Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 03.04.2007 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist, bei welcher gesetzlichen Krankenkasse aktuell eine Mitgliedschaft der Antragstellerin (ASt.) besteht.
Die am 00.00.1969 geborene ASt. war bis zum 30.06.1997 bei der Antragsgegnerin (AG in) zu 1) krankenversichert. Im Rahmen der Familienversicherung über ihren Ehemann bestand im Folgezeitraum eine Mitgliedschaft bei der AG in zu 2), die mit der Rechtskraft der Scheidung am 12.09.2005 endete. Wegen des Bezuges von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) bei der Stadt S bestand ein Anspruch auf Pflichtversicherung der ASt. in der gesetzlichen Krankenversicherung. Die ASt. machte von ihrem Wahlrecht zunächst keinen Gebrauch. Es wurde deshalb eine Mitgliedschaft bei der AG in zu 2), bei der die ASt. zuletzt versichert gewesen war, begründet.
Anfang März 2006 sprach die ASt. bei der AG in zu 1) vor und erhielt eine entsprechende Mitgliedsbescheinigung, bei deren Ausstellung der AG in zu 1) von einem unrichtigen Sachverhalt ausging. Die ASt. hatte lediglich von dem Ausscheiden aus der Familienversicherung, nicht aber von der Begründung der Mitgliedschaft bei der AG in zu 2) Mitteilung gemacht. Die Stadt S leistete entsprechend der von der ASt. dort vorgelegeten Mitgliedsbescheinigung in der Folgezeit die Krankenversicherungsbeiträge nicht mehr an die AG in zu 2), sondern an die AG in zu 1). Nachdem der AG in zu 1) der vollständige Sachverhalt bekannt geworden war, verwies sie die ASt. hinsichtlich der Krankenversicherung an die AG in zu 2). Dort sei mangels rechtzeitiger Ausübung des Wahlrechts zu Recht gemäß § 175 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) eine Mitgliedschaft begründet worden. Für eine neue Krankenkasse könne das Wahlrecht gemäß § 175 Abs. 4 SGB V frühestens nach 18 Monaten ausgeübt werden. Die Stadt S vertrat der ASt. gegenüber dieselbe Rechtsauffassung und wies diese darauf hin, dass die Mitgliedschaft bei der AG in zu 2) unter Einhaltung der Kündigungsfrist frühestens zum 01.04.2007 beendet werden könne. Bezüglich der geleisteten Pflichtversicherungsbeiträge erfolgte eine Rückabwicklung mit den AG innen zu 1) und 2).
Mit dem am 11.01.2007 an das Sozialgericht (SG) Münster gerichteten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat die ASt., soweit das Recht der gesetzlichen Krankenversicherung betroffen ist, die sofortige Aushändigung einer Krankenversichertenkarte der AG in zu 1) begehrt. Zur Begründung hat sie vorgetragen, sie habe im Zusammenhang mit der Scheidung sehr viele Angelegenheiten regeln müssen und deshalb die rechtzeitige Ausübung des Wahlrechts versäumt. Krankenkasse ihrer Wahl sei jedoch die AG in zu 1). Dort wolle sie versichert sein. Mit Ausstellung der Mitgliedsbescheinigung habe diese ihrem Wunsch auch entsprochen.
Die ASt. hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die AG in zu 1) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr unverzüglich eine Krankenversichertenkarte auszuhändigen.
Die AG innen zu 1) und 2) haben schriftsätzlich beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie haben sich zur Begründung auf die Regelungen des § 175 Abs. 3 und 4 SGB V bezogen.
Mit Beschluss vom 03.04.2007 hat das SG den Antrag der ASt. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Zur Begründung hat das SG im Wesentlichen darauf abgestellt, dass es bereits am Vorliegen eines Anordnungsgrundes fehle. Der Krankenversicherungsschutz der ASt. sei über die AG in zu 2) sichergestellt. Eine Beschwer der ASt., die den Erlass einer einstweiligen Anordnung notwendig machen könnte, sei nicht erkennbar.
Gegen den ihr am 04.04.2007 zugestellten Beschluss hat die ASt. am selben Tag Beschwerde eingelegt, der das SG nicht abgeholfen hat. Sie bezieht sich zur Begründung auf ihren bisherigen Vortrag und trägt ergänzend vor, sie verfüge nicht über eine Krankenversichertenkarte der AG in zu 2), sei auch sonst nicht durch Informationshefte o. ä. über ihre Rechte als Versicherte aufgeklärt worden und könne keinen Arzt aufsuchen.
Die ASt. beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des SG Münster vom 03.04.2007 zu ändern und die AG in zu 1) im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihr unverzüglich eine Krankenversichertenkarte auszuhändigen.
Die AG innen zu 1) und 2) beantragen schriftsätzlich,
die Beschwerde der ASt. gegen den Beschluss des SG Münster vom 03.04.2007 zurückzuweisen.
Sie beziehen sich zur Begründung auf den aus ihrer Sicht zutreffenden angefochtenen Beschluss. Ergänzend weist die AG in zu 2) darauf hin, dass die ASt. im Rahmen des Verfahrens bestätigt habe, dass ihr die am 15.11.2006 übersandte Krankenversichertenkarte zugegangen sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der beigezogenen Akten des Sozialgerichts Münster (Az.: S 5 AS 100/07, S 3 AS 13/07 ER, S 5 AS 39/07, S 9 KR 18/07) einschließlich der zugehörigen Verwaltungsakten Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde der ASt. ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht mit Beschluss vom 03.04.2007 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erfolgen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen, vgl. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Nur wenn dies zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den ASt. unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, weil dem Rechtsschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht (vgl. Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Beschl. vom 13.08.1999, Az.: 2 VR 1/99, www.jurisweb.de, RdNr. 24 f.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Aufl. 2005, § 86b RdNr. 31 m. w. N.), ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache, wie sie hier von der ASt. begehrt wird, im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. vom 13.08.1999, a. a. O.; Meyer-Ladewig, a. a. O.; ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. Beschlüsse vom 16.10.2002 – L 16 KR 219/02 ER -, vom 13.05.2004 – L 16 B 20/04 KR ER -, vom 29.11.2005 – L 16 B 90/05 -, vom 06.04.2006 – L 16 B 3/06 KR ER – sowie vom 11.07.2006 – L 16 B 43/06 KR ER -, siehe www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Das SG hat zu Recht die Auffassung vertreten, es fehle bereits an einem Anordnungsgrund. Es erscheint für die ASt. im Hinblick auf sonst zu erwartende Nachteile weiterhin nicht unzumutbar, Mitglied bei der AG in zu 2) zu bleiben und von der ihr ausgehändigten Krankenversichertenkarte Gebrauch zu machen, wobei dem Senat nicht bekannt ist, ob die ASt. von ihrem Kündigungsrecht aus § 175 Abs. 4 SGB V zum 01.04.2007 oder zu einem späteren Zeitpunkt Gebrauch gemacht hat. Der von der ASt. angestrebte Wechsel wäre inzwischen ohne Weiteres möglich gewesen. Es ist ohnehin für den Senat nicht nachvollziehbar, welche Auswirkungen eine Mitgliedschaft der ASt. bei der AG in zu1) oder zu 2) für die Vergangenheit haben sollte, zumal die Beiträge von der Stadt S getragen werden und auch keine Leistungsansprüche seitens der AG in zu 2) ablehnt worden sind. Im Übrigen ermöglichte der Wechsel der Krankenkasse nach fristgerechter Kündigung der ASt. für die Zukunft eine Zugehörigkeit zu der Krankenkasse ihrer Wahl, ohne dass es der Führung eines gerichtlichen Verfahrens bedürfte.
Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs hat das SG zu Recht offen lassen können.
Der Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden, vgl. § 177 SGG.
Erstellt am: 30.08.2007
Zuletzt verändert am: 30.08.2007