Auf die Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 04.02.2008 geändert. Der Klägerin wird für das Verfahren vor dem Sozialgericht Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt V H, Bad X, zu ihrer Vertretung beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten über einen Anspruch der Klägerin auf Gewährung von Sozialhilfe im Hinblick auf entstehende Pflegeheimkosten. Die Klägerin wäre bei summarischer Prüfung zur eigenständigen Tragung der Gesamtkosten in der Lage, sofern sie einen monatlichen Zahlungsanspruch von 230,08 EUR (450,00 DM) gegen ihren Sohn X1 E realisiert. Die Beteiligten streiten insoweit, ob dieser Anspruch gegen den Sohn besteht.
Mit notariellem Vertrag vom 27.05.1997 (Nr. 000 der Urkundenrolle für 1997 des Notars X in C) nahmen die Klägerin und ihr zwischenzeitlich verstorbener Ehemann einerseits und der Sohn X1 E andererseits auf einen am 23.02.1988 geschlossenen Übergabevertrag Bezug, in dem zugunsten der Klägerin und ihres Ehemannes ein Altenteilsrecht, bestehend aus einem Wohnungsrecht und einer Wart- und Pflegeverpflichtung, vereinbart und grundbuchlich gesichert worden war. Mit dem Vertrag vom 27.05.1997 wurde dieses Altenteilsrecht aufgehoben und die Löschung des Altenteilsrechts im Grundbuch bewilligt und beantragt. Gleichzeitig verpflichtete sich der Sohn X1 E, der Klägerin und ihrem Ehemann als Gesamtberechtigten gemäß § 428 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) als dauernde Last monatlich einen Betrag von 450,00 DM zu zahlen. Die Eintragung der Reallast ins Grundbuch wurde in dem Vertrag bewilligt und beantragt. Der amtierende Notar hat ausweislich der Beurkundung die Erschienenen darauf hingewiesen, dass mit dieser Beurkundung auf das Wohnungsrecht und die Pflegeverpflichtung verzichtet werde und anderweitig sichergestellt werden müsse, dass die Eheleute weiterhin dauerhaft in ihrer bisherigen Wohnung leben könnten. Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag Bezug genommen.
Gegen die Berücksichtigung des monatlichen Anspruchs auf Zahlung von etwa 230,00 EUR gegen ihren Sohn trägt die Klägerin zur Klagebegründung vor, es handele sich insoweit um ein Scheingeschäft nach § 117 BGB; die abgegebenen Willenserklärungen litten am Mangel der Ernsthaftigkeit nach § 118 BGB. Dies könnten der Sohn X1 E und seine Ehefrau S, die zugleich Bevollmächtigte der Klägerin ist, bezeugen, ferner die Eheleute E und C M. Die Klägerin und vor dessen Versterben ihr Ehemann hätten an X1 E sogar Mietzahlungen geleistet. Die Zahlung von 450,00 DM sei zwischen den Beteiligten des damaligen Vertrages niemals gewollt gewesen; die Vereinbarung sei aufgrund des Rates des damals beurkundenden Notars eingetragen worden. Es mache auch keinen Sinn, auf der einen Seite eine Reallast zu vereinbaren, um anschließend einen Mietvertrag abzuschließen, der eine Zahlungsverpflichtung genau in umgekehrter Richtung begründe. Man sei sich von Anfang an darüber einig gewesen, dass der Betrag von 450,00 DM vom Sohn der Klägerin nicht zu zahlen sei. Habe man die dauernde Last zunächst aus formalen Gründen vereinbart, sei es in der Folgezeit aus Kostengründen und auch aus weiteren Gründen versäumt worden, die Vereinbarung wieder aufzuheben. Stattdessen habe man ein Mietverhältnis zwischen der Klägerin und ihrem Ehemann als Mieter und dem Sohn als Vermieter vereinbart. Die Miete habe ursprünglich 530,00 DM (270,98 EUR) betragen und sei in der Folgezeit bis auf 380,00 EUR angehoben worden. Die Miete sei auch tatsächlich gezahlt worden.
Mit Beschluss vom 04.02.2008 hat das Sozialgericht die beantragte Bewilligung von Prozesskostenhilfe abgelehnt. Die Klägerin habe gegen ihren Sohn einen Anspruch auf Zahlung einer dauernden Last in Höhe von monatlich etwa 230,00 EUR; diese Reallast sei im Grundbuch eingetragen und damit dinglich gesichert. Die Durchsetzung dieser Forderung sei gegenüber der Gewährung von Sozialhilfe vorrangig. Dem behaupteten mündlichen Verzicht stehe die Eintragung im Grundbuch entgegen. Dass eine Löschung vorgenommen oder von den Beteiligten beabsichtigt sei, sei nicht vorgetragen.
Gegen den am 06.02.2008 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 13.02.2008 Beschwerde eingelegt, der das Sozialgericht mit Beschluss vom 14.02.2008 nicht abgeholfen hat. Zur Begründung der Beschwerde wiederholt sie im Wesentlichen ihren bisherigen Vortrag. Ergänzend führt sie aus, eine Löschung der Reallast sei jetzt nicht mehr möglich, da der Betreuerin der Klägerin eine entsprechende Vollmacht nicht vorliege. Seitens des Amtsgerichts Paderborn habe man ihr mitgeteilt, eine Löschung zu Lasten der Klägerin komme nicht mehr in Betracht. Es gehe deshalb um eine Reallast, die nicht dem Willen der Parteien und insbesondere nicht dem Willen der Klägerin entspreche.
Auf Anfrage des Senats hat die Klägerin mitgeteilt, der als Zeuge benannte Herr E M sei Bruder ihrer Betreuerin (und Schwiegertochter), Frau S E. Sie trägt hierzu weiter vor, sie sei niemals Eigentümerin des Hausgrundstücks geworden; Eigentümer sei vielmehr ihr verstorbener Ehemann X E gewesen. Dieser habe das Haus im Jahre 1988 auf seinen Sohn X1 E und dessen Ehefrau S E überschrieben; zu diesem Zeitpunkt sei auch ein Altenteilsrecht eingetragen worden. Im Juni 1995 hätten die Eheleute S und X1 E jedoch ein Darlehen in Höhe von 100.000 DM zur Sanierung des Hauses aufnehmen müssen, welches über die Immobilie gesichert worden sei. Im Februar 1998 sei ein weiteres Sanierungsdarlehen in Höhe von 20.000,00 DM hinzugekommen. Voraussetzung für dessen Bewilligung sei es gewesen, dass die Klägerin einer Löschung des Altenteilsrechts im Grundbuch zugestimmt habe, was mit dem notariellen Vertrag vom 27.05.1997 erfolgt sei. Die in dem Vertrag gleichzeitig vereinbarte Reallast in Höhe von 450,00 DM monatlich sei ausschließlich eine schuldrechtliche Vereinbarung gewesen, die nicht in das Grundbuch habe eingetragen werden sollen. Warum diese Reallast entgegen der zwischen den Parteien des Vertrages getroffenen Vereinbarung doch ins Grundbuch eingetragen worden sei, sei heute nicht mehr nachvollziehbar. Tatsächlich habe sie nicht zum Tragen kommen sollen. Vielmehr sei der (in der Verwaltungsakte der Beklagten vorhandene) Mietvertrag geschlossen worden, der auch tatsächlich erfüllt worden sei. Die Mieteinkünfte seien ordnungsgemäß versteuert worden.
Die Klägerin hat auf Anforderung des Senats durch Bescheinigungen der Sparkasse Q Mietzahlungen für die Zeit von Juni 1997 bis Dezember 2004 an ihren Sohn X1 E nachgewiesen. Gleichzeitig hat sie Wohngeldbescheide aus den Jahren 2003 und 2004 vorgelegt, aus denen Wohngeldleistungen in monatlicher Höhe von 145,00 EUR bzw. 131,00 EUR hervorgehen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie des beigezogenen Verwaltungsvorgangs und der Wohngeldakte der Beklagten Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Klägerin ist zulässig und begründet.
Das Sozialgericht ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die Rechtsverfolgung der Klägerin i.S.v. § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) keine hinreichende Aussicht auf Erfolg habe.
Denn der Klägerin stehen jedenfalls aktuell keine ausreichenden bereiten Mittel zur Verfügung, um die Kosten der Pflegeeinrichtung in vollem Umfang selbst decken zu können. Aufgrund der im Beschwerdeverfahren vorgelegten Unterlagen ist bei summarischer Prüfung vielmehr davon auszugehen, dass eine Zahlung aufgrund der mit notariellem Vertrag vom 27.05.1997 durch den Sohn der Klägerin, Herrn X1 E, eingegangenen monatlichen Zahlungsverpflichtung in Höhe von 450,00 DM weder in der Vergangenheit erfolgt ist noch gegenwärtig erfolgt. Vielmehr hat umgekehrt die Klägerin, vor dessen Versterben gemeinsam mit ihrem Ehemann, an den Sohn Mietzahlungen nicht nur vereinbart, sondern tatsächlich auch geleistet. Es ist deshalb davon auszugehen, dass der Sohn der Klägerin nicht von sich aus die in dem notariellen Vertrag vereinbarten monatlichen Zahlungen leisten wird, um der Klägerin die vollständige Zahlung ihrer Kosten für die Pflegeeinrichtung zu ermöglichen.
Es ist der Klägerin auch nicht etwa möglich, die auch in der Vergangenheit unterbliebenen Zahlungen des Sohnes jedenfalls jetzt ohne Weiteres durchzusetzen. Die Klägerin selbst ist dazu aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr in der Lage, und von ihrer sie (aufgrund einer bereits früher erteilten umfassenden Vollmacht) vertretenen Schwiegertochter als Ehefrau des möglicherweise zahlungsverpflichteten Sohnes ist aus nachvollziehbaren Gründen nicht zu erwarten, dass diese gegen ihren Ehemann etwaige Zahlungsverpflichtungen gegenüber seiner Mutter unmittelbar und wirksam einfordert.
Der Beklagten ist allerdings zuzugeben, dass aus dem notariellen Vertrag vom 27.05.1997 nicht hervorgeht, dass die eingegangene Zahlungsverpflichtung lediglich schuldrechtlich wirksam sein sollte. Eine Vereinbarung mit lediglich schuldrechtlicher Wirkung enthält der Vertrag vielmehr nur hinsichtlich einer möglichen Abänderung der Zahlungsverpflichtungen, sofern durch eine Änderung der wirtschaftlichen Verhältnisse der standesgemäße Unterhalt des Zahlungsverpflichteten oder der Zahlungsberechtigten nicht mehr gewährleistet sein sollte. Ausdrücklich vereinbart worden ist hingegen die Bewilligung und Beantragung einer Reallast ins Grundbuch. Dies ändert jedoch nichts daran, dass entsprechende bereite Mittel der Klägerin aktuell nicht zur Verfügung stehen. Die Beklagte dürfte bei summarischer Prüfung vielmehr darauf zu verwiesen sein, nach Zahlungsaufnahme zu Gunsten der Klägerin einen etwaigen Anspruch der Klägerin gegen ihren Sohn auf monatliche Zahlungen nach § 93 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) auf sich überzuleiten. Sollte der Sohn der Klägerin die Zahlungen verweigern, könnte die Beklagte ggf. in einer zivilgerichtlichen Auseinandersetzung mit dem Sohn klären, ob der auf sie übergeleitete Anspruch tatsächlich besteht. Es ist mit dem in verschiedene Gerichtsbarkeiten gegliederten Rechtsschutzsystem in der Bundesrepublik Deutschland nicht vereinbar, eine zivilrechtlich jedenfalls nicht evidente Rechtslage hinsichtlich möglicher bürgerlich-rechtlicher Ansprüche der Klägerin gegen ihren Sohn bei tatsächlich nicht erfolgender Zahlung durch den Sohn im sozialgerichtlichen Verfahren klären zu lassen.
Kosten sind nicht zu erstatten (§ 73 a SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG).
Erstellt am: 13.08.2008
Zuletzt verändert am: 13.08.2008