Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 18.04.2007 wird zurückgewiesen.
Gründe:
I.
Der Kläger begehrt die Zahlung von Krankengeld über den 07.03.2006 hinaus. Zur Aufklärung des medizinischen Sachverhalts hatte das Sozialgericht (SG) mit Beweisanordnung vom 09.10.2006 in der Fassung der Änderung vom 09.11.2006 die Orthopädin/Rheumatologin Dr. Q als Sachverständige bestimmt. Die Sachverständige hat den Kläger am 10.01.2007 in ihren Praxisräumen gutachtlich untersucht. Ihr schriftliches Sachverständigengutachten vom 19.01.2007 ist am 22.01.2007 bei dem Sozialgericht Aachen eingegangen und am 23.01.2007 u.a. dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugesandt worden.
Mit einem am 22.02.2007 bei dem SG eingegangenen Schreiben hat der Kläger die Sachverständige wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Die Sachverständige habe auf Seite 9 ihres Gutachtens u.a. festgestellt, dass das An- und Auskleiden zügig und ohne fremde Hilfe erfolge, obgleich sie während des An- und Auskleidevorgangs und des Anziehens der orthopädischen Schuhe nicht zugegen gewesen sei. Anwesend sei einzig und allein der zur Untersuchung des Klägers mitgereiste Schwiegersohn, Herr T M, gewesen. Hieraus ergebe sich, dass die Sachverständige offensichtlich nicht bereit sei, objektive Befunde zu erheben und sie sachgerecht zu würdigen.
Die Sachverständige hat ihre handschriftliche Mitschrift des Untersuchungsvorgangs vom 10.01.2007 vorgelegt. Sie habe vermerkt "Strümpfe ausziehen im Stehen" und halte sich zugute, gerade Beobachtungen häufig für die Kläger nicht sichtbar durchzuführen. Nach der Anamneseerhebung/Untersuchung stelle sie sich bewusst seitlich bzw. verlasse kurz den Raum, wobei die Kläger dennoch unter Beobachtung blieben.
Der Kläger hat nachfolgend bestritten, dass die Gutachterin ihn vom Zwischenflur aus während des Ent- und Ankleidens beobachtet habe, ohne dass er dies gemerkt habe. Während der gesamten Zeit, in der er sich im Untersuchungsraum befunden habe, habe sich der Zeuge T M in dem Zwischenraum aufgehalten und auf ihn gewartet. Wenn die Sachverständige kranke Menschen heimlich und ohne deren Wissen beobachte, zeige dies, dass sie ihren Probanden in keinster Weise unvoreingenommen gegenüber trete.
Mit Beschluss vom 18.04.2007 (zugestellt am 25.04.2007) hat das SG das Gesuch des Klägers, die Sachverständige Dr. Q wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, zurückgewiesen. Der Antrag sei nicht begründet, da ein Ablehnungsgrund nicht vorliege. Die Sachverständige sei in der Lage gewesen, Beobachtungen zum An- und Auskleiden zu machen. Soweit der Kläger vortrage, sie habe sich nicht im Zwischenraum aufhalten können, weil sich dort sein Schwiegersohn befunden habe, stehe dies im Widerspruch zu seinem ersten Vortrag und sei deshalb nicht glaubhaft. Zur Aufgabe eines Sachverständigen, den Gesundheitszustand eines Klägers zu ermitteln, gehöre auch, dass dieser in Momenten, in denen er sich unbeobachtet fühle, von der Sachverständigen beobachtet werde, um zu sehen, wie sich der Kläger außerhalb der Untersuchungssituation bewege. Auch habe die Sachverständige darauf verwiesen, dass der Vortrag des Klägers zu seinen Beschwerden überwiegend glaubhaft sei. Es seien damit keine objektiven Gründe erkennbar, die den Kläger befürchten lassen könnten, die Sachverständige sei nicht unparteiisch gewesen.
Mit seiner am 24.05.2007 eingelegten Beschwerde hat sich der Kläger auf eine Stellungnahme des T M vom 30.04.2007 berufen und ausgeführt, der Zeuge habe in dem Zwischenflur auf ihn gewartet und könne bezeugen, dass die Sachverständige ihn nicht während der Zeit des Entkleide- und Ankleidevorgangs vom Zwischenflur aus beobachtet habe. Allein die Tatsache, dass die Sachverständige behaupte, sie habe ihn heimlich und ohne sein Wissen beobachtet, begründe die Besorgnis der Befangenheit.
II.
Die zulässige Beschwerde, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfeentscheidung vom 29.05.2007), ist nicht begründet. Der Kläger hat weder in der Begründung des Ablehnungsantrags noch im Beschwerdeschreiben vom 24.05.2007 Gründe vorgetragen, die geeignet sind, nach vernünftigen Erwägungen Misstrauen gegen die Unparteilichkeit der Sachverständigen zu rechtfertigen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG -, §§ 406 Abs. 1 Satz 1, 42 Abs. 1 und 2 der Zivil-prozessordnung – ZPO -). Auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Beschlusses nimmt der Senat Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG).
Soweit der Kläger in seiner Beschwerdebegründung erneut rügt, dass die Feststellungen der Sachverständigen zum Entkleide- und Ankleidevorgang nicht auf deren Beobachtungen beruhen könnten bzw. eine unzulässige Ausspähung beinhalteten und deshalb auf eine deutliche Voreingenommenheit schließen ließen, trifft dies nicht zu. Es ist Aufgabe des Sachverständigen, die "subjektiven" (individuellen) Beschwerdeschilderungen und die "objektiven" individuellen Untersuchungsbefunde zu werten. Es handelt sich nicht um einen unsachgemäßen Umgang der Sachverständigen mit den Belangen des Klägers, wenn die körperliche Leistungsfähigkeit auf der Grundlage verschiedener Beobachtungen ermittelt und auch auf die Beweglichkeit außerhalb der konkreten Untersuchungssituation abgestellt wird. An Hand der vorgelegten Notizen ist jedenfalls für den Senat nicht zweifelhaft, dass die Sachverständige bzw. die von ihr herangezogenen Hilfspersonen bei der längerandauernden Untersuchung des Klägers auch Beobachtungen zu den körperlichen Fähigkeiten des Klägers beim An- und Auskleiden gemacht haben. Diese Feststellungen können – so die Sachverständige in ihrem Schreiben vom 19.03.2007 – durch bewusstes Seitwärtsstellen bzw. von einem benachbarten Zwischenraum aus erfolgen.
Nur wenn die Verfahrensweise des Sachverständigen von einem willkürlichen oder unsachlichen Umgang mit den Beteiligten geprägt ist, ist die Besorgnis der Befangenheit begründet. Ein solcher Sachverhalt liegt nicht vor.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 05.11.2007
Zuletzt verändert am: 05.11.2007