Die Beschwerde der Bevollmächtigten der Klägerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 27.12.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Bevollmächtigten der am 00.11.2007 verstorbenen Klägerin, eingelegt durch ihren Prozessbevollmächtigten, gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 27.12.2007, mit der das Sozialgericht seinen Prozesskostenhilfe gewährenden Beschluss vom 19.11.2007 aufgehoben hat, ist gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 127 Abs. 2 Satz 2 1. Halbsatz Zivilprozessordnung (ZPO) und § 172 Abs. 1 SGG zulässig.
Die Beschwerde ist aber unbegründet. Das Sozialgericht hat der Beschwerde zu Recht nicht abgeholfen (Beschluss vom 09.01.2008).
Das Sozialgericht hat seinen Prozesskostenhilfe bewilligenden Beschluss zu Recht aufgehoben. In Kenntnis des Todes der Klägerin hätte das Sozialgericht Prozesskostenhilfe nicht bewilligen können. Der Umstand, dass ihm der Tod nicht vor Entscheidung über das Prozesskostenhilfegesuch bekannt geworden ist, rechtfertigt keinen dauerhaften Bestand der Bewilligung.
Der Anspruch auf Prozesskostenhilfe ist ein höchstpersönliches Recht, das mit dem Tode des berechtigten Hilfebedürftigen endet (vgl. etwa BSG, Beschluss vom 02.12.1987 – 1 RA 25/87 = SozR 1750 § 114 Nr. 8; LSG Thüringen, Beschluss vom 21.09.2004, L 6 RJ 964/02; Reichhold in Thomas/Putzo, ZPO, 26. Auflage 2004, § 119 Rn. 5; Kalthoener/Büttner/Wrobel-Sachs, PKH und Beratungshilfe, 4. Auflage 2005, Rn. 520). Für einen Beteiligten kann nach dessen Tode im Regelfall Prozesskostenhilfe daher nicht mehr bewilligt werden (vgl. statt vieler BSG, a.a.O., LSG Thüringen, a.a.O., OLG Saarbrücken, 05.02.1992, 6 WF 10/02; Frank, Der Tod der PKH-Partei, Der Rechtspfleger 2003, 637ff.).
Der Prozesskostenhilfe bewilligende Beschluss des Sozialgerichts vom 19.11.2007 stellt sich demnach als fehlerhaft dar; er ging nach dem Versterben des hilfebedürftigen Beteiligten gleichsam "ins Leere". Zur Klarstellung hat das Sozialgericht den Beschluss gleichwohl zu Recht aufgehoben (vgl. Fischer, a.a.O., S. 639, der in diesem Zusammenhang den Terminus Scheinbeschluss wählt). Dies ergibt sich bereits aus der Regelung des § 124 Nr. 3 ZPO, nach der die Bewilligung der Prozesskostenhilfe aufgehoben werden kann, wenn die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse für die Prozesskostenhilfe nicht vorgelegen haben, soweit auch für die gegebene Situation die Aufzählung der Aufhebungsgründe in § 124 ZPO als abschließend (vgl. Zöller, ZPO, 21. Auflage 1999, § 124 Rn. 2) anzusehen wäre.
Der Bevollmächtigte der Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen (und hat dies auch nicht getan), bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher Bearbeitung des Antrags zu einem früheren Zeitpunkt hätte noch zu Lebzeiten – mit der Folge der Bewilligung von Prozesskostenhilfe bis zum Tode der Beteiligten – entschieden werden können. Dabei kann dahinstehen, ob das Bewilligungsverfahren durch das Sozialgericht zögerlich betrieben worden ist. Dies erscheint unter Berücksichtigung der konkreten Umstände (Klärung der wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnisse durch das Sozialgericht, Vorprüfung durch den Urkundsbeamten der Geschäftsstelle, Stellungnahme der Beklagten) gleichwohl fraglich.
Zwar hat das Bundessozialgericht (a.a.O.) in einem obiter dictum ausgeführt, es wäre ggf. zu erwägen, ob dem oder für den Beteiligten jedenfalls für den Zeitraum zwischen dem möglichen Zugang des Bewilligungsbeschlusses und seinem (des Antragstellers) Ableben nachträglich Prozesskostenhilfe zu bewilligen ist, wenn das Gericht bei ordnungsgemäßer und unverzüglicher Bearbeitung des Prozesskostenhilfeantrages zu einem früheren Zeitpunkt und noch zu Lebzeiten des Antragstellers entscheiden und seinen Beschluss dem Antragsteller hätte zugehen lassen können. Der Senat stellt auch in ständiger Rechtsprechung hinsichtlich des maßgeblichen Zeitpunkts der Beurteilung der Erfolgsaussichten bei einer Verzögerung des Bewilligungsverfahrens durch das Gericht regelmäßig auf den Zeitpunkt der Entscheidungsreife und nicht der Beschlussfassung ab (etwa Beschluss des Senats vom 26.04.2006. L 20 B 65/06 AS; vgl. auch Keller/Leitherer in Meyer-Ladewig u. a., SGG, 8. Aufl. 2005, § 73 a Rdn. 7c m.w.N.).
Der Senat hält es aber nicht für gerechtfertigt, diesen Maßstab auch hinsichtlich der Bewilligung von Prozesskostenhilfe für einen verstorbenen Beteiligten anzuwenden. Der Zweck der Sozialhilfe, die Verwirklichung des sozialstaatlichen Gebots einer weitgehenden Gleichstellung wirtschaftlich Starker und Schwacher im Rechtsschutzbereich (vgl. etwa Kalthoener/Buettner/Wrobel-Sachs, a.a.O., Rn. 1), kann in diesen Fällen nicht (mehr) erreicht werden, da ein hilfebedürftiger Beteiligter nicht mehr existiert (vgl. auch Fischer, a.a.O.). Ohnehin stellt diese Konstellation, sprich das Zusammentreffen einer ggf. zögerlichen Bearbeitung durch das Gericht und das Versterben eines Beteiligten, ersichtlich einen seltenen Ausnahmefall dar, der den Verzicht auf einen hilfebedürftigen Beteiligten zur wirtschaftlichen Absicherung anwaltlicher Gebührenansprüche (vgl. OVG Sachsen, Beschluss vom 18.01.2001 – 5 BS 272/00 unter eingehender Würdigung gebührenrechtlicher Interessen und Risiken des Anwalts) nicht rechtfertigen. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe zu Gunsten eines verstorbenen Beteiligten kommt daher regelmäßig nicht in Betracht (so auch OVG Sachsen, a.a.O.; Fischer, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 13.02.1996 – BS IV 313/95 = FamRZ 1997, 178; vgl. auch BFH, Beschluss vom 03.08.1999 – VIII B 22/99).
Auch unter Berücksichtigung einer ausnahmsweise möglichen Vererblichkeit von Sozialhilfeansprüchen (grundlegend BVerwG, Urteil vom 05.05.1994 – 5 C 43/91 = BVerwGE 96, 18-24; vgl. auch Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008, § 19 Rn. 35) rechtfertigt sich jedenfalls hier keine abweichende Entscheidung, da schon nicht ersichtlich ist, dass der ggf. hilfebedürftige Kläger zu Lebzeiten seinen Bedarf mit Hilfe eines auf die spätere Bewilligung der Sozialhilfe vorleistenden Dritten gedeckt hat.
Kosten sind nicht zu erstatten, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 05.03.2008
Zuletzt verändert am: 05.03.2008