Beendigung der Revision durch VERGLEICH
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31.05.2006 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob die Beklagte die in der Zeit vom 01.07.2004 bis zum 31.12.2004 gewährte Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessoziahilfegesetz (BSHG) als Darlehen gewähren durfte oder die Kläger einen Anspruch auf die Gewährung der Leistung als nicht zurückzuzahlenden Zuschuss haben.
Im Juli 2007 beantragten die 1962 geborenen und miteinander verheirateten Antragsteller zu 1) und 2) für sich und ihre minderjährigen Kinder, die Kläger zu 3) und 4), Sozialhilfe, wobei sie vortrugen, die Erträge des von ihnen bereits seit dem 15.07.2003 unter dem Namen der Klägerin zu 2) ausgeübten Handelsgewerbes, das auf den Im- und Export von Fahrzeugen aller Art gerichtet sei, reiche nicht mehr aus, um den notwendigen Lebensunterhalt der Familie sicherzustellen. Bei der Antragstellung gaben die Kläger zu 1) und 2) an, jeweils über Kapital-Lebensversicherungen zu verfügen, im Falle des Klägers zu 1) eine Kapital-Lebensversicherung bei der HUK-Coburg, deren Rückkaufswert zum Stichtag 01.06.2004 6.038,80 Euro betrug und im Falle der Klägerin zu 2) eine Lebensversicherung bei der Debeka, deren Rückkaufswert mit 6.965,08 Euro angegeben wurde.
Mit dem angefochtenen Bescheid vom 31.08.2004 bewilligte die Beklagte den Klägern Hilfe zum Lebensunterhalt in Form eines Darlehens für die Zeit ab dem 01.07.2004. Bis zum 31.12.2004 leistete die Beklagte den Klägern Hilfe zum Lebensunterhalt in Höhe von insgesamt 12.047,87 Euro.
Ab dem 01.01.2005 bezogen die Kläger Leistungen nach dem Sozialgesetz-buch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) vom dafür zuständigen Leistungsträger.
Gegen den Bescheid vom 31.08.2004 legten die Kläger Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrugen, die Sozialhilfe sei ihnen als Zuschuss zu gewähren. Die Lebensversicherungsverträge seien ausschließlich zur Altersvorsorge abgeschlossen worden. Eine Auflösung würde eine unzumutbare Benachteiligung von Selbständigen gegenüber Angestellten bedeuten.
Mit Bescheiden vom 14.09.2004, 03.11.2004, 23.11.2004, 03.01.2005 und 01.02.2005 berechnete die Beklagte die Leistungen jeweils neu und bewilligte den Klägern Nachzahlungsbeträge für die Monate von August bis Dezember 2004.
Mit Schreiben vom 05.04.2005 forderte die Beklagte die Kläger auf, nähere Angaben zu Guthaben und ggf. Auflösung eines Kontos bei der "G Holland, N.V.", BLZ 000, in Frankfurt am Main einzureichen. Ein Datenabgleich mit der Finanzverwaltung habe ergeben, dass für das fragliche Konto Freistellungsaufträge von den Klägern gestellt worden seien.
Die Kläger teilten daraufhin mit, dass es sich bei dem fraglichen Konto um ein Geschäftskonto handele. Im November 2004 seien Abbuchungen vorgenommen worden, um Rechnungen zu begleichen. Hierzu reichten die Kläger zwei Kontoauszüge ein, nachdem sie von der Beklagten aufgefordert worden waren, die Kontoauszüge vollständig vorzulegen. Aus einem der Kontoauszüge ging eine Abhebung zum 02.11./03.11.2004 hervor, die einen Betrag von 6.300 Euro betraf und von der Klägerin zu 2.) getätigt wurde. Ferner überreichten die Kläger einen Überweisungsträger, aus dem eine Zahlung in Höhe von 5.508,30 Euro von einem Konto der Sparkasse an einen Herrn S T unter Bezugnahme auf eine Rechnung vom 05.10.01/11.10.01 hervorging.
Mit Widerspruchsbescheid vom 30.08.2005 wies die Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 31.08.2004 als unbegründet zurück, wobei sie ausführte, die Hilfe zum Lebensunterhalt könne den Klägern nur als Darlehen gewährt werden, weil sie über einzusetzendes Vermögen in Gestalt der Kapital-Lebensversicherungen verfügten. Deren Rückkaufswert übersteige den sozialhilferechtlich relevanten Schonbetrag. Eine Härte liege nicht vor, weil es im Falle der Verwertung einer Lebensversicherung unbeachtlich sei, wenn deren Rückkaufswert erheblich hinter den auf sie erbrachten Eigenleistungen der Versicherungsnehmer zurückbliebe. Die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung sei nur bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen, nicht aber bei der Hilfe zum Lebensunterhalt zu berücksichtigen. Weil eine sofortige Vermögensverwertung nicht möglich sei, habe die Leistung als Darlehen gewährt werden müssen.
Hiergegen hat sich die Klage gerichtet, zu deren Begründung die Kläger vortragen, die Beklagte habe die begehrte Leistung rechtsfehlerhaft nur als Darlehen gewährt. Die Kapital-Lebensversicherungen seien zum Zwecke der Altersvorsorge abgeschlossen worden und seien daher nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Durch die Verwertung der Lebensversicherungen werde die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert. Auch liege eine Härte darin, dass die Rückkaufswerte der beiden Versicherungen erheblich unter den vorgenommenen Einzahlungen lägen.
Die Kläger haben beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 31.08.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung hat sie auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid verwiesen und an ihrer im Verwaltungsverfahren vertretenen Rechtsauffassung festgehalten. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass die Lebensversicherungen der Kläger keinerlei Zweckbindung unterlägen, so dass diese frei über das zur Verfügung stehende Kapital disponieren könnten.
Mit Urteil vom 31.05.2006 hat das Sozialgericht Köln die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Kapital-Lebensversicherungen unterfielen nicht der Regelung des § 88 Abs. 2 Nr. 1 a BSHG, weil es sich hierbei um verwertbares Kapital handele, das nicht mit staatlicher Förderung gebildet worden sei, wie z.B. eine sog. Riester-Rente. Es sei vielmehr allein § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG einschlägig, wonach zum Schonvermögen kleinere Barbeträge und sonstige Geldwerte gehörten, worunter grundsätzlich auch die Lebensversicherungen zu verstehen seien. Bei den Klägern sei insgesamt ein Schonbetrag von 2.405,00 Euro anzunehmen, dem ein Vermögen von 13.003,88 Euro entgegenstehe. Den Klägern sei es daher zuzumuten, zunächst 10.598,00 Euro für ihren Lebensunterhalt einzusetzen.
Die Härteregelung des § 88 Abs. 3 BSHG komme den Klägerin nicht zugute, weil eine Kapital-Lebensversicherung neben der Absicherung des Todesfalles primär der Kapitalbildung diene und diese Zielsetzung nicht der gesetzgeberischen Intention bei der Schaffung der Härtefallregelung entspreche. Ausnahmen kämen nur unter den Gesichtspunkten des Wertverlustes bei der vorzeitigen Auflösung des Vertrages bzw. einer angemessenen Alterssicherung in Betracht. Der Wertverlust beim Rückkauf sei jedoch der Risikosphäre des Hilfesuchenden zuzuordnen. Dies ergebe sich daraus, dass die eingeschränkte wirtschaftliche Verwertbarkeit während der Laufzeit gerade das spezifische Risiko dieser Kapitalanlage ausmache. Durch die Wahl dieser Anlageform könne sich der Hilfesuchende nicht dem stets und latent gegebenen Risiko entziehen, in unerwarteten Notlagen auf zurückgelegtes Kapital zurückgreifen zu müssen. Lediglich dann, wenn der Rückkauf einem "wirtschaftlichen Ausverkauf" gleichkäme, könne eine Härte i.S.d. § 88 Abs. 3 BSHG angenommen werden. Dies sei vorliegend nicht der Fall, weil der Rückkaufswert weit mehr als die Hälfte der erbrachten Eigenleistungen ausmache. Die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG) zum Vermögensschutz von Kapitallebensversicherungen bei Beziehern von Arbeitslosenhilfe, wonach ein Verlust von mehr als 10 % der eingezahlten Beträge durch einen vorzeitigen Rückkauf zu einem Schutz der Lebensversicherungen führe, sei nicht auf die Sozialhilfe übertragbar, weil in den Vorschriften über die Arbeitslosenhilfe auf eine "offensichtliche Unwirtschaftlichkeit" abgestellt worden sei. Dieser Begriff habe eine andere Bedeutung als der Begriff der "Härte" i:S.d. § 88 Abs. 3 BSHG, worin auch keine verfassungsrechtlich problematische Ungleichbehandlung gesehen werden könne.
Unter dem Gesichtspunkt der Alterssicherung sei kein Vermögensschutz zu rechtfertigen, weil die Kläger über das Kapital frei verfügen könnten und es an einer zwingenden Zweckbindung im Sinne einer Altersvorsorge fehle. Bloße Absichten und unverbindliche Erwägungen könnten nicht zur Herausnahme eines Teils des Vermögens aus der Pflicht zur Verwertung führen. Nach der Entscheidung der Beklagten, die begehrte Hilfe als Darlehen zu gewähren, sei auch kein Zwang gegeben, die Verträge zu kündigen, so dass die Versicherungen fortgesetzt und später zur Alterssicherung eingesetzt werden könnten. Hierdurch entfalle die Annahme einer Härte von vornherein.
Nicht zu beanstanden sei auch, dass die gewährte Sozialhilfe im streitbefangenen Zeitraum in ihrem Gesamtbetrag die Differenz zwischen dem Schonvermögen nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG und den Rückkaufswerten der Lebensversicherung überschreite. Nach § 88 Abs. 1 BSHG stehe einzusetzendes Vermögen soweit und solange entgegen, wie es noch nicht eingesetzt und verwertet sei. Dies gelte nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) auch während eines Streites über die Einsatz- und Verwertbarkeit des Vermögens. Die Beklagte sei allerdings gehalten, diesen Umstand bei einer späteren Darlehensrückforderung zu beachten.
Da bereits die Kapital-Lebensversicherungen einer Gewährung der Sozialhilfe entgegenstünden, könne dahingestellt bleiben, ob sich auf einem Konto der G-bank Holland N.V. weitere Vermögenswerte befänden.
Gegen das am 06.11.2006 zugestellte Urteil haben die Kläger am 04.12.2006 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie vortragen, das angefochtene Urteil beruhe auf Rechtsfehlern und unrichtigen bzw. unvollständigen Tatsachenfeststellungen. Die Lebensversicherungen seien nicht anrechenbar, weil sie zur Fortsetzung der seit dem 16.06.1994 ausgeübten beruflichen Tätigkeit zumindest mittelbar benötigt würden. Sie hätten im fraglichen Zeitraum dazu gedient, allen Klägern die Möglichkeit zu erhalten, für ihren Lebensunterhalt aus eigenen Kräften zu sorgen, denn hierdurch habe die Möglichkeit bestanden, die Versicherungen als Sicherheit für Banken und Geschäftskunden zur Verfügung zu stellen. Eine Teilveräußerung sei daher weder rechtlich noch tatsächlich möglich gewesen. Rechtsfehlerhaft habe das Sozialgericht den Ausschluss der Verwertbarkeit der Lebensversicherungen als Gegenstände der Berufsausübung nach § 88 Abs. 2 Nr. 4 BSHG nicht berücksichtigt.
Ein Schutz der Lebensversicherungen ergebe sich zudem unter dem Gesichtspunkt der Altersvorsorgebeiträge i.S.d. § 88 Abs. 2 BSHG. Diese Form der Altersvorsorge müsse bei Selbständigen genauso geschützt werden wie das Altersvorsorgekapital nach § 88 Abs. 2 Nr. 1a BSHG. Eine Ungleichbehandlung gegenüber mit staatlicher Förderung angesammeltem Vermögen sei nicht zu rechtfertigen. Es gebe keinen sachlichen Grund, die gesetzlich Rentenversicherten im Hinblick auf eine zusätzliche Aufstockung und Absicherung der Altersvorsorge besser zu behandeln.
Die Verwertung der Lebensversicherung sei auch deshalb unzumutbar, weil eine entsprechende Verpflichtung zur Annahme einer Härte i.S.d. § 88 Abs. 3 BSHG führe. Die Verwertung der Lebensversicherungen führe dazu, dass dem Gewerbebetrieb das wichtigste Sicherungsmittel entzogen werde, so dass hierdurch ein wirtschaftlicher Ausverkauf stattfinde. Hierdurch würde ihre Kreditwürdigkeit genommen und der Dispositionskredit wäre auf ein Minimum reduziert worden. Für Selbständige sei der hiermit verbundene vertragliche und finanzielle Dispositionsrahmen so wichtig, dass die Kläger bei einer Verwertung der Lebensversicherungsverträge keine Aufträge mehr annehmen könnten und innerhalb kürzester Zeit ihre Erwerbsquelle verlieren würden. Die Lebensversicherungen dienten nicht dem Vermögensaufbau, sondern primär der Absicherung des Todesfalles, eines Unglücksfalles und zur Sicherung der Erwerbsgrundlage. Nicht gefolgt werde dem Sozialgericht im Hinblick auf die fehlende Übertragbarkeit der Grundsätze des SGB II auf die Sozialhilfe. Möglicherweise könne für das vorliegende Verfahren auch die zu erwartende Entscheidung in dem Verfahren B 7b AS 52/06 R von Bedeutung sein.
Das Guthaben auf dem Konto bei der "G-bank Holland" sei zu keinem Zeitpunkt verschwiegen worden. Ein etwaiger Verdacht könne dadurch aufgekommen sein, dass die Beklagte im Schreiben vom 15.04.2005 lediglich nach Privatkonten gefragt habe und das holländische Finanzbankkonto lediglich zur Darlehensrückzahlung verwendet worden sei.
Das Sozialgericht habe die Barbeträge falsch ermittelt. Selbst die Beklagte sei in ihrem Bescheid vom 31.08.2004 von einem höheren Betrag ausgegangen.
Aus den Kapitalversicherungen könne der Kläger zu 1) im Jahr 2021 eine Versicherungssumme von über 20.000,00 Euro erwarten. Die Klägerin zu 2) könne 29.659,33 Euro erwarten, so dass die Versicherungen geeignet seien, den Lebensunterhalt mindestens 8 Jahre sicherzustellen.
Die Kläger beantragen ,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 31.05.2006 sowie die Bescheide der Beklagten vom 31.08.2004, 14.09.2004, 03.11.2004, 23.11.2004, 03.01.2005, 01.02.2005 und vom 31.08.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 30.08.2005 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, die Sozialhilfe in der Zeit vom 01.07.2004 bis zum 31.12.2004 als Zuschuss anstelle eines Darlehens zu gewähren.
Die Beklage beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie verweist auf das erstinstanzliche Urteil und führt ergänzend aus, dass der Verlust beim Rückkauf der Lebensversicherungen bei beiden Versicherungen jeweils unter 10 % liege, so dass eine Verwertung der Lebensversicherungen selbst dann geboten sei, wenn die Rechtsprechung des BSG zum Recht der Arbeitslosenhilfe zugrundegelegt werde. Zweifel an der Hilfebedürftigkeit der Kläger bestünden zudem deshalb, weil diese trotz Aufforderung des erstinstanzlichen Gerichtes nicht bereit gewesen seien, die vollständigen Kontenunterlagen im Zusammenhang mit dem ausgeübten Handelsgewerbe vorzulegen. Der Vortrag der Kläger, das bis zum November 2004 bestehende Guthaben auf einem Konto der G-bank Holland in Höhe von über 6.000 Euro sei von Dritten alleine für geschäftliche Transaktionen gewährt worden, sei daher bis heute nicht belegt worden. Die angesammelten Kapitalbeträge könnten den Lebensunterhalt nur für ca. 4 Jahre sicherstellen, so dass sie für eine Alterssicherung nicht geeignet seien.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung ist zulässig, aber unbegründet.
Zu Recht hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen, weil die Kläger durch die angefochtenen Bescheide nicht beschwert werden i.S.d. § 54 Abs. 2 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Den Klägern steht kein Anspruch auf die begehrte Sozialhilfe als Zuschuss anstelle eines Darlehens zu.
Ein Anspruch auf die begehrte Sozialhilfe als Zuschuss ist schon deshalb ausgeschlossen, weil die Kläger im streitbefangenen Zeitraum wegen ihres vorhandenen Vermögens nicht bedürftig waren. Nach § 2 Abs. 1 BSHG in der hier anzuwendenden Fassung bis zum 31.12.2004 erhält Sozialhilfe nicht, wer sich selbst helfen kann oder wer die erforderliche Hilfe von anderen, besonders von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.
Ergänzend wird in § 11 Abs. 1 BSHG bestimmt, dass die hier streitige Hilfe zum Lebensunterhalt nur dem zu gewähren ist, der seinen notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem aus seinem Einkommen und Vermögen, beschaffen kann. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten sind das Einkommen und das Vermögen beider Ehegatten zu berücksichtigen; soweit minderjährige unverheiratete Kinder, die dem Haushalt ihrer Eltern oder eines Elternteils angehören, den notwendigen Lebensunterhalt nicht beschaffen können, sind auch das Einkommen und Vermögen der Eltern oder des Elternteils zu berücksichtigen.
Den Klägern steht unter Berücksichtigung dieser Vorschriften verwertbares Vermögen in einem Ausmaß zur Verfügung, das ihre Bedürftigkeit im streitbefangenen Zeitraum ausschließt. Zum Vermögen im Sinne des BSHG gehört gemäß § 88 Abs. 1 BSHG das gesamte verwertbare Vermögen, soweit es nicht nach § 88 Abs. 2 BSHG geschützt ist (Schonvermögen).
Schon die Vermögenswerte in Gestalt der Lebensversicherungen der Kläger übersteigen den Betrag des nach dem BSHG geschützten Vermögens, so dass die Kläger einen erheblichen Teil dieses Vermögens zunächst für ihren Lebensunterhalt verwenden müssen. In Gestalt der Lebensversicherungen stehen den Klägern unstreitig folgende Vermögenswerte zur Verfügung:
Der Kläger zu 1) ist Inhaber einer Lebensversicherung, deren Rückkaufswert zum 01.06.2004 bei 6.038,80 Euro lag. Die Klägerin zu 2) besitzt eine Lebensversicherung, deren Rückkaufswert von den Klägern mit 6.965,08 Euro angegeben wurde.
Ein Vermögensschutz hinsichtlich der Lebensversicherungen ergibt sich nicht aus § 88 Abs. 2 Nr. 1 BSHG. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder der Verwertung eines Vermögens, das aus öffentlichen Mitteln zum Aufbau und zur Sicherung einer Lebensgrundlage oder zur Gründung eines Hausstandes gefördert wird. Hierzu zählen die Lebensversicherungen der Kläger schon deshalb nicht, weil sie nicht mit öffentlichen Mitteln gefördert wurden.
Nach § 88 Abs. 2 Nr. 1a BSHG darf die Sozialhilfe ebenfalls nicht abhängig gemacht werden vom Einsatz oder der Verwertung eines Kapitals einschließlich seiner Erträge, das der zusätzlichen Altersvorsorge im Sinne des § 10a oder des Abschnitts XI des Einkommenssteuergesetzes dient und dessen Ansammlung staatlich gefördert wird. Auch hiernach wird das Vermögen der Kläger nicht geschützt, weil es wiederum bereits an der staatlichen Förderung fehlt. Eine Ungleichbehandlung von Selbständigen gegenüber solchen Personen, die sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind, kann darin nicht gesehen werden. Wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Urteil zutreffend ausgeführt hat, ist insoweit bereits wegen des weiten Gestaltungsspielraumes des Gesetzgebers bei der Ausgestaltung der sozialen Leistungssysteme auch kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Artikel 3 Abs. 1 Grundgesetz gegeben. Es steht dem Gesetzgeber vielmehr frei, den staatlich geförderten Vermögensaufbau, der vielfach auch mit einer Zweckbindung einhergeht, unter einen besonderen Schutz zu stellen.
Ein Vermögensschutz kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt des § 88 Abs. 2 Nr. 4 BSHG in Betracht. Danach darf die Sozialhilfe nicht abhängig gemacht werden von der Verwertung von Gegenständen, die zur Aufnahme und Fortsetzung der Berufsausbildung oder der Erwerbstätigkeit unentbehrlich sind. Entgegen der Einschätzung der Kläger sind die Lebensversicherungen schon kein "Gegenstand" im Sinne dieser Vorschrift wie etwa ein Werkzeug oder eine Berufskleidung. Zudem sind die Voraussetzungen des § 88 Abs. 2 eng (Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 90 Rn 25). Schließlich ist die Fortsetzung der beruflichen Tätigkeit ohne die Lebensversicherungen auch nicht unmöglich. Dass hiermit den Vertragspartnern im Geschäftsleben Sicherheiten geboten wurden, ist nicht belegt. Die Klägerin zu 2) hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Landessozialgericht vielmehr einräumen müssen, dass insoweit nur die rein hypothetische Möglichkeit bestanden habe, dass die Lebensversicherungen in der Zukunft von einer Bank bei wirtschaftlichen Schwierigkeiten als Sicherheit gefordert werden würden. Hierzu ist es bisher nicht gekommen, so dass auch nicht ansatzweise ersichtlich ist, inwieweit die Verwertung der Lebensversicherungen der Fortsetzung der Erwerbstätigkeit entgegengestanden haben soll. Außerdem ist die diesbezügliche Einlassung der Kläger auch nicht ohne weiteres mit der Behauptung zu vereinbaren, die Lebensversicherungen dienten der Alterssicherung.
Die in Gestalt der Lebensversicherungen vorliegenden Vermögenswerte übersteigen auch das nach § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG geschützte Schonvermögen. Hiernach sind kleinere Barbeträge oder sonstige Geldwerte geschützt, wobei eine besondere Notlage der Hilfe Suchenden zu berücksichtigen ist. Gemäß § 88 Abs. 4 BSHG kann das Bundesministerium für Arbeit und Sozialordnung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates die Höhe der Barbeträge oder sonstigen Geldwerte im Sinne des Absatzes 2 Nr. 8 bestimmen. Nach der zu § 88 Abs. 2 Nr. 8 BSHG ergangenen Rechtsverordnung (Verordnung vom 11.02.1988 [BGBl. I S. 150] ) beträgt der Schonbetrag gemäß § 1 Nr. 1a i.V.m. Nr. 2 der Verordnung 1279,00 Euro Grundfreibetrag zuzüglich jeweils 256,00 Euro für die beiden Kinder zuzüglich eines Zuschlages in Höhe von 614,00 Euro für den Ehegatten. Hieraus errechnet sich ein Gesamtbetrag von 2405,00 Euro. Dieser Betrag wird durch die Werte der Lebensversicherungen weit überschritten.
Nach § 88 Abs. 3 BSHG darf die Sozialhilfe ferner nicht vom Einsatz oder von der Verwertung eines Vermögens abhängig gemacht werden, soweit dies für den, der das Vermögen einzusetzen hat, und für seine unterhaltsberechtigten Angehörigen eine Härte bedeuten würde. Dies ist nach § 88 Abs. 3 S. 2 BSHG bei der Hilfe in besonderen Lebenslagen vor allem der Fall, soweit eine angemessene Lebensführung oder die Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung wesentlich erschwert würde. Die Kläger begehren allerdings nicht Hilfe in besonderen Lebenslagen, sondern Sozialhilfe in Gestalt der Hilfe zum Lebensunterhalt, so dass es fraglich erscheint, ob die Regelung des § 88 Abs. 3 S. 2 BSHG auch insoweit einschlägig sein kann ( dafür Brühl in LPK-SGB XII, 7. Auflage 2005, § 90 Rn 80 unter Hinweis auf BVerwG, Urteil vom 13.05.2004 – 5 C 3/03 = NJW 2004, 3647). Dies kann aber vorliegend dahingestellt bleiben, weil die Kläger sich auch dann nicht auf diese Bestimmung berufen können, wenn sie grundsätzlich auch bei der Hilfe zum Lebensunterhalt als anwendbar angesehen wird. Denn die Lebensversicherungen sind für die aktuelle Lebensführung unerheblich, so dass sich unter diesem Gesichtspunkt kein Vermögensschutz ergibt. Zudem erscheint angesichts der zum Teil auch widersprüchlichen Angaben der Kläger zum Verwendungszweck der Lebensversicherungen zweifelhaft, ob das Vermögen tatsächlich für die Alterssicherung bestimmt ist. Eine entsprechende Zweckbindung kann daher nicht als glaubhaft gemacht angesehen werden. Insoweit weist die Beklagte zu Recht darauf hin, dass eine Bindung in dieser Hinsicht nicht besteht und das Kapital grundsätzlich frei verfügbar ist. Dem-entsprechend hat das LSG Bayern in einem Beschluss v. 14.06.2005 – L 11 B 206/05 SO ER entschieden, dass dann, wenn bei einer Kapitallebensversicherung "freie Verfügbarkeit" vorliegt, kein Vermögensschutz unter dem Gesichtspunkt der Alterssicherung in Betracht komme. Auch das BVerwG hatte zuvor einen entsprechenden Rechtsstandpunkt eingenommen (Urteil v. 13.05.2004 – 5 C 3/03; vgl hierzu auch den im Rahmen des vorläufigen Rechtsschutzes ergangenen Beschluss des erkennenden Senates vom 28.06.07, AZ: L 20 B 37/07 SO ER m.w.N sowie Grube/Wahrendorf, a.a.O. § 90 Rn 42). In Literatur und Rechtsprechung werden zwar auch abweichende Auffassungen vertreten. So geht Brühl (LPK-SGB XII 7. Auflage 2005, § 90 Rn 82) von einem Schutz aus, wenn die Verträge auf das 60. Lebensjahr bezogen sind. Der von ihm zitierten Rechtsprechung des OVG Bremen ( Urteil v. 10.09.2003 – 2 A 131/02 = info also 2004, 77 mit den Besonderheiten "vorübergehende Sozialhilfe" und "Bedürftigkeit wegen Elternzeit") ist das BVerwG aber nicht gefolgt (BVerwG aaO m.w.N.). Es dürfte auch mit der Gesetzessystematik nicht vereinbar sein, generell Lebensversicherungsverträge, die auf das 60.Lebensjahr bezogen sind, als geschütztes Altersvorsorgevermögen anzusehen. Der Gesetzgeber hat die Problemstellung des Vermögensaufbaus für die Altersvorsorge gesehen und sich dafür entschieden, in § 88 Abs.1 bzw. 1a BSHG nur den mit öffentlichen Mitteln geförderten Vermögensaufbau generell unter Schutz zu stellen. Im Übrigen ist es eine Frage der Besonderheiten des Einzelfalles, ob sich die Verwertung einer Kapitallebensversicherung als Härtefall darstellt oder nicht.
Im vorliegenden Fall liegen keine hinreichenden Gesichtspunkte vor, die die Annahme einer "Härte" i.S.d. § 88 Abs. 3 S.1 BSHG rechtfertigen könnten. Denn eine Härte i.S.d. § 88 Abs. 3 Satz 1 SGB XII kann nur dann angenommen werden, wenn atypische (ungewöhnliche) Umstände vorliegen, bei denen aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles eine typische Vermögenslage deshalb zu einer besonderen Situation wird, weil die soziale Stellung des Hilfesuchenden nachhaltig beeinträchtigt ist (Brühl a.a.O., § 90 Rn. 73). Hierfür kann dem Vortrag der Kläger nichts Stichhaltiges entnommen werden. Insbesondere scheidet eine Verwertung der Lebensversicherungen nicht unter dem Gesichtspunkt aus, dass die Rückkaufswerte als zu niedrig anzusehen sind und daher eine Verwertung grob unwirtschaftlich wäre bzw. einem wirtschaftlichen Ausverkauf gleichkäme. Der Kläger zu 1) hat in seine Lebensversicherung zum Stichtag 01.07.2004 etwa 6.699,84 Euro eingezahlt. Der Rückkaufswert lag am 01.06.2004 bei 6.038,80 Euro. Der Verlust bei Verwertung der Lebensversicherung läge also unter 10 %. Bei der Lebensversicherung der Klägerin zu 2) ergibt sich ein ähnliches Bild. Eingezahlt hat sie in den Vertrag bis zum 01.07.2004 einen Betrag von 7.417,49. Die Rückvergütung betrug 2004 ca. 6.965,08 Euro und lag damit ebenfalls über 90 % des eingezahlten Betrages, wie die Klägerin zu 2) im Rahmen der mündlichen Verhandlung vor dem Senat eingeräumt hat.
Liegt aber der Verlust bei beiden Lebensversicherungen unter 10 %, so wäre selbst nach der Rechtsprechung des BSG zum Recht der Arbeitslosenhilfe eine Verwertung der Lebensversicherungen zumutbar (vgl BSG, Urteil vom 25.05.2005, B 11a/11 AL 51/04 R: "keine offensichtliche Unwirtschaft-lichkeit"). Der Senat kann daher offenlassen, ob dieser Rechtsprechung für das Recht der Sozialhilfe trotz der unterschiedlichen Terminologien im Recht der Arbeitslosenhilfe einerseits ("offensichtliche Unwirtschaftlichkeit") und im Recht der Sozialhilfe andererseits ("Härte") gefolgt werden kann oder ob der wesentlich engeren Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes zu folgen ist, wonach eine Verwertung einer Lebensversicherung selbst dann noch nicht als Härte anzusehen ist, wenn der Verlust bei einem Rückkauf der Lebensversicherung höher als 50 % der Einzahlungen liegt (BVerwGE 106, 105).
Der Annahme einer Härte steht zudem entgegen, dass beide Ehegatten über eine akademische Ausbildung verfügen und bei ihrem Geburtsjahr 1962 nicht ersichtlich ist, warum es ihnen bei entsprechenden Bemühungen dauerhaft nicht möglich sein soll, ohne Sozialhilfe bzw. Arbeitslosengeld II auszu-kommen bzw. durch eine Erwerbstätigkeit eine angemessene Alters-versorgung aufzubauen. Zudem mussten sie die Lebensversicherungen bisher nicht kündigen, weil sie die Sozialhilfe im streitbefangenen Zeitraum als Darlehen erhalten haben.
Es kann bei dieser eindeutigen Sachlage dahingestellt bleiben, ob der Bedürftigkeit der Kläger auch entgegensteht, dass im November 2004 und damit im streitbefangenen Zeitraum noch 6.000 Euro auf dem Konto der G-bank Holland mit Sitz in Frankfurt vorhanden waren, von denen die Beklagte nur durch einen Datenabgleich aufgrund eines Freistellungsauftrages erfahren hat. Die Einlassungen der Kläger zu der Funktion des Kontos sind keine hinreichende Erklärung dafür, warum dieses Konto zunächst nicht angegeben wurde. Auch Vermögen auf einem Geschäftskonto wäre anzugeben, wobei zudem fraglich ist, ob das Konto trotz der entsprechenden Deklarierung als Geschäftskonto tatsächlich als ein solches angesehen werden kann, weil hierüber bisher soweit ersichtlich keine Transaktionen abgewickelt wurden, die sich unmittelbar auf das Gewerbe der Kläger bezogen. Dass das Geld nach der Einlassung der Kläger für die Bezahlung von Rechnungen verwendet worden sein soll, hindert die Verwertbarkeit nicht ohne weiteres, denn die Gewährung der Sozialhilfe erfolgt grundsätzlich nicht zur Schuldentilgung. Zudem erscheint fraglich, ob mit der Vorlage einer Überweisung von einem Konto eines anderen Geldinstitutes nachgewiesen werden kann, was mit dem Geld tatsächlich geschehen ist, das von dem Konto der G-bank abgehoben wurde.
Ein Anspruch der Kläger auf die Gewährung eines Teiles der begehrten Sozialhilfe ergibt sich auch nicht unter dem von den Klägern vorgebrachten Gesichtspunkt, dass die im streitbefangenen Zeitraum gewährte Sozialhilfe den Betrag der Rückkaufswerte der Lebensversicherungen übersteigt. Denn die Lebensversicherungen waren auch am Ende des strittigen Zeitraumes noch als Vermögenswerte vorhanden und ein fiktiver Verbrauch der Vermögenswerte ist in Ermangelung einer gesetzlichen Grundlage abzulehnen (BVerwG, Urteil v. 19.12.2997 – 5 C 7/96 und Urteil v. 13.05.2004 – 5 C 3/03). Dass in dem streitigen Zeitraum mehr Sozialhilfe gewährt wurde, als die Lebensversicherungen bei ihrer Verwertung erbringen konnten, kann daher anknüpfend an die Überlegungen des SG im Rahmen des angefochtenen Urteiles allenfalls bei einer etwaigen Rückforderung des Darlehens von Bedeutung sein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Die Revision war nicht zuzulassen, weil der Streitsache keine grundsätzliche Bedeutung i.S.d. § 160 Abs.2 Nr 1 SGG zukommt.
Erstellt am: 27.12.2010
Zuletzt verändert am: 27.12.2010