Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.10.2006 abgeändert. Unter Aufhebung des Bescheides vom 06.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2005 wird festgestellt, dass der Kläger seit dem 01.09.2005 familienversichert bei der Beklagten ist. Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Verfahrens zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Begründung einer Familienversicherung des Klägers bei der Beklagten.
Der am 00.00.1940 geborene Kläger war als Selbständiger tätig und privat krankenversichert. Seit dem 01.09.2005 bezieht er eine Altersrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 506,06 Euro. Seine Ehefrau ist pflichtversichertes Mitglied der Beklagten.
Der Kläger beantragte am 08.06.2005 unter Hinweis auf seinen Rentenantrag die Durchführung der Familienversicherung. Auf Anfrage der Beklagten übersandte er ihr mit Schreiben vom 10.06.2005 die Gewerbeabmeldung sowie einen Bescheid vom 08.06.2005 über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit vom 31.05. bis 31.08.2005. Die Beklagte stellte darauf hin in einem internen Bearbeitungsbogen am 15.06.2005 fest, die Voraussetzungen für die Familienversicherung seien erfüllt. Mit Schreiben vom 15.06.2005 teilte sie dem Rentenversicherungsträger mit, der Kläger sei seit ab dem 01.09.2005 im Rahmen der Familienversicherung bei ihr versichert und bat um Übersendung der Rentenmitteilung. Zugleich übersandte sie am gleichen Tag dem Kläger eine "Bescheinigung von Versicherungszeiten" in der dem Kläger bescheinigt wird, er sei ab dem 01.09.2005 bei der Beklagten als Familienversicherter krankenversichert; diese Bescheinigung befindet sich nicht bei der Verwaltungsakte. Der Kläger kündigte daraufhin mit Schreiben vom 16.06.2005 seinen privaten Krankenversicherungsvertrag.
Nachdem der Kläger am 06.07.2005 der Beklagten telefonisch die Rentenhöhe mitgeteilt hatte, "stornierte" die Beklagte mit Schreiben vom 06.07.2005 die Familienversicherung, weil aufgrund der Höhe der Rente die Voraussetzungen für die Familienversicherung nicht erfüllt seien. Den Widerspruch des Klägers, der sich auf die "Zusage" vom 15.06.2005 berief, wies sie mit Widerspruchsbescheid vom 10.11.2005 zurück. Die Höhe der Rente liege über der Einkommensgrenze für die Familienversicherung. Eine schriftliche Zusage, dass ab dem 01.09.2005 eine Familienversicherung bestehe, finde sich nicht in der Akte. Unabhängig davon habe sie sich von einer eventuell gegebenen Zusicherung lösen dürfen, weil die Rentenhöhe erst am 06.07.2005 bekannt geworden sei. Der Kläger könne sich auch nicht wegen der Kündigung seines privaten Krankenversicherungsschutzes auf Vertrauensschutz berufen, weil ihm bekannt gewesen sei, dass zur abschließenden Prüfung der Familienversicherung die Höhe seines Gesamteinkommens ermittelt werden müsse.
Der private Krankenversicherungsträger hat nach Ablehnung der Familienversicherung sich aus Kulanz bereit erklärt, die private Versicherung einstweilen fortzuführen.
Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, die Beklagte sei verpflichtet, die Familienversicherung durchzuführen. Nachdem er in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts am 17.06.2006 die Bescheinigung vom 15.06.2005 vorgelegt hat, hat die Beklagte die Auffassung vertreten, bei diesem Schreiben handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Selbst wenn dies der Fall sein sollte, wäre ein solcher Bescheid durch den Bescheid vom 06.07.2005 konkludent wieder aufgehoben worden.
Mit Urteil vom 17.06.2006 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Durchführung der Familienversicherung sei aufgrund der Höhe der Rente ausgeschlossen. Es könne dahingestellt bleiben, ob sich bei der Bescheinigung vom 15.06.2005 nur um ein Informationsschreiben oder um einen Bescheid gehandelt habe. Nehme man letzteres an, sei dieser konkludent durch den Bescheid vom 06.07.2005 wieder aufgehoben worden. Da nach der Bescheinigung erst am 01.09.2005 die Familienversicherung bestehen solle, habe kein schutzwürdiges Vertrauen des Klägers auf den Bestand des Bescheides bestanden.
Mit der fristgerecht eingelegten Berufung hält der Kläger an seiner Auffassung fest, dass die Beklagte zur Durchführung der Familienversicherung ab 01.09.2005 verpflichtet sei. Er habe seine private Krankenversicherung am 16.06.2005 nach der schriftlichen Zusage der Beklagten gekündigt.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 17.06.2006 abzuändern und unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten vom 06.07.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10.11.2005 festzustellen, dass er seit dem 01.09.2005 familienversichert bei der Beklagten ist.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf ihren erstinstanzlichen Vortrag sowie die Ausführungen des Sozialgerichts.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes, auch hinsichtlich des Vorbringens der Beteiligten, wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung des Klägers hat auch in der Sache Erfolg, denn das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Die Beklagte ist verpflichtet, ab dem 01.09.2005 die Familienversicherung durchzuführen.
Nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) sind u.a. der Ehegatte eines Mitglieds familienversichert, wenn die in Nrn. 1 bis 5 genannten Voraussetzungen erfüllt sind. Nach Nr. 5 darf das Gesamteinkommen (§ 16 Viertes Buch Sozialgesetzbuch – SGB IV -) 1/7 der monatlichen Bezugsgröße nicht überschreiten. Die Altersrente von 501,06 Euro liegt über dieser Einkommensgrenze (im Jahr 2005: 345,00 Euro) so dass die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Familienversicherung des Klägers nicht vorliegen. Dies ist auch zwischen den Beteiligten nicht streitig.
Der Kläger kann jedoch die Durchführung der Familienversicherung aufgrund der "Bescheinigung" vom 15.06.2005 verlangen, die von der Beklagten nicht wirksam zurückgenommen worden ist.
Die Beklagte hat mit dem Schreiben vom 15.06.2005 verbindlich die Familienversicherung ab 01.09.2005 festgestellt. Bei der Bescheinigung handelt es sich nicht nur um eine bloße Zusicherung (§ 34 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)), denn die Beklagte hat nicht erklärt, später einen bestimmten Verwaltungsakt erlassen zu wollen, vielmehr hat sie in dem Schreiben schon die Familienversicherung festgestellt. Das Schreiben enthält die Regelung, dass ab dem 01.09.2005 die Familienversicherung durchgeführt werde und ist somit ein Verwaltungsakt im Sinne des § 31 Zehntes Buch SGB X. Die Beklagte hat in dem Schreiben nach seinem objektiven Sinngehalt eine potentiell verbindliche Rechtsfolge setzen wollen. Zwar werden in dem Schreiben nur Versicherungszeiten "bescheinigt". Die Formulierung "wir bescheinigen, dass Sie bei der DAK wie folgt krankenversichert sind" in Verbindung mit der nachfolgenden Angabe "ab 01.09.2005" und der Angabe der Art der Versicherung "Fam(ielen)V(ersicherung)" musste aber der Kläger bei verständiger Würdigung nach den Umständen des Einzelfalles objektiv so verstehen, dass ab dem 01.09.2005 die Familienversicherung durchgeführt werde (zur Auslegung siehe Engelmann in von Wulffen, SGB X, 5. Aufl., § 31 RdNr. 26). Das Schreiben enthält keinen Vorbehalt dahingehend, die Familienversicherung sei abhängig von der Höhe des Gesamteinkommens. Der Kläger konnte dem Schreiben auch nicht entnehmen, dass die Beklagte noch prüfe, ob die materiellen Voraussetzungen der Familienversicherung erfüllt seien; auch die Vorkorrespondenz gab hierauf keinen Hinweis. Mit Schreiben vom 08.06.2005 hatte ihn die Beklagte gebeten, zum einen eine Kopie der Abmeldung der selbständigen Tätigkeit zu übersenden, zum anderen anzugeben, von welchen Einkünften sein Lebensunterhalt bestritten werde. Mit Schreiben vom 10.06.2005 hatte er darauf hin die Abmeldung seines Gewerbes sowie die Bescheinigung der Leistung für den Lebensunterhalt bis zur Rente übersandt. Wenn ihm die Beklagte darauf hin die genannte Bescheinigung übersandt hat, musste der Kläger die Erklärung so verstehen, dass unabhängig von der Höhe der Rente mit Rentenbeginn die Familienversicherung zustande kommen werde. Offenkundig ist hiervon auch – fälschlicherweise – die Sachbearbeiterin der Beklagten ausgegangen. Sie hat nicht nur am gleichen Tag in dem internen Bearbeitungsbogen festgestellt, die Voraussetzungen für die Familienversicherung seien erfüllt, sondern auch dem Rentenversicherungsträger in dem Schreiben vom 15.06.2005 mitgeteilt, der Kläger sei ab dem 01.09.2005 im Rahmen der Familienversicherung bei ihr versichert. Selbst dieses Schreiben enthält keinerlei Vorbehalt wegen der Rentenhöhe. Erst recht kommt in dem Schreiben nicht zum Ausdruck, die Beklagte habe nur mitteilen wollen, dass der Kläger für den Fall einer Versicherung sie als Krankenkasse gewählt habe, denn offenkundig erfüllte der Kläger weder die Voraussetzungen für eine Versicherung in der Krankenversicherung der Rentner (§ 5 Abs. 1 Nr. 12 SGB V) noch für einen Beitritt als freiwilliges Mitglied (§ 9 Abs. 1 SGB V), so dass er nur als Familienversicherter die Beklagte als Krankenkasse seiner Ehefrau "wählen" konnte. Wenn die Beklagte somit dem Rentenversicherungsträger mitgeteilt hat, der Kläger sei bei ihr versichert, zeigt dies, dass sie von dem Zustandekommen der Familienversicherung ab 01.09.2005 ausgegangen ist. Dass der Kläger das an ihn gerichtete Schreiben vom 15.06.2005 als verbindliche Feststellung angesehen hat, zeigt der Umstand, dass er darauf hin seine private Krankenversicherung zum 30.08.2005 gekündigt hat.
Dass die Sachbearbeiterin der Beklagten das Schreiben vom 15.06.2005 selbst als verbindliche Regelung angesehen hat, ergibt sich auch daraus, dass sie nach der telefonischen Mitteilung der Rentenhöhe in dem Schreiben vom 06.07.2005 die Familienversicherung "storniert" hat. Eine solche "Stornierung" setzt voraus, dass schon eine verbindliche Regelung besteht und wäre nicht erforderlich gewesen, wenn tatsächlich erst nach Kenntnis von der Rentenhöhe eine Feststellung zur Familienversicherung hätte getroffen werden sollen.
Zwar mag in der Übersendung sogenannter Begrüßungsschreiben oder der Aushändigung der Krankenversicherungskarte noch nicht inkludent eine Entscheidung über das Versicherungsverhältnis zu sehen sein (vgl. zu Begrüßungsschreiben BSG SozR 3-3300 § 306 Nr. 2; SozR 3-2500 § 9 Nr. 3; anders aber LSG NRW, Urteil vom 18.01.2007 – L 16 KR 227/06). Das BSG hat in den genannten Entscheidungen den Verwaltungscharakter solcher Begrüßungsschreiben im Wesentlichen mit der Begründung verneint, es fehle an der Regelung der Versicherungspflicht, da häufig vor Eintritt der Versicherungspflicht die Mitgliedschaft beantragt und diese in der Regel daraufhin bestätigt werde, ohne den Zeitpunkt des Eintritts in die Beschäftigung abzuwarten oder gar zu überprüfen, ob die Voraussetzungen der Versicherungspflicht tatsächlich erfüllt worden seien. Sehe man in derartigen Bestätigungen der Mitgliedschaft einen Verwaltungsakt über das Vorliegen der Versicherungspflicht, wären die Krankenkassen erst nach verwaltungsaufwendigen länger dauernden Verfahren zur Bestätigung einer beantragten Mitgliedschaft in der Lage. Solches werde den Anforderungen an eine Massenverwaltung nicht gerecht. Im vorliegenden Fall hat dagegen die Beklagte den Bescheid erst nach individueller Prüfung des Falles erteilt. Wie oben dargelegt ergibt sich aus den Gesamtumständen, dass sie vom Bestehen einer Familienversicherung ab dem 01.09.2005 ausging, die sie auch nicht von der Höhe der Rente abhängig gemacht hat, denn ihr war bekannt, dass der Kläger zum damaligen Zeitpunkt Arbeitslosengeld II bezog und erst ab dem 01.09.2005 Rente beziehen würde.
Durch den Bescheid vom 06.07.2005 ist der Bescheid vom 15.06.2005 nicht wirksam zurückgenommen worden. In der Feststellung der kostenfreien Familienversicherung lag ein rechtswidriger begünstigter Verwaltungsakt mit Dauerwirkung, so dass eine Rücknahme nur unter den Voraussetzungen des § 45 SGB X in Betracht kommt. Soweit sich die Beklagte auf eine konkludente Rücknahme beruft, kann dahinstehen, ob überhaupt im Hinblick auf die im Rahmen des § 45 Abs. 1 SGB X zu treffende Ermessensentscheidung ("darf", siehe Wiesner in von Wulffen, a.a.O., § 45 RdNr. 5) eine konkludente Rücknahme denkbar ist. Die Formulierung "Stornierung" kann aber nach ihrem Sinngehalt so verstanden werden, dass damit eine frühere Entscheidung zurückgenommen werden sollte.
Die Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X setzt voraus, dass die Behörde das Vertrauen auf den Bestand des den Betroffenen begünstigenden Verwaltungsakt geprüft sowie eine Ermessensentscheidung vorgenommen hat (s. etwa BSG, Urteil vom 30.06.1999 – B 2 U 24/98 R). Es ist offensichtlich, dass der Bescheid vom 06.07.2005 mangels ausreichender Begründung (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB X) rechtswidrig ist, da er weder Ausführungen zum Vertrauensschutz (§ 45 Abs. 2 Satz 1 SGB X) noch Ermessenserwägungen enthält.
Dieser Begründungsmangel ist auch im Widerspruchsverfahren nicht geheilt worden. Insoweit ist schon zu beachten, dass dem Widerspruchsausschuss überhaupt nicht bewusst war, dass er eine Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X zu überprüfen habe, weil ihm das Schreiben vom 15.06.2005 nicht bekannt war. Es ist für den Senat unverständlich und mit einer ordnungsgemäßen Aktenführung auch unvereinbar, dass ein rechtlich erhebliches Schreiben an den Versicherten nicht zur Verwaltungsakte gelangt ist. Es liegt auf der Hand, dass damit der Widerspruchsausschuss sich auch nicht zu den Voraussetzungen einer Rücknahme nach § 45 SGB X äußern konnte. Soweit er unabhängig davon Vertrauensschutz des Klägers verneint hat, weil dem Kläger bekannt gewesen sei, dass zur Feststellung der Familienversicherung Ermittlungen zum Lebensunterhalt erforderlich seien und dem Kläger dabei vorwirft, er habe es unterlassen, schon am 10.06.2005 die Höhe der Rente mitzuteilen, gehen diese Erwägungen offensichtlich fehl. Davon abgesehen, dass offen ist, wann der Kläger den Rentenbescheid tatsächlich erhalten hat (bekanntlich kann zwischen dem Datum des Erlasses des Rentenbescheides und seiner tatsächlichen Bekanntgabe an den Empfänger eine längere Zeitspanne liegen) hat die Beklagte in dem Schreiben vom 08.06.2005 den Kläger nur zur Mitteilung aufgefordert, von welchen Einkünften der Lebensunterhalt bestritten "wird". Die Präsensform bezieht sich also auf die gegenwärtige Sicherung des Lebensunterhalts und insoweit hat der Kläger im Antwortschreiben vom 10.06.2005 auch wunschgemäß den Bewilligungsbescheid für das Arbeitslosengeld II übersandt. Es war aber klar, dass diese Angabe sich nur auf den Zeitraum bis 30.08.2005 bezog. Im übrigen ist nochmals darauf hinzuweisen, dass selbst die Sachbearbeiterin der Beklagten die Feststellung zur Familienversicherung unabhängig von der Kenntnis der Rentenhöhe getroffen hat. Der Kläger musste also keineswegs erkennen, dass die Beklagte ihre Entscheidung über die Familienversicherung von der Höhe der Rente abhängig machen wollte.
Die Beklagte hat selbst im Klageverfahren die erforderliche Begründung nicht nachgeholt, was bis zur mündlichen Verhandlung des Senats möglich gewesen wäre (§ 41 Abs. 2 SGB X). Ihr Sitzungsvertreter hat in der mündlichen Verhandlung des Sozialgerichts behauptet, der Bescheid habe zurückgenommen werden dürfen, weil die Familienversicherung erst zum 01.09.2005 hätte beginnen sollen. Die Tatsache, dass der Kläger seine private Krankenversicherung im Hinblick auf die Familienversicherung gekündigt hatte, ist von ihm dabei überhaupt nicht berücksichtigt worden. Außerdem fehlt es an jeglicher Ermessensbetätigung, die angesichts der Tatsache, dass der Beklagten selbst grobe Fehler unterlaufen, angezeigt gewesen wäre. Auch im Berufungsverfahren hat es die Beklagte nicht für erforderlich gehalten, ihre Begründung zu ergänzen und schlicht auf die – ungenügenden – Ausführung ihres erstinstanzlichen Sitzungsvertreters verwiesen. Auch in der mündlichen Verhandlung war sie zu einer entsprechenden Ergänzung nicht in der Lage. Auch die Bezugnahme auf die ebenso dürftigen wie unzulänglichen Ausführungen des Sozialgerichts, das sie sich zur Ermessensbetätigung überhaupt nicht geäußert hat, bedeutet keine Nachholung der erforderlichen Begründung. Es kann somit dahinstehen, ob überhaupt nach § 41 Abs. 2 SGB X eine unterbliebender Ermessensentscheidung durch Mitteilung von Ermessenserwägungen geheilt werden kann (verneinend Wiesner, a.a.O. § 41 Rdnr. 6; KassKom Steinwedel, § 41 SGB X Rdnr. 25; LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 20.03.2007 – L 2 O 46/03 -; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.02.2007 – L 10 R 5254/05 -).
Der Bescheid vom 06.07.2005 ist daher schon wegen der unzureichenden Begründung und vor allem wegen der fehlenden Ermessensausübung aufzuheben. Da es sich bei dem Bescheid vom 15.06.2005 um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, ist die zweijährige Frist für eine Rücknahme nach § 45 Abs. 3 Satz 1 SGB X abgelaufen. Für das Vorliegen der Voraussetzung des Satz 2 oder des Satz 3 ist nichts ersichtlich. Aufgrund des Bescheides vom 15.06.2005 ist somit die Beklagte verpflichtet, die Familienversicherung ab dem 01.09.2005 durchzuführen. Ob sie wegen der vom Kläger vorläufig weiter gezahlten privaten Krankenversicherungsbeiträge diesem wegen ihrer rechtswidrigen Ablehnung der Durchführung der Familienversicherung unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung zum Schadensersatz verpflichtet ist, ist hier nicht zu entscheiden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.
Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Erstellt am: 19.11.2008
Zuletzt verändert am: 19.11.2008