Revision mit Urteil vom BSG zurückgewiesen
Auf die Berufung der Beklagten zu 1), 3), 5), 6), 7) und 8) wird das Urteil des Sozialgerichts Klöln vom 21.01.1999 geändert. Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die beklagten Spitzenverbände der Krankenversicherung verpflichtet sind, die von der Klägerin produzierten und vertriebenen Geräte der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen.
Die Klägerin produziert und vertreibt seit den siebziger Jahren die von ihrem Geschäftsführer zusammen mit einem Arzt entwickelten Geräte zur Elektrostimulation des Knochen- und Bindegewebes mittels pulsierender Magnetfelder, mit dem Patienten im Wege der Heimbehandlung Magnetfeldtherapie bei sich selbst anwenden können. In dem vorliegenden Verfahren geht es nur noch um die Indikationsbereiche "Beschwerden durch Lockerung der Gelenk-Endoprothese, Heilung von Spongiosa und Tumormetastasen im Knochen, Osteotomien des Tibiakopfes und Frakturheilungsstörungen (insbesondere verzögerte Frakturheilung und Pseudarthrose) bei kleinem Frakturspalt". Die Magnetfeldtherapie mittels implantierter Spulen (invasive Magnetfeldtherapie) ist als Leistung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) anerkannt (Beschluss des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 14.01.1992). Geräte für diese Behandlung sind im Hilfsmittelverzeichnis in der Produktgruppe 09 – Elektrostimulationsgeräte – eingetragen.
In der Zeit vor 1992 war auch die nicht-invasive Magnetfeldtherapie mit dem N-Verfahren als kassenärztlich abrechenbare Behandlungsmethode zugelassen. Mit Beschluss vom 14.01.1992 hatte der (frühere) Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen jedoch den Katalog der nicht abrechnungsfähigen Behandlungsmethoden um die Position "Magnetfeldtherapie ohne Verwendung implantierter Spulen" unter Nr. 9 der Anlage 2 der (früheren) NUB-Richtlinien (BAnz 1992, Nr. 34; Nr. 9 der Anlage II der Richtlinie Methoden vertragsärztlicher Versorgung i.d.F. vom 17.01.2006 – BAnz 2006, Nr. 48) erweitert und ausgeführt, die nicht-invasive Magnetfeldtherapie könne nicht als Hilfsmittel (z.B. beim Physiotherapeuten) bzw die benötigten Geräte könnten nicht als Hilfsmittel (zur Eigenbehandlung durch den Patienten) zu Lasten der GKV verordnet werden.
Im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes hatte die Klägerin verlangt, das N-Verfahren, das sich von den anderen Magnetfeldtherapien unterscheide, von dem Ausschluss auszunehmen. Nach einem abweisenden Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 18.03.1992 (S 19 Ka 5/92 – SG Köln) verpflichtete sich der Bundesausschuss in einem Vergleich vor dem Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen vom 24.06.1992 (L 11 S(Ka) 10/92 LSG NRW), das N-Verfahren erneut zu überprüfen, insbesondere festzustellen, ob durch die dadurch erzielten therapeutischen Wirkungen das Verfahren nicht unter den am 14.01.1992 beschlossenen Ausschluss falle. Der Arbeitsausschuss "Neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden" (NUB) befasste sich in seiner Sitzung am 15.10.1992 mit dem N-Verfahren und kam nach Anhörung der geladenen Sachverständigen zu der Ansicht, unabhängig davon, ob sich das N-Verfahren von anderen Verfahren der Magnetfeldtherapie unterscheide, sei die therapeutische Wirksamkeit nicht gesichert. Das Verfahren sei wissenschaftlich nicht nachvollziehbar, die vorliegenden Studien hielten wissenschaftlichen Anforderungen nicht stand und könnten eine therapeutische Wirkung am Patienten nicht zuverlässig belegen (s. Ergebnisprotokoll vom 15.10.1992). Mit Beschluss vom 17.12.1992 stellte der Bundesausschuss fest, dass auf der Grundlage des Beschlusses vom 14.01.1992 über die Nichtanwendung der Magnetfeldtherapie auch das N-Verfahren als Verfahren der Magnetfeldtherapie gelte und deshalb von der Anwendung in der kassen- und vertragsärztlichen Versorgung ausgeschlossen sei. Die Klägerin ist gegen diesen Beschluss nicht rechtlich vorgegangen.
Sie beantragte mit Schreiben vom 03.09.1996 bei dem Beklagten zu 3), der federführend für die Spitzenverbände Anträge auf Aufnahme ins Hilfsmittelverzeichnis bearbeitet, die Aufnahme der von ihr hergestellten Geräte M60 und M65 für die Magnetfeldtherapie ohne Verwendung implantierter Spulen in das Hilfsmittelverzeichnis Produktgruppe 09 – Elektrostimulationsgeräte. Sie machte geltend, der Beschluss des Bundesausschusses vom 14.01.1992 betreffe lediglich die vertragsärztliche Versorgung, nicht aber die Heimbehandlung durch den Patienten selbst. Bei der nicht-invasiven Magnetfeldtherapie handele es sich nicht um eine Behandlungsmethode, die der Beurteilung des Bundesausschusses unterliege, weil der Patient mit Hilfe des Gerätes die medizinischen Maßnahmen selbst vornehme. Inzwischen liege weiteres experimentelles und klinisches Studienmaterial vor, das die therapeutische Wirksamkeit eindeutig belege. Die Klägerin fügte ihrem Antrag diverse Schreiben und wissenschaftliche Expertisen bei. Der Beklagte zu 3) holte hierauf eine Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Spitzenverbände der Krankenkassen (MDS) ein. Dr. L (MDS) teilte mit einem zweiseitigen Schreiben vom 27.02.1997 mit, die therapeutische Wirksamkeit der konservativen Magnetfeldtherapie sei nach wie vor nicht ausreichend belegt. Nach einer Besprechung der Arbeitsgruppe Hilfsmittel der Spitzenverbände der Krankenkassen vom 19.03.1997 teilte der Beklagte zu 3) der Klägerin mit Schreiben vom 27.03.1997 mit, für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis sei u.a. die Anerkennung des therapeutischen Nutzens des Gerätes erforderlich. Sofern das Produkt, für das ein Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis gestellt werde, auf einer neuen Therapiemethode beruhe, sei als Nachweis des therapeutischen Nutzens die Anerkennung der Therapie- bzw Behandlungsmethode durch den NUB-Ausschuss notwendig. "Allein zur Information" werde mitgeteilt, dass die Spitzenverbände von einer erneuten Einschaltung des NUB-Ausschusses absähen, da keine neuen, ausreichenden Unterlagen vorlägen, die den therapeutischen Nutzen des N-Verfahrens belegten.
Hiergegen hat die Klägerin mit einem bei dem Sozialgericht Köln am 25.04.1997 eingegangenen Schriftsatz Klage erhoben. Sie hat geltend gemacht, die Richtlinien des Bundesausschusses nach den §§ 92, 135 SGB V hätten für die Frage der Aufnahme der Geräte in das Hilfsmittelverzeichnis keine Bedeutung. Die Entscheidung des Bundesausschusses vom 14.01.1992 sei fehlerhaft, da inzwischen neue Erkenntnisse vorlägen, die die Wirksamkeit der streitigen Behandlungsmethode belegten. Das Sozialgericht hat die Beklagten mit Urteil vom 21.01.1999 verpflichtet, die von der Klägerin für die konservative Magnetfeld-Therapie hergestellten Geräte vom Typ M60 und M65 in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen.
Auf die fristgerecht eingelegten Berufungen der Beklagten zu 1), 3), 5), 6), 7) und 8) hat der 16. Senat des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen die sozialgerichtliche Entscheidung mit Urteil vom 08.07.1999 geändert und die Klage als unzulässig abgewiesen, weil in dem Schreiben der Beklagten vom 27.03.1997 kein Verwaltungsakt über die Nichtaufnahme der streitigen Geräte in das Hilfsmittelverzeichnis zu sehen sei. Im Übrigen sei die Entscheidung des Bundesausschusses für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis vorgreiflich, denn es mache keinerlei Sinn, Hilfsmittel in das Verzeichnis aufzunehmen, von denen nicht von vornherein fest stehe, dass sie auch zu Lasten der GKV verordnet werden könnten.
Auf die Revision hat das BSG die Entscheidung des 16. Senats durch Urteil vom 31.08.2000 aufgehoben und den Rechtsstreit an einen anderen Senat des Landessozialgerichts zurückverwiesen. Auf den Inhalt der Entscheidungsgründe wird Bezug genommen (B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1).
Der Beklagte zu 3) hat – als Konsequenz des BSG-Urteils – zunächst vom MDS ein Grundsatzgutachten zur nicht-invasiven Magnetfeldbehandlung eingeholt. In dem Gutachten vom 26.06.2002 fand der MDS bezogen auf die orthopädischen Indikationen einer nicht-invasiven konservativen Magnetfeldtherapie zwar hochwertige Studien, die formal der Evidenzklasse I der BUB-Richtlinien (früher: NUB- Richtlinien) hätten zugeordnet werden können. Die inhaltliche Prüfung der Unterlagen zeige jedoch eine Reihe von Mängeln, so dass der Nutzen der nicht-invasiven Magnetfeldbehandlung als nicht nachgewiesen angesehen werden könne. Aufgrund der teilweise erheblichen methodischen Mängel, der Heterogenität der bisher untersuchten Krankheitsbilder, der unterschiedlichen Anwendung von Magnetfeldern (Flussdichte, Frequenz, Behandlungsdauer), der nicht aussagefähigen Zielparameter und insbesondere der geringen Power der Einzelstudien seien weitere Untersuchungen zu fordern.
Mit Beschluss vom 16.01.2001 ist der frühere Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen (jetzt: Gemeinsamer Bundesausschuss) zu dem Verfahren beigeladen worden. Auf der Grundlage des Gutachtens des MDS vom 26.06.2002 hat der bei dem Beigeladenen (damals) zuständige Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" in seiner Sitzung am 25.07.2002 nach Befassung mit der Materie sodann entschieden, dass keine Umstände vorlägen, die eine Neubewertung der Magnetfeldtherapie nach dem N-Verfahren rechtfertigten.
Auf der Grundlage des zurückverweisenden Revisionsurteils vom 31.08.2000 (B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1) hat der Senat zunächst ein Gutachten zu den seit der letzten Entscheidung des Bundesausschusses im Jahre 1992 vorliegenden neuen Unterlagen von Prof. Dr. S, Oberarzt der Orthopädischen Klinik und Poliklinik der K Universität N, eingeholt. Der Sachverständige nennt in seinem Gutachten vom 07.01.2004, auf dessen Inhalt im Einzelnen Bezug genommen wird, fünf seit 1992 erschienene placebo-kontrollierte Studien. Die drei Studien von Kennedy (1993), Mammi (1993) und Capanna (1994), entsprächen wissenschaftlich anerkannten Kriterien, ließen eine Evidenz der Stufe 1 gemäß den BUB-Richtlinien erkennen und zeigten einen signifikanten Effekt der Magnetfeldtherapie bezüglich der Therapie mit gepulsten Magnetfeldern. In einer ergänzenden Stellungnahme vom 22.07.2004 hat Prof. Dr. S ausgeführt, bei keiner der benannten Studien sei eine Magnetfeldbehandlung nach dem N-Verfahren durchgeführt worden. Nur von physikalisch-technischer Seite könne adäquat beantwortet werden, inwieweit die angewendeten Magnetfeldverfahren hiermit übereinstimmten.
Nach Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. S im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.11.2004 hat der Senat die Verhandlung vertagt und den Physiker Prof. Dr. H und Prof. Dr. T, Leiter des orthopädisch-unfallchirurgischen Zentrums des Universitätsklinikums N, mit der Erstellung eines gemeinschaftlichen Gutachtens beauftragt. Da die Sachverständigen sich nicht auf eine einheitliche gutachterliche Einschätzung des Sachverhalts einigen konnten, wurden die Beweisfragen in zwei getrennten Sachverständigengutachten beantwortet. Prof. Dr. T führt in seinem Gutachten vom 28.03.2007, auf dessen Inhalt der Senat verweist, aus, in keiner der von ihm für die Zeit seit 1992 ermittelten Studien, deren physikalisch-technischen Parameter im Einzelnen genannt werden, sei das N-Verfahren angewandt worden. Bezogen auf die streitigen Indikationsbereiche fand Prof. Dr. T weitere Studien, die er auswertete und in denen er ua Hinweise dafür fand, dass die PEMF-Therapie einen positiven Einfluss auf die Knochenheilung nach valgisierender Tibiakopfumstellungsosteotomie haben könne. Prof. Dr. H kommt in der abschließenden Stellungnahme seines Gutachtens vom 24.04.2007, auf welches der Senat gleichfalls Bezug nimmt, in einer Gesamtschau zu dem Ergebnis, dass die Magnetfeldtherapie nach dem N-Verfahren eine sinnvolle adjuvante Methode der therapeutischen Medizin sei.
Nach Einholung der gerichtlichen Sachverständigengutachten hat der Beklagte zu 3) weiter die Ansicht vertreten, die Sachverständigengutachten von Prof. Dr. S, Prof. Dr. H und Prof. Dr. T könnten den Nutzen einer N-Therapie nicht belegen. Auch nach den Ausführungen von Prof. Dr. H bleibe unklar, welches die entscheidenden, für einen Behandlungserfolg wichtigsten Einstellungen seien.
Die Beklagte zu 3) beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.01.1999 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.01.1999 mit der Maßgabe zurückzuweisen, dass die Beklagten verurteilt werden, die von der Klägerin für die konservative Magnetfeldtherapie hergestellten Geräte vom Typ M 60, M 65 sowie M 80 in das Hilfsmittelverzeichnis einzutragen, und zwar für die Anwendungsgebiete
– Beschwerden durch Lockerung der Gelenkendoprothese
– Einheilung von Spongiosa (z.B. bei Achthrodese oder Spondylodese) und Tumormetastasen im Knochen
– Osteotomien des Tibiakopfes und
– Frakturheilungsstörungen (insbesondere verzögerte Frakturheilung und Pseudarthrose bei kleinem Frakturspalt),
hilfsweise den Sachverständigen Prof. Dr. H zu den Einwendungen der Beklagten zu 3) in ihrem Schriftsatz vom 03.05.2007 zu hören,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Die Klägerin trägt vor, es gehe hier allein um die Magnetfeldtherapie mittels der von ihr konkret genannten Magnetfeldtherapie-Geräte. Eine allgemeine Therapieform "Magnetfeldtherapie ohne implantierte Spulen", die einer einheitlichen Begutachtung zugänglich wäre, gebe es nicht. Eine pauschale Beurteilung eines Therapieverfahrens, an dessen Umsetzung sich "zahlreiche unqualifizierte Mitbewerber" versuchten, sei unzulässig. Die Klägerin bezieht sich auf weitere Literatur, aus der sich nach ihrer Auffassung die Wirksamkeit der Behandlungsmethode ergebe. Entgegen der Annahme in dem Gutachten von Prof. Dr. T vom 28.03.2007 komme es nicht darauf an, ob die von ihr verwandten Geräte exakt die gleichen Feldstärken und Signalformen der von Kennedy, Mammi und Capanna verwendeten Geräte erzeugen könnten. Es gehe vielmehr um die Frage, ob bei Einsatz ihrer Geräte ein vergleichbarer therapeutischer Effekt zu erwarten sei. Diese Frage habe Prof. Dr. H in seinem Gutachten vom 24.04.2007 eindeutig bejaht. Die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen hätten kein Anlass, erneut einen Antrag beim Gemeinsamen Bundesausschuss auf Anerkennung des N-Verfahrens zu stellen. Dies liege daran, dass das BSG in seiner Entscheidung vom 31.08.2000 (B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1) klargestellt habe, dass die Tätigkeit des Bundesausschusses oder die Stellung irgendwelcher Anträge durch die Beiladung in diesem Verfahren obsolet geworden sei und die Entscheidung des Gerichts diejenige des Bundesausschusses ersetze.
Der Gemeinsame Bundesausschuss hat sich dem Antrag der Beklagten zu 3) angeschlossen. Das BSG (Urt. v. 03.08.2000 – B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1) gehe davon aus, dass bei einer generell nicht in der vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Methode auch eine zu der betreffenden Methode gehörende einzelne Leistung nicht erbracht werden dürfe. Nur im Falle eines Systemversagens sei eine Ausnahme von diesen Grundsätzen zu machen. Hiervon könne jedoch nicht die Rede sein, weil der zuständige Arbeitsausschuss "Ärztliche Behandlung" Mitte Juli 2002 das anhängige Verfahren zum Anlass genommen habe, erneut über die Magnetfeldtherapie zu beraten. Auch die jetzt vorhandene Studienlage rechtfertige in keiner Weise die Annahme eines "Systemversagens", da keine Studien vorlägen, die den Anforderungen an einen Wirksamkeitsbeleg nach § 18 der Verfahrensordnung des Gemeinsamen Bundesausschusses genügten.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten, der Streitakten des Verfahrens L 11 S(Ka) 10/92 – LSG NRW – sowie der Verwaltungsakten Bezug genommen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die zulässigen Berufungen der Beklagten zu 1), 3), 5), 6), 7) und 8) sind begründet. Das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 21.01.1999 ist zu ändern.
Zwar war die kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage bei dem Sozialgericht Köln nach der bindenden rechtlichen Bewertung (§ 170 Abs. 5 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -) in dem zurückverweisenden Revisionsurteil vom 31.08.2000 (B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1) zulässig. Das sozialgerichtliche Urteil ist jedoch zu ändern. Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, dass die von ihr für die nicht-invasive Magnetfeld-therapie hergestellten Geräte vom Typ M60, M65 sowie M80 für die Anwendungsgebiete "Beschwerden durch Lockerung der Gelenkendoprothese, Einheilung von Spongiosa (z.B. bei Achtrodese oder Spondylose und Tumormetastasen im Knochen, Osteotomien des Tibiakopfes und Frakturheilungsstörungen, insbesondere verzögerte Frakturheilung und Pseudarthrose bei kleinem Frakturspalt)" in das Hilfsmittelverzeichnis einzutragen sind.
Grundlage für die Aufnahme neuer Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis war bis zum 31.03.2007 die Regelung des § 139 Abs. 2 Satz 1 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V). Hiernach ist Voraussetzung für die Aufnahme neuer Hilfsmittel in das Hilfsmittelverzeichnis, dass der Hersteller die Funktionstauglichkeit und den therapeutischen Nutzen des Hilfsmittels sowie seine Qualität nachweist. Nach § 139 Abs. 2 Satz 2 SGB V entscheiden die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam und einheitlich über die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis, nachdem der Medizinische Dienst die Voraussetzungen geprüft hat. Im Wesentlichen inhaltsgleich bestimmt mit Wirkung seit 1.4.2007 § 139 Abs. 3 Satz 1 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz – GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl. I 413), dass die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis auf Antrag des Herstellers erfolgt. Das Hilfsmittel ist aufzunehmen, wenn der Hersteller die Funktionstauglichkeit und Sicherheit, die Erfüllung der Qualitätsanforderungen nach § 139 Abs. 2 SGB V und – soweit erforderlich – den medizinischen Nutzen nachgewiesen hat. Auf der Grundlage des zurückverweisenden Revisionsurteils ist davon auszugehen, dass es sich bei den Magnetfeldtherapiegeräten, deren Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis die Klägerin anstrebt, um Hilfsmittel i.S.d. §§ 33, 128 und 139 SGB V handelt, weil Magnet-feldtherapiegeräte den Erfolg einer Heilbehandlung bei Anwendung durch den Versicherten selbst sicherstellen sollen.
Die bei einer Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis zugrunde zu legenden Anforderungen hat das BSG in seinen – den Senat bindenden – Gründen des Urteils vom 31.08.2000 (B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1) festgelegt und in der zeitlich nachfolgenden Entscheidung vom 28.09.2006 (B 3 KR 28/05 R – juris) konkretisiert. Dabei ist das BSG von einer objektiv berufsregelnden Tendenz der Entscheidung über die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis ausgegangen. Die Beklagte dürfe die Anforderungen hierfür nicht intern oder willkürlich festlegen. Sie müsse sich vielmehr an den Aufgaben und Zielen der gesetzlichen Krankenversicherung orientieren. Die Vorgaben müssten dazu dienen, die Krankenbehandlung nach dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse und unter Berücksichtigung des medizinischen Fortschritts (§ 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V) sicherzustellen (BSG, Urteil vom 28.09.2006 – B 3 KR 28/05 R – juris) und sich an den Aufgaben und Zielen der Krankenbehandlung der Versicherten nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots orientieren. Das Gesetz beschreibe die insoweit maßgebenden Kriterien in § 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V im Hinblick auf die Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden; für die Bewertung von Hilfsmitteln könne nichts anderes gelten. Das Verfahren zur Aufnahme neuer Hilfsmittel müsse rechtsstaatlichen Anforderungen gerecht werden. Lege ein Antragsteller wissenschaftliche Studien über ein neues Hilfsmittel oder neue Studien zu einem bereits bekannten Hilfsmittel vor, werde die Krankenkasse ihrer Amtsermittlungs- und Begründungspflicht nicht gerecht, wenn sie lediglich eine pauschale Stellungnahme des MDS einhole und sich hierauf beziehe. Erforderlich sei eine fachlich fundierte Auseinandersetzung mit den vom Antragsteller vorgelegten Unterlagen. Sachgerecht und erforderlich erscheine eine Bewertung nach Evidenzstufen, wie sie für ärztliche Untersuchungs- und Behandlungsmethoden nach den hierzu gemäß §§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5, 135 Abs. 1 SGB V ergangenen Richtlinien über die Bewertung ärztlicher Untersuchungs- und Behandlungsmethoden vorgesehen sei, weil insoweit gleiche Maßstäbe gelten müssten (BSG, Urteil vom 31.08.2000 – B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr 1).
In dem zurückverweisenden Revisionsurteil geht das BSG weiter davon aus, dass die Aufnahme der von der Klägerin benannten Magnetfeldtherapiegeräte in das Hilfsmittel-verzeichnis nicht schon mit dem Hinweis der Erfassung der Magnetfeldtherapie ohne Verwendung implantierter Spulen in der Anlage 2 ("Methoden, die nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfen") der Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der vertragsärztlichen Versorgung abgelehnt werden dürfe. Die Erstellung und Fortentwicklung des Hilfsmittelverzeichnisses sei allein Aufgabe der Spitzenverbände der Krankenkassen; die Bundesausschüsse der Ärzte und Krankenkassen wirkten daran unmittelbar nicht mit. Allerdings könnten die Spitzenverbände trotz ihrer Autonomie bei der Erstellung des Hilfsmittelverzeichnisses nicht verpflichtet werden, die allein zur Durchführung dieser Therapie einsetzbaren Geräte in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen, wenn die Magnetfeldtherapie nicht als vertragsärztliche Leistung zu Lasten der Krankenkasse erbracht werden dürfe. Erst wenn fest stehe, dass der Bundesausschuss zur Änderung seiner Richtlinien verpflichtet sei, könne auch eine Verpflichtung der Beklagten bestehen, die zur Durchführung der Behandlungsmethode erforderlichen Hilfsmittel in das Verzeichnis aufzunehmen, weil auch die Krankenkassen an die Empfehlungen des Bundesausschusses zu neuen Behandlungs- und Untersuchungsmethoden rechtlich gebunden seien. Sodann führt das BSG weiter aus, dass das Landessozialgericht – nach Beiladung des für den Erlass der Richtlinie nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V zuständigen Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nach § 75 Abs. 2 SGG – die von der Beklagten versäumte sachgerechte Überprüfung der von der Klägerin mit der Antragstellung vorgelegten Unterlagen mit sachverständiger Hilfe nachzuholen habe (BSG, Urteil vom 31.08.2000 – B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1).
Entgegen der Ansicht der Klägerin kann den Ausführungen des BSG nicht entnommen werden, dass das Kompetenzgefüge zwischen dem Gemeinsamen Bundesausschuss und den Spitzenverbänden einerseits und zwischen der gemeinsamen Selbstverwaltung und den Gerichten andererseits aufgehoben werden sollte. Das BSG hat insbesondere nicht entschieden, dass der Gemeinsame Bundesausschuss nicht mehr zu einer Entscheidung über den therapeutischen Nutzen des N-Verfahrens berufen ist oder der Erlass einer dem Gemeinsamen Bundesausschuss vorbehaltenen Richtlinie nach § 92 SGB V durch eine Beiladung des Gemeinsamen Bundesausschusses in einem einzelnen Rechtsstreit zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und Hilfsmittelherstellern ersetzt werden könnte. Unter weiterer Berücksichtigung der späteren, auf ein Urteil des er-kennenden Senats im Hilfsmittelbereich (LSG NRW, Urt. v. 20.09.2005 – L 5 KR 35/02 – ) ergangenen Entscheidung des 3. Senats des BSG vom 28.09.2006 (- B 3 KR 28/05 R – juris), ist vielmehr davon auszugehen, dass die im Revisionsurteil vom 31.08.2000 geforderte "sachgerechte Überprüfung" bzw "abschließende Überprüfung der sachlichen Richtigkeit" die Einbeziehung des Gemeinsamen Bundesausschusses in das Verfahren erfordert und eine Verpflichtung der Spitzenverbände der Krankenkassen bestehen kann, einen für die Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis ggf vorgreiflichen Antrag auf Anerkennung einer neuen Behandlungsmethode nach § 135 Abs. 1 SGB V zu stellen und das Hilfsmittel – nach einer positiven Entscheidung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss – in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen.
Die Zuständigkeit des Gemeinsamen Bundesausschusses für Richtlinien nach § 92 SGB V darf auch bei einer mit einem Hilfsmittel verknüpften neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode nicht unterlaufen werden. Dies kann der zustimmenden Bezugnahme auf die Rechtsprechung des 1. Senats des BSG zur Bindungswirkung der Empfehlungen des Bundesausschusses nach § 135 SGB V in dem Revisionsurteil entnommen werden. Hinsichtlich des Kompetenzkonflikts zwischen den für die Aufnahme eines Hilfsmittels in das Hilfsmittelverzeichnis gemäß § 139 Abs. 2 SGB V a.F. bzw § 139 Abs. 3 SGB V zuständigen Spitzenverbänden der Krankenkassen und dem Bundesausschuss wird ein sachlicher Vorrang der Richtlinien bestätigt (Meydem, SGb 2001, 332, 334). Unter Hinweis auf das zurückverweisende Revisionsurteil vom 31.08.2000 (B 3 KR 21/99 – SozR 3-2500 § 139 Nr 1) führt das BSG in der weiteren Entscheidung vom 28.09.2006 (B 3 KR 28/05 R – juris) ausdrücklich aus, dass zunächst die Anerkennung der neuen Behandlungsmethode durch den Gemeinsamen Bundesausschuss nach § 135 SGB V herbeizuführen sei, ehe das der Durchführung einer neuen Methode dienende Hilfsmittel überhaupt in das Hilfsmittelverzeichnis aufgenommen werden könne (BSG, Urt. v. 28.09.2006 – B 3 KR 28/05 R – juris Rz 32). Der Senat sieht sich insofern in seiner Rechtsansicht bestätigt, dass in der hier vorliegenden Fallgestaltung einer mit einem Hilfsmittel verbundenen, bisher nicht anerkannten Behandlungsmethode eine eigenständige Prüfung des therapeutischen Nutzens des Hilfsmittels durch die Spitzenverbände der Krankenkassen, die sich notwendigerweise auf den therapeutischen Nutzen der Methode insgesamt erstrecken müsste, abzulehnen ist. Sie widerspricht der gesetzlichen Konzeption, wonach die Frage, ob eine neue Behandlungsmethode den von der GKV geforderten Qualitätsstandard entspricht, ausschließlich durch den Gemeinsamen Bundesausschuss entschieden werden soll (LSG NRW, Urt. v. 20.09.2005 – L 5 KR 35/02 – Rz 29 juris).
Der 3. Senat des BSG sah sich in dem zurückverweisenden Revisionsurteil wegen der beanstandeten, den Anforderungen des § 20 Zehntes Buch des Sozialgesetzbuches — Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz – (SGB X) nicht genügenden Sachaufklärung mit unzureichender Würdigung der eingereichten wissenschaftlichen Unterlagen veranlasst, auf die nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V gegebene Antragsbefugnis der Spitzenverbände der Krankenkassen hinzuweisen (BSG, Urt. v. 31.08.2000 – B 3 KR 21/99 R – Rz 22 – juris). § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V bestimmt, dass neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden in der vertragsärztlichen und vertragszahnärztlichen Versorgung zu Lasten der Krankenkassen nur erbracht werden dürfen, wenn der Gemeinsame Bundesausschuss auf Antrag einer Kassenärztlichen Bundesvereinigung, einer Kassenärztlichen Vereinigung oder eines Spitzenverbandes der Krankenkassen in Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V Empfehlungen zur Anerkennung des diagnostischen und therapeutischen Nutzens, zur notwendigen Qualifikation der Ärzte und zu den erforderlichen Aufzeichnungen abgegeben hat. Die Spitzenverbände der Krankenkassen sind also kraft Gesetzes berechtigt und verpflichtet, auf eine Aktualisierung der Richtlinien hinzuwirken. In gleicher Weise, wie es dem Gemeinsamen Bundesausschuss nicht freigestellt ist, ob und wann er sich mit einem Antrag auf Anerkennung einer neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethode befasst, steht es auch nicht im Belieben der antragsberechtigten Körperschaften und Verbände, ob überhaupt ein Verfahren vor dem Bundesausschuss in Gang gesetzt wird (BSG, Urt. v. 16.09.1997 – 1 RK 28/95 – SozR 3- 2500 § 135 Nr. 4, Seite 21).
Wird das Verfahren vor dem Bundesausschuss selbst überhaupt nicht, nicht zeitgerecht oder nicht ordnungsgemäß betrieben und ist dies auf eine willkürliche oder sachfremde Untätigkeit bzw Verfahrensverzögerung zurückzuführen, nimmt das BSG im Verhältnis zwischen dem Versicherten und der Krankenkasse ein sog. Systemversagen an. Dies kann dazu führen, dass der Versicherte ausnahmsweise einen Kostenerstattungsanspruch hat (vgl z.B. BSG, Urt. v. 27.03.2007 – B 1 KR 25/06 R – m.w.N.; BSG, Urt. v. 26.09.2006 – B 1 KR 3/06 R – m.w.N. ). Ein Systemversagen wird insb. gesehen, wenn die einschlägigen Richtlinien einer den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 SGB V genügenden Krankenbehandlung widersprechen, die erfordert, dass Qualität und Wirksamkeit der streitbefangenen Leistungen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen, welche sich wiederum in zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen niedergeschlagen haben müssen (BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 1 KR 24/06 R -). Es kann dahingestellt bleiben, ob der Gedanke des Systemversagens auf das Verhältnis zwischen den Spitzenverbänden der Krankenkassen und die Hilfsmittelhersteller übertragen werden kann. Selbst wenn der Gesichtspunkt des Systemversagens auch im Verhältnis zwischen den Spitzenverbänden und den Hilfsmittel-herstellern – mit welcher Rechtsfolge auch immer – rechtlich beachtlich wäre, fehlt es im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats (vgl zum Prüfungszeitpunkt: BSG, Urt. v. 28.09.2006 – B 3 KR 28/05 R) an der Grundvoraussetzung eines pflichtwidrigen Verhaltens der Beklagten.
Die Beklagte zu 3) als nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V antragsberechtigte Stelle muss sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht gedrängt fühlen, einen Antrag auf Anerkennung des N-Verfahrens nach § 135 Abs. 1 SGB V bei dem Gemeinsamen Bundesausschuss zu stellen. Die Beklagte zu 3) hat zunächst aus dem BSG-Urteil vom 31.08.2000 (B 3 KR 21/99 R – SozR 3-2500 § 139 Nr. 1) die Konsequenz gezogen, dass die – nur zweiseitige – Stellungnahme des Dr. L (MDS) vom 27.02.1997 keine ausreichende Auswertung der von der Klägerin mit dem Antrag auf Aufnahme in das Hilfsmittelverzeichnis vorgelegten umfangreichen Unterlagen darstellte und den MDS mit der Fertigung eines Gutachtens beauftragt. In dem Gutachten des MDS vom 26.06.2002 wird festgestellt, dass die Bewertung der Herstellerunterlagen (keine klinischen Studien der Evidenzklassen I und IIa), aber auch die Ergebnisauswertung der Publikationen nach wie vor den therapeutischen Nutzen der nicht-invasiven konservativen Magnetfeldtherapie nach den Bewertungs-Kriterien der BUB-Richtlinien des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen nicht ausreichend belegen würden. Den Verfahren der Magnetfeldtherapie lägen verschiedene Behandlungsmodalitäten, vor allem hinsichtlich physikalischer Magnetfeldparameter, Signalform und Behandlungsdauer, zugrunde. Zudem habe sich die Arbeitsgemeinschaft für Osteosynthese (AO) aufgrund experimenteller Studien kritisch zu dem elektrophysiologischen Behandlungsansatz positioniert. Auch sei eine von der Orthopädischen Universitätsklinik Aachen publizierte Übersicht und Metaanalyse zu dem Ergebnis gekommen, dass der Einsatz von pulsierenden elektromagnetischen Feldern (PEMF) bei orthopädischen Krankheitsbildern bislang wissenschaftlich nicht ausreichend belegt sei. Vor diesem Hintergrund kann der Senat kein "Systemversagen" in dem Umstand erblicken, dass der zuständige Arbeitsausschuss des Gemeinsamen Bundesausschusses in seiner Sitzung am 25.07.2002 (ohne Vorliegen eines förmlichen Antrags) beschlossen hat, dass eine Neubewertung des früheren Beschlusses zur nicht-invasiven konservativen Magnetfeldbehandlung bei orthopädischen Indikationen nicht angezeigt sei. Entsprechend musste sich auch die Beklagte zu 3) nicht zu einem weiteren Einwirken auf den Bundesausschuss durch eine Antragstellung nach § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V gedrängt fühlen, da ausreichend valide Unterlagen für eine Neubewertung des N-Verfahrens fehlten.
Auch die Sachaufklärung des Senats ergibt keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine entsprechende Handlungspflicht der Beklagten zu 3). Der zunächst vom Senat beauftragte Sachverständige Prof. Dr. S hat in seinem Gutachten vom 07.01.2004 die Aussage, dass die von der Klägerin hergestellten Geräte für die Indikation "Hüftprothesenlockerung, Osteotomien des Tibiakopfes und Transplantateinheilung nach Resektion von Knochen-tumoren" nützlich sein könnten, ausdrücklich unter den Vorbehalt gestellt, dass die Geräte die physikalischen Voraussetzungen der in den genannten Studien von Kennedy (1993), Mammi (1993) und Capanna (1994) angewandten Magnetfeldtherapie erfüllen. Zwar lasse sich aus den Studien unter strikter Beibehaltung der Ein- und Ausschlusskriterien und der Behandlungsparameter eine Evidenz der Stufe 1 nach den BUB-Richtlinien erkennen. Eine Evidenz für andere Formen der Magnetfeldtherapie mit anderen physikalischen-technischen Parametern ergebe sich hieraus jedoch nicht, da eine einheitliche Evidenz bei völlig unterschiedlichen Anwendungsformen der Magnetfeldtherapie (z.B. Frequenz, Feldstärke, Magnetflussdichte) nicht zu erwarten sei.
Insofern hat der Senat bei der Bewertung der Wirksamkeit des N-Verfahrens die Unterschiede des N-Verfahrens zu anderen Formen der Magnetfeldtherapie, insb. mit der PEMF (Pulsierende Elektromagnetische Felder) -Therapie zu berücksichtigen. Nach der Aufstellung von Prof. Dr. S und den Angaben der Klägerin handelt es sich bei dem N-Verfahren mit den Therapieeinheiten M 60, M 65 und M 80 um eine niederfrequente Therapie (Frequenz: 2 – 20 Hz), während die z.B. den Studien von Mammi und Capanna zugrunde liegenden Untersuchungen mit 75 Hz durchgeführt wurden (Untersuchung von Kennedy mit 15 Hz). Die Signalform (Pulsform) in den Geräten der Klägerin M 60, M 65 und M 80 ist sinusförmig (Verwendung von Dreieckimpulsen bei den Studien von Kennedy, Mammi und Capanna). Auch sind die täglichen Behandlungen bzw. die Gesamtbehandlungsdauer deutlich kürzer (täglich ein- bis dreimal 45 Min, je nach Indikation über 3 bis 5 Monate bei dem N-Verfahren). Mit der Technik der PEMF-Geräte (15 bzw. 75 Hz puls-bursts) werde – so Prof. Dr. H in seinem Gutachten vom 24.04.2007 – bei gleicher Indikationsstellung (verzögerte Knochenheilung, Prothesenlockerung) eine tägliche Behandlungszeit von 8 bis 10 Stunden und eine Gesamtbehandlungsdauer von 6 bis 9 Monaten benötigt. Eine mit den Geräten der Klägerin durchgeführte Studie liegt nicht vor. Da die Sachverständigen zudem betonen, dass der komplexe Wirkungsmechanismus zwischen den elektrischen und magnetischen Feldwirkungen auf der molekularen und zellularen Ebene mit den biologisch-chemischen Strukturen bisher nur sehr eingeschränkt untersucht und überhaupt erfassbar sei (so Prof. Dr. H in seinem Gutachten vom 24.04.2007), sieht der Senat schon aus diesem Grund nicht, dass sich die Beklagte zu 3) zu einer Antragstellung hätte gedrängt fühlen müssen.
Unabhängig von der fehlenden Vergleichbarkeit der physikalisch-technischen Behandlungsparameter hat Prof. Dr. S die gegen die Studien von Kennedy, Mammi und Capanna vorgebrachten Einwände nicht überzeugend widerlegt. So hat er bei seiner Anhörung im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 04.11.2004 hinsichtlich der Studie von Kennedy nur eine begrenzte Wirksamkeit der Magnetfeldtherapie gesehen, da sie nur auf den Knochen einwirke. Bei zementierten Hüftendoprothesen sei Grund der Lockerung die fehlende Haftung der Prothese am Zement, nicht am Knochen. Dem von Prof. Dr. X/Dr. L in ihrer Stellungnahme vom 11.2.2004 vorgebrachten Einwand, dass es nur zu einer vorübergehenden Besserung der aktiv behandelten Patienten gekommen und eine Verzögerung erneuter Operationen nicht durch Daten belegt sei, ist Prof. Dr. S nicht entgegengetreten. Auch Prof. Dr. H hat seine Angabe, dass bei 50 % der therapierten Patienten der Zeitraum bis zu einer Revisionsoperation der Hüftgelenkprothesen um bis zu 5 Jahre verlängert werde, nicht näher belegt.
Hinsichtlich der Studie von Mammi wird angezweifelt, ob röntgenologische Anhaltspunkte für eine Knochenheilung durch Magnetfeldtherapie ohne Ermittlung des klinischen Funktionsbefundes ausreichen, um die Wirksamkeit des N-Verfahrens zu beurteilen. Die hier von Dr. X/Dr. L geäußerte Kritik ist zu berücksichtigen, zumal auch in Berichten des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen zur pulsierenden Stoßwellenbehandlung die Validität des Heilungserfolges einer Frakturbe-handlung bzw Pseudarthrosenbehandlung allein auf der Grundlage von Röntgenbildern mit der Argumentation angezweifelt wird, dass trotz knöcherner Durchbauung des Defekts Achsenfehlstellungen, Extremitätenverkürzungen oder Drehfehler für den Patienten zu einer erheblichen Funktionsminderungen der Extremität führen könnten. Dieser Einwand betrifft auch die von der Klägerin erwähnte weitere CDRH (Center of Device und Radiological Health) – Studie zu Therapien von Wirbelversteifungen (2004), die auf einer rein radiologischen Auswertung des Anteils der röntgenologisch durchbauten Spondylosen beruht. Insofern folgt der Senat den Ausführungen in dem Grundsatzgutachten des MDS vom 26.06.2002, wonach die Wirksamkeit einer Behandlung nicht nur an röntgenologi-schen Anhaltspunkten festmacht werden kann, sondern auch das klinische Befinden des Patienten im Hinblick auf seine Funktionsfähigkeit (Gehen, Stehen, Gelenkbeweglichkeit,Schmerz) zu ermitteln ist. Die von Prof. Dr. S in der mündlichen Verhandlung vom 4.11.2004 geschilderten Probleme bei der Einschätzung des klinischen Funktionsbe-fundes hält der Senat nicht für überzeugend.
Bezogen auf die Studie von Capanna zur Einheilung von fremden Knochenmaterial nach Knochenresektion bei bösartigen Tumormetastasen im Knochen durch PEMF-Behandlung weisen Prof. Dr. S und Prof. Dr. X/Dr. L darauf hin, dass zwischen der wesentlichen Kontroll- und der Interventionsgruppe bei der Rate an Frakturheilungen kein signifikanter Unterschied bestehe, vielmehr nur für eine zahlenmäßig kleine Subgruppe (Patienten mit Chemotherapie gegen Patienten ohne Chemotherapie) ein signifikanter Effekt festgestellt worden sei, der einen Hinweis darauf liefere, dass bei solchen schwerstkranken Patienten die Magnetfeldtherapie hilfreich sein könne.
Auch die weiteren Sachverständigengutachten von Prof. Dr. T1 und Prof. Dr. H haben keine eindeutigen Erkenntnisse erbracht, durch welche die Beklagte zu 3) sich hätte gedrängt fühlen müssen, auf eine Anerkennung des N-Verfahrens hinzuwirken. In Ergänzung zu der Studie von Kennedy weist Prof. Dr. T ergänzend auf eine Studie von Konrad (Evidenzstufe IIb) hin. Auch hier habe sich nur eine subjektive Beschwerdebesserung für die Dauer der Behandlung, in der Röntgenverlaufsbeobachtung jedoch keine Veränderung der radiologischen Lockerungszeichen gefunden. Zur Studie von Capanna führt Prof. Dr. T1 aus, dass sich weder die knöcherne Einheilung des Fremdknochenmaterials erhöht noch die Zeit bis zur Verheilung eines allogenen Knochentransplantats an den Resektionsrändern durch den Einsatz der in den Studien verwendeten PEMF-Signalen signifikant verkürzt habe. Die Studien von Linovitz (u.a. 2002: zum Einfluss von kombinierten magnetischen Feldern neuartiger Form auf posterolaterale Wirbelsäulenversteifungen ohne Instrumentierung als adjuvantes Vorgehen bei der Versteifung der Wirbelsäule) hält der Sachverständige nur für begrenzt aussagekräftig, da die Indikationen, wegen derer die Patienten operiert worden seien, nicht genannt würden. Die Aussagekraft der Studie von Simonis et al (2003) zur Behandlung von Frakturheilungsstörungen an der Tibia mit der PEMF-Therapie, nach der in der Kontroll-Gruppe 50 % und in der Verum-Gruppe 89% der Pseudarthrosen heilten, wird dadurch eingeschränkt, dass in der Placebo-Gruppe deutlich mehr Raucher (81%) eingeschlossen waren als in der Verum-Gruppe (44%).
Zwar sieht Prof. Dr. H bei dem Indikationsbereich "Lockerung der Endoprothese" durch die nach 1992 erstellten Arbeiten von Otter et al (1998), Rubin et al (1993), Rispoli et al (1998) und Konrad et al (1996) Anhaltspunkte für eine besondere osteogene Wirksamkeit der bei dem N-Verfahren verwendeten Signalformen und Frequenzen. Es seien vor allem niederfrequente kontinuierliche sinusförmige Signale im Frequenzbereich unter 120 Hz wirksam. Seine in der abschließenden Stellungnahme abgegebene Gesamtschau, dass die Methode der Magnetfeldtherapie nach dem N-Verfahren mit den in Rede stehenden Geräten eine sinnvolle adjuvante Methode der therapeutischen Medizin sei, misst der Sachverständige jedoch – ebenso wie Prof. Dr. S – ausdrücklich nicht an den strengen Maßstäben der evidenzbasierten Medizin, die nach Richtlinien zu den Methoden vertragsärztlicher Versorgung die Grundlage der Bewertung bilden. Vor diesem Hintergrund erscheint die in dem Schreiben des beigeladenen Gemeinsamen Bundesausschusses vom 11.05.2007 enthaltene Feststellung vertretbar, dass keines der eingereichten Gutachten ausreichende positive Nachweise der Wirksamkeit im Sinne der evidenzbasierten Medizin liefere, die eine Aufnahme der Magnetfeldtherapie oder einzelner ihr zugehöriger Untergruppen erforderlich erscheinen lasse. Entsprechend sieht der Senat auch keine Verpflichtung der Beklagten zu 3), auf eine Anerkennung des N-Verfahrens hinzuwirken, und die eine Magnetfeldtherapie nach dem N-Verfahren ermöglichenden Geräte vom Typ M 60, M 65 sowie M 80 in das Hilfsmittelverzeichnis aufzunehmen. Eine weitere Sachaufklärung hat der Senat nicht für notwendig befunden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen.
Erstellt am: 05.10.2009
Zuletzt verändert am: 05.10.2009