Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.03.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die Klägerin von der Beklagten die Bewilligung von Einstiegsgeld gemäß § 29 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis zum 30.09.2006 beanspruchen kann.
1. Die Klägerin ist am 00.00.1948 geboren. Im Jahr 2001 nahm sie an einer sechsmonatigen Trainingsmaßnahme des X (X) teil. Im November 2002 meldete sie sich bei der Bundesagentur für Arbeit arbeitslos. Im März, April und August 2003 war sie als freie Mitarbeiterin für den X tätig. Daraus erzielte sie Einkommen in Höhe von 140,44 EUR, 195,00 EUR sowie 45,62 EUR brutto.
2. Am 29.09.2005 beantragte die Klägerin bei der Beklagten zur Aufnahme einer selbstständigen Tätigkeit die Gewährung von Einstiegsgeld für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis zum 30.09.2006. In dem Antragsfeld "Kurzbeschreibung der selbstständigen Tätigkeit" gab sie Folgendes an: "Überwiegend werde ich als freie Mitarbeiterin für den X, L tätig sein. Damit werden von mir überwiegend Beiträge und Nachrichtenmeldungen produziert." Sie fügte ihrem Antrag eine Bescheinigung der IHK Aachen über ein "Erstinformationsgespräch Existenzgründung" vom 21.09.2005 sowie von ihr erstellte "Darstellungs- und Beschreibungsunterlagen für das Existenzgründungsvorhaben" bei. Dort gab sie an, dass sie als Existenzgründerin "überwiegend als freie Journalistin für den X Rundfunk, L" tätig sein werde. Die Vergütung erfolge "nach dem Tarifvertrag für auf Produktionsdauer Beschäftigte des X und zum Tarifvertrag über die Urheberrechte der arbeitnehmerähnlichen Personen des X". Für das Wirtschaftsjahr 2006 setzte die Klägerin erwartete Brutto-Einnahmen von 18.000,00 EUR und für das Wirtschaftsjahr 2007 von 20.000,00 EUR an.
Mit Bescheid vom 13.12.2005 lehnte die Beklagte die Gewährung von Einstiegsgeld mit der Begründung ab, die Klägerin sei als "scheinbar Selbstständige" nicht antragsberechtigt. Den hiergegen erhobenen Widerspruch der Klägerin wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 23.01.2006 zurück. Die Klägerin erfülle die Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld nicht. Denn die Förderung einer selbstständigen Tätigkeit habe hiernach nur zu erfolgen, sofern das Vorhaben hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, dem Hilfesuchenden nicht nur vorübergehend eine mindestens den Standard des SGB II erreichende Lebensgrundlage zu sichern. Erforderlich sei des Weiteren, dass die Erwerbstätigkeit aktuell aufgenommen werde. Einstiegsgeld und Aufnahme der Tätigkeiten müssten also in einem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang stehen. Die Bezuschussung der Fortsetzung einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit sei nicht vorgesehen. Die Klägerin erfülle beide Voraussetzungen nicht. Sie übe als freie Mitarbeiterin des X bereits seit dem Jahr 2002 eine Tätigkeit im Nebenverdienst aus, ohne dass es ihr bis heute gelungen sei, hieraus bedarfsdeckende Einkünfte zu erzielen. Es sei daher davon auszugehen, dass diese Beschäftigung auch für die Zukunft keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete.
3. Hiergegen hat die Klägerin am 13.02.2006 Klage erhoben. Es stehe ihrem Anspruch auf Einstiegsgeld nicht entgegen, dass sie beim X in der Vergangenheit bereits kleinere Gelegenheitsjobs ausgeübt habe.
Die Klägerin erzielte in der Zeit von Oktober 2005 bis Oktober 2006 kein Einkommen. Regelleistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II bezog sie bis zum Ende des Jahres 2006. Im November 2006 meldete sie sich erneut arbeitslos. Für die Produktion eines Sendebeitrages im November 2006 zahlte der X der Klägerin 1.900,00 EUR brutto und für die Produktion eines Sendebeitrages im Januar 2007 eine Vergütung von 2.280,00 EUR brutto.
Das Sozialgericht (SG) Aachen hat mit Urteil vom 07.03.2007 die Klage abgewiesen. Die Erbringung des Einstiegsgeldes gemäß § 29 SGB II stehe im Ermessen des Grundsicherungsträgers. Dies habe zur Folge, dass die Gerichte gemäß § 54 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) darauf beschränkt seien zu kontrollieren, ob der Leistungsträger seiner Pflicht zur Ermessensbetätigung nachgekommen ist, er mit seiner Entscheidung die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten hat, d. h. eine nach dem Gesetz nicht zugelassene Rechtsfolge gesetzt hat, oder von dem Ermessen einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht hat. Die Beklagte habe bei der Verweigerung von Einstiegsgeld nicht ermessensfehlerhaft entschieden. Eine so genannte Ermessensreduzierung auf Null, aus der sich ein Anspruch der Klägerin auf Gewährung des Einstiegsgeldes hätte ergeben können, sei ebenfalls nicht gegeben. Zwar scheitere die Gewährung von Einstiegsgeld nicht bereits daran, dass die angestrebte Tätigkeit keine Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Tätigkeit im Sinne des § 29 Abs. 1 SGB II darstelle. Denn insoweit sei die Gesamtkonzeption der Norm zu beachten. Im Rahmen der Gewährung von Einstiegsgeld seien nur sozialversicherungspflichtige Tätigkeiten oder selbstständige Tätigkeiten von Relevanz, die mit sozialversicherungspflichtigen Tätigkeiten zu vergleichen seien. Da geringfügige Beschäftigungen demnach nicht ausreichen, um eine Gewährung von Einstiegsgeld zu begründen, führe dies auf der anderen Seite dazu, dass diese Tätigkeiten auch bei der Betrachtung des Tatbestandsmerkmals "bei Aufnahme" außer Betracht bleiben müssten. Es wirke sich demnach nicht zum Nachteil der Klägerin aus, dass sie bereits vor Antragstellung beim X gearbeitet habe. Denn hierbei handele es sich nur um Tätigkeiten geringen Umfangs, deren Vergütung 400,00 EUR im Monat nicht überschritten.
Maßgeblich zu berücksichtigen sei jedoch, dass die Klägerin seit dem Jahr 2003 bis zum Jahr 2005 nie umfangreichere Aufträge akquirieren konnte. Die Förderung nach § 29 SGB II sei dann ausgeschlossen, wenn die angestrebte Tätigkeit keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete, auf Dauer die Hilfebedürftigkeit des Leistungsempfängers zu beenden. Bei der Beurteilung dieser Frage handele es sich um eine Prognoseentscheidung der Behörde. Dass die Klägerin letztlich als Moderatorin beim X eine Tätigkeit gefunden habe, die ihre Hilfebedürftigkeit behebe, spiele deshalb keine Rolle. Denn zur Zeit der Antragstellung habe das von der Klägerin vorgestellte Konzept keine Aussicht auf Erfolg geboten. Die Klägerin habe bereits seit Jahren erfolglos versucht, als Produzentin, Redakteurin oder Moderatorin beim X zu arbeiten. Es sei unerheblich, dass sich die Beklagte zunächst – rechtsfehlerhaft – bei ihrer Ablehnung darauf gestützt habe, das Einstiegsgeld sei deshalb zu versagen gewesen, weil die Klägerin eine "scheinbar Selbstständige" gewesen sei. Denn dieser Fehler sei dadurch geheilt worden, dass die Widerspruchsbehörde ihr Ermessen zutreffend an die Stelle des Ermessens der Ausgangsbehörde gesetzt habe.
4. Gegen dieses ihr am 12.04.2007 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 03.05.2007 Berufung erhoben. Sie habe mittlerweile mit Erfolg eine selbstständige Tätigkeit aufnehmen können. Im Jahr 2007 habe sie Einkünfte in Höhe von etwa 2.000 EUR monatlich erzielen können. Die Klägerin hat im November 2007 mitgeteilt, sie habe nunmehr jedoch einen Insolvenzantrag stellen müssen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 07.03.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 13.12.2005 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 23.01.2006 zu verurteilen, ihr für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis zum 30.09.2006 Einstiegsgeld gemäß § 29 SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, das Urteil des SG Aachen vom 07.03.2007 sei rechtlich nicht zu beanstanden. Zum Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung sei nicht absehbar gewesen, dass die Klägerin im November 2006 bzw. Januar 2007 Einnahmen aus ihrer Selbstständigkeit würde erzielen können.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten vorbereitenden Schriftsätze, den übrigen Akteninhalt sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten, die beigezogen worden war.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, jedoch nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bewilligung von Eingliederungsleistungen für den Zeitraum vom 01.10.2005 bis 30.09.2006. Denn weder liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Gewährung von Einstiegsgeld (gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II i.V.m. § 16 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 SGB II, dazu 1.) noch die Voraussetzungen der Generalklausel für ergänzende Eingliederungsleistungen (gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II, dazu 2.) vor.
1. Gemäß § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II kann erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die arbeitslos sind, bei Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen oder selbstständigen Erwerbstätigkeit zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist.
a) Die Klägerin dürfte im streitigen Zeitraum arbeitslos im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II gewesen sein. Der Begriff der Arbeitslosigkeit ist in § 16 Abs. 1, § 119 Abs. 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) definiert. Arbeitslosigkeit setzt danach Beschäftigungslosigkeit, Eigenbemühungen zur Beendigung der Beschäftigungslosigkeit, die Verfügbarkeit in subjektiver wie objektiver Hinsicht sowie schließlich die Arbeitslosmeldung voraus (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 3/05 R, Juris).
Die Klägerin hat sich (zuletzt) im November 2006 arbeitslos gemeldet. Sie bemühte sich, durch Tätigkeiten beim X ihre Beschäftigungslosigkeit zu beenden. Zweifel an ihrer Verfügbarkeit bestehen nicht. Beschäftigungslos ist, wer nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht (§ 119 Abs. 1 Nr. 1 SGB III). Beim X übte die Klägerin in der Zeit bis zur Antragstellung im September 2005 allenfalls – bei Unterstellung einer nichtselbständigen Arbeit – geringfügige Beschäftigungen gemäß § 8 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) aus, nicht dagegen eine Beschäftigung gemäß § 7 SGB IV.
b) Es kann jedoch dahinstehen, ob der Begriff "arbeitslos" im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II mit den Kriterien des SGB III gleichzusetzen ist (dies offen lassend BSG a.a.O.). Denn die Klägerin erfüllt die weiteren Anspruchsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II nicht.
Nach dieser Regelung kann zur Überwindung von Hilfebedürftigkeit ein Einstiegsgeld erbracht werden, wenn dies zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist.
aa) Wie der Rechtsausdruck der "Erforderlichkeit" im Sinne des § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II im Allgemeinen auszulegen ist, ist umstritten. Streitig ist insbesondere, ob der Verwaltung bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Erforderlichkeit" ein gerichtlich nicht kontrollierbarer Beurteilungsspielraum zusteht (so zu § 16 SGB II Eicher in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 16 Rn. 179) oder nicht (so Spellbrink in: Eicher/Spellbrink, SGB II, § 29 Rn. 27; Hengelhaupt in: Hauck/Noftz/Voelzke, SGB II, K § 29 Rn. 42 (Stand: 10/2005); Lauterbach in: Gagel, SGB III, § 29 SGB II Rn. 14 (Stand: Dezember 2005); Klaus in: Juris-PK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 29 Rn. 24). In der Literatur ist ferner umstritten, welche inhaltlichen Vorgaben aus dem Tatbestandsmerkmal der "Erforderlichkeit" abzuleiten sind. Nach einer engen Auffassung soll das Einstiegsgeld nur "ultima ratio" für den Fall sein, dass die Eingliederung des Betroffenen in den allgemeinen Arbeitsmarkt nicht anders (billiger) erreicht werden kann (Spellbrink a.a.O., § 29 Rn. 26; ebenso Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16.02.2007, L 20 B 161/07 AS R, Juris). Nach anderer Ansicht reicht es aus, dass eine Aussicht auf Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt besteht (Hengelhaupt a.a.O., K § 29 Rn. 43); es müsse zu erwarten sein, dass die Eingliederungschancen durch die Leistungen verbessert würden (Bieresborn, Juris PR-SozR 12/2007 Anm. 2). Es müsse – so eine etwas einschränkende Auffassung – dem Hilfebedürftigen die Perspektive eröffnet sein, in absehbarer Zeit auch ohne Leistungen nach dem SGB II den Lebensunterhalt für sich und die von ihm abhängigen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft bestreiten zu können (Lauterbach a.a.O., § 29 Rn. 12; ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 08.02.2007, L 9 AS 26/06, Juris).
bb) Die Auslegung des § 29 SGB I im Allgemeinen kann, wie erwähnt, dahinstehen. Hier ist allein zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Gewährung von Einstiegsgeld zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt erforderlich ist, wenn eine bereits ausgeübte Tätigkeit geringen Umfangs – hier für den X – zu einer vollen, den Lebensunterhalt sicherstellenden Tätigkeit ausgebaut werden soll.
Das BSG hat mit Urteil vom 23.11.2006 (B 11b AS 3/05 R, Juris) entschieden, dass eine Bewilligung von Einstiegsgeld gemäß § 29 SGB II grundsätzlich dann ausscheidet, wenn die Förderung einer bereits ausgeübten Erwerbstätigkeit beantragt wird, ohne dass gleichzeitig Anhaltspunkte für eine wesentliche Änderung der Beschäftigung bestehen, beispielsweise von einer geringfügigen zu einer vollen Erwerbstätigkeit. Dies überzeugt. Denn andernfalls kann die Zielsetzung des SGB II nicht realisiert werden, die gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB II darin besteht, den Arbeitsuchenden dabei zu unterstützen und zu fördern, seinen Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten zu können. Da § 29 Abs. 1 Satz 1 SGB II die Aufnahme einer selbstständigen Erwerbstätigkeit mit der Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Erwerbstätigkeit gleichsetzt, können die Ausführungen des BSG auch für den Fall Geltung beanspruchen, in dem wie hier eine (möglicherweise bestehende) selbstständige Tätigkeit bereits ausgeübt wird.
Bei der Klägerin bestanden weder im Zeitpunkt der Antragstellung (September 2005) noch bei Abschluss des Verwaltungsverfahrens (Januar 2006) Anhaltspunkte dafür, dass sich der Umfang ihrer bereits ausgeübten Tätigkeit zukünftig wesentlich ändern könnte oder würde. Die Klägerin hat weder bei Antragstellung noch später dargelegt oder plausibel gemacht, aufgrund welcher konkreten Umstände in ihrem Fall erwartet werden durfte, dass sich im Gegensatz zu den Jahren vor Antragstellung das Auftragsvolumen ihrer Tätigkeit für den X vergrößern könnte. Einen (potentiell) anderen Auftraggeber als den X hat die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren auf ausdrückliche gerichtliche Nachfrage hin nicht benannt. Sie hat keine Umstände vorgetragen, die es wahrscheinlich oder auch nur als möglich erscheinen ließen, dass sich ihre Auftragslage nach Antragstellung wesentlich verändern, d. h. verbessern würde.
Dass die Klägerin später – im November 2006 bzw. Januar 2007 und offenbar auch noch im Jahr 2007 – aus ihrer Tätigkeit eine höhere Vergütung erzielen konnte, ist insoweit unerheblich. Denn maßgeblicher Zeitpunkt bei der Konkretisierung des unbestimmten Rechtsbegriffs der "Erforderlichkeit" im Sinne des § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB II ist die Sach- und Rechtslage zur Zeit des Abschlusses des Verwaltungsverfahrens (Lauterbach a.a.O., § 29 Rn. 14 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 11.05.2007, B 7 AL 18/99 R, SozR 3-4100 § 36 Nr. 5, zum Erfolg einer Bildungsmaßnahme nach dem SGB III). Dass bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Verwaltungsentscheidung auf diesen Zeitpunkt abzustellen ist, folgt aus der Rechtsnatur des Einstiegsgeldes als Maßnahme der Arbeitsförderung. Denn diese Maßnahmen sind zielgerichtet ("zur Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt"). Diese Zielsetzung wird im Allgemeinen auch in § 1 Abs. 1 Satz 1 SGB II beschrieben, wonach die Leistungen (der Eingliederung in Arbeit) dazu beitragen sollen, dass die Hilfebedürftigen ihren Lebensunterhalt unabhängig von der Grundsicherung aus eigenen Mitteln und Kräften bestreiten können; sie sollen die Hilfebedürftigkeit vermeiden oder beseitigen, verkürzen oder vermindern (§ 3 Abs. 1 Satz 1 SGB II). Diesem Charakter des § 29 SGB II als Finalnorm (allg. hierzu Rüthers, Rechtstheorie, 2. Aufl. 2007, Rn. 17) ist bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns Rechnung zu tragen. Die Verwaltung muss das legislativ verpflichtend vorgegebene Ziel bei der Beurteilung der Erforderlichkeit der Maßnahme in den Blick nehmen und damit eine prognostische Einschätzung vornehmen. Der Gesetzgeber hat diese ziel- und zukunftsgerichteten Perspektive bewusst vorgesehen, um dem Grundsicherungsträger ein großes Maß an Gestaltungsmöglichkeit einzuräumen (kritisch hierzu Spellbrink a.a.O., § 29 Rn. 3). Die Gerichte haben diese Prognose des Grundsicherungsträgers nach dem genanntem legislativen Zielmaßstab zu überprüfen, grundsätzlich nicht aber zu fragen, ob sich die prognostizierte Lebenswirklichkeit rückblickend betrachtet tatsächlich auch so entwickelt hat.
Etwas anderes gilt ausnahmsweise in den Fällen, in denen der spätere Geschehensablauf nach Erlass des Widerspruchsbescheides die Richtigkeit der Prognoseentscheidung widerlegt. Eine solche Widerlegung der Misserfolgsprognose hat das BSG im Arbeitsförderungsrecht etwa bei der Förderung einer Teilnahme an einer Bildungsmaßnahme dann angenommen, wenn der Antragsteller die Prüfung in der Zwischenzeit bestanden hat (BSG, Urteil vom 11.05.2007, B 7 AL 18/99 R, SozR 3-4100 § 36 Nr. 5). Im Falle der Klägerin ist die Misserfolgsprognose der Beklagten jedoch durch den späteren Geschehensablauf nicht widerlegt worden. Denn Einkünfte erzielte die Klägerin erst nach Ablauf des streitigen Leistungszeitraums. Dass die Klägerin in diesem Zeitraum tatsächlich keine Einkünfte erzielt hat, bestätigt damit gerade die Richtigkeit der Prognose der Beklagten. Dass die Beklagte nur über einen Leistungszeitraum von einem Jahr (01.10.2005 bis 30.09.2006) entschieden hat, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn zum einen entspricht diese zeitliche Beschränkung dem Antrag der Klägerin. Zum anderen sieht das Gesetz selbst vor, dass das Einstiegsgeld "für höchstens 24 Monate erbracht" wird (§ 29 Abs. 2 Satz 1 SGB II). Ein Zeitraum von einem Jahr stellt zudem einen überschaubaren Zeitrahmen für die zu treffende Prognoseentscheidung dar.
2. Die Klägerin kann die von ihr begehrten finanziellen Leistungen auch nicht nach der Generalklausel für ergänzende Eingliederungsleistungen aller Art des § 16 Abs. 2 Satz 1 und 2 SGB II beanspruchen.
Zwar kommt diese Generalklausel ergänzend zu den gesetzlich speziell geregelten Leistungen zur Eingliederung in Arbeit in Betracht (BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 3/05 R, Juris). Die tatbestandlichen Voraussetzungen hierfür liegen bei der Klägerin jedoch nicht vor. Denn die Erforderlichkeit einer Eingliederungsleistung nach § 16 Abs. 2 Satz 1 SGB II beurteilt sich nach den bereits erwähnten Zielvorgaben der §§ 1, 3 SGB II. Diese sind zwar für sich nicht anspruchsbegründend, stecken aber als programmatische Kernaussagen und Grundsätze den Leistungsrahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende ab (BSG a.a.O.). Die Erforderlichkeit einer Eingliederungsmaßnahme kann demnach nur vorliegen, wenn ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden kann (BSG a.a.O.). Diese Prognose setzt eine Plausibilitätsprüfung und damit ein schlüssiges Konzept voraus, wie aus der in Aussicht genommenen Tätigkeit der Lebensunterhalt bestritten werden soll (BSG a.a.O.).
Ein derartiges schlüssiges Konzept hat die Klägerin – wie bereits ausgeführt – weder im Verwaltungs- noch im Gerichtsverfahren vorgelegt. Im maßgeblichen Zeitpunkt war nicht ansatzweise zu erkennen, dass der Klägerin ein Eingliederungserfolg mit hinreichender Sicherheit vorhergesagt werden konnte. Im Ergebnis erstrebte sie von der Beklagten die (besondere) finanzielle Unterstützung bei der weiteren Ausübung ihrer geringfügigen Tätigkeit beim X in der Hoffnung, diese zukünftig zu einer vollen Tätigkeit ausbauen zu können. Dies reicht aus den dargelegten Gründen jedoch nicht aus.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Gründe, die Revision zuzulassen, bestanden nicht. Die Rechtssache hat insbesondere keine grundsätzliche Bedeutung gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Denn die Frage, wie die Tatbestandsvoraussetzungen des § 29 Abs. 1 SGB II auszulegen sind, wenn eine Tätigkeit bereits ausgeübt wird, ist vom BSG mit dem erwähnten Urteil vom 23.11.2006 (B 11b AS /05 R) bereits umfassend beantwortet worden. Ob diese Voraussetzungen im konkreten Einzelfall der Klägerin vorliegen, ist eine Frage der tatrichterlichen Würdigung.
Erstellt am: 24.01.2008
Zuletzt verändert am: 24.01.2008