Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 03.03.2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
Die Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Sozialgerichts (SG) Köln vom 03.03.2008 ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Denn das Sozialgericht hat ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts für das Klageverfahren zu Recht abgelehnt.
Der mit der Klage angefochtene Sanktionsbescheid vom 04.06.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.08.2007 ist rechtmäßig.
1.
Das SG hat in dem angefochtenen Beschluss vom 03.03.2008 eingehend dargelegt, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchst. b i.V.m. Abs. 5 SGB II für die von der Antragsgegnerin ausgesprochene Absenkung der Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes verwirklicht waren. Der Senat nimmt insoweit auf die Ausführungen des SG in seinem angegriffenen Beschluss Bezug, die er sich nach Prüfung zu eigen macht (§ 142 Abs. 2 Satz 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG)).
2.
Es ist rechtmäßig, dass die Antragsgegnerin die Absenkung des Arbeitslosengeldes II für den Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum 30.09.2007 ausgesprochen hat.
a)
Die Antragsgegnerin bewilligte der Antragstellerin mit Bescheid vom 27.03.2007 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.04.2007 bis zum 31.07.2007. Rechtlich nicht zu beanstanden ist, dass der Absenkungszeitraum (bis zum 30.09.2007) zeitlich weiter reicht als der ursprüngliche Bewilligungszeitraum (bis zum 31.07.2007). Denn die Absenkung nach § 31 SGB II wirkt unabhängig davon, ob die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes noch gewährt werden. Sie läuft also, wie in vergleichbaren Fällen des Dritten Buches Sozialgesetzbuch (SGB III) auch, kalendermäßig ab, wenn ihr Beginn einmal fixiert ist (Rixen in: Eicher/Spellbrink, SGB II, 2. Auflage 2008, § 31 Rn. 57a). Werden im Absenkungszeitraum sodann erneut (bzw. weiterhin) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes bewilligt, erzeugt der bereits erlassene Absenkungsbescheid eine Bindungswirkung (Rixen a.a.O.).
Für den nachfolgenden Leistungszeitraum ab dem 01.08.2007 hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin keinen schriftlichen Leistungsbescheid erteilt, sondern sich auf die Erbringung von Sachleistungen beschränkt. Ob dies rechtmäßig ist, ist im vorliegenden Streitverfahren nicht zu klären. Denn Streitgegenstand dieses Verfahrens ist allein die Rechtmäßigkeit des Absenkungsbescheides vom 04.06.2007.
b)
Der angefochtene Absenkungsbescheid vom 04.06.2007 leidet nicht an einem Ermessensfehler gemäß § 39 Abs. 1 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I).
aa)
Der Grundsicherungsträger kann bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die – wie hier der Fall – zum Zeitpunkt der Obliegenheitsverletzung das 15. Lebensjahr, jedoch noch nicht das 25. Lebensjahr vollendet haben, die Absenkung und den Wegfall der Regelleistung unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles auf sechs Wochen verkürzen. Es handelt sich hierbei um eine Ermessensentscheidung (Beschluss des erkennenden Senates vom 14.03.2008, L 7 B 27/08 AS ER, Juris; Rixen a.a.O., § 31 Rn. 57). Im Rahmen der Ermessensausübung muss der Grundsicherungsträger alle Umstände des Einzelfalles berücksichtigen und ggf. abwägen. Denn vor dem Hintergrund der einschneidenden Sanktionen nach § 31 Abs. 5 SGB II für junge Hilfebedürftige müssen die wirtschaftlichen Auswirkungen für diesen Personenkreis sorgfältig geprüft werden (Beschluss des erkennenden Senats a.a.O.).
bb)
Anhaltspunkte für einen Ermessensnichtgebrauch oder einen Ermessensfehlgebrauch im Sinne des § 39 Abs. 1 SGB I bestehen nicht.
Ein Ermessensnichtgebrauch liegt vor, wenn die Verwaltung überhaupt keine Ermessenserwägung anstellt und so handelt, als ob sie eine gebundene Entscheidung zu treffen hätte (Wagner in: jurisPK-SGB I, 2005, § 39 Rn. 20). Dies ist hier nicht der Fall. Denn in dem angefochtenen Sanktionsbescheid vom 04.06.2007 hat die Antragsgegnerin ausdrücklich ausgeführt, dass sie "bei dieser Entscheidung" von ihrem "Ermessen Gebrauch gemacht und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gebührend berücksichtigt" hat.
Dass die Antragsgegnerin ihr Ermessen nur unzureichend bzw. fehlerhaft ausgeübt hätte, ist ebenfalls nicht zu erkennen. Zwar kann eine Ermessensunterschreitung bei einer unzureichenden Ermessenserwägung vorliegen (vgl. Wagner a.a.O., § 39 Rn. 21). Eine derartig unzureichende Ermessenserwägung ist hier jedoch nicht zu erkennen. Denn die Verwaltung kann in ihrer Ermessensentscheidung nur solche Umstände einbeziehen und würdigen, die ihr bekannt und/oder von dem Adressaten des Verwaltungsaktes mitgeteilt worden sind. Die Antragsgegnerin hat die Antragstellerin mit Schreiben vom 24.05.2007 zu der von ihr beabsichtigten Absenkung des Arbeitslosengeldes II angehört. Die Antragstellerin hat daraufhin mit Schreiben vom 29.05.2007 vorgetragen, dass der Maßnahmeträger sich ihr gegenüber "unfreundlich" verhalten habe. Denn eine andere neue Kollegin habe Fahrtgeld erhalten, ihr sei dagegen gesagt worden, sie solle zu Fuß gehen. Dieser Vortrag ist jedoch nicht auf der Rechtsfolgenseite innerhalb des Ermessens, sondern bereits auf der Tatbestandsebene zu würdigen, nämlich bei der Prüfung, ob der Antragstellerin ein "wichtiger Grund" für ihr Verhalten gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 SGB II zustand. Das SG hat ausführlich dargelegt, dass dieser Umstand keinen derartigen wichtigen Grund darstellt, weil die Antragsgegnerin der Antragstellerin ausdrücklich angeboten hat, die Fahrtkosten zu übernehmen; auf dieses Angebot ist die Antragstellerin jedoch nicht eingegangen.
Soweit die Antragstellerin mit Schreiben vom 29.05.2007 vorgetragen hat, sie habe sich nunmehr bei der Firma "T" beworben und dort "gute Aussichten", ist es nicht ermessensfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin diesen Vortrag nicht zum Anlass genommen hat, die Sanktion von drei Monaten auf sechs Wochen gemäß § 31 Abs. 6 Satz 3 SGB II zu verkürzen. Denn dieser Umstand ändert nichts daran, dass die Antragstellerin ihren Mitwirkungsobliegenheiten nicht nachgekommen ist. Die Antragsgegnerin wäre außerdem trotz ihrer Bewerbung ohne weiteres in der Lage gewesen, ihre Mitwirkungsobliegenheiten nachzukommen. Die Zweckmäßigkeit der Maßnahme ist nicht von der Antragstellerin, sondern von der Antragsgegnerin (im gesetzlichen Rahmen) zu beurteilen.
In ihrem Schreiben vom 29.05.2007 hat die Antragstellerin schließlich keine weiteren Umstände vorgetragen, die für die gemäß § 31 Abs. 6 Satz 3 SGB II zu treffende Ermessensentscheidung von Relevanz gewesen wären. Bei dieser Entscheidung sind vor allem die wirtschaftlichen Auswirkungen für den jungen Hilfebedürftigen in den Blick zu nehmen; dies betrifft insbesondere eine drohende Wohnungslosigkeit oder Ähnliches (Sonnhoff a.a.O., § 31 Rn. 252). Derartige Umstände hat die Antragstellerin, die zudem im fraglichen Zeitraum mietfrei eine Unterkunft bewohnte, nicht vorgetragen.
Bei der Ermessensausübung gemäß § 31 Abs. 6 Satz 3 SGB II kann ferner auf die Rechtsprechung zu der Sperrzeitregelung des § 144 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 Buchst. b SGB III zugegriffen werden (vgl. Rixen a.a.O., § 31 Rn. 57; vgl. auch Winkler in: Gagel, SGB III, § 31 SGB II Rn. 178). Danach kann die Sperrzeit verkürzt werden, wenn sie für den Betroffenen eine "besondere Härte" bedeuten würde. In ihrem Schreiben vom 29.05.2007 hat die Antragstellerin keine Umstände vorgetragen, die die Antragsgegnerin zu der Prüfung hätten veranlassen müssen, ob eine ungekürzte Sanktionierung für die Antragstellerin eine "besondere Härte" i.S.d. § 144 Abs. 3 Satz 2 Buchst. b SGB III (hierzu Winkler in: Gagel, § 144 SGB III Rn. 219–226 m.w.N.) darstellen würde. Wie das SG im Einzelnen ausgeführt hat, hat die Antragsgegnerin der Antragstellerin insbesondere keine unzureichenden Informationen gegeben, sondern hinsichtlich der Fahrtkosten deren Übernahme ausdrücklich angeboten.
c)
Bei der Wiedergabe ihrer Ermessensentscheidung in dem angefochtenen Sanktionsbescheid vom 04.06.2007 hat sich die Antragsgegnerin – wie bereits ausgeführt – auf die Mitteilung beschränkt, dass sie von ihrem "Ermessen Gebrauch macht und die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse gebührend berücksichtigt" hat. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 3 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) muss die Begründung von Ermessensentscheidungen auch die Gesichtspunkte erkennen lassen, von denen die Behörde bei der Ausübung ihres Ermessens ausgegangen ist. Der Senat konnte offenlassen, ob die Ermessensentscheidung der Antragsgegnerin angesichts des insoweit unerheblichen Vortrages der Antragstellerin in ihrem Schreiben vom 29.05.2007 diesen Vorgaben (noch) entspricht. Denn ein etwaiger Begründungsmangel kann nach § 41 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB X durch Nachholung der Begründung bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozialgerichtlichen Verfahrens geheilt werden. Die gerichtliche Aufhebung eines Verwaltungsaktes ist damit nicht mehr möglich (Schütze in: von Wulffen, SGB X, 6. Auflage 2008, § 41 Rn. 4 m.w.N.).
3.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 Zivilprozessordnung (ZPO)).
4.
Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 18.06.2008
Zuletzt verändert am: 18.06.2008