Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin an die AOK Westfalen-Lippe auf der Grundlage des § 264 Abs. 7 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) geleistete Beträge zu erstatten.
Die im laufenden Bezug von Hilfeleistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG) stehende Hilfebedürftige A L, Ihre Tochter Z und ihr Lebensgefährte C L1 verzogen am 17.05.2004 aus X nach H, mithin in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin. Ab dem 01.06.2004 gewährte die Klägerin Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG).
Mit Schreiben vom 27.05.2004 machte sie bei der Beklagten einen Anspruch auf Kostenerstattung gemäß § 107 BSHG geltend. Mit Schreiben vom 14.07.2004 erkannte die Beklagte eine entsprechende Verpflichtung für die genannten Hilfebedürftigen für den Zeitraum vom 01.06.2004 bis längstens 31.12.2004 dem Grunde nach an.
Nach Bezifferung des Erstattungsanspruchs durch die Klägerin vertrat die Beklagte erstmals mit Schreiben vom 28.02.2006 die Auffassung, dass mangels Übergangsregelung im SGB XII Ansprüche aus noch nicht abgewickelten Kostenerstattungsverfahren nach § 107 BSHG mit dem 31.12.2004 untergegangen seien. Solche Ansprüche könnten gerichtlich nicht mehr durchgesetzt werden, weil maßgeblich für eine gerichtliche Entscheidung die Rechtslage zum Zeitpunkt der Entscheidung sei. Das Kostenanerkenntnis vom 14.07.2004 stelle "letztendlich nur eine Eingangsbestätigung ihres seinerzeit angezeigten Anspruches dar, weil das bis zum 31.12.2004 maßgebende Recht die Abgabe eines rechtsverbindlichen Schuldanerkenntnisses nicht forderte". Eine Erstattung der bezifferten Forderung könne nicht erfolgen.
Nach weiterem Schriftwechsel forderte die Klägerin die Beklagte mit Schreiben vom 06.06.2006 auf, die geleistete Sozialhilfe bis zum 07.07.2006 zu erstatten. Neben den bereits in Rechnung gestellten Kosten die Hilfe zum Lebensunterhalt betreffend sei als Hilfe im besonderen Lebenslagen (Krankenhilfe) zusätzlich ein Betrag von 524,18 EUR einzufordern. Hierbei handelte es sich um Beträge, die der AOK Westfalen-Lippe gemäß § 264 Abs. 7 SGB V erstattet worden waren (vgl. die Kostenaufstellung Blatt 211 der Verwaltungsakten der Beklagten).
Nach erfolglosen Erinnerungen ihrerseits hat die Klägerin am 25.10.2006 Klage beim Sozialgericht Gelsenkirchen erhoben und für die genannten Hilfebedürftigen einen Kostenerstattungsanspruch in Höhe von 7.085,84 EUR nebst 4 % Zinsen seit Zustellung der Klage geltend gemacht. Im Verlaufe des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Klägerin die Klage hinsichtlich des für den Hilfebedürftigen C L1 geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs in Höhe von 2.504,19 EUR wegen Nichterreichens der Bagatellgrenze des § 111 Abs. 2 BSHG zurückgenommen. Die Beklagte hat nachfolgend einen Anspruch in Höhe von 4.057,47 EUR anerkannt. Dieses Teilanerkenntnis hat die Klägerin angenommen.
Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, die einem Sozialhilfeträger gemäß § 264 Abs. 7 SGB V entstehenden Kosten zählten zu den im Wege des § 107 BSHG geltend zu machenden Sozialleistungen. Dies entspreche im Übrigen der Praxis des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe und der Rechtsprechung des Sozialgerichts Detmold zum § 108 BSHG (Urteil vom 13.06.2006 – S 6 SO 144/05).
Die Beklagte hat hingegen die Auffassung vertreten, der Sozialhilfeempfänger nehme für die Krankenbehandlungskosten nach § 264 Abs. 2 SGB V allein die Krankenversicherung in Anspruch. Der an die Kasse geleistete Aufwendungssatz nach § 264 Abs. 7 SGB V sei keine Sozialleistung im Sinne von des § 11 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), denn damit seien nur die Ansprüche des Sozialleistungsberechtigten gegenüber der Behörde gemeint. Bei einer Sozialleistung handele es sich um eine Leistung, die der betroffene Bürger von einer in §§ 18ff. SGB I benannten Stelle in Anspruch nehmen könne. Der Sozialhilfeträger erbringe an den Krankenversicherer lediglich eine Erstattungsleistung, aber keine originäre Sozialleistung. Die Erstattungsleistung sei damit auch keine Sozialhilfeleistung nach dem BSHG.
Die Beklagte hat ihrerseits Bezug genommen auf Rechtsprechung des Sozialgerichts Dortmund (Urteil vom 07.02.2006 – S 37 SO 228/05, nachgehend LSG NRW – L 9 SO 05/06). Eine nachgelagerte Kostenerstattung zwischen zwei anderen Sozialleistungsträgern gebe es nicht (Verweis auf VGH München, Beschluss vom 12.08.2004 – 12 B 00.2288, abgedruckt in FEVS 56, 149ff.). Gemäß § 111 BSHG seien nur Kosten zu erstatten, die der Hilfe nach diesem Gesetz, also dem BSHG, entsprächen. Eine Kostenerstattung an die Krankenkassen nach § 264 SGB V sei daher ihrerseits nicht erstattungsfähig.
Das Sozialgericht hat die Beklagte mit Urteil aufgrund mündlicher Verhandlung vom 17.04.2007 verurteilt, der Klägerin die in der Zeit vom 01.06.2004 bis 31.12.2004 gewährte Hilfe in besonderen Lebenslagen – Krankenhilfe – in Höhe 524,18 EUR für Frau A L zu erstatten. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, § 111 Abs. 1 BSHG stehe dem Anspruch nicht entgegen. Diese Vorschrift wolle nur sicherstellen, dass der die Erstattung begehrende Sozialhilfeträger auch in den Fällen, in denen er letztlich die Kosten auf den Sozialhilfeträger des vorangegangenen Aufenthaltsortes abwälzen könne, rechtmäßig Hilfe zu gewähren habe und nur insoweit mit seinem Erstattungsbegehren durchdringen könne. An der Rechtmäßigkeit der Anmeldung bei der AOK Westfalen-Lippe bestünden keine Zweifel. Bei dem von der Klägerin nach § 264 Abs. 7 SGB V an die Krankenkasse gezahlten Beträgen handele es sich auch um Hilfe im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG, auch wenn die Krankenkasse die Leistungen der Krankenbehandlung an die Hilfeempfänger in eigener Verantwortung und als originäre Aufgabe durchführe. Voraussetzung für die Kostenerstattung der Krankenbehandlungskosten an die Krankenkasse sei gerade, dass grundsätzlich ein Sozialhilfeanspruch bestehe. Nur im Rahmen dieser Hilfegewährung der Sozialhilfeträger seien dann die Krankenhilfeaufwendungen an die Krankenkasse zu erstatten. Die mit § 264 Abs. 7 SGB V verfolgte Zielrichtung der Gleichstellung der Bezieher von Sozialhilfe mit gesetzlich Versicherten und der Verwaltungsvereinfachung ändere nichts daran, dass der Sozialhilfeträger für in seinem Zuständigkeitsbereich sich aufhaltende Hilfebedürftige die Kosten der Krankenbehandlung trage. Das Sozialgericht hat der Rechtssache grundsätzliche Bedeutung im Sinne des § 144 Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) beigemessen.
Gegen das ihr am 24.05.2007 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten vom 08.06.2007. Die Beklagte hält an ihrer Auffassung fest, eine Kostenerstattung nach § 107 BSHG komme nicht in Betracht. Der Sozialhilfeträger sei nur Kostenträger, aber kein Leistungsträger. Die Krankenbehandlung sei eine originäre Aufgabe der Krankenkasse in deren eigener Verantwortung. Daraus werde deutlich, dass diese Art der Krankenhilfe eben keine Hilfe nach dem BSHG sei, sondern eine Leistung nach dem SGB V. Die Neuregelung in § 264 SGB V bewirke eine Zweispurigkeit der Krankenhilfeversorgung von Sozialhilfeempfängern, wobei die beiden Alternativen (§ 264 SGB V und § 37 BSHG) in einem Regel- / Ausnahmeverhältnis stünden. Der Sozialhilfeträger erbringe dem Krankenversicherer eine Erstattungsleistung, aber keine originäre Sozialleistung an den Hilfeempfänger. Die Kostenerstattung berühre die Rechte des Sozialhilfeempfängers gegenüber der Kasse nicht. Sei die Erstattungsleistung nach § 264 SGB V keine Sozialleistung nach dem SGB I, könne auch keine Kostenerstattung für diese Erstattungsleistung nach § 107 BSHG erfolgen, weil es mangels Rechtsgrundlage keine Hilfe aus dem BSHG heraus an den Hilfeempfänger sei. Da hinsichtlich der Übernahme von Beiträgen für die freiwillige Kranken- und Pflegeversicherung im BSHG eine Rechtsgrundlage vorhanden sei (vgl. § 13 BSHG), vermöge die auf einer angeblichen Vergleichbarkeit beruhende Argumentation des Sozialgerichts nicht zu überzeugen. Die Erstattung nach § 264 Abs. 7 SGB V sei kein "Quasi-Krankenkassenbeitrag". Gemäß § 37 BSHG gingen die Regelungen der Krankenbehandlung des § 264 SGB V vor, der Sozialhilfeträger habe nur subsidiär Leistungen bei Krankheitsbeschwerden aus dem BSHG heraus zu erbringen. Es dürfe nicht unbeachtet bleiben, dass der zuständige Sozialhilfeträger an die Krankenkasse nicht nur die tatsächlichen Leistungsaufwendungen erstattete, sondern auch die Verwaltungskosten der Krankenkasse mit einem pauschalen Betrag refinanziere. Auch daraus werde ersichtlich, dass es hierfür keine weitere "nachgelagerte" Kostenerstattung geben könne, weil bei einer Erbringung von Hilfe nach § 37 BSHG eigene Verwaltungskosten nicht geltend gemacht werden könnten. Im Übrigen seien schon immer bestimmte Aufwendungen nach dem BSHG von der Kostenerstattung nach § 107 BSHG ausgenommen gewesen. Nicht kostenerstattungsfähig seien etwa die Aufwendungen in stationären Einrichtungen oder die Hilfen, die nach zweimonatiger Hilfestellung erneut anfielen. Damit seien z.B. stationäre Krankenhausbehandlungen Kosten als Leistung nach § 37 BSHG nicht erstattungsfähig. Folgte man der Auffassung des Sozialgerichts Gelsenkirchen, würde diese Bestimmung jedoch unterlaufen, wenn die Krankenkasse nach § 264 SGB V eine entsprechende Leistung erbringe und der Klägerin in Rechnung stelle.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 17.04.2007 abzuändern und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hat auf ihre bisherigen Ausführungen verwiesen und hält im Übrigen das Urteil des Sozialgerichts für zutreffend. Ergänzend hat sie darauf hingewiesen, dass mit dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe der überörtliche Träger eine Zahlung gemäß § 264 Abs. 7 SGB V bereits als Sozialleistung anerkannt habe. Es sei nicht nachzuvollziehen, warum dies ein örtlicher Träger ablehne.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beteiligten sowie der Gerichtsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die vom Sozialgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassene Berufung ist statthaft (§§ 143, 144, 145 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und auch ansonsten zulässig, aber unbegründet.
Das Sozialgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, der Klägerin auch die der AOK Westfalen-Lippe für die Hilfebedürftige A L – nur Aufwendungen für diese sind nach den prozessualen Erklärungen der Beteiligten noch streitig – nach § 265 Abs. 7 Satz 1 SGB V erbrachte Beträge zu erstatten.
Dabei kann sich die Klägerin schon nicht auf ein etwaiges Kostenanerkenntnis vom 14.07.2004 berufen, da die Kosten lediglich dem Grunde nach anerkannt worden waren, zwischen den Beteiligten aber der Umfang des Anspruchs, konkret die Einbeziehung von Aufwendungen auf der Grundlage des § 264 Abs. 7 Satz 1 SGB V, streitig ist.
Auch zur Überzeugung des Senats ergibt sich der Erstattungsanspruch aus § 107 Abs. 1 BSHG. Verzieht eine Person vom Ort ihres bisherigen gewöhnlichen Aufenthalts ist nach dieser Vorschrift (in der vom 01.01.1994 bis 31.12.2004 und damit auch für den hier streitigen Zeitraum geltenden Fassung) der Träger der Sozialhilfe des bisherigen Aufenthaltsortes verpflichtet, dem nunmehr zuständigen örtlichen Träger der Sozialhilfe die dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen i.S.d. § 97 Abs. 2 Satz 1 BSHG zu erstatten, wenn die Person innerhalb eines Monats nach dem Aufenthaltswechsel der Hilfe bedarf. Nach Abs. 2 der Vorschrift entfällt die Verpflichtung nach Abs. 1, wenn für einen zusammenhängenden Zeitraum von zwei Monaten keine Hilfe zu gewähren war (Satz 1). Sie endet spätestens nach Ablauf von zwei Jahren seit dem Aufenthaltswechsel (Satz 2). § 107 BSHG ist für bis zum 31.12.2004 entstandene Ansprüche auch nach seinem Außerkrafttreten weiterhin anwendbar (Urteil des Senats vom 23.04.2007 – L 20 SO 39/06; vgl. auch OVG Münster, Urteil vom 31.10.2006 – 16 A 5085/04; LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 22.11.2007 – L 7 SO 5087/06; LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 22.03.2007 – L 8 SO 38/06).
Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 107 Abs. 1 liegen, wie vom Sozialgericht zutreffend festgestellt und von den Beteiligten nicht in Zweifel gezogen worden ist, dem Grunde nach vor. Die Hilfebedürftige A L ist am 17.05.2004 aus dem Zuständigkeitsbereich der Beklagten in den Zuständigkeitsbereich der Klägerin verzogen, hat dort einen neuen gewöhnlichen Aufenthalt begründet und bedurfte ab dem 01.06.2004, mithin binnen Monatsfrist, der Hilfe. Der Ausschlusstatbestand des § 107 Abs. 2 BSHG greift ersichtlich nicht.
Die von der Klägerin an die AOK Westfalen-Lippe geleisteten Beträge sind als Hilfe im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG, § 111 BSHG zu erstatten. Dabei konkretisiert § 111 BSHG, dessen Absatz 2 für die Hilfebedürftige A L, wie vom Sozialgericht zutreffend festgestellt worden ist, angesichts der Höhe des sie betreffenden ursprünglichen Erstattungsbetrages nicht greift, den Umfang des in § 107 Abs. 1 BHSG begründeten Anspruchs auf Kostenerstattung in seinem Absatz 1 dahingehend, dass die aufgewendeten Kosten zu erstatten sind, soweit die Hilfe diesem Gesetz entspricht (Satz 1).
Erstattungen nach § 264 Abs. 7 SGB V ist zum einen "dort erforderlich werdende Hilfe außerhalb von Einrichtungen" im Sinne des § 107 Abs. 1 BSHG. Diese Hilfe entspricht zum anderen im Sinne des § 111 Satz 1 BSHG "der Hilfe nach diesem Gesetz".
Dabei kann zur Überzeugung des Senats letztlich dahinstehen, welche Rechtsnatur der Tätigkeit der Krankenkassen im Rahmen von § 264 SGB V beizumessen ist (vgl. hierzu Gutachten Nr. 16/04 zur "Rechtsnatur der Tätigkeit der Krankenkassen im Rahmen von § 264 SGB V" [Gutachterin: Frau F T] des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge). Selbst wenn man zu dem Ergebnis gelangte, dass es sich bei der Übernahme der Krankenbehandlung um eine originäre Aufgabe der Krankenkasse und nicht um einen gesetzlichen Auftrag gemäß § 93 SGB X handelte (in diesem Sinne etwa vgl. etwa H. Schellhorn in: Schellhorn/Schellhorn/Hohm, SGB XII, 17. Aufl. 2006, § 48 Rn. 10, ), erscheint es unter Berücksichtigung der mit dem Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz – GMG – vom 14.11.2003, BGBl. S. 2190) verfolgten Zielrichtung geboten, die Anwendbarkeit des § 107 BSHG anzunehmen.
Wie mit der Regelung des § 264 SGB V eine Neuregelung der Zuständigkeiten nach dem BSHG nicht beabsichtigt war (vgl. LSG NRW, Urteil vom 19.04.2007, L 9 SO 5/06, , Beschwerdeverfahren anhängig [B 9b SO 15/07 B] einen Anspruch nach § 5 Absatz 1 AG – BSHG/SGB XII i.V.m. § 91 Abs. 1 SGB X betreffend; Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 2. Auflage 2008), finden sich keine Anhaltspunkte, die die Annahme rechtfertigten, die endgültige Kostentragung sollte hinsichtlich der nach § 264 Abs. 7 SGB V zu erstattenden Beträge abweichend von den ansonsten im BSHG geltenden Regelungen erfolgen. Die mit der Neuregelung des § 264 Abs. 7 SGB V durch das GMG verfolgte leistungsrechtliche Gleichstellung (vgl. auch LSG Niedersachsen-Bremen, Urteil vom 20.04.2006, L 8 SO 56/05) von Empfängern laufender Hilfe zum Lebensunterhalt und Empfängern von Hilfe in besonderen Lebenslagen nach dem BSHG, die nicht krankenversichert sind, mit gesetzlichen Krankenversicherten ist jedenfalls ohne Einfluss auf Zuständigkeitsregelungen und auch die Regelungen zur endgültigen Kostentragung als auf die Kostenebene verlagerte "Zuständigkeitsregelung" geblieben.
In der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 15/1525, Seite 141) wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Betroffenen aufgrund des Kostenerstattungsverfahrens zwischen Krankenkassen und Sozialhilfeträgern zwar leistungsrechtlich, nicht aber mitgliedschaftsrechtlich den GKV-Versicherten gleichgestellt sind. Insbesondere ist aber hinsichtlich des Kostenerstattungsanspruchs nach § 264 Abs. 7 SGB V ausgeführt, dass die Krankenkasse für den Bereich der vertragsärztlichen Versorgung mit dem "jeweiligen Sozialhilfeträger" bis zum Jahre 2005 die genannten Kopfpauschalen abrechne, welche unabhängig von der tatsächlichen Inanspruchnahme ärztlicher Leistungen zu entrichten seien. Der Wortlaut des § 264 Abs. 7 Satz 1 spricht dementsprechend von "dem für Hilfe zuständigen Sozialhilfeträger" und weist damit den Weg zu den Zuständigkeits- und Erstattungsregelungen des BSHG.
Es erscheint wenig überzeugend, nunmehr im Rahmen des § 107 BSHG gleichsam davon auszugehen zu wollen, die Kostentragung nach § 264 Abs. 7 SGB V stelle keine Hilfeleistung nach dem BSHG, also keine Sozialhilfeleistung dar. Vielmehr ist die Krankenbehandlung ungeachtet der Regelung des § 37 Satz 2 BSHG ihrem Wesen nach Sozialhilfe geblieben und die (weitere) Anwendung der Zuständigkeits- und Kostenerstattungsansprüche des BSHG gerechtfertigt. Dabei löst bereit das Wortlautargument auch die von der Beklagten mit Blick auf § 111 BSHG angesprochene Problematik auf.
§ 111 BSHG spricht in seinem Absatz 1 bereits nicht von Leistungen nach diesem Gesetz, sondern davon, dass die Hilfe diesem Gesetz zu entsprechen hat. Die nach § 264 Abs. 7 SGB V zu erbringenden Beiträge entsprechen dem BSHG schon deshalb, weil in dieser Vorschrift auf den für die Hilfe zuständigen Sozialhilfeträger abgestellt wird. Die Hilfebedürftigkeit nach dem BSHG ist zwingende Voraussetzung des Anspruchs der Krankenkassen nach § 264 Abs. 7 SGB V. Die Zuständigkeit des Sozialhilfeträgers ergibt sich wiederum unmittelbar aus dem BSHG. Allein der Umstand, dass die Pflicht zur Kostenerstattung ("formal" vgl. Schlette in Hauck/Noftz, SGB XII, 12. Erg.-Lfg. XII/07, § 48 Rn. 7) im SGB V und nicht im BSHG (bzw. nunmehr SGB XII) verortet ist , nimmt der Erstattungsleistung nicht den Charakter einer Sozialhilfeleistung im weiteren Sinne (vgl. auch Wahrendorf, a.a.O., § 48 SGB XII Rn. 30, der davon spricht, die Hilfe bei Krankheit werde auf die "sekundäre Ebene verschoben"). Die vom Sozialhilfeträger an die Krankenkasse zu leistenden Erstattungen sind vielmehr auch aus Sicht des Hilfeleistenden als Sozialhilfeleistung einzustufen (vgl. auch Löcher, ZfS 2006, 78ff.; Schlette, a.a.O., § 48 Rn. 5, der daraus folgernd die Anwendbarkeit der §§ 93f., 102ff. SGB XII bejaht).
Nach alledem musste die Berufung ohne Erfolg bleiben. Hinsichtlich der mit der Klageschrift noch geltend gemachten Zinsen ist der Antrag bereits erstinstanzlich nicht weiter verfolgt worden. Dem Senat ist eine Entscheidung zur umstrittenen Rechtsfrage, ob und in welchem Umfang in Erstattungsstreitigkeiten mit Erfolg Zinsen beansprucht werden können, verwehrt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.
Der Senat misst der Angelegenheit keine grundsätzliche Bedeutung der Angelegenheit im Sinne des § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG bei, da die streitentscheidenen Rechtsfragen außer Kraft getretene Rechtsnormen betreffen, und von einer erheblichen Zahl noch laufender Streitfälle (vgl. Meyer-Ladewig, in Meyer-Ladewig u.a., SGG, 8. Auflage, § 160 Rn. 8) nicht ausgegangen werden kann.
Erstellt am: 13.03.2008
Zuletzt verändert am: 13.03.2008