Die Beschwerden der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 21.01.2008 werden zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch in den Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Frau Rechtsanwältin I aus Q für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens wird abgelehnt.
Gründe:
Die unter Beachtung des § 173 Sozialgerichtsgesetz (SGG) form- und fristgerecht erhobenen Beschwerden der Antragstellerin, denen das Sozialgericht (SG) mit Beschluss vom 11.02.2008 nicht abgeholfen hat, sind zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
1. Die Beschwerde der Antragstellerin ist unbegründet, soweit sie sich gegen die Ablehnung des Antrages auf Gewährung einstweiligen Rechtschutzes durch das SG richtet.
a) Der Antrag auf Bewilligung von Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes als Antrag gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft.
Das SG hat zutreffend ausgeführt, dass das Begehren der Antragstellerin auf vorläufige Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) nur durch eine Regelungsanordnung gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG erreicht werden kann. Denn die Antragstellerin begehrt Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab dem 22.02.2007. Dieses Begehren kann die Antragstellerin nur mit einem Antrag gemäß § 86b Abs. 2 SGG erreichen.
Dem steht nicht entgegen, dass die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 19.09.2007 (in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 19.11.2007) die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für die Zeit ab Antragstellung gemäß § 66 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) ganz versagt hat. Denn die bloße Anordnung (bzw. hier: Feststellung) der aufschiebenden Wirkung eines Rechtsbehelfes hiergegen nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG bewirkt keinen effektiven Rechtsschutz im Sinne des Art. 19 Abs. 4 Grundgesetz, weil eine derartige gerichtliche Entscheidung eine Leistungsgewährung nicht bewirken würde (vgl. Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 14.01.2006, L 7 AS 772/07 ER, Juris).
b) Das SG hat zu Recht entschieden, dass der Antrag gemäß § 86b Abs. 2 Satz 2 SGG unbegründet war. Diese Regelung setzt neben dem Bestehen eines Anordnungsanspruchs, d.h. eines materiell-rechtlichen Anspruchs auf die begehrte Leistung, auch das Vorliegen eines Anordnungsgrundes voraus. Ein solcher Anordnungsgrund ist gegeben, wenn das Abwarten der Entscheidung in der Hauptsache nach Abwägung aller betroffenen Interessen für den Antragsteller unzumutbar ist. Denn durch die einstweilige Anordnung sollen wesentliche Nachteile für den Antragsteller abgewendet werden. Ein wesentlicher Nachteil in diesem Sinne ist insbesondere gegeben, wenn der Antragsteller konkret in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist oder eine Vernichtung der Lebensgrundlage droht.
aa) Die Antragstellerin hat den für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund nicht glaubhaft gemacht (§ 86 Abs. 2 S. 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO). Dies hat das SG zu Recht festgestellt.
(1) Denn es ist nicht ersichtlich, dass der Antragstellerin ohne eine Eilentscheidung wesentliche Nachteile drohen und es ihr infolgedessen unzumutbar ist, die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten. Anhaltspunkte für eine Bedrohung der wirtschaftlichen Existenz bzw. der Vernichtung der Lebensgrundlage der Antragstellerin durch die Versagung der Leistungen für die Vergangenheit sind nicht erkennbar. Denn einerseits kann die Antragstellerin ihren Bedarf durch die Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung im Wesentlichen selbst decken. Andererseits hat sie ihren Lebensunterhalt seit Februar 2007 sichergestellt, ohne Leistungen von der Antragsgegnerin erhalten zu haben. Darüber hinaus hat die Antragstellerin erst im Dezember um einstweiligen Rechtsschutz vor dem SG nachgesucht, ohne dargelegt zu haben, inwiefern sich die Sachlage gegenüber den Monaten Februar bis November geändert und zu einer Bedrohung ihrer wirtschaftlichen Existenz bzw. Vernichtung ihrer Lebensgrundlage geführt haben soll.
(2) Ein Anordnungsgrund ist ebenfalls nicht glaubhaft gemacht, soweit die Antragstellerin vorträgt, die monatliche Miete für ihre Wohnung nicht in voller Höhe entrichten zu können.
Auch unter Berücksichtigung des im Beschwerdeverfahren vorgelegten Schreibens des Herrn L ist nicht ersichtlich, dass die Antragstellerin ohne den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach Ablauf des nächsten Fälligkeitszeitpunktes für die Mietzahlung ernsthaft mit einer Kündigung oder Räumungsklage zu rechnen hätte, die eine Wohnungs- bzw. Obdachlosigkeit zur Folge hätte. Denn die von Herrn L angegebenen Mietrückstände von 520 EUR bis einschließlich Februar 2008 berechtigen ihn als Vermieter weder zu einer außerordentlichen, fristlosen Kündigung gem. § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe a oder b Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) noch zu einer ordentlichen Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, da die Voraussetzungen dieser Vorschriften nicht gegeben sind.
Die Kündigung nach § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe a BGB setzt voraus, dass der Mieter für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines nicht unerheblichen Teils der Miete in Verzug ist. Die Antragstellerin ist zwar für zwei aufeinander folgende Termine mit der Entrichtung eines Teils der Miete in Verzug, wobei sich dieser Anteil nach dem Schreiben des Herrn L vom 05.11.2007 monatlich auf 40 EUR beläuft. Die von der Antragstellerin an Herrn L zu zahlende Miete beträgt ausweislich der Mietbescheinigung bzw. des Mietvertrags insgesamt 340 EUR monatlich. Der Teil der Miete, mit der sich die Antragstellerin für zwei Monate in Verzug befindet, beträgt jedoch lediglich 80 EUR und macht unter Berücksichtigung des § 569 Abs. 3 Nr. 1 BGB nur einen unerheblichen Teil der Miete aus, weil er die Miete für einen Monat nicht übersteigt.
Auch die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe b BGB, der zu einer außerordentlichen Kündigung berechtigt, sofern der Mieter in einem Zeitraum, der sich über mehr als zwei Termine erstreckt, mit der Entrichtung der Miete in Höhe eines Betrages in Verzug ist, der die Miete für zwei Monate erreicht, sind nicht gegeben. Denn nach den Angaben des Herrn L im o.g. Schreiben befindet sich die Antragstellerin seit dem 29.02.2008 mit der Miete in Höhe eines Betrages von 520 EUR in Verzug. Die Miete für zwei Monate beträgt jedoch 680 EUR, sodass der Betrag der Miete, mit der sich die Antragstellerin in Verzug befindet, den Betrag von zwei Monatsmieten nicht erreicht.
Die wiederholten, nicht vollständigen Mietzahlungen berechtigen Herrn L schließlich auch nicht gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB zu einer ordentlichen Kündigung des Mietvertrages, da die Antragstellerin den Geldmangel nicht zu vertreten hat. Ein Zahlungsverzug unterhalb der in § 543 Abs. 2 Nr. 3 Buchst. a) und b) genannten Schwellen berechtigt nämlich nur dann zur ordentlichen Kündigung gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB, wenn der Zahlungsrückstand durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit verursacht ist, wobei schuldloser Geldmangel diese Voraussetzung nicht erfüllt (Weidenkaff in: Palandt, BGB, 67. Auflage 2008, § 573 Rn. 16).
Im Übrigen hätte die Antragsgegnerin bei drohender Wohnungslosigkeit auf Grund einer drohenden außerordentlichen, fristlosen Kündigung wegen Mietrückständen eine Übernahme der Mietschulden zur Abwendung der Wohnungslosigkeit zu prüfen (§ 22 Abs. 5 S. 1 und 2 SGB II), wobei die Übernahme der Mietrückstände durch die Antragsgegnerin gemäß § 569 Abs. 3 Nr. 2 BGB die Unwirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung zur Folge hätte.
bb) Ob der Antragstellerin ein Anordnungsanspruch, also ein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts zusteht, hatte der Senat nicht zu entscheiden, weil es, wie ausgeführt, an dem für den Erlass einer einstweiligen Anordnung erforderlichen Anordnungsgrund fehlt.
2. Die Beschwerde der Antragstellerin ist ebenfalls unbegründet, soweit sie sich gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (unter Beiordnung ihrer bevollmächtigten Rechtsanwältin) für das Ausgangsverfahren durch das SG richtet. Denn die Rechtsverfolgung der Antragstellerin bot aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. §§ 114, 115 Zivilprozessordnung (ZPO)).
3. Da die Rechtsverfolgung der Antragstellerin im Beschwerdeverfahren keine Aussicht auf Erfolg bot, war ihr Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe auch für das Beschwerdeverfahren abzulehnen (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 119 Abs. 1 Satz 1, § 114 ZPO).
4. Soweit die Antragstellerin mit ihrer Beschwerde die Ablehnung ihres Antrages auf Erlass einer einstweiligen Anordnung angegriffen hat, folgt die Kostenentscheidung aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG. Soweit sich ihre Beschwerde gegen die Ablehnung ihres Antrages auf Prozesskostenhilfe für das Ausgangsverfahren richtet, werden Kosten im Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
5. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 31.03.2008
Zuletzt verändert am: 31.03.2008