Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Streitwertbeschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 09. März 2007 geändert. Der Streitwert für das Klageverfahren vor dem Sozialgericht Düsseldorf, Az.: S 6 (27) RA 155/04 wird auf 35.000,00 EUR (in Worten: fünfunddreißigtausend Euro) festgesetzt. Im übrigen wird die Beschwerde der Klägerin zurückgewiesen. Dieser Beschluss ergeht gebührenfrei. Kosten sind nicht zu erstatten
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten nur noch darüber, auf welchen Betrag der Streitwert für ein Klageverfahren (Klageerhebung im Juni 2004) festzustellen ist. Im Hauptsacheverfahren vor dem Sozialgericht (SG) war unter den Beteiligten streitig, ob der als Telefonvermittler herangezogene E.I. seit August 2002 abhängig Beschäftigter der Klägerin (d. Kl.) oder aber selbständig Tätiger war (Statusfeststellungsverfahren nach § 7a des Vierten Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB IV)). Das Klageverfahren wurde durch Anerkenntnis der Beklagten (d. Bekl.) und durch die Feststellung erledigt., E.I. sei selbständig tätig (gewesen). D. Bekl. hat sich bereit erklärt, Verfahrenskosten in voller Höhe zu tragen.
Das SG hat den Streitwert, gestützt auf § 197a des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und § 63 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG), auf 5.000 Euro (Regel- bzw. Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG) festgesetzt (Beschluss vom 09.03.2007, zugestellt am 26.03.2007). Der am 24.04.2007 beim erstinstanzlichen Gericht eingegangenen Beschwerde d. Kl. hat SG nicht abgeholfen (Beschluss vom 24.07.2007).
Mit der Beschwerde bringt d. Kl. vor, der Streitwert für das Klageverfahren betrage 54.264,85 Euro. Eine Festsetzung entsprechend dem Regel-/Auffangstreitwert von 5.000 Euro berücksichtige ihr Interesse an dem Rechtsstreit nur unzureichend. Ihr Interesse werde vielmehr durch die Höhe der abzuführenden Sozialabgaben bestimmt, die sie im Falle ihres Unterliegens für E.I. abzuführen hätte. Da der betroffene Mitarbeiter in der Zeit von 2002 bis 2005 mehr als 133.000 Euro erhalten habe, belaufe sich ihr Beitragsinteresse auf mehr als 54.000 Euro. Daran sei anzuknüpfen. D. Kl. hat mitgeteilt, dass der betroffene Mitarbeiter E.I.
im Jahre 2002 29.229,10 Euro,
im Jahre 2003 60.581,00 Euro,
im Jahre 2004 41.038,10 Euro
und bis zur Beendigung der Geschäftsbeziehung
im Jahre 2005 2.480,65 Euro
an Honoraren erhalten habe.
Der Auffassung d. Kl. widerspricht d. Bekl.: Sie hält die Streitwertentscheidung des SG für zutreffend; Anhaltspunkte für eine konkrete Schätzung des "Gegenstandswertes" seien hier nicht ersichtlich; insbesondere sei das wirtschaftliche Interesse d. Kl. nicht mit der späteren Beitragsbelastung gleichzusetzen. Denn die Beitragsbelastung sei nur eine mittelbare Folge, auch sei die Beitragshöhe weder für die Vergangenheit noch für die Zukunft bestimmbar; darüber hinaus könnten aus der Feststellung der Sozialversicherungspflicht auch mittelbare Vorteile für den Arbeitgeber entspringen (Zitat aus einem Beschluss des erkennenden Senats vom 12.08.2004, L16 B 69/04 KR). Schließlich seien Ermittlungen zur Höhe des Streitwertes nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens nicht mehr zulässig.
Wegen der näheren Einzelheiten wird auf den Inhalt der von den Beteiligten gewechselten Schriftsätze und auf den Inhalt der vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten verwiesen.
II. Die Streitwertbeschwerde ist zulässig (§ 68 Abs. 1 und 3, § 63 Abs. 3 GKG), insbesondere ist die in § 68 Abs. 1 genannte Beschwerdesumme von 200,00 Euro überschritten. Denn durch die begehrte höhere Streitwertfestsetzung ändern sich die von d. Bekl. zu zahlenden bzw. zu erstattenden Gerichts- und Anwaltsgebühren, die den Wert des Beschwerdeverfahrens maßgeblich beeinflussen, in erheblichem Umfange.
Die Beschwerde ist im Wesentlichen begründet. Zu Unrecht hat das SG den Streitwert für das gerichtskostenpflichtige Verfahren (§ 183 S. 1, § 197a Abs. 1 SGG) gemäß § 52 Abs. 2, § 63 Abs. 2 Satz 1 GKG nur auf 5.000 Euro festgesetzt. Unter Bezugnahme auf § 52 Abs. 1 GKG ist der Streitwert für das vorliegende Verfahren nämlich auf 35.000 Euro festzusetzen. Dies entspricht der sich aus dem Antrag d. Kl. für sie ergebenden Bedeutung der Sache bei Ausübung sachgerechten richterlichen Ermessens.
Richtig ist zwar zunächst der Einwand d. Bekl., aus der Systematik des § 52 GKG folge, dass sich die Streitwertfestsetzung nach dem vorliegenden Antrag des Rechtsuchenden, dem bisherigen Vortrag und den bislang gewonnenen Erkenntnissen des Gerichts zu richten hat, also nach Abschluss des Verfahrens keine Beweiserhebung zu erfolgen habe. Andererseits hat das Gericht den Beteiligten aber auch in Streitwertfeststellungsverfahren Gelegenheit zu geben, sich sachdienlich zur Streitwertbemessung zu äußern (so ausdrücklich Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., 2005, § 52 GKG, Randnr. 16). Dabei gewonnene, gesicherte Erkenntnisse hat das Gericht auch noch nach Abschluss des Hauptsacheverfahrens zu berücksichtigen; dies gilt um so mehr in Statusfeststellungsverfahren nach § 7a SGB IV, weil die sich aus der Statusentscheidung ggf. ergebende wirtschaftliche Belastung eben von der Beitragshöhe abhängt. Hinweise auf die mögliche Entgelt- und Beitragshöhe gibt vielfach schon die Art der strittigen Beschäftigung bzw. Tätigkeit: So wird die Frage der freien Mitarbeit eines aushelfenden Studenten streitwertrechtlich anders zu gewichten sein als die Bewertung der regelmäßigen Tätigkeit eines gut verdienenden GmbH-Gesellschafters. Dies drängt sich vielfach schon bei der ersten Darstellung der strittigen Tätigkeit auf und gibt frühe, gezielte Hinweise, auch ohne dass die genaue Beitragshöhe im Einzelfall vorgetragen oder sonst erkennntlich sein muss. Insofern scheint das Gericht sogar gehalten, sich wegen der wirtschaftlichen und sozialen Auswirkungen seiner Ermittlungen schon frühzeitig einen Überblick über die konkrete wirtschaftliche Bedeutung des Statusverfahrens zu verschaffen oder – spätestens nach Abschluss der Hauptsache – zumindest den Beteiligten Gelegenheit zur entsprechenden Stellungnahme zu geben. Erfolgt allerdings dann keine Antwort, kann es gerechtfertigt sein, auf den Auffangstreitwert des § 52 Abs. 2 GKG oder andere Auffangwerte (siehe dazu unten die Hinweise auf die Rechtsprechung des 5. Senats des erkennenden Gerichts) zurückzugreifen.
Unter Berücksichtigung dieser Gesichtspunkte erscheint es mit der bisherigen Rechtsprechung des Senats (etwa Beschluss vom (B. v.) 12.08.2004, L 16 B 69/04 KR; B. v. 08.02.2005, L 16 B 180/04 KR; B. v. 18.07.2005, L 16 B 1/05 KR ER, am Ende; alle veröffentlicht unter "www.sozialgerichtsbarkeit.de/Entscheidungen") und der Nachbarsenate (B. v. 13.12.2004, L 5 B 61/03 KR; B. v. 10.01.2005, L 5 B 28/04 KR; B. v. 05.10.2006, L 14 R 335/05; modifizierend gegenüber der Auffassung des 11. Senats, vgl. B. v. 08.08.2007, L 11 (8) R 196/05; alle ebenfalls w.o. veröffentlicht) des erkennenden Gerichts sachgerecht, in Statusfeststellungsverfahren nicht regelhaft von einem Streitwert von nur 5.000 Euro auszugehen, wie ihn § 52 Abs. 2 GKG nahe zu legen scheint (so auch Bayerisches LSG, B. v. 09.01.2006, L 5 B 45/05 KR, a.a.O.).
Dabei folgt der Senat nunmehr dem Ansatz des 5. Senats des LSG NRW, wonach für die (überschlägige, nur im Wege einer groben Schätzung festzulegende) Bemessung des Streitwerts in Statusfeststellungssachen des § 7a SGB IV die mögliche Höhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge im Sinne von § 28d SGB IV (berechnet nach dem Wert für drei Jahre; Rechtsgedanke aus § 42 Abs. 3 GKG) von wesentlicher Bedeutung ist (wobei der 5. Senat von einen Regelstreitwert entsprechend 20 % der Bezugsgröße des § 18 SGB IV ausgeht). Die bisherigen, auch von d. Bekl. genannten Senatsentscheidungen werden insoweit modifiziert. Zu bedenken ist dabei, dass die Auswirkungen einer Statusentscheidung insbesondere für den Auftraggeber/Arbeitgeber erhebliche unmittelbare und mittelbare wirtschaftliche Folgen nach sich ziehen. Bei Beschäftigung eines Arbeitnehmers entstehen nicht nur reine Lohn- oder Gehaltskosten, vielmehr beläuft sich sich etwa die Belastung des Arbeitgebers durch sog. Lohn-/Personalnebenkosten erfahrungsgemäß auf etwa 80 % der Lohn-/ Gehaltssumme (im Wesentlichen durch Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung, dabei auch die aus der Gesamtlohnsumme eines Betriebs ermittelten Beiträge zur Unfallversicherung oder Umlagen für Krankheit bei Geringverdienern oder bei Mutterschaft; zu bedenken sind auch die erforderlichen Rückstellungen für Gehaltsfortzahlungen im Krankheitsfalle, für Urlaubs- und Feiertagsentgelte, Abfindungen, Schwerbehindertenausgleich, Pensionsrückstellungen, betriebliche Altersversorgung, Verwaltungskosten, vgl. dazu etwa Hofmann, Reduzierung der Lohnnebenkosten, in: Die Angestelltenversicherung 1998, S.189 ff.; siehe auch Sozialpolitik-aktuell.de, Arbeitskosten und Personalnebenkosten 1992 – 2000, Tabelle 14; vgl. schließlich beispielhaft Presemitteilung des Landesamtes für Datenverarbeitung und Statistik des Landes Nordrhein-Westfalen vom 06.10.2006 unter: www.lds.nrw.de/presse). Der Senat hält es aber für sachdienlich, nicht den gesamten Betrag der Personalnebenkosten als Maßstab für die Streitwertbestimmung heranzuziehen, sondern der Streitwertfestsetzung lediglich den Wert der Gesamtsozialversicherungsbeiträge des Arbeitgebers für drei Jahre im Rahmen eines weiten Schätzungsermessens zugrunde zu legen. Denn die Regelungen des § 7a SGB IV zielen in erster Linie auf die aus der Statusentscheidung ggf. folgenden oder unterbleibenden Beitragserhebungen im Sinne des SGB IV ab (§ 28d ff. SGB IV). Dabei wird im Zweifel pauschalierend nur der Anteil der Arbeitgeberbeiträge (ca. 20 %) zugrunde gelegt, da nicht generell absehbar ist, ob die gerichtliche Entscheidung zu einer umfassenden Nachzahlungspflicht des streitenden Arbeitgebers führt (vgl. § 7a Abs. 6, § 28e Abs. 1 SGB IV). Ist zu erkennen, dass ihm nicht die Möglichkeit eingeräumt werden kann, den Beitrag nachträglich vom Entgelt des Arbeitnehmers abzuziehen (§ 28g SGB IV), dann steigt der Streitwert auf 40 % des Bruttohonorars/-entgeltes).
Eine Streitwertfestsetzung in Höhe von 18.000 Euro entsprechend der geschätzten potentiellen dreijährigen Beitragsbelastung, wie sie der 5. Senat des erkennenden Gerichts unter Zugrundelegung der Bezugsgröße des § 18 SGB IV im Zweifel für zutreffend erachtet (vgl. B. v. 13.12.2004, a.a.O), erfasst dementsprechend ein Drei-Jahres-Bruttoentgelt/-honorar von ca. 90.000 Euro, d.h. jährlich ca. 30.000 Euro, und wird damit einer Vielzahl von Fällen im mittleren/gehobenen Honorar-/Entgeltsegment gerecht. Sie ist allerdings nur auf den Fall zugeschnitten, dass der Arbeitgeber mit der Entscheidung die Zahlung von Beiträgen aufnimmt und so dem Gebot der sofortigen Beitragsentrichtung folgt. Verweigert er hingegen die Zahlung, trägt er das Risiko, auch die Arbeitnehmerbeiträge endgültig tragen zu müssen, ohne sie auf den Beschäftigten abwälzen zu können – sofern sich im Klageverfahren die Auffassung durchsetzt, der Mitarbeiter sei Arbeitnehmer. Lediglich bei Personen, die Honorare/Entgelte im Bereich der Geringfügigkeitsgrenze (§ 8 SGB IV: 400 Euro) erhalten, kommen nach den Vorstellungen der erkennenden Senats Streitwerte um die 5000 Euro in Betracht (entsprechend einem Drei-Jahres-Entgelt von ca. 14.400 Euro, davon ca. 20%= etwa 3000 Euro; droht ein voller Beitragsabzug: ca. 40 % = etwa 6000 Euro).
Systemgerecht werden die Streitwerte durch die Beitragsbemessungsgrenzen, welche die Beitragserhebung beschränken (derzeit in der Renten- und Arbeitslosenversicherung 63.000 Euro, in der Krankenversicherung 42.750 Euro, vgl. Aichberger, Sozialgesetzbuch, Textausgabe, Stand Juli 2007, 4/11. "Sozialversicherungswerte"), nach oben eingegrenzt, sodass sich eine generelle Streitwertbegrenzung (nach einem entsprechenden Beitragsinteresse für drei Jahre, etwa bei gut verdienenden GmbH-Geschäftsführern) für Statusfeststellungsverfahren anbietet (Verfahren, bei denen keine volle Belastung des Arbeitgebers i.S. von § 28g SGB IV ersichtlich ist, d.h. bei denen der Arbeitgeber auch regelmäßig die sofort fälligen Bescheide nach Bekanntgabe des Bescheides entrichtet bzw. bei denen die Beitragspflicht erst nach Bekanntgabe der Entscheidung einsetzt (§ 7a Abs. 6 S. 1 SGB IV): Streitwertbegrenzung auf ca. 33.000 Euro (in etwa dieser Höhe auch das Bayerische LSG, a.a.O.), andernfalls ca. 66.000 Euro (§28g SGB IV)).
Innerhalb dieses Rahmens erscheint eine dem Einzelfall entsprechende, überschlägige Vervielfältigung des Ausgangs-Auffangwertes des § 52 Abs. 2 GKG, wie sie der Senat wiederholt vorgenommen hat und von der auch die anderen Senates des erkennenden Gerichts im Grundsatz ausgehen, angebracht (so etwa ausdrücklich der 5. Senat, der ein Abweichen von dem von ihm genannten Richtwert im Einzelfall ausdrücklich zulässt und befürwortet, B. v. 13.12.2004, a.a.O.; im Ergebnis auch das Bayerische LSG, a.a.O.).
Bei Honoraren von 130.000 Euro, die d. Kl. dem Telefonvermittler E. I. zwischen 2002 und 2005 in jährlich unterschiedlicher Höhe gezahlt hat, schätzt der Senat den Streitwert im vorliegenden Fall unter Berücksichtigung der mitgeteilten, unbestritten gezahlten Vergütungen und der Beitragsbemessungsgrenzen auf den siebenfachen Satz des Auffangstreitwertes aus § 52 Abs. 2 GKG, mithin auf 35.000 Euro, ein. Dabei war zu berücksichtigen, dass ggf. eine volle, ca. 40%ige Beitragsbelastung der Klägerin als Arbeitgeberin seit 2002 in Betracht zu ziehen war (im Rahmen der Beitragsbemessungsgrenzen), da insbesondere die Voraussetzungen für einen erst verspäteten Beginn der Versicherungspflicht mit Bekanntgabe der Beklagtenentscheidung vom 17.02.2004 (§ 7a Abs. 6, § 27e, § 28g SGB IV) nicht deutlich ersichtlich waren.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 68 Abs. 3 GKG.
Rechtsmittelbelehrung: Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 15.11.2007
Zuletzt verändert am: 15.11.2007