Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 16.04.2007 wird zurückgewiesen. Kosten des Berufungsverfahrens sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Wiederbewilligung von Arbeitslosenhilfe nach einem Auslandsaufenthalt von mehr als 3 Monaten zum Zweck der Arbeitssuche.
Der Kläger, der italienischer Staatsangehöriger ist, bezog seit Juli 2000 Anschlussarbeitslosenhilfe. Im Mai 2004 beantragte er die Ausstellung einer Bescheinigung nach Vordruck I 303 zum Zweck des Fortbezugs der Leistungen in Italien, wohin er sich am 05.06.2004 zur Arbeitssuche begeben wollte. Die Beklagte stellte die beantragte Bescheinigung aus und wies den Kläger darauf hin, dass er höchstens 3 Monate Leistungen in Italien beziehen könne und ein erneuter Anspruch nur bei Rückkehr innerhalb dieses Zeitraums in die Bundesrepublik Deuschland bestehe.
Der Kläger kehrte jedoch erst am 23.09.2004 in die Bundesrepublik Deutschland zurück und meldete sich am 24.09.2004 bei der Beklagten arbeitslos. Diese lehnte daraufhin mit Bescheid vom 30.09.2004 die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe ab, weil die maßgebliche Dreimonatsfrist für die Weitergewährung des Leistungsanspruchs am 04.09.2004 abgelaufen sei.
Der Kläger legte am 04.10.2004 Widerspruch ein und machte geltend, er habe das für die Rückreise benötigte Geld vom Arbeitsamt in Sizilien erst am 15.09.2004 erhalten und einen Rückflug daher erst am 23.09.2004 buchen können.
Mit Widerspruchsbescheid vom 13.10.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück, weil der Anspruch mangels rechtzeitiger Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland erloschen sei. Der Auszahlungsmodus der italienischen Arbeitsämter erlaube keine andere Entscheidung unter Verlängerung der Rückkehrfrist, weil sich der Kläger zum einen mit dem Leistungsträger habe absprechen und zum anderen bei Geldmangel die Arbeitssuche in Italien vorzeitig habe beenden können.
Der Kläger hat am 29.10.2004 vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf Klage erhoben. Er hat geltend gemacht, seine verspätete Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland sei unverschuldet gewesen. Da die Arbeitslosenhilfe durch das italienische Arbeitsamt erst am 15.09.2004 ausgezahlt worden sei, habe ihm das Geld für einen Rückflug am 04.09.2004 gefehlt. Sein Bruder H S habe in seinem Auftrag diesbezüglich bei der Beklagten vorgesprochen und vor Fristablauf das Problem erörtert. Der Beklagten sei daher bekannt gewesen, dass die Gefahr bestanden habe, dass wegen fehlender Auszahlung der Leistungen die Rückkehr nicht fristgerecht erfolgen könne. Der vorzeitige Abbruch der Arbeitssuche in Italien hätte an dem Problem des fehlenden Geldes nichts geändert. Die Arbeitslosenhilfe genüge allenfalls, um ein Minimum an Lebensstandard zu erhalten, so dass nicht viel Geld bzw. gar kein Geld im Monat übrig bleibe, um zusätzliche Aufwendungen wie diejenigen für einen Flug zu erbringen. Er sei daher auf die pünktliche Auszahlung des Geldes angewiesen gewesen. In dieser Situation habe er auf die Auszahlung der nächsten Arbeitslosenhilfe gewartet, die vor Ablauf der Frist habe erfolgen sollen. Da die Auszahlung überfällig gewesen sei, habe er täglich mit ihr gerechnet. Seine Bemühungen um Arbeitssuche habe er jedoch in Italien nicht vorzeitig beenden wollen, was auch im Interesse der Beklagten gewesen sei. Es dürfe nicht zu seinen Lasten gehen, wenn ein ausländisches Arbeitsamt aus welchen Gründen auch immer keine fristgerechte Auszahlung vornehme. Es sei Aufgabe der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU), die Leistungsgewährung in ordnungsgemäßer Weise sicher zu stellen. Da der Beklagten das Problem vor Fristablauf bekannt gewesen sei, habe sie hierauf adäquat reagieren können.
Mit Urteil vom 16.04.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Auf die Entscheidungsgründe wird Bezug genommen.
Gegen das ihm am 27.04.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 16.04.2007 Berufung eingelegt. Er ist der Auffassung, dass die Umstände, die seine rechtzeitige Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland verhindert hätten, einen Ausnahmefall begründeten, in dem die Beklagte bei fehlerfreier Betätigung ihres Ermessens Arbeitslosenhilfe zu gewähren habe.
Der Kläger beantragt schriftsätzlich,
das Urteil des SG Düsseldorf vom 16.04.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 30.09.2004 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13.10.2004 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe ab dem 04.09.2004 wieder zu bewilligen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, dem Kläger habe es oblegen, alle zumutbaren Anstrengungen zu unternehmen, um die Rückkehrfrist zu wahren. Die Beauftragung seines Bruders, die ohnehin nicht belegt sei, genüge dem nicht. Darüber hinaus habe dem Kläger aufgrund der Auszahlungsmodalitäten frühzeitig bekannt sein müssen, dass bei Abwarten der Auszahlung der Leistungen in Italien eine Fristüberschreitung zwangsläufig eintreten werde, so dass er das Fristversäumnis allein zu vertreten habe.
Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Der Senat konnte in Abwesenheit des Klägers und seines Bevollmächtigten verhandeln und entscheiden, da auf die entsprechende Möglichkeit, die aus dem Regelungsgehalt der §§ 110 Abs. 1 S. 2, 111 Abs. 1, 124 Abs. 2, 126, 153 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) folgt, mit der Ladung hingewiesen worden ist.
Soweit das persönliche Erscheinen des Klägers angeordnet war, hat sich der noch zu klärende Frage zum Sachverhalt durch die vor dem Termin erfolgte Beantwortung der Anfrage des Senats nach der Ladung erledigt. Dies musste für den Kläger im Hinblick auf die Gründe des Beschlusses über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe vom 26.11.2007 auch offenkundig sein. Im Übrigen hatte der Kläger hinreichend Gelegenheit, sich schriftsätzlich zu äußern.
Die Berufung ist zulässig. Der für die Zeit vom 04.09. bis 31.12.2004 streitige Anspruch auf Arbeitslosenhilfe übersteigt, soweit er nicht durch die Leistungen des Sozialhilfeträgers als erfüllt gilt (§ 107 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch – SGB X -), den für die zulassungsfreie Berufung erforderlichen Betrag (§ 144 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGG).
Die Berufung ist aber nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, weil der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosenhilfe erloschen ist.
Nach Art. 69 Abs. 2 S. 1 VO (EWG) 1408/71 verliert der Arbeitslose jeden Leistungsanspruch, wenn er nicht vor Ablauf des Zeitraums, in dem er nach Abs. 1 Buchst. c Anspruch auf Leistungen hat, in den zuständigen Staat zurückkehrt. Nach Abs. 1 Buchst. c wird der Leistungsanspruch während höchstens 3 Monate von dem Zeitpunkt an aufrecht erhalten, von dem ab der Arbeitslose der Arbeitsverwaltung des Staates, den er verlassen hat, nicht mehr zur Verfügung stand. Der Kläger stand seit dem 05.06.2004 der Arbeitsverwaltung der Beklagten nicht mehr zur Verfügung, weil er sich an diesem Tag nach Italien begeben hatte. Seine Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland am 23.09.2004 erfolgte nicht innerhalb der Dreimonatsfrist des Art. 69 Abs. 2 S. 1 VO EWG 1408/71, denn diese Frist endete am Montag, dem 06.09.2004. Dies folgt aus Art. 3 VO (EWG, Euratom) Nr.1182/71 des Rates zur Festlegung der Regeln für die Fristen, Daten und Termine (AmtsBl. der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 124 vom 08.06.1971 – EWGV 1182/71). Danach wird, wenn für den Anfang einer nach Monaten bestimmten Frist der Zeitpunkt maßgebend ist, in welchem ein Ereignis eintritt oder eine Handlung vorgenommen wird, bei der Berechnung dieser Frist der Tag nicht mitgerechnet, in dem das Ereignis oder die Handlung fällt (Art. 3 Abs. 1 UAbs. 2 EWGV 1182/71). Daher ist hier der erstmalige Tag, an dem der Kläger der Arbeitsvermittlung der Beklagten nicht mehr zur Verfügung stand, nicht in die Frist einzubeziehen (vgl. BSG SozR 6050 Art. 69 Nr. 4 S. 10), so dass die Frist am 06.06.2004 erst begann und folglich am Montag, dem 06.09.2004 endete.
Die Verlängerung der Frist hat die Beklagte zu Recht abgelehnt. Gem. Art. 69 Abs. 2 S. 2 VO EWG 1408/71 kann die zuständige Arbeitsvermittlung oder der zuständige Leitungsträger den Fristbeginn in Ausnahmefällen verlängern. Die Verlängerung, die auch nachträglich beantragt werden kann und im Ermessen der zuständigen Behörde steht (vgl. EuGH SozR 6050 Art. 69 Nr. 3 S. 5; Nr. 6 S. 24; BSG a.a.0. S. 11) scheitert hier schon daran, dass ein Ausnahmefall nicht vorliegt. Ein Solcher ist anzunehmen, wenn die Rückkehr durch Umstände wie Krankheit, Unfall, Streik o.ä. verhindert worden ist, die der Arbeitnehmer nicht zu vertreten hat, oder wenn die rechtzeitige Rückkehr aus wichtigem Grund unterblieben ist (BSG a.a.0. S. 11/12).
Der vom Kläger behauptete Geldmangel erfüllt diese Voraussetzungen nicht. Wie der Kläger nunmehr selbst belegt, hat er am 20.08.2004 durch den italienischen Leistungsträger 1.501,69 EUR ausgezahlt erhalten. Hiervon hätte er ohne Weiteres die von ihm selbst mit ca. 250,- EUR bezifferten Flugkosten aufbringen können. Gründe, die einer solchen Verwendung des Geldes entgegenstehen könnten, hat der Kläger nicht dargelegt und solche sind auch nicht ersichtlich.
Unabhängig davon konnte er angesichts dieses Auszahlungszeitpunktes nicht damit rechnen, dass die nächste Zahlung innerhalb von weiteren 10 – 14 Tagen erfolgen werde. Sofern er den Betrag anderweitig vollständig verbrauchen musste, hätte es ihm daher oblegen, sich entweder mit dem italienischen Versicherungsträger in Verbindung zu setzen oder sich notfalls an die deutsche Botschaft zu wenden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt.v. 21.08.2002 – L 3 AL 432/02 -). Wenn der Kläger geltend macht, die Beklagte habe sicherstellen müssen, dass die Leistungen im Ausland rechtzeitig erbracht werden, verkennt er, dass die Auszahlung der Arbeitsvermittlung des jeweiligen Aufenthaltslandes der Europäischen Union obliegt (vgl. Art. 70 Abs. 1 VO EWG 1408/71). Mit dieser hätte sich der Kläger aber ohne Weiteres in Verbindung setzen können. Dieses Unterlassen ist allein seiner Verantwortungssphäre zuzurechnen. Da der Kläger auch über die Bedeutung der Rückkehrfrist durch die Beklagte umfassend informiert worden war, ist die Versäumung der Rückkehrfrist allein ihm zuzurechnen. Ein Ausnahmefall im Sinne des Art. 69 Abs. 2 S. 2 VO EWG 1408/71 ist daher nicht begründet.
Die Berufung ist daher mit der auf § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision sind nicht erfüllt (§ 160 Abs. 2 SGG).
Erstellt am: 23.01.2008
Zuletzt verändert am: 23.01.2008