Rev. d.Bekl.
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.03.2007 wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert wird auf 926,44 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von Krankenhauskosten in Höhe von 926,44 EUR.
Die Klägerin betreibt in E ein Krankenhaus. In diesem wurde die 1992 geborene O S (im Folgenden: S), die Tochter der Zeugin P, in der Zeit vom 21.04.2005 bis 26.04.2005 stationär behandelt. Grund für die Aufnahme waren unklare Unterbauchbeschwerden. Es bestand der Verdacht auf eine akute Blinddarmentzündung. Bei Aufnahme in das Krankenhaus gab die Zeugin P an, die S sei im Rahmen der Familienversicherung über sie gesetzlich krankenversichert. Auf den von der Klägerin gestellten Kostenübernahmeantrag teilte die IKK Nordrhein der Klägerin mit, dass die Familienversicherung mit dem 31.12.2004 geendet habe. Daraufhin beantragte die Klägerin am 17.06.2005 beim Beklagten die Übernahme der entstandenen Behandlungskosten in Höhe von 926,44 EUR.
Der Beklagte versuchte erfolglos, mit der Zeugin P Kontakt aufzunehmen, um deren wirtschaftliche Verhältnisse im Behandlungszeitraum aufzuklären. Mit Bescheid vom 30.08.2005 lehnte er den Antrag ab. Zwar sei der Antrag fristgerecht beim örtlich und sachlich zuständigen Träger gestellt worden. Auch ein Eilfall liege vor. Es bestünden jedoch Zweifel an der Hilfsbedürftigkeit der Zeugin P, da nicht habe festgestellt werden können, wovon diese und die S zum fraglichen Zeitpunkt ihren Lebensunterhalt bestritten hätten.
Zur Begründung ihres Widerspruchs trug die Klägerin vor, dass die Zeugin P und die S bis 31.12.2004 über das Sozialamt E krankenversichert gewesen seien. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2006 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. Zur Begründung trug er erneut vor, dass weiterhin erhebliche Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der S bestünden, weil eine Sozialhilfebedürftigkeit wegen fehlender Mitwirkung der Zeugin P nicht habe nachgewiesen werden können.
Zur Begründung ihrer am 11.04.2006 beim Sozialgericht Aachen erhobenen Klage hat die Klägerin vorgetragen, dass von einer Hilfebedürftigkeit der S ausgegangen werden müsse.
Die Klägerin hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 30.08.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2006 zu verurteilen, 926,44 EUR für die stationäre Behandlung der O S zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat vorgetragen, dass die S und die Zeugin P auch bei Vorliegen von Hilfebedürftigkeit allenfalls einen Anspruch nach dem SGB II und nicht nach dem SGB XII gehabt hätten.
Das Sozialgericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung von Frau B S P und Frau Q T, einer Schwester der S, als Zeugen. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 07.03.2007 Bezug gegnommen.
Mit Urteil vom 07.03.2007 hat das Sozialgericht den Beklagten zur Zahlung von 926,44 EUR an die Klägerin verurteilt und zur Begründung wörtlich ausgeführt:
"Die Klägerin ist durch die angefochtenen Bescheide im Sinne von § 54 Abs 2, Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beschwert. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Übernahme der entstandenen Behandlungskosten aus einer unmittelbaren, zumindest jedoch aus einer entsprechenden Anwendung von § 25 Satz 1 SGB XII.
Gemäß § 25 Satz 1 SGB XII sind demjenigen, der in einem Eilfall einem anderen Hilfe gewährt hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Soziahilfe nicht zu erbringen gewesen wären, auf Antrag die Aufwendungen im gebotenen Umfange zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Ein Eilfall lag zum Zeitpunkt der Aufnahme der S und deren Behandlung im Krankenhaus der Klägerin unstreitig vor. Auch die Hilfebedürftigkeit der Zeugin P und deren Tochter S hat der Beklagte nach der durchgeführten Beweisaufnahme nicht mehr bestritten.
Der Beklagte hätte auch als zuständiger Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis Leistungen erbringen müssen.
Ein solcher Anspruch scheidet entgegen der Auffassung des Beklagten nicht deswegen aus, weil die S zum Zeitpunkt der Behandlung dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II gewesen ist. Dem Beklagten ist allerdings insoweit zuzustimmen, als dass die Zeugin P als erwerbsfähige Hilfebedürftige gemäß § 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 4 dem Grunde nach berechtigt zum Bezug von Leistungen nach dem SGB II gewesen wäre und die S insoweit als dem Haushalt angehörigendes minderjähriges unverheiratetes Kind gemäß § 7 Abs. 3 Nr. 4 zur Bedarfsgemeinschaft der Zeugin P gehört und deswegen nach entsprechender Antragstellung einen Anspruch auf Sozialgeld (§ 28 SGB II) gehabt hätte.
Jedoch führt die Zugehörigkeit der S zu einer Bedarfsgemeinschaft nach § 7 Abs. 3 SGB II in der vorliegenden Konstellation nicht dazu, dass die S zum Behandlungszeitpunkt keinen Anspruch gegenüber dem Beklagten gehabt hätte und deswegen nicht zu dem vom Beklagten geltend gemachten Anspruchsausschluss. Zwar schließt gemäß §5 Abs. 2 SGB II grundsätzlich bereits das Bestehen eines Anspruches auf Leistungen nach dem SGB II Leistungen nach dem (Dritten Kapitel) des SGB XII aus. Auch wenn dieser Vorrang der Leistungen nach dem SGB II keinen Leistungsbezug erfordert, so setzt er nach Auffassung der Kammer jedoch voraus, dass die anspruchsberechtigte Person einen entsprechenden Anspruch überhaupt realisieren kann. Dies war bei der S jedoch nicht der Fall. Der Bezug von Leistungen nach dem SGB II ist grundsätzlich antragsabhängig (§37 Abs. 1 SGB II). Die Zeugin P (bzw. deren Ehemann) hatten einen entsprechenden Antrag jedoch nicht gestellt. Die S selbst war aber zum Zeitpunkt der streitgegenständlichen Behandlung erst 12 Jahre alt und damit rechtlich nicht in der Lage, einen Leistungsantrag zu stellen (§36 Abs. 1 SGB I). Es hätte von Seiten des zuständigen SGB II Leistungsträgers (des Beklagten) auch keine Möglichkeit gegeben die antragsberechtigten Eltern der S gegen deren Willen zu einer Antragstellung zu veranlassen, bzw. an deren Stelle einen Antrag zu stellen. Dieses Recht besteht nur bei Ansprüchen gegenüber anderen Leistungsträgern (§ 5 Abs. 3 Satz 1 SGB II). Auch wenn die fehlende Antragstellung einer grundsätzlich nach dem SGB II antragsberechtigten Person grundsätzlich nicht dazu führen kann, dass subsidiär der eigentlich unzuständige Träger nach dem SGB XII Leistungen erbringen muss, kann dies zumindest nicht uneingeschränkt dann gelten, wenn es sich wie hier um eine hilfebedürftige Person handelt, die zwar bei entsprechender Antragstellung dem Grunde nach leistungsberechtigt nach dem SGB II gewesen wäre, aber kein eigenes Recht zur Antragstellung besitzt. Denn diese Person stünde sonst im Notfall schutzlos dar. Eine Antragstellung, etwa durch eine Inanspruchnahme vormundschaftsgerichtlicher Hilfe, könnte nur mit zeitlicher Verzögerung erfolgen und eine rückwirkende Leistungserbringung für Zeiten vor der Antragstellung ist nach dem SGB II nicht möglich.
Aber auch dann, wenn man mit dem Beklagten davon ausginge, dass bereits der von der S alleine nicht durchsetzbarer Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II zum Behandlungszeitpunkt einem Nothelferanspruch der Klägerin in direkter Anwendung von § 25 SGB XII entgegenstünde, ergäbe sich der Anspruch der Klägerin zumindest aus einer entsprechenden Anwendung von § 25 SGB XII.
Die Voraussetzungen für eine Gesetzesanalogie, wie sie die Rechtsprechung in der Vergangenheit auch bereits für die Vorgängervorschrift § 121 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) in Bezug auf Hilfeempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz im Grundsatz bejaht hat (vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 05.12.2000, Az.: 22 A 3164/99), wären vorliegend gegeben.
Es liegt eine Regelungslücke vor. Das SGB II enthält keine Vorschrift, die einem Dritten einen Anpruch dafür gibt, dass dieser in einem Notfall anstatt des eigentlich zuständigen öffentlichen Trägers Hilfe geleistet hat. Es handelt sich dabei um eine unbeabsichtigte und planwidrige Regelungslücke. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber einen Nothelferanspruch nur noch für die Behandlung von hilfebedürftigen Personen vorsehen wollte, die nicht als erwerbsfähig im Sinne von § 8 SGB II anzusehen sind bzw. nicht einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II angehören. Für eine derart weitreichende Einschränkung des Nothelferanspruchs, wie er bis zum 31.12.2004 existierte, ergeben sich aus der Gesetzesbegründung keine Anhaltspunkte. Diese spricht vielmehr davon, dass die neue Regelung inhaltsgleich die bisherige Regelung von § 121 BSHG übertragen sollte (BT-Drucks. 15/1514, S. 58).
Es liegt auch eine vergleichbare Interessenlage vor, die es rechtfertigt, die in § 25 SGB XII getroffene Regelung auf den für potentielle Leistungsempfängern nach dem SGB II nicht geregelten Sachverhalt zu übertragen. § 25 SGB XII gibt dem Nothelfer einen öffentlich rechtlichen Aufwendungserstattungsanspruch gegen den für den Hilfefall zustehenden öffentlichen Leistungsträger. Grundgedanke der Vorschrift ist, dass in Notfällen die Hilfsbereitschaft Dritter durch Gewährleistung eines leistungsfähigen Schuldners gestärkt werden soll (vgl. BVerwG Urt. v. 03.12.1992, Az.: 5 C 32/89). Dieser Grundgedanke macht auch bei der Leistung von Nothilfe für finanziell hilfbedürftige Personen Sinn, die einen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II haben. Die dargestellte Interessenlage, nämlich die Hilfsbereitschaft Dritter durch Gewährleistung eines leistungsfähigen Schuldners zu stärken, besteht aber unabhängig davon, ob eine hilfebedürftige Person nicht erwerbsfähig ist und damit Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII hat, oder ob eine Person hilfebedürftig und erwerbsfähig ist oder zumindest einer Bedarfsgemeinschaft im Sinne von § 7 Abs. 3 SGB II angehört."
Gegen dieses ihm am 11.04.2007 zugestellte Urteil richtet sich die am 07.05.2007 eingegangene Berufung des Beklagten. Sinn der Regelung des § 25 SGB XII sei es, mit der Erstattungspflicht denjenigen Träger der Sozialhilfe zu belasten, der ohne Eingreifen des Nothelfers die Kosten der erbrachten Leistungen zu tragen gehabt hätte. Insoweit müssten bei dem Empfänger der Nothilfe die Voraussetzungen für eine Leistung nach dem SGB XII sowohl nach objektiven als auch nach subjektiven Gesichtspunkten vorliegen, wobei auch der Nachrang der Sozialhilfe gegenüber Leistungen Anderer zu prüfen sei. Der Erstattungsanspruch des Nothelfers bestehe nur in dem Umfang, wie der Anspruch des Hilfeempfängers selbst und gehe über diesen keinesfalls hinaus. Hinzuweisen sei auch auf den Grundsatz des Nachranges der Sozialhilfe gemäß § 2 SGB XII. Die Mutter der S., die Zeugin P, hätte selbst grundsätzlich einen Anspruch auf gegenüber der Sozialhilfe vorrangige Leistungen nach dem SGB II gehabt. Durch einen entsprechenden Leistungsbezug nach dem SGB II wären beide im Rahmen der Familienversicherung krankenversichert gewesen. Bei rechtzeitiger Kenntnis des Beklagten über eine bevor-stehende notwendige medizinische Behandlung der S. wäre die Zeugin O. als gesetzliche Vertreterin aufgefordert worden, umgehend den vorrangigen Leistungsanspruch nach dem SGB II geltend zu machen. Soweit die Zeugin P als Mutter und gesetzliche Vertreterin den vorrangigen Anspruch nach dem SGB II nicht realisiere, gehe dies letztlich zu Lasten der Minderjährigen, die sich das Handeln bzw. Nichthandeln ihrer Mutter als gesetzliche Vertreterin zurechnen lassen müsse. Entgegen der Meinung des Sozialgerichts könne die fehlende Antragstellung der grundsätzlich nach dem SGB II antragsberechtigten Person nicht dazu führen, dass der subsidiär eigentlich unzuständige Träger nach dem SGB XII Leistungen erbringen müsse.
Im Übrigen sei darauf hinzuweisen, dass die materielle Beweislast für das Vorliegen eines Eilfalles sowie für die Tatsache, dass der Sozialhilfeträger bei rechtzeitiger Kenntnis Leistungen erbracht hätte, bei dem Nothelfer selbst liege. Zweifel der Nichtaufklärbarkeit gingen zu seinen Lasten. Es könne nicht auf das Ergebnis der vom Sozialgericht durchgeführten Beweisaufnahme abgestellt werden. Vielmehr sei auf den Zeitpunkt der Behandlung abzustellen. Es könne nicht richtig sein, dass eine zumindest zunächst zeitnah am Notfall getroffene Entscheidung zu Lasten der Sozialhilfe gehe, wenn die den Anspruch begründeten Tatsachen erstmals in einem Klageverfahren festgestellt werden könnten.
Wegen weiterer Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird auf die Schriftsätze vom 18.05.2007 und 09.07.2007 Bezug genommen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.03.2007 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Klägerin hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die Anwendung des § 25 SGB XII, sei es direkt oder analog, sei sachgerecht, um einen Nothelfer, in vielen Fällen werde dies ein Krankenhaus sein, nicht im Stich zu lassen. Der Anspruch des Nothelfers habe neben den Tatbestandsmerkmalen (Eilfall, Aufwendungen in gebotenem Umfang, recht-zeitiges Einsetzen der Sozialhilfe) nur zur Voraussetzung, dass die Erstattung innerhalb angemessener Frist beim Träger der Sozialhilfe beantragt werde, was hier nicht im Streit sei.
Die Ausführungen des Beklagten zur Beweislast für das Vorliegen der Bedürftigkeit der S. sei nicht nachvollziehbar. Es werde nicht bestritten, dass die Beweislast bei der Klägerin liege. Es liege aber einer der seltenen Fälle vor, in denen sich die Bedürftigkeit der behan-delten Person durch das gerichtliche Verfahren habe feststellen lassen. Das Ergebnis einer gerichtlich durchgeführten Beweisaufnahme könne nicht unbeachtet gelassen werden. Wegen des genauen Vorbringens der Klägerin im Berufungsverfahren wird auf die Schriftsätze vom 04.06. und 06.08.2007 Bezug genommen.
Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, dass sie davon ausgingen, dass bei der S. im April 2005 Bedürftigkeit vorgelegen habe. Der Beweiswürdigung durch das Sozial-gericht werde insofern nicht entgegen getreten. Ferner stimmen die Beteiligten darin überein, dass die Eilbedürftigkeit und Angemessenheit der durchgeführten Behandlung gegeben war und die Höhe der Kosten richtig berechnet worden sind. Der geforderte Betrag von 926,44 EUR sei der Höhe nach zutreffend.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, da mit der streitigen Summe von 926,44 EUR die Streitwertgrenze des § 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG von 500,00 EUR überschritten wird.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet. Der Senat nimmt zunächst Bezug auf die für zutreffend erachteten Ausführungen des Sozialgerichts und sieht von einer Wiederholung gemäß § 153 Abs. 2 SGG ab. Der Senat stimmt den Ausführungen des Sozialgerichts in vollem Umfang zu.
Das Berufungsvorbringen des Beklagten ist nicht geeignet, die angefochtene Entschei-dung als unrichtig erscheinen zu lassen. Zutreffend ist, dass bisher keine höchstrichter-liche Entscheidung zur direkten oder analogen Anwendung von § 25 SGB XII ersichtlich ist. Der Senat tendiert zu einer analogen Anwendung. Eine andere Begründung als das Sozialgericht auf den Seiten 5 und 6 des angefochtenen Urteils kann der Senat allerdings nicht geben. Er ist ebenfalls der Ansicht, dass die Rechtsprechung zu § 121 BSHG (OVG Münster vom 05.12.2000 – 22 A 3164/99 -; Bundesverwaltungsgericht vom 03.12.1992 – 5 C 32/89 -; Niedersächsisches OVG vom 11.06.2003 – 4 LB 583/02 -; Bayerischer VGH vom 27.04.2006 – 12 BV 04.3020 -) auf § 25 SGB XII übertragbar ist, da die Parallele zum Asylbewerberleistungsgesetz offensichtlich ist (so wie hier ausdrücklich: Schoch in LPK – SGB XII § 25 Randnr. 6 unter Bezug auf Franke in Rotkegel, Sozialhilferecht, 381 Rand-ziffer 5). Der Senat schließt sich dieser Auffassung an. Zur Überzeugung des Senats liegt eine vergleichbare Interessenlage vor, die es rechtfertigt, die in § 25 SGB XII getroffene Regelung auf den für potentielle Leistungsempfänger nach dem SGB II nicht geregelten Sachverhalt zu übertragen.
Die Voraussetzungen des § 25 Satz 1 SGB XII liegen vor. Hiernach sind demjenigen, der in einem Eilfall einem Anderen Hilfe gewährt hat, die bei rechtzeitigem Einsetzen von Sozialhilfe nicht zu erbringen gewesen wären, auf Antrag die Aufwendung in gebotenem Umfang zu erstatten, wenn er sie nicht auf Grund rechtlicher oder sittlicher Pflicht selbst zu tragen hat. Ein Eilfall lag zum Zeitpunkt der Aufnahme der S. und deren Behandlung im Krankenhaus der Klägerin vor. Die Zeugin P und deren Tochter S. waren in dem Zeitpunkt auch hilfebedürftig, wie die Beweisaufnahme durch das Sozialgericht ergeben hat. Der Senat schließt sich der Beweiswürdigung des Sozialgerichts an, zumal diese als solche von den Beteiligten selbst nicht angegriffen wird. Sofern der Beklagte rügt, dieses Beweisergebnis dürfe nicht berücksichtigt werden, weil auch der Beklagte eine Eilent-scheidung habe treffen müssen und diese jedenfalls im Zeitpunkt der Entscheidung als richtig zu beurteilen sei, kann dem nicht gefolgt werden. Den Beklagten trifft wie das Sozialgericht eine Amtsermittlungspflicht. Möglichkeiten, Zeugen zu vernehmen oder vernehmen zu lassen, eröffnet § 21 SGB X. Werden die Beweismöglichkeiten nicht ausgeschöpft oder können diese wegen der Eilbedürftigkeit nicht ausgeschöpft werden, so ist die Aufklärbarkeit für beide Seiten in einem nachfolgenden Klageverfahren natürlich mit Risiken behaftet. Die möglichen Beweiserhebungen sind im Rahmen der Offizial-maxime allerdings zu erheben. Dabei bleibt es entgegen der Darstellung der Beklagten grundsätzlich bei dem Grundsatz, dass der Nothelfer bei der Geltendmachung seines Erstattungsanspruchs die materielle Beweislast dafür trägt, dass der Träger der Sozialhilfe bei rechtzeitiger Kenntnis Sozialhilfe gewährt hätte, was auch den Nachweis der Hilfebe-dürftigkeit des Empfängers der Nothilfe voraussetzt (vgl. Bundesverwaltungsgericht vom 30.12.1996 – 5 B 202/95 -; OVG Münster vom 16.05.2000 – 22 A 3534/98 -). Hierbei ist dieser Beweis der Klägerin tatsächlich gelungen. Dies kann zur Überzeugung des Gerichts nicht unberücksichtigt bleiben. Damit ist kein Vorwurf gegenüber dem Beklagten verbunden, zu schnell entschieden zu haben. Es liegt hier einer der wenigen Fälle vor, dass sich die Hilfebedürftigkeit der behandelten Person hat beweisen lassen, wie selbst der Beklagte einräumt. Dann aber kann man nicht mit dem Beklagten von einer Umkehr der Beweislast entgegen der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sprechen, sondern vielmehr von dem Fall, dass der Beweis erbracht worden ist und somit für ein Beweislasturteil kein Raum mehr besteht.
Das Sozialgericht hat der Klage somit zu Recht stattgegeben. Der Höhe nach ist der Betrag von 926,50 EUR gerechtfertigt, was ebenfalls vom Beklagten nicht in Zweifel gezogen wird. Der Streitwert war somit, da ein Fall des § 183 SGG nicht vorliegt, gemäß § 197 a SGG auf 926,44 EUR festzusetzen.
Der Senat hat die Revision zugelassen, da er der Frage grundsätzliche Bedeutung zumisst, ob § 25 SGB XII hier direkt oder entsprechend Anwendung finden kann. Höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu liegt, soweit erkennbar, für die Zeit ab 01.01.2005 bisher nicht vor.
Erstellt am: 03.04.2008
Zuletzt verändert am: 03.04.2008