Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 02.04.2007 wird zurückgewiesen. Die Antragsgegnerin hat der Antragstellerin auch die außergerichtlichen Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Die Antragsgegnerin bewilligte der Antragstellerin bis zum 31.12.2006 Grundsicherungsleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Ab dem 01.01.2007 versagte die Antragsgegnerin die Weitergewährung der Leistungen mangels Angabe über die Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Herrn G (G.), mit dem die Antragstellerin seit dem 01.12.2006 zusammenlebt und auf dessen Konto in der Vergangenheit bereits Leistungen für die Antragstellerin überwiesen worden waren.
Mit dem angefochtenen Beschluss vom 02.04.2007 hat das Sozialgericht Düsseldorf die Antragsgegnerin verpflichtet, der Antragstellerin für die Monate März und April 2007 vorläufig monatliche Leistungen von jeweils 362,00 EUR zu zahlen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Die dagegen gerichtete Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Sozialgericht hat die Antragsgegnerin zu Recht zur befristeten vorläufigen Leistungsgewährung verpflichtet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i.V.m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung – ZP0). Die Antragstellerin hat beides glaubhaft gemacht.
Sie ist nicht in der Lage ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen und Vermögen vollständig zu sichern und daher bedürftig im Sinne des § 9 Abs. 1 SGB II, was zwischen den Beteiligten auch nicht streitig ist.
Ihr Bezug von Berufsausbildungsförderungsleistungen schließt ihren Anspruch auf Grundsicherungsleistungen nach § 7 Abs. 5, 6 Nr. 2 SGB II ebenfalls nicht aus.
Entgegen der Auffassung der Antragsgegnerin ist der Antragstellerin das Einkommen und Vermögen des G. nicht bedarfsmindernd zuzurechnen, weil die Voraussetzungen einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 7 Abs. 3 SGB II zwischen der Antragstellerin und G. nicht belegt sind.
Nach § 7 Abs. 3a gehört zur Bedarfsgemeinschaft die Person, die mit dem erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung für einander zu tragen und füreinander einzustehen. Ein solcher Wille wird vermutet, wenn Partner 1. länger als ein Jahr zusammenleben, 2. mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben, 3. Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder 4. befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen (§ 7 Abs. 3a SGB II). Dass die Vermutungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 3a SGB II erfüllt sind, trägt auch die Antragsgegnerin nicht vor. Inwieweit andere Lebensumstände von nicht verheirateten Personen die Annahme einer Einstandsgemeinschaft i.S. des § 7 Abs. 3 SGB II überhaupt rechtfertigen können, bedarf vorliegend keiner abschließenden Entscheidung. Das zwischen der Antragstellerin und G. bestehende Verhältnis reicht für eine solche Annahme jedenfalls nicht aus.
Der Gesetzgeber hat zur Begründung der Einführung des § 7 Abs. 3a SGB II durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitssuchende vom 20.07.2006 (BGBl. I S. 1706) u.a. Bezug genommen (vgl. BT-Drucks. 16/1410 S. 19) auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17.11.1992 – 1 BvL 8/87 – ( BVerfGE 87, 234) und des Landessozialgerichts (LSG) Berlin-Brandenburg vom 18.01.2006 – L 5 B 1362/05 AS ER (Breithaupt 2006, 319). Das BVerfG hat in seiner Entscheidung ausgeführt, dass als eheähnliche Gemeinschaft, die der Gesetzgeber im Rahmen von Bestimmungen über die Anrechnung des Einkommens und Vermögens der Ehe gleichstellen darf, nur eine solche Lebensgemeinschaft zwischen einem Mann und einer Frau zu verstehen ist, "die auf Dauer angelegt ist, daneben keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulässt und sich durch innere Bindungen auszeichnet, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen" (BVerfGE a.a.0. 264). "Nur wenn sich die Partner einer Gemeinschaft so sehr füreinander verantwortlich fühlen, dass sie zunächst den gemeinsamen Lebensunterhalt sicherstellen, bevor sie ihr persönliches Einkommen zur Befriedigung eigener Bedürfnisse verwenden, ist ihre Lage mit derjenigen nicht dauernd getrennt lebender Ehegatten im Hinblick auf die verschärfte Bedürftigkeitsprüfung vergleichbar" (BVerfGE a.a.0. 265). Im Anschluss an diese Entscheidung hat das LSG Berlin-Brandenburg entschieden, dass bei einem Zusammenleben von weniger als einem Jahr regelmäßig eine solche eheähnliche Gemeinschaft zu verneinen ist, es sei denn, es liegen besondere Umstände wie die gemeinsame Erziehung eines Kindes vor (a.a.0. 321f). Wenn der Gesetzgeber aber gerade hierauf Bezug nimmt, folgt daraus, dass bei Partnern die kürzer als ein Jahr zusammenleben, nur besondere, gewichtige Gründe die Annahme einer Einstandsgemeinschaft schon rechtfertigen können. Solche liegen hier aber nicht vor.
Allein der Umstand, dass G. der Antragstellerin sein Konto zwecks Überweisungen zur Verfügung gestellt hat, ist kein solches Kriterium, solange daraus nicht auch die gegenseitige Verfügungsgewalt über das Einkommen und Vermögen des anderen folgt. Dafür fehlen aber konkrete Anhaltspunkte, wie das Sozialgericht zu Recht dargelegt hat.
Allein das Zusammenleben und die Nähe der menschlichen Beziehungen zwischen der Antragstellerin und G. sind dagegen nicht ausreichend, eine eheähnliche Gemeinschaft zu bejahen. Insoweit ist zu berücksichtigen, dass jeder Partnerschaft zuzubilligen ist, zunächst zu prüfen ob sie wirklich in der genannten Weise füreinander einstehen will (vgl. auch LSG NRW Beschl. v. 13.12.2006 – L 12 B 90/06 AS ER). Solange die Partner dies nicht nach außen dokumentiert haben, ist für die Annahme einer Einstandsgemeinschaft jedenfalls bis zum Ablauf des ersten Jahres des Zusammenlebens kein Raum.
Da die Antragstellerin ohne die bisher bewilligten Leistungen der Antragsgegnerin nicht in der Lage ist, ihren notwendigen Lebensunterhalt selbst sicherzustellen, ist auch der erforderliche Anordnungsgrund glaubhaft gemacht.
Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 06.07.2007
Zuletzt verändert am: 06.07.2007