Auf die Beschwerde des Klägers wird der Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.08.2007 geändert. Dem Kläger wird für das Klageverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwältin Dr. T, E beigeordnet.
Gründe:
Die zulässige Beschwerde des Klägers vom 24.09.2007, der das Sozialgericht nicht abgeholfen hat (Nichtabhilfebeschluss vom 05.10.2007), ist begründet.
Das Sozialgericht hat dem Kläger mit dem angefochtenen Beschluss zu Unrecht Prozesskostenhilfe für das seit dem 18.01.2007 beim Sozialgericht Gelsenkirchen anhängige Klageverfahren versagt. Bei der gegen die Versagung von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch (SGB XII) durch den Bescheid vom 13.11.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12.01.2007 gerichteten Klage ist eine hinreichende Aussicht auf Erfolg nicht auszuschließen. Dem steht entgegen der Auffassung des Sozialgerichts nicht der – im Anschluss an die Einstellung der Hilfe zum Lebensunterhalt einsetzende – laufende Bezug von Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) entgegen. Selbst wenn die Erfüllungsfiktion des § 107 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) Leistungen im Umfang der Leistungen nach dem SGB II ausschließen würde (vgl. auch BSG, Urteil vom 07.11.2006, B 7b AS 14/06 R), erscheinen zunächst weitergehende Leistungen nach dem SGB XII nicht ausgeschlossen. Zumindest aber kann dem Kläger ein Anspruch auf Feststellung seiner Anspruchsberechtigung nach dem SGB XII nicht versagt werden. Insofern ist die unvollständige Regelung der Schnittstellenroblematik von Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II und solche des SGB XII zu schließen. § 44a SGB II sieht allein einen Konfliktmechanismus für denn Fall vor, dass einer der in § 44a Abs. 1 SGB II genannten Träger der Feststtellung von Erwerbsfähigkeit der Agentur für Arbeit rsp. der ARGE widerspricht. Keine Vorkehrungen sind in der Regelung dafür getroffen, dass der Hilfe Nachfragende selbst die Feststellung seiner Erwerbsfähigkeit infrage stellt. Soweit das Sozialgericht dem entgegenhält, die Leistungen nach dem SGB II und den §§ 27ff. SGB XII seien ihrer Höhe nach völlig identisch, mag dies im Regelfall für die Regelleistung bzw. den Regelsatz und die Kosten der Unterkunft gelten. Der Senat wird insoweit aber beispielhaft auf die Vorschrift des § 28 Abs. 1 Satz 2 SGB XII hin, die im SGB II keine Entsprechung findet (vgl. auch Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 1. Auflage 2005, § 5 Rnr. 17).
Darüber hinaus berücksichtigt das Sozialgericht nicht die unterschiedlichen Zielsetzungen des SGB II und des SGB XII. Die Zielsetzung des SGB II, erwerbsfähige Hilfebedürftige wieder in den Arbeitsmarkt einzugliedern, die schlagwortartig im Grundsatz des "Forderns und Förderns" anklingt, kommt etwa in Ansprüchen auf Leistungen zur Eingliederung nach § 16 SGB II und den Vorschriften über Anreize und Sanktionen der §§ 29 ff. SGB II zum Ausdruck. Dem Leistungsempfänger nach dem SGB II werden ausgehend von seiner Zielsetzung andere und weitergehende Mitwirkungspflichten und -obliegenheiten auferlegt als dem dem System des SGB XII unterfallenden Hilfebedürftigen.
Es liegen mithin unterschiedliche Leistungssysteme vor, die trotz ihrer Parallelen, das (nachvollziehbare) Interesse begründen können, dem einen oder dem anderen Leistungssystem zugeordnet zu werden. Die (medizinische) Feststellung der Erwerbsunfähigkeit hat u.U. entscheidende Bedeutung für den weiteren Werdegang der Betroffenen (so Tänzer, Medizinische Kriterien der Erwerbsfähigkeitseinstufung gemäß SGB II und die Rechte der Betroffenen, ZfF, 2005, 58ff.).
Auch wenn den Antragstellern nach dem SGB II oder SGB XII etwa kein Rechtsschutzbedürfnis zuerkannt wird, Feststellungen nach § 44a SGB II (nach Tänzer, a.a.O., hat der Gesetzgeber das Erwerbsfähigkeitseinstufungsverfahren "quasi hinter dem Rücken der Betroffenen ausgestaltet") anzugreifen, dürfte ihm doch das Recht zuzugestehen sein, leistungsversagende Entscheidungen anzugreifen (vgl. Hoehl in: jurisPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 44a Rnr. 26; im Ergebnis auch Tänzer, a.a.O.).
Die (medizinische) Frage, ob beim Kläger Erwerbsfähigkeit im Sinne des § 8 Abs. 1 SGB II vorliegt, ist somit entgegen dem Sozialgericht von entscheidender Bedeutung. Diesbezüglich sieht der Senat ebenfalls abweichend vom Sozialgericht Ermittlungsbedarf. Es wird zu klären sein, ob die Behauptung des Klägers zutrifft, wonach die Beurteilung seiner Erwerbsfähigkeit ohne Untersuchung erfolgt sein soll und welche medizinischen Feststellungen ggf. nach Aktenlage getroffen worden sind. Dementsprechend hat das Sozialgericht auch eine Erklärung des Klägers über die Entbindung seiner behandelnden Ärzte von der Schweigepflicht angefordert, die der Kläger am 13.04.2007 überreicht hat. In der Folgezeit hat das Sozialgericht unter anderem die Schwerbehindertenakte des Klägers beigezogen. Eine sichere Beurteilung der Erwerbsfähigkeit des Klägers ist nach den bisher aktenkundigen Unterlagen nicht möglich, zumal der zuständige Rentenversicherungsträger (Deutsche Rentenversicherung Westfalen) unter dem 26.07.2007 mitgeteilt hat, es liege dort ein Gutachten über den Kläger nicht vor. Es ist daher nicht ohne weiteres nachvollziehbar, worauf die Einschätzung des Rentenversicherungsträgers vom 26.10.2006 beruht, wonach der Kläger noch mindestens 3 Stunden täglich erwerbsfähig sei. Diese Einschätzung ist aber ersichtlich Grundlage des angefochtenen Bescheides gewesen, wie sich aus dem Schreiben der Beklagten vom 06.11.2006 an den Kläger (Bl. 284 der Verwaltungsvorgänge der Beklagten Band II) und dem angefochtenen Widerspruchsbescheid ergibt.
Bei seiner Entscheidung hat der Senat bedacht, dass der zunächst unterbreitete Vortrag des Klägers, wonach es ihm egal sei, von welchem Leistungsträger er Leistungen beziehe und es ihm nur um das Prinzip gehe, als mutwillige Rechtsverfolgung i.S.d. § 114 Abs. 1 ZPO erscheint. Der Kläger hat aber im Verlaufe des weiteren Verfahrens Hinweise und Argumentationen nachgeschoben, die eine abweichende Beurteilung der Mutwilligkeit erfordern; denn er hat ein schützenswertes Interesse an der Klärung der Rechtsfrage, welcher Leistungsträger für ihn zuständig ist, ohne dass bisher hinreichende Ermittlungen erkennbar sind, die eine Beantwortung dieser Frage erlauben. Weitere Ermittlungen werden auch zu der Frage anzustellen sein, wie es dem Kläger bei seinen behaupteten wirtschaftlichen Verhältnissen möglich war, den Ford Explorer wieder anzumelden. Insoweit dürfte auch von Interesse sein, ob der Wagen in der Zwischenzeit auf andere Halter angemeldet war, ggf. auf welche. Schließlich wird der Vortrag des Klägers zu überprüfen sein, dass er den Wagen nur angemeldet habe, um eine TÜV-Überprüfung zu ermöglichen (Erklärung über die wirtschaftlichen Verhältnisse vom 27.06.2007 im Rahmen des Antrages auf Gewährung von Prozesskostenhilfe). Insoweit dürfte die Dauer der Anmeldung des Kraftfahrzeuges auch auf den Kläger wichtige Hinweise enthalten.
Kosten sind nicht zu erstatten, § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 21.01.2008
Zuletzt verändert am: 21.01.2008