Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 20.06.2007 geändert. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab 16.05.2007 bis zum 30.09.2007 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende (Alg II) in Höhe von 85% nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu zahlen. Die Antragsgegnerin trägt 4/5 der außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin, der das Sozialgericht (SG) nicht abgeholfen hat, ist im Ergebnis begründet.
Nach § 86b Abs. 2 Satz 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile notwendig erscheint (Regelungsanordnung). Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt das Bestehen eines Anordnungsanspruches, d.h. des materiellen Anspruchs, für den vorläufiger Rechtsschutz begehrt wird, sowie das Vorliegen eines Anordnungsgrundes, d.h. die Unzumutbarkeit voraus, bei Abwägung aller betroffenen Interessen die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Können ohne die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes schwere und unzumutbare, anders nicht abwendbare Beeinträchtigungen entstehen, die durch das Hauptsacheverfahren nicht mehr zu beseitigen währen, sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache nicht nur summarisch, sondern abschließend zu prüfen. Scheidet eine vollständige Aufklärung der Sach- und Rechtslage im Eilverfahren aus, ist auf der Grundlage einer an der Gewährung eines effektiven Rechtsschutzes orientierten Folgenabwägung zu entscheiden (BVerfG, Beschluss vom 12.05.2005 -1 BvR 569/05-).
Unter Berücksichtigung dieser Voraussetzungen hat das SG die Antragsgegnerin zu Unrecht verpflichtet, den Antragstellern vorläufig ab dem 16.05.2007 bis zum 30.09.2007 Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitssuchende nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Dabei kann dahingestellt bleiben, ob ein Anordnungsanspruch gegeben ist. Die Prüfung, ob eine Hilfebedürftigkeit aufgrund von Vermögen zu verneinen ist, muss dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Jedenfalls haben die Antragsteller zur Überzeugung des Senats einen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht. Bei Gegenüberstellung des sich ohne Abzüge der Freibeträge auf 1261,00 Euro belaufenen Einkommens, bestehend aus Kindergeld (462,00 Euro) und Erwerbseinkommen (399,00 Euro und 400,00 Euro), welches ca. 96% des von der Antragsgegnerin festgestellten Bedarfs der Antragsteller in Höhe von 1.312,00 Euro (ab 01.07.2007: 1318,00 Euro) entspricht, liegen keine Gründe vor, die ein sofortiges Eingreifen zur Vermeidung erheblicher Nachteile der Antragsteller unter Vorwegnahme der Hauptsache erforderlich machen. Zwar beläuft sich nach Abzug der Freibeträge das Einkommen auf 941,20 Euro. Bei der Prüfung des Anordnungsgrundes ist jedoch auf das Einkommen abzustellen, welches den Antragstellern tatsächlich zur Verfügung steht, unabhängig davon, welches Einkommen die Antragsgegnerin materiell-rechtlich berücksichtigen darf.
Die monatlichen festen Ausgaben für den Grundbesitz in Höhe von 159,95 Euro rechtfertigen keine andere Beurteilung. Diesen Ausgaben steht das Wohngeld in Höhe von monatlich 282,00 Euro gegenüber. Der Krankenversicherungsschutz ist nach Angaben der Antragsteller durch die Übernahme der Beiträge durch den Bruder gesichert. Sofern hier eine Änderung eintreten sollte, bleibt es den Antragstellern unbenommen, erneut einstweiligen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen.
Da sich die Antragsgegnerin mit der Beschwerde nicht insgesamt gegen die Verpflichtung zur Erbringung der Leistungen wendet, sondern lediglich gegen die Zuerkennung des vollen Betrages, war dem Antrag der Antragsgegnerin im tenorierten Umfang zu entsprechen. Nicht zu entscheiden war vorliegend, ob im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes nach § 86b Abs. 2 SGG grundsätzlich eine Kürzung der Regelsätze auf 80% gerechtfertigt ist. In diesem Zusammenhang wird jedoch darauf hingewiesen, dass die vorläufige Bewilligung der Regelleistungen in Höhe von 100 % bei Vorliegen eines glaubhaft gemachten Anordnungsanspruches der Rechtsprechung des 7. Senates entspricht.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Dabei hat der Senat trotz Obsiegens der Antragsgegnerin berücksichtigt, dass die Antragsgegnerin ihre Begründung geändert hat und im Beschwerdeverfahren nicht mehr die Auffassung vertritt, die Antragsteller seien aufgrund von Vermögen nicht hilfebedürftig.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 25.09.2007
Zuletzt verändert am: 25.09.2007