Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 13.02.2007 geändert. Der Antrag des Antragstellers wird abgelehnt. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Die Antragsgegnerin bewilligte dem 1973 geborenen Antragsteller mit Bescheid vom 29.08.2006 für die Zeit vom 01.10.2006 bis 31.03.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 593,14 Euro nach dem SGB II. Seit dem 01.12.2006 ist er im Rahmen einer Arbeitsgelegenheit (1-Euro-Job) mit 30 Stunden pro Woche bei der X e. V. beschäftigt. Ab dem 05.02.2007 besucht er die Abendrealschule in B. Nach Auskunft der Schule handelt es sich hierbei um das zweite von insgesamt vier Fachsemestern. Die Ausbildung wird voraussichtlich im Juni 2008 (Ende des vierten Semesters) enden. Mit Bescheid vom 10.01.2007 hob die Antragsgegnerin die Entscheidung über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II gemäß § 48 SGB X ab dem 05.02.2007 ganz auf, weil die Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) grundsätzlich förderungsfähig sei. Mit Bescheid vom selben Tage bewilligte sie dem Kläger für die Zeit vom 01.02.2007 bis 04.02.2007 Leistungen in Höhe von 79,08 Euro.
Den Widerspruch des Antragstellers wies die Antragsgegnerin mit Widerspruchsbescheid vom 07.02.2007 zurück. Hiergegen hat der Antragsteller Klage erhoben (S 15 AS 25/07).
Zuvor hatte der Antragsteller am 02.02.2007 mit dem Begehren, ihm ab Februar 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II in voller Höhe zu zahlen, vorläufigen Rechtsschutz begehrt. Er erhalte keinen Leistungen nach dem BAföG, weil er bei Beginn der Ausbildung bereits über 30 Jahre alt gewesen sei. Er sei auf die Leistungen der Antragsgegnerin angewiesen, um seinen Lebensunterhalt zu bestreiten. Es könne nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, dass er seine Berufsausbildung aufgebe, um Leistungen der Antragsgegnerin zu erhalten.
Die Antragsgegnerin wies darauf hin, dass nach der eindeutigen Rechtslage für die Zeit ab dem 05.02.2007 kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II mehr bestehe. Der Antragsteller nehme nicht nur an einer Teilzeit-Ausbildung teil, sondern seine Wochenstundenzahl belaufe sich auf mehr als 20 Stunden.
Mit Beschluss vom 13.12.2007 hat das SG Aachen die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller über den 04.02.2007 hinaus vorläufig bis zur Entscheidung in der Hauptsache, längstens bis Ende Juni 2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II nach Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren und der Antragsgegnerin die außergerichtlichen Kosten auferlegt. Auf die Beschlussgründe wird verwiesen.
Gegen den ihr am 15.02.2007 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 07.03.2007 Beschwerde eingelegt. Zur Begründung hat sie im Wesentlichen vorgetragen, dass der Antragsteller in der zurzeit besuchten Klasse 2b der Abendrealschule wöchentlich 24 Stunden Unterricht erhält. Bei einer Unterrichtszeit von mindestens 20 Wochenstunden sei im Hinblick auf erforderliche Vor- und Nachbereitung regelmäßig von einem zeitlichen Aufwand des Schülers von mindestens 40 Stunden in der Woche für das Durchlaufen der Ausbildung auszugehen. Aus dem beigefügten Bestätigungsschreiben der Stadt Aachen – Jugendamt, Amt für Ausbildungsförderung – sowie der Rundverfügung der Bezirksregierung Köln vom 11.06.2002 ergebe sich, dass bei Unterrichtseinheiten von mindestens 20 Wochenstunden auch bereits im 1. Semester der Abendrealschule von der Förderungsfähigkeit nach dem BAföG auszugehen sei und ab dem ersten Semester der vom Antragsteller besuchten Abendrealschule ein Anspruch nach dem BAföG bestehe, sofern mehr als 20 Wochenstunden Unterricht erteilt werden. Des Weiteren hat die Antragsgegnerin die Rundverfügung des ehemaligen Landesamtes für Ausbildungsförderung NRW vom 17.11.1999 beigefügt, wonach die Anforderung einer geregelten Berufstätigkeit bei Aufnahme in die Abendrealschule inzwischen überholt und förderungsrechtlich ohne Belang ist.
In Ausführung des Beschlusses vom 13.02.2007 (S 15 AS 19/07 ER) hat die Antragsgegnerin dem Antragsteller Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 05.02.2007 bis 28.02.2007 in Höhe von 514,06 Euro und für den Monat März in Höhe von 593,14 Euro (Bescheid vom 21.02.2007) sowie für die Zeit vom 01.04.2006 bis 30.06.2007 ebenfalls in Höhe von monatlich 593,14 Euro gewährt (Bescheid vom 15.03.2007).
Das SG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.
II.
Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet.
Streitgegenständlich ist der Zeitraum vom 05.02.2007 bis zum 31.03.2007 (Ende des ursprünglichen Bewilligungszeitraumes). Der Bescheid vom 15.03.2007 ist nicht Gegenstand des Verfahrens geworden. Die Rechtsprechung des BSG zur Arbeitslosenhilfe, wonach Folgebescheide in entsprechender Anwendung des § 96 SGG kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens wurden, ist für das Alg II nicht fortzuführen (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 23.11.2006, B 11b AS 9/06 R).
Das SG hat den Antrag des Antragstellers zu Unrecht als Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nach § 86b Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) ausgelegt. Der Antrag ist jedenfalls bis zum 31.03.2007 (Ende des Bewilligungsabschnittes) als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung auszulegen. Der angefochtene Bescheid, mit dem die Aufhebung der Entscheidung über die Bewilligung der Leistungen feststellt worden ist, ist als belastender Verwaltungsakt mit Widerspruch und Anfechtungsklage angreifbar. Widerspruch und Klage haben gemäß § 39 Nr. 1 SGB II keine aufschiebende Wirkung. Diese Regelung erfasst auch Aufhebungsentscheidungen nach §§ 45 ff. SGB X (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 31.03.2006, L 19 B 15/06 AS ER; Eicher in Eicher/Spellbrink, Kommentar zum SGB II, § 39 Rn. 12).
Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in Fällen, in denen Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen.
Die Erfolgsaussicht des Antrags beurteilt sich nach dem Ergebnis einer Interessenabwägung zwischen dem privaten Interesse des Antragstellers an der Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung und dem Interesse der Allgemeinheit an der sofortigen Vollziehung. Hierbei sind neben einer allgemeinen Abwägung der Folgen bei Gewährung bzw. Nichtgewährung des vorläufigen Rechtsschutzes auch die Erfolgssaussichten des Rechtsbehelfes in der Hauptsache von Bedeutung (Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 8. Auflage, § 86b Rn. 12c ff.). Dabei kann nicht außer Acht gelassen werden, dass das Gesetz mit dem Ausschluss der aufschiebenden Wirkung in § 39 SGB II dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des angefochtenen Bescheides grundsätzlich Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen an einem Aufschub der Vollziehung einräumt (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 26.07.2006, L 20 B 144/06 AS ER).
Die hiernach anzustellende Interessenabwägung geht zu Lasten des Antragstellers aus.
Durchgreifende Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 10.01.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.02.2007 bestehen nicht. Dem Anspruch des Antragstellers auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II steht § 7 Abs. 5 SGB II entgegen. Danach haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des BAföG oder der §§ 60 bis 62 SGB III dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes. Diese Voraussetzungen sind vorliegend gegeben. Entgegen der Auffassung des SG ist die Ausbildung des Antragstellers auch im 2. Semester nach dem BAföG dem Grunde nach förderungsfähig. Ausbildungsförderung wird u. a. für den Besuch einer Abendrealschule gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 BAföG geleistet. Des Weiteren nimmt die Ausbildung die Arbeitskraft des Antragstellers voll in Anspruch, da er in einem wöchentlichen Umfang von 24 Stunden die Abendrealschule besucht, sodass grundsätzlich Ausbildungsförderung zu gewähren wäre. So sehen die Verwaltungsvorschriften zum BAföG (Ziffer 2.5.2 zu § 2 Abs. 5 BAföG VwV) vor, dass Ausbildungsförderung gewährt werden kann, wenn pro Woche mindestens 20 Stunden Unterricht erteilt werden.
Eine andere Beurteilung ist auch nicht unter Berücksichtigung der vom SG angeführten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30.10.1975, FamRZ 76, 242) gerechtfertigt. Danach hat das BVerwG die Förderung des Besuchs eines Abendgymnasiums ausgeschlossen für die Zeit, in der neben der Ausbildung eine Berufstätigkeit des Studierenden gefordert wird. Während dieser Zeit nehme wegen der gebotenen Berufstätigkeit der Besuch des Abendgymasiums allein die Arbeitskraft des Auszubildenden nicht voll in Anspruch. Ob dieser Entscheidung zu folgen ist, kann dahingestellt bleiben. Die Anforderung einer geregelten Berufstätigkeit bei Aufnahme in die Abendrealschule ist inzwischen überholt und förderungsrechtlich ohne Belang. Dies lässt sich aus der Rundverfügung des ehemaligen Landesamtes für Ausbildungsförderung vom 17.11.1999 entnehmen.
Schließlich steht der Entscheidung des Senats auch nicht entgegen, dass der Antragsteller aufgrund seines Alters keine Leistungen nach dem BAföG erhält. Bei der Prüfung, ob eine Ausbildung im Sinne des § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II im Rahmen des BAföG dem Grunde nach förderungsfähig ist, ist darauf abzustellen, ob es sich um eine nach dem BAföG förderungsfähige Ausbildung handelt und nicht darauf, ob die Voraussetzungen für eine Förderung in der Person des Antragstellers erfüllt sind (Spellbrink in Eicher/Spellbrink, a. a. O., § 7 Rn. 43; Beschluss des LSG NRW vom 28.12.2006, L 19 B 89/06 AS).
Ob dem Antragsteller im Rahmen der Härtefallregelung des § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes als Darlehen gewährt werden können, ist nicht Gegenstand dieses Verfahrens. Hierzu bedarf es eines Antrages des Antragstellers, worauf die Antragsgegnerin im Widerspruchsbescheid vom 07.02.2007 zu Recht hingewiesen hat.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG in entsprechender Anwendung.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 10.03.2008
Zuletzt verändert am: 10.03.2008