Auf die Beschwerden des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.08.2007 geändert. Die Beklagte hat dem Kläger die notwendigen Kosten des Widerspruchsverfahrens zu erstatten. Im Übrigen werden die Beschwerden zurückgewiesen. Die Beklagte hat dem Kläger 2/5 der Kosten des Beschwerdeverfahrens zu erstatten.
Gründe:
Auf den Antrag des Klägers auf Bewilligung von Arbeitslosengeld teilte ihm die Beklagte mit Schreiben vom 04.04.2007 mit, dass über den Antrag noch nicht abschließend wegen der Prüfung einer Sperrzeit im Zeitraum vom 27.03. bis 18.06.2007 entschieden werden könne. Mit Bescheid vom selben Tag entschied sie über den Anspruch wie folgt: 27.03.2007 bis 18.06.2007 keine Leistungen wegen Sperrzeit von zwölf Wochen bei Abbruch einer Maßnahme nach § 144 (1) S. 2 Nr. 5 SGB III (27.03.2007 bis 18.06.2007) und vom 19.06.2007 bis 24.03.2008 tägliche Leistungen in Höhe von 59,06 Euro. Der Bescheid enthielt unter anderem die Hinweise, dass für die Zeit ohne Leistungen vom 27.03. bis 18.06.2007 noch gesonderte Nachricht ergehe und in der Zeit vom 27.03.2007 bis 18.06.2007 der Anspruch um 84 Tage gemindert werde.
Der Kläger legte Widerspruch ein und machte geltend, er habe keine Maßnahme abgebrochen und seine fristlose Kündigung durch den Arbeitgeber gerichtlich angefochten. Die Beklagte wies den Kläger mit Schreiben vom 17.04.2007 darauf hin, dass der Widerspruch unzulässig sei, weil über den Eintritt einer Sperrzeit noch nicht entschieden worden sei, wie sich aus dem parallel zum Bewilligungsbescheid verschickten Schreiben vom 04.04.2007 ergebe. Sie bat um Mitteilung, ob der Widerspruch noch aufrechterhalten werde. Nachdem der Kläger dies im Hinblick auf die Ausführungen im Bewilligungsbescheid bejaht hatte, wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 23.04.2007 als unbegründet zurück, weil vor abschließender Prüfung des Eintritts einer Sperrzeit über den weiteren Leistungsanspruch des Klägers noch nicht entschieden werden könne. Die dagegen vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf verbunden mit dem Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe erhobene Klage hat der Kläger in der Hauptsache für erledigt erklärt, nachdem die Beklagte durch Bescheid vom 11.06.2007 lediglich noch das Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeldes wegen des Bezuges von Arbeitsentgelt bis zum 01.06.2007 festgestellt hatte.
Mit Beschlüssen vom 10.08.2007 hat das SG die Bewilligung von Prozesskostenhilfe und Erstattung außergerichtlicher Kosten abgelehnt. Zur Begründung hat es ausgeführt, schon der Bewilligungsbescheid vom 04.04.2007 habe einen Hinweis darauf enthalten, dass über die Erbringung der Leistungen nur vorläufig entschieden sei. Für den Kläger sei daher ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass eine Klageerhebung zur Wahrung seiner Rechte nicht erforderlich gewesen sei. Dass die Beklagte zunächst Leistungen erst nach Ablauf einer möglichen Sperrzeit erbracht habe, sei nicht zu beanstanden, weil hierfür im Hinblick auf das schwebende arbeitsgerichtliche Verfahren hinreichende Gründe vorgelegen hätten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe sei abzulehnen, weil bis zur Erledigung der Hauptsache die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers nicht vorgelegt worden sei.
Die dagegen gerichteten Beschwerden, denen das SG nicht abgeholfen hat, sind zulässig, aber nur bezüglich der Kostenentscheidung teilweise begründet.
Die Beschwerde gegen die Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist schon deshalb unbegründet, weil bis zur Erledigung des Klageverfahrens in der Hauptsache kein vollständiger Antrag, zu dem gemäß § 73 a Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 117 Abs. 2 S. 1 ZPO die Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gehört, vorgelegt worden ist. Da die Bewilligung erst ab Eingang des vollständigen Antrags bei Gericht möglich ist, kommt sie hier nicht mehr in Betracht, weil zu diesem Zeitpunkt das Verfahren beendet gewesen ist (vgl. Beschl. des Senats v. 10.08.2006 – L 19 B 28/06 AL mwN.).
Die weitere Beschwerde ist teilweise begründet.
Erledigt sich wie hier der Rechtsstreit anders als durch Urteil, ist gemäß § 193 Abs. 1 S. 3 SGG über die Kosten unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes nach billigem Ermessen zu entscheiden (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Aufl., Rn. 12, 12 a mwN.). Für diese Entscheidung ist in erster Linie der vermutliche Verfahrensausgang von Bedeutung (BSG SozR3-1500 § 193 S. 22). Zu beachten sind jedoch stets die Besonderheiten des Einzelfalls, insbesondere der Umstand, wer zur Klageerhebung Anlass gegeben hat (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Rn. 12 b). Danach ist es hier angemessen, dass die Beklagte die notwendigen Kosten des Klägers im Vorverfahren trägt, die bei anschließendem Klageverfahren zu dessen außergerichtlichen Kosten im Sinne von § 193 SGG zählen (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., § 193 Rn. 5 a mwN.).
Nach dem für die Entscheidung der Beklagten maßgeblichen Verfügungssatz des angefochtenen Bescheides vom 04.04.2007 hat die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen festgestellt. Weder durch das Begleitschreiben vom 04.04.2007 noch durch die ergänzenden Hinweise ändert sich an dieser Entscheidung etwas. Das Begleitschreiben ist nicht Gegenstand der Entscheidung. Der Hinweis stellt keine hinreichende Erläuterung des gegenteiligen Willens der Beklagten dar, weil er verbunden ist mit der Angabe, dass der Anspruch gemindert sei. Eine solche Minderung konnte aber nur bei abschließender Entscheidung über die Sperrzeit eintreten. Aus der für die Auslegung des Bescheides maßgeblichen Sicht des Adressaten (vgl. Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl., § 31 Rn. 36 mwN) hat die Beklagte daher Anlass für die Einlegung des Widerspruchs gegeben, weil andernfalls die Bestandskraft eines möglicherweise belastenden Verwaltungsaktes drohte.
Dies gilt jedoch nicht im Hinblick auf die Klageerhebung, da die Beklagte durch den Widerspruchsbescheid, dessen Gestalt den Gegenstand des Klageverfahrens bestimmt (§ 95 SGG), klargestellt hatte, dass eine Sperrzeitentscheidung nicht beabsichtigt war. Für die Zurückstellung der Leistungsentscheidung über den streitigen Zeitraum hatte die Beklagte dagegen hinreichende Gründe, wie das SG zu Recht dargelegt hat (vgl. auch Beschl. des Senats v. 21.09.2007 – L 19 B 23/07 AL).
Über die Kosten des Beschwerdeverfahrens ergeht die Entscheidung ebenfalls in entsprechender Anwendung des § 193 Abs. 1 S. 3 SGG. Mit Inkrafttreten des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) bedarf es auch einer Entscheidung über die Kosten der Beschwerde gegen Kostengrundentscheidungen des SGG gemäß § 193 Abs. 1 S. 3 SGG (so auch LSG NRW Beschl. v. 05.08.2007 – L 20 B 132/07 AS – mwN; Zeihe, Kommentar zum SGG, § 176 Rn. 4g a.A. noch Beschluss des Senats vom 14.08.2006 – L 19 B 20/06 AL -; LSG NRW Beschl. v. 01.08.2007 – L 4 B 6/07 R mwN; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O., Rn. 18).
Das Vergütungsverzeichnis (VV) zum RVG bestimmt nämlich nunmehr ausdrücklich in Nr. 3501 eine Verfahrensgebühr für Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit über die Beschwerde und die Erinnerung, wenn in den Verfahren Betragsrahmengebühren entstehen (§ 3 RVG), soweit in diesem Abschnitt keine besonderen Gebühren bestimmt sind, in Höhe von 15,00 bis 160,00 Euro. Diese Gebühr entsteht auch in Kostenbeschwerden, für die Abschnitt 3500 des VV keine besondere Regelung trifft, wie aus dem Regelungsgehalt der §§ 15 Abs. 2, 16; Nr. 12, 18 Nr. 5 RVG folgt. Nach § 18 Nr. 5 RVG sind jedes Beschwerdeverfahren und jedes Verfahren über eine Erinnerung gegen eine Entscheidung des Rechtspflegers in Angelegenheiten, in denen sich die Gebühren nach Teil 3 des VV richten, besondere Angelegenheiten, soweit sich aus § 16 Nr. 12 nichts anderes ergibt. § 16 Nr. 12 RVG sieht dagegen als dieselbe Angelegenheit nur jeweils mehrere Verfahren über 1. die Erinnerung und 2. die Beschwerde in demselben Beschwerderechtszug an. Jede Beschwerde, die das Verfahrens erstmals in den höheren Rechtszug bringt, löst daher jeweils den Gebührentatbestand des Abschnitts 3500 des VV zum RVG aus. Denn § 16 Nr. 12 RVG regelt keine Ausnahme für Kostenantragsverfahren sowie nachfolgendes Beschwerdeverfahren, § 15 Abs. 2 S. 2 RVG geht grundsätzlich davon aus, dass der Rechtsanwalt in jedem Rechtszug Gebühren abrechnen können soll, und § 19 RVG enthält für das Kostenverfahren keine besondere Regelung des Rechtszugs (vgl. auch Hartmann, Kostengesetze, 37. Aufl., § 15 Rn. 13 und § 19 Rn. 18).
Die Entscheidung über die Kosten der Beschwerden gegen Kostengrundentscheidungen des SG in Verfahren, in denen Betragsrahmengebühren entstehen, ist auch nicht deshalb entbehrlich, weil dem mit der Beschwerde verbundenen Mehraufwand durch eine Erhöhung der Rahmengebühr Rechnung getragen werden könnte (so aber LSG NRW Beschl. v. 01.08.2007 – L 4 B 6/07 R -; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, a. a. O.). Da die Beschwerde einen selbstständigen Gebührentatbestand auslöst, bedarf es der gerichtlichen Entscheidung in welchem Anteil diese Gebühr von den Beteiligten zu tragen ist. Diese Frage besteht aber unabhängig von der Festsetzung der Gebührenhöhe. Die Regelung über die Kosten der Beschwerde folgt insoweit auch nicht ausnahmslos der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens. Selbst wenn man von dem Grundsatz ausgeht, dass eine erfolglose Beschwerde keine Kostenansprüche gegen die insoweit obsiegende Partei begründen kann (a.A. LSG NRW Beschl. v. 05.09.2007 – L 20 B 132/07 AS – und zum früheren Recht schon LSG NRW Beschl. v. 30.01.2004 – L 2 B 5/04 KR ER -), bleibt jedenfalls bei teilweisem Erfolg der Beschwerde, die sich gegen eine Kostenquotelung durch das SG richtet, oder wenn wie hier durch das Beschwerdegericht die Kosten für einen selbstständigen Verfahrensabschnitt zugesprochen werden, die Verteilung der Beschwerdekosten unklar und bedarf daher der Festsetzung durch das Beschwerdegericht. Nur soweit das Gesetz selbst eine Regelung über die Kosten trifft (vgl. z.B. § 127 Abs. 4 ZPO) oder die Kosten der Beschwerde der Entscheidung in der Hauptsache folgen, hat eine Kostenentscheidung durch das Beschwerdegericht nicht zu ergehen (vgl. BGH Beschl. v. 12.12.2005 – II ZB 30/04 – = NJW-RR 2006, 1289).
Da die Beschwerde nur hinsichtlich der Kosten des Vorverfahrens Erfolg hatte, dessen Gebühren unter denjenigen für das Hauptsacheverfahren liegen, ist es daher angemessen, die Beklagte mit 2/5 der Kosten des Klägers für das Beschwerdeverfahren zu belasten.
Die Nichterstattungsfähigkeit der Kosten der Prozesskostenhilfebeschwerde folgt aus § 73 a SGG i. V. m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 29.11.2007
Zuletzt verändert am: 29.11.2007