttreten neuer Vereinbarungen bzw. eines neuen eine Vereinbarung ersetzenden Schiedsspruchs. Die Annahme der Schiedsstelle, Schiedsstellensprüche aus vergangenen Jahren könnten für die Ermittlung der Vergütung nicht herangezogen werden, weil die Ermittlung nach einem Urteil des Sozialgerichts anfechtbar sei, greift nicht. Ebenso wie jeder andere Verwaltungsakt wird auch ein Schiedsstellenspruch wirksam und bindend, wenn er nicht fristgerecht angefochten wird. Die Frage, ob dieser Spruch möglicherweise nicht rechtmäßig zustande gekommen ist, stellt sich nach Ablauf der Anfechtungsfrist nicht mehr. Nicht fristgerecht angefochtene Entscheidungen der Schiedsstelle, die gemäß §§ 89 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 85 Abs. 5 SGB XI ergangen sind, ersetzen bindend eine Vergütungsvereinbarung der Vertragsparteien.
Auch die Annahme der Schiedsstelle, dass eine individuelle Kalkulation der Vergütungssätze unzulässig sei und die Erhöhung des Punktwertes sowie der Leistungskomplexe in der Folge allein nach pauschalen und landesweit einheitlichen Kriterien vorgenommen werden müsse, verletzt zwingendes Gesetzesrecht. Der Hinweis der Schiedsstelle, der Gesetzgeber habe in § 90 SGB XI gesetzessystematisch eine einheitliche Gebührenordnung vorgesehen, stellt den gesetzgeberischen Willen verkürzt dar. Vielmehr hat der Gesetzgeber das Bundesministerium für Gesundheit und Soziales (BMGS) ermächtigt, mit Zustimmung des Bundesrates eine Gebührenordnung zu erlassen. Das bedeutet, dass insoweit mit anderen Ministerien Einvernehmen herzustellen und die Zustimmung des Bundesrates einzuholen ist. Das BMGS hat von dieser Ermächtigung allerdings keinen Gebrauch gemacht. Insoweit handelt die Schiedsstelle rechtswidrig, wenn sie sich quasi an die Stelle des BMGS und des Bundesrates setzt. Die Vorgehensweise der Schiedsstelle widerspricht zudem der gesetzlichen Konzeption einer marktorientierten Pflegeversorgung, wie sie in der Regelung über die Vergütung der ambulanten Pflegeleistungen im Achten Kapitel des SGB XI und im Gesetzgebungsverfahren deutlich zum Ausdruck gekommen ist. Danach ist die Höhe der leistungsgerechten Vergütung in erster Linie über die Feststellung von Marktpreisen zu bestimmen. Unter den Bedingungen des vom Gesetzgeber angestrebten freien Wettbewerbs bestimmen beim Güteraustausch Angebot und Nachfrage den Preis einer Ware; dies ist die leistungsgerechte Vergütung. Relevant sind hingegen weder die Gestehungskosten des Anbieters noch die soziale oder finanzielle Lage des Nachfragers der Leistung. Diese Umstände sind nur mittelbar von Bedeutung, weil der Anbieter seinen Preis nicht – jedenfalls nicht auf Dauer – unterhalb seiner Gestehungskosten kalkulieren kann, der Nachfrager andererseits im Rahmen seiner finanziellen Möglichkeiten bleiben muss. Der sich bildende Marktpreis ist das Ergebnis eines Prozesses und der Ausgleich der unterschiedlichen Interessenlagen. Der Gesetzgeber des SGB XI hat die Sicherstellung einer ausreichenden und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten mit Pflegeeinrichtungen in erster Linie von einem funktionierenden Wettbewerb unter den Pflegeeinrichtungen erwartet (BSG, Urteil vom 14.12.2000, B 3 P 19/00 R). Dies ist mehrfach in den Gesetzgebungsverfahren zum Ausdruck gebracht worden (BT-Drs.12/5262 S. 3, BT-Drs. 13/3696 S. 11, S. 16, S. 17) und gilt für stationäre wie ambulante Pflegeeinrichtungen gleichermaßen (vgl. BT-Drs. 12/5262 S. 148, vgl. auch Klie/Krahmer, Soziale Pflegeversicherung, 2. Aufl. 2003, § 89 Rn 8).
Die hier streitige Entscheidung der Schiedsstelle, die die Vergütung(serhöhung) pauschal und landesweit vornimmt, missachtet die gesetzliche Vorgabe einer wettbewerbsorientierten Ermittlung der Vergütung. Hier wird diametral zur gesetzgeberischen Konzeption vielmehr ein Wettbewerb unter den Pflegeeinrichtungen verhindert. Die linear zum Verbraucherindex bzw. zur allgemeinen Steigerung der Gehälter vorgenommene Anpassung bzw. Fortschreibung der als (pauschale) Basis herangezogenen Zahlenwerte führt zu einer einheitlichen Vergütung aller Pflegeeinrichtungen, die jeden Wettbewerbsgedanken hinfällig werden lässt. In der Konsequenz einer solch einheitlichen Vergütung wären die gesetzlichen Vorschriften des § 89 Abs. 2 S. 2 SGB XI sowie des § 89 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 85 Abs. 3 SGB XI überflüssig. Würde man die Vergütungen landesweit pauschal und linear festsetzen bzw. auf der Grundlage einer vorigen einheitlichen Pauschale anheben, so liefe die weitere Maßgabe des Gesetzgebers, dass die Vergütungsvereinbarung für jeden Pflegedienst gesondert abzuschließen ist (§ 89 Abs. 2 S. 2 SGB XI) ebenso leer wie die Nachweispflicht des § 89 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 85 Abs. 2 SGB XI (vgl. zu § 89 Abs. 2 S. 2 SGB XI auch Klie/Krahmer, a.a.O., § 89 Rn 11). Dort wo die Kriterien für die Festsetzung der Vergütung im Voraus pauschal und ohne Berücksichtigung des Einzelfalles feststehen, ist weder der Abschluss individueller Vereinbarungen notwendig, noch sind Pflegedokumentationen oder sonstige Nachweise von Relevanz. Entsprechend ist von der Berücksichtigung individueller Nachweise in dem angefochtenen Schiedsstellenspruch – gesetzeswidrig – auch nicht die Rede.
Die Vergütung im Bereich ambulanter Pflegeleistungen hat sich aufgrund des Wettbewerbsgedankens im Regelfall an dem zu ermittelnden üblichen Marktpreis zu orientieren. Die hierfür maßgeblichen Kriterien hat das Bundessozialgericht für den Bereich der stationären Pflege im Urteil vom 14.12.2000, B 3 P 19/00 R dargelegt. Für den Bereich der ambulanten Pflegeleistungen, der – wie bereits ausgeführt nach dem Willen des Gesetzgebers dem der stationären Pflege weitgehend entspricht – gelten diese Kriterien entsprechend (s. auch Klie/Krahmer, a.a.O., § 89 Rn 8). Demzufolge sind Pflegedienste extern zu vergleichen, die den Pflegestandard fachgerechter und humaner Pflege ohne Einschränkung erfüllen. Lediglich dann, wenn ein üblicher Marktpreis nicht ermittelt werden kann, weil eine hinreichend große Zahl von vergleichbaren qualifizierten Angeboten fehlt, sind individuelle Gegebenheiten der Pflegeeinrichtung unter dem Gebot wirtschaftlicher Betriebsführung in die Ermittlung der Vergütung einzubeziehen.
Soweit die Schiedsstelle angeregt hat, der in dem Parallelverfahren erteilte Hinweis zur Rechtsauffassung des Senats sei aus dem Gesichtspunkt des rechtlichen Gehörs zu konkretisieren, besteht hierzu keine Veranlassung. Der Senat hat eindeutig darauf hingewiesen, dass sich die Entscheidung der Schiedsstelle nicht an die bundesgesetzlichen Vorgaben zur Ermittlung der Pflegesätze orientiere und die aufschiebende Wirkung zu Recht festzustellen sei. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung kommt auch für die in diesem Verfahren beigeladene Pflegeeinrichtung nicht überraschend, wird sie doch von dem gleichen Bevollmächtigten wie die im Parallelverfahren beteiligte Pflegeeinrichtung vertreten. Diesem ist die Rechtsauffassung des Senats bekannt.
Der Senat verkennt nicht, dass sich die Pflegedienste vielfach in einer schwierigen Verhandlungsposition und Ausgangslage befinden, weil sie den Versorgungsvertrag benötigen und deshalb auf die Pflegekassen angewiesen sind. Dies gibt der Schiedsstelle aber nicht die Berechtigung, die Dispositionsfreiheit der Vertragsparteien auszuhebeln und – rückschauend – für die Vertragsparteien maßgebliche Eckpunkte und für die Zukunft eine starre Anpassungssystematik festzuschreiben. Dem Senat ist aus Vergleichsakten bekannt, dass die Schiedsstelle in etwa 100 Vergütungsangelegenheiten abgesehen von im Detail etwas abweichenden Ergebnissen inhaltlich gleichlautende Schiedssprüche getroffen hat und die Pflegeeinrichtungen weitgehend Vertragsverhandlungen nur zum Schein eingeleitet oder die Schiedsstelle vor Ablauf der Sechswochenfrist angerufen haben. Der Einwand der Beklagten, die Schiedsstelle werde aufgrund ihrer Spruchpraxis instrumentalisiert, ist berechtigt. Der Gesetzgeber hat in § 90 SGB XI die Kompetenz für eine Gebührenordnung ausschließlich dem BMGS übertragen.
Auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung kann die Klage keine aufschiebende Wirkung haben, soweit die Pflegekassen bereits höhere Werte angeboten haben. Im Hinblick darauf, dass die Klagen gegen Schiedssprüche nach § 85 Abs. 5 S. 4 SGB XI grundsätzlich zunächst keine aufschiebende Wirkung haben, hält es der Senat für sachgerecht, die aufschiebende Wirkung erst ab Zustellung der Beschwerdeentscheidung anzuordnen. Soweit die Pflegeeinrichtung bereits nach Maßgabe des Schiedsspruches die erhöhten Beträge abgerechnet hat, ist es bei Abwägung aller betroffenen Interessen den Pflegekassen zumutbar, insoweit die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Eine vorläufige Korrektur der Vergütungsabrechnungen, die dann je nach Ausgang des Klageverfahrens bzw. sogar erst bei einer endgültigen Vergütungsvereinbarung oder einem unanfechtbaren Beschluss der Schiedsstelle erneut vorzunehmen wäre, hält der Senat nicht für praktikabel. Entsprechend ist die Beschwerde teilweise zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1, 2, 3 VwGO. Der Schiedsstelle trägt die Kosten in beiden Rechtszügen des Anordnungsverfahrens. Gegenüber dem in vollem Umfang offensichtlich rechtswidrigen Schiedsspruch und der grundsätzlichen Bedeutung der Ermittlung der Vergütungen auch für die etwa 100 weiteren Schiedssprüche, hat der geringe Teil, zu dem die Beschwerde zurückzuweisen ist, nur unwesentliche und zu vernachlässigende Bedeutung.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 197 a Abs. 1 SGG i.V.m. § 63 Abs. 2 S. 1, 53 Abs. 3 Nr. 4, 52 Abs. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) in der ab dem 01.07.2004 geltenden Fassung (vgl. § 72 Nr. 1 Hs. 2 GKG). Danach ist die sich aus dem Antrag ergebende Bedeutung der Sache für den Antragsteller maßgeblich. Abzustellen ist dabei auf den Differenzbetrag, den der Antragsteller nach der vorher geltenden Vereinbarung gegenüber der angefochtenen Entscheidung des Antragsgegners an den Beigeladenen zu zahlen hat. Dieser beträgt entsprechend der Mitteilung der Pflegekassen ausgehend von den Daten im vereinfachten Nachweisverfahren für das Jahr 2005 insgesamt 13.568,46 Euro. In Verfahren, in denen zukünftige Mehrerlöse im Streit stehen, ist nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts auf den dreifachen Jahresbetrag der (Mehr-)Erlöse abzustellen. Dies ist im vorliegenden Fall als Grundlage heranzuziehen. Wenngleich sich die Entscheidung der Schiedsstelle auf einen begrenzten Zeitraum im Jahr 2005 bezog, so gilt die dortige Festsetzung aufgrund der Regelung des § 89 Abs. 3 S. 2 i.V.m. § 85 Abs. 6 S. 3 SGB XI über den Ablauf des Vergütungszeitraums hinaus. In Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist von dem so erlangten Wert nach ständiger Rechtsprechung des Senats ein Drittel anzusetzen.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 22.06.2007
Zuletzt verändert am: 22.06.2007