Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.05.2005 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass der Tenor in der Hauptsache wie folgt gefasst wird: Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 16.09.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2003 verurteilt, der Klägerin EUR 262,51 zu erstatten. Die Beklagte hat der Klägerin ein Drittel der außergerichtlichen Kosten in beiden Rechtszügen zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist die Erstattung von Kosten für häusliche Krankenpflege.
Die 1918 geborene, bei der Beklagten gegen Krankheit versicherte Klägerin zog sich am 21.8.2003 bei einem Sturz eine Unterarmfraktur zu und wurde deswegen anschließend bis zum 10.9.2003 stationär im Evangelischen Krankenhaus N behandelt.
Am 15.9.2003 ging über den "Häuslichen Pflegedienst M" aus W bei der Beklagten eine für die Klägerin erfolgte "Verordnung häuslicher Krankenpflege" des Arztes für Allgemeinmedizin Q1 aus W vom 10.9.2003 ein. Dabei handelte es sich um eine "Erstverordnung" für den Zeitraum vom 10. bis 24.9.2003 "wegen Unfallfolgen" mit dem Zusatz "Verordnungsrelevante Diagnose: Unterarmfraktur li mit Gipsschiene, allein lebend!". In der vorgesehenen Rubrik "Häusliche Krankenpflege erfolgt" "statt Krankenhausbehandlung" oder "zur Sicherung der ambulanten ärztlichen Behandlung" ist keine dieser Alternativen angekreuzt. Im Bereich "Behandlungspflege" sind keine Maßnahmen verordnet, im Bereich "Grundpflege" sind die Verrichtungen "Ernährung" und "Körperpflege" angekreuzt mit dem Zusatz "2x tgl. 7x/Woche". Die Klägerin beantragte entsprechende Leistungsgewährung, der Pflegedienst M bestätigte, von ihr beauftragt worden zu sein und die Leistungen erbringen zu wollen. Die Beklagte lehnte den Antrag ab, weil die verordnete Grundpflege allein einen Anspruch auf häusliche Krankenpflege nicht auslösen könne (Bescheid vom 16.9.2003). Mit ihrem Widerspruch trug die Klägerin vor, es sei Krankenhausvermeidungspflege verordnet worden, die dazu diene, eine an sich gebotene Krankenhausbehandlung zu vermeiden bzw. abzukürzen. In einem solchen Fall seien auch Leistungen der Grundpflege zu erbringen.
Der Pflegedienst M stellte für im September und im Oktober 2003 erbrachten Pflegeleistungen EUR 900,68 in Rechnung (Rechnungen vom 3.10. und 8.11.2003). Die Klägerin bezahlte die Rechnungen am 7.10. bzw 4.12.2003.
Die Beklagte wies den Widerspruch zurück, weil auch in einem solchen Fall zusätzlich Behandlungspflege verordnet werden müsse (Widerspruchsbescheid vom 15.12.2003).
Mit ihrer Klage zum Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat die Klägerin vorgetragen, ein Anspruch auf Krankenhausvermeidungspflege bestehe auch, wenn lediglich Leistungen der Grundpflege erforderlich seien. Nachdem sie zunächst die Erstattung der gesamten EUR 900,68 geltend gemacht hatte, hat die Klägerin im Termin beantragt,
die Beklagte unter Änderung des Bescheides vom 16.09.2003 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2003 zu verpflichten, die ihr in der Zeit 10.09. bis 24.09.2003 entstandenen Kosten für Grundpflege in Form zweimal täglicher Körperpflege zu übernehmen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat ihren Standpunkt weiter für zutreffend gehalten.
Das SG hat die Beklagte antragsgemäß verurteilt und die Berufung zugelassen. Es ist davon ausgegangen, dass die Entlassung der Klägerin in die ambulante Weiterbehandlung nur vertretbar gewesen sei, weil ihr Grundpflegebedarf durch den häuslichen Pflegedienst M sichergestellt worden ist. Darauf, ob gleichzeitig Behandlungspflege in Anspruch genommen werde, komme es nicht an (Urteil vom 10.05.2005).
Mit ihrer Berufung vom 6.6.2005 hat die Beklagte weiter gemeint, notwendiger Bestandteil von Krankenhausvermeidungspflege sei Behandlungspflege. Die weitere Beweisaufnahme habe ohnehin ergeben, dass Krankenhausvermeidungspflege nicht vorliege. Die der Klägerin bis zur Bekanntgabe der ablehnenden Entscheidung entstandenen Kosten seien nicht zu erstatten, weil durch Richtlinien keine Ansprüche begründet werden könnten, die im Gesetz nicht vorgesehen seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.05.2005 zu ändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat ihre Klage auf Zahlung von EUR 262,51 beschränkt und beantragt,
die Berufung der Beklagten im Übrigen zurück zu weisen.
Oberarzt Chirurg Dr. L, Evangelisches Krankenhaus N, hat berichtet, die Klägerin sei am 10.9.2003 regelhaft entlassen worden. Eine Weiterbehandlung durch den Hausarzt sei zunächst nicht angeraten gewesen, da die Wunde bzw. der Frakturverlauf im Krankenhaus im Rahmen von ambulanten Kontrollen überwacht werden sollten. Aufgrund des Alters der Patientin sei sehr gut vorstellbar, dass die verordnete Grundpflege erforderlich war (Bericht vom 21.6.2006). Der Senat hat den Krankenpfleger Q M als Zeugen gehört; auf den Inhalt seiner Aussage vom 2.8.2007 wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Pflegeakte des Pflegedienstes M Bezug genommen. Diese Akten sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die – jedenfalls kraft Zulassung statthafte, vgl § 144 Abs 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG), und auch im Übrigen zulässige – Berufung ist unbegründet. Im Ergebnis zu Recht hat das SG entschieden, dass eine Erstattungspflicht der Beklagten jedenfalls in Höhe des jetzt noch streitigen Zahlungsanspruchs von EUR 262,51 besteht. Die Klägerin ist in diesem Umfang durch den ablehnenden Bescheid vom 16.9.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.12.2003 (vgl § 95 SGG) beschwert, weil dieser insoweit rechtswidrig ist, § 54 Abs 2 Satz 1 SGG. Der streitige Erstattungsanspruch ergibt sich aus § 13 Abs 3 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der seit dem 1.7.2001 geltenden – insoweit allerdings im Regelungsgehalt seit dem 1.1.1993 unveränderten – Fassung (vgl Art 5 Nr 7 Buchstabe b, Art.67 des Gesetzes vom 19.6.2001, BGBl I 1046ff).
Gegenstand der Berufung ist – nach der Zurücknahme der Klage im Übrigen, die den Rechtsstreit insoweit erledigt hat, § 102 Satz 2 SGG – nur noch ein Zahlungsanspruch in Höhe von EUR 262,51. Es kann hier offen bleiben, ob der in erster Instanz gestellte Antrag "die Beklagte [ …] zu verpflichten, die [ …] in der Zeit 10.09. bis 24.09.2003 entstandenen Kosten für Grundpflege in Form zweimal täglicher Körperpflege zu übernehmen" hinreichend bestimmt oder bestimmbar war (oder das SG nach § 112 Abs 2 Satz 2 SGG auf einen bezifferten Klageantrag hätte hinwirken müssen, vgl BSGE 94, 205ff = SozR 4-2500 § 37 Nr 4). Denn die Klägerin konnte einen bezifferten Klageantrag noch in der Berufungsinstanz ohne Veränderung des Streitgegenstands stellen. Bei dieser Umstellung des Klageantrags handelt es sich nicht um eine Klageänderung iS von § 99 Abs 1 SGG, sondern um eine ohne Weiteres zulässige Beschränkung des Klageantrags in der Hauptsache, § 99 Abs 3 Nr 2 SGG (vgl dazu auch BSG aaO). Streitgegenstand war nämlich von vorneherein ein Zahlungsanspruch, zunächst über EUR 900,68, später (wohl) in unbestimmter Höhe. Selbst wenn man den vor dem SG zuletzt gestellten Klageantrag wegen der Formulierung "in Form zweimal täglicher Körperpflege" auf Leistungspositionen LK 01 (Ganzwaschung) und LK 02 (Teilwaschung) beschränkte, ergäbe daraus sich ausweislich der Pflegeakte des Pflegedienstes M für den im Antrag bezeichneten Zeitraum eine streitige Klageforderung von (13x EUR 16,35 =) EUR 212, 55 + (7x EUR 8,77 =) EUR 61,39 = EUR 273, 94, die die Klägerin jetzt zulässig auf EUR 262, 51 beschränkt hat.
Die Beklagte hat zu Unrecht abgelehnt, der Klägerin die ärztlich verordnete Grundpflege in Form von Ernährung und Körperpflege, "2x tgl. 7x/Woche" für die Zeit bis zum 17.9.2003 als Sachleistung der gesetzlichen Krankenversicherung zu gewähren. Da die Klägerin sich diese Leistung wegen der Ablehnung der Beklagten selbst verschaffen musste, steht ihr insoweit ein Anspruch auf Erstattung der aufgewendeten notwendigen Kosten aus § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V zu.
Nach § 13 Abs 1 SGB V darf die Krankenkasse – an Stelle der regelmäßig gebotenen Sach- oder Dienstleistung, § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V – Kosten der Versicherten nur erstatten, soweit dies im SGB V oder im SGB IX vorgesehen ist. Nach § 13 Abs 3 Satz 1 SGB V hat die Krankenkasse, soweit sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte oder eine Leistung zu Unrecht abgelehnt hat und dem Versicherten dadurch für eine selbst beschaffte Leistung Kosten entstanden sind, diese in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Die Beklagte hat zu Unrecht abgelehnt, für den Zeitraum vom 10.-17.9.2003 die verordneten Leistungen zu erbringen bzw. die erbrachten Leistungen zu genehmigen. Der Anspruch der Klägerin ergibt sich zwar nicht aus § 37 Abs 1 Sätze 1 und 2 SGB V in der vom 1.4.1995 bis zum 31.12.2003 maßgeblichen Fassung (Art 1 des Gesetzes vom 20.12.1988, BGBl I S 2477, Art 4 Nr 2 des Pflegeversicherungsgesetzes – PflegeVG – vom 26.5.1994, BGBl I 1014), jedoch aus Abschnitt V Nr 23 (seit dem 2.3.2005: Nr 24, Bundesanzeiger (BAnz) 2005 Nr 41) der am 14.5.2000 in Kraft getretenen Richtlinien des (damaligen) Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen über die Verordnung von "häuslicher Krankenpflege" nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 und Abs. 7 SGB V" idF vom 16.2.2000 (BAnz 2000 Nr 91; zuletzt geändert am 15.3.2007 mit Wirkung zum 27.6.2007, BAnz 2007 Nr 115 ;Häusliche Krankenpflege – Richtlinien (HKP-RL); zur Normqualität der Richtlinien iS des § 92 SGB V auch für die Versicherten: BSG SozR 3-2500 § 92 Nr 6, seither stRsp; KassKomm-Hess § 92 Rdnr 4 mwN).
Soweit die Klägerin zunächst für den gesamten von der Verordnung umfassten Zeitraum einen Sachleistungsanspruch aus § 37 Abs 1 Satz 1 SGB V geltend gemacht hatte, steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Senats fest, dass die streitigen Leistungen der Grundpflege schon deshalb nicht als Sachleistung zu gewähren waren, weil die Voraussetzungen von Krankenhausvermeidungspflege nicht vorliegen. Denn ab dem 10.9.2003 war Krankenhausbehandlung nicht mehr geboten. Die Klägerin ist entlassen worden, als die Voraussetzungen für eine stationäre Krankenhausbehandlung nicht mehr gegeben waren, sie ist eher länger in stationärer Behandlung verblieben, als die bei der entsprechenden Diagnose generell zu erwarten war (Dr. L). Sie benötigte anschließend wegen ihres Alters und weil sie allein lebte vorübergehend Hilfe bei den Grundverrichtungen "Ernährung" und "Körperpflege". Diese Leistungen sind im Leistungsspektrum der gesetzlichen Krankenversicherung nur ausnahmsweise (nämlich bei Krankenhausvermeidungspflege oder kraft Satzung) vorgesehen, und unterfallen ansonsten – wie hier – dem privaten Lebensbereich des Versicherten. Dies hat auch die Klägerin erkannt und durch die Beschränkung ihres Klageantrag akzeptiert. Auf die ursprüngliche, für die Zulassung der Berufung maßgebliche Streitfrage, ob bei § 37 Abs 1 SGB V Anspruch auf erforderliche Grundpflege im Rahmen der häuslichen Krankenpflege auch besteht, wenn daneben Maßnahmen der Behandlungspflege nicht erforderlich sind, kommt es damit nicht mehr entscheidend an. Die gesetzliche Pflegeversicherung ist schon deshalb nicht leistungspflichtig, weil es sich nicht um einen dauerhaften Hilfebedarf für voraussichtlich mindestens 6 Monate handelte, § 14 Abs 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch.
Gleichwohl hat die Beklagte für die Zeit vom 10.-17.9.2003 zu Unrecht abgelehnt, die Leistung zu erbringen. Denn nach Abschnitt V Nr 23 (24) HKP-RL muss die Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen die verordneten Leistungen bis zur Bekanntgabe ihrer ablehnenden Entscheidung auch dann gewähren, wenn sie die Leistungsgewährung zu Recht ablehnt (aus "Vertrauensschutzgründen", vgl dazu das "obiter dictum" in BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 Rdnr 19). Die Voraussetzungen der Nr 23 (24) HKP-RL sind erfüllt. Diese Vorschrift lautet: "Die Krankenkasse übernimmt bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die vom Vertragsarzt verordneten und vom Pflegedienst erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung [ …], wenn die Verordnung spätestens an dem 3. der Ausstellung folgenden Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird. Das Nähere [ …]". Der Arzt Q1 hat die Leistungen auf dem dafür vorgesehenen Vordruck verordnet, § 34 Abs 1 Satz 1 Bundesmantelvertrag Ärzte (BMV-Ä) vom 19.12.1994 (DÄBl 1995, 455ff), zuletzt geändert mWv 1.1.2006 (DÄBl 2005, A-3619) iVm der Anlage 2 zum BMV-Ä. Die Klägerin hat die Verordnung rechtzeitig vorgelegt. Sie ist am 10.9.2003, einem Mittwoch, ausgestellt worden. Der 3. der Ausstellung folgende Arbeitstag ist Montag, der 15.9.2003. An diesem Tag ist die Verordnung bei der Beklagten eingegangen. Der ablehnende Bescheid vom 16.9.2003 ist ausweislich der Pflegeakte beim Pflegedienst M am 18.09.2003 eingegangen. Mangels abweichender Anhaltspunkte kann geht der Senat davon aus, dass der Bescheid der am gleichen Ort wohnhaften Klägerin am selben Tag bekannt geworden ist.
Die nach dem klaren Wortlaut der Vorschrift bestehende Leistungspflicht wird entgegen der Auffassung der Beklagten durch systematische und teleologische Überlegungen bestätigt. Abschnitt V Nr 23 (24) HKP-RL regelt sachgerecht die Verteilung Kostenrisiko für Leistungen, die zwischen Antrag und Entscheidung erbracht werden, dahingehend, dass bis zur Entscheidung der Krankenkasse das Kostenrisiko für die bis dahin erforderlichen und erbrachten Leistungen nicht beim Versicherten, sondern bei der Krankenkasse verbleiben soll, die ggf. beim verordnenden Vertragsarzt Regress nehmen kann, vgl §§ 48 Abs 1 iVm 27 Abs 1 BMV-Ä. Es handelt sich bei Abschnitt V Nr 23 (24) HKP-RL um die explizite Regelung einer Vertrauenshaftung (entsprechend dem im Privatrecht von Canaris entwickelten Modell: Claus-Wilhelm Canaris. Die Vertrauenshaftung im deutschen Privatrecht. München 1971. §§ 39-42, S. 491ff). Danach führt ein zurechenbar gesetzter Rechtsschein (jedenfalls) bei konkretem Vertrauen zu einer Einstandspflicht. So liegt es hier, weil die Klägerin aufgrund der (der Beklagten zurechenbaren) ärztlichen Verordnung des an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Arztes Q1 bis zur Bekanntgabe der ablehnenden Entscheidung darauf vertrauen konnte und durfte, dass ihr die (unverzüglich notwendige) Leistung systemgemäß zustand. Sie war lediglich verpflichtet, die Verordnung zeitnah zur Genehmigung vorzulegen. Es kann dahin stehen, ob und ggf. unter welchen Voraussetzungen bei Verwendung des vereinbarten Vordrucks konkretes Vertrauen in die inhaltliche Richtigkeit zu fordern ist. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin entgegen der allgemeinen Lebenserfahrung nicht konkret vertraut hat, bestehen jedenfalls nicht. Im Gegenteil war für sie nicht erkennbar, ob es an Anspruchsvoraussetzungen fehlte. Die Vorlage an die Beklagte dient gerade dazu, dies zeitnah zu klären, um den durch die Verordnung gesetzten Rechtsschein zu bestätigen oder zu beseitigen. Offensichtlich – und damit uU vertrauenszerstörend – war das Fehlen von Anspruchsvoraussetzungen nicht. Die Beklagte hatte den Anspruch zunächst deshalb verneint, weil Grundpflege im Rahmen der Krankenhausvermeidungspflege nicht isoliert verordnet werden dürfe. Dabei handelt es sich aber mindestens um eine strittige Rechtsfrage, wie die (gut und nachvollziehbar begründete) Entscheidung des SG und die vom Zeugen M bekundeten Erfahrungen zeigen. Ohne Belang ist auch, dass nicht ausdrücklich Krankenhausvermeidungspflege angekreuzt war. Denn – wie auch der Zeuge M bekundet hat – ist ggf. aus dem Zusammenhang zu folgern, d.h. hier der Verordnung von "Grundpflege", dass es sich um Krankenhausvermeidungspflege handeln muss. Die Verordnung von Grundpflege ist im Vordruck ausdrücklich vorgesehen; eine Einschränkung, dass dies nur bei gleichzeitiger Verordnung von Behandlungspflege möglich sei, findet sich dagegen dort nicht. Außerdem war denkbar, dass hier ein Fall des § 37 Abs 2 Satz SGB V (Leistung kraft Satzung) gegeben war; auch das muss der Versicherte nicht nachprüfen; er darf vielmehr auch insoweit auf die Richtigkeit der Verordnung des Vertragsarztes vertrauen, der dies wissen muss (vgl § 27 Abs 5 BMV-Ä). Kann der Versicherte also nicht erkennen, ob (objektive) Rechtslage und Inhalt der Verordnung zusammen passen, darf er darauf vertrauen, dass der behandelnde Arzt richtig verordnet, und sich auf Abschnitt V Nr 23 (24) HKP-RL berufen. Die Beklagte hat durch eine schnelle Bearbeitung des Antrags in der Hand, ihre (etwaige) Vertrauenshaftung zu begrenzen.
Die Klägerin musste sich die Leistung auch wegen der Ablehnung der Beklagten selbst verschaffen. Sie hat sich die bereits unmittelbar nach der Entlassung aus dem Krankenhaus notwendigen Leistungen dadurch verschafft, dass sie den Pflegedienst M als Leistungserbringer in Anspruch genommen hat. § 13 Abs 3 SGB V sieht eine Kostenerstattung "in der entstandenen Höhe" für die Selbstbeschaffung einer Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung stets dann vor, wenn die Leistung notwendig war. Die Frage, ob der Kostenaufwand auf der Erfüllung einer vertraglichen Vergütungspflicht des Versicherten beruht, auf einer sonstigen zivilrechtlichen Zahlungspflicht basiert oder gar rechtsgrundlos entstanden ist, spielt dagegen für die Kostenerstattung nach § 13 Abs 3 SGB V grundsätzlich keine Rolle (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr 10 Rdnr 20). Die Ablehnung der Beklagten war auch ursächlich für die Entstehung der Kosten, obwohl die Klägerin die noch streitigen Leistungen bereits vor der Ablehnung in Anspruch genommen hatte. Denn ihre Zahlungsverpflichtung sollte nach dem gesamten Vorgehen der Klägerin und des Pflegedienstes, wie auch der Zeuge M bestätigt hat, erst entstehen, wenn und nachdem die Beklagte ihre Einstandspflicht abgelehnt hatte (zur Zulässigkeit einer solchen für alle Beteiligten sachgerechten Gestaltung vgl auch BSG aaO Rdnr 21).
Ob daneben eine Erstattungspflicht der Beklagten aus § 13 Abs 1 1. Alternative SGB V "soweit sie eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen konnte" besteht oder diese Notfallbehandlung nur Leistungen umfasst, die das System grundsätzlich schuldet, die aber wegen Dringlichkeit nicht auf dem vorgesehenen Beschaffungsweg in Anspruch genommen werden können, kann danach offen bleiben.
Die Höhe der für den noch streitigen Zeitraum bis einschließlich 17.9.2003 entstandenen Kosten ergibt sich aus der Aussage des Zeugen M im Termin am 2.8.2007 iVm den Angaben in der Pflegeakte. Maßgeblich sind nach dem Wortlaut des § 13 Abs 3 SGB V die von der Klägerin tatsächlich aufgewandten Kosten selbst dann, wenn die Beklagte bei direkter Abrechnung mit dem Leistungserbringer weniger zu zahlen gehabt hätte (KassKomm-Höfler. § 13 Rdnr 33). Auf die für den Monat September bis einschließlich zum 17. in Rechnung gestellten Leistungen entfällt danach ein der noch streitigen Klageforderung entsprechender Betrag von 262,51 EUR, den die Beklagte zu erstatten hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183 Satz 1, 193 Abs 1 Satz 1 SGG.
Anlass, entsprechend der Anregung der Beklagten die Revision zuzulassen, besteht nicht, § 160 Abs 2 SGG.
Erstellt am: 30.01.2008
Zuletzt verändert am: 30.01.2008