Die Beschwerde der Antragsteller gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 28.01.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Den Antragstellern wird für das Beschwerdeverfahren Prozesskostenhilfe bewilligt und Rechtsanwalt U, C-straße 00, N, zu ihrer Vertretung beigeordnet.
Gründe:
I.
Die Antragsteller begehren die einstweilige Verpflichtung der Antragsgegnerin, die Kosten der von ihnen bewohnten, privat angemieteten Wohnung im Rahmen von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) weiterhin zu übernehmen.
Die Antragstellerin zu 1 ist Mutter der weiteren, in den Jahren 1997 bis 2003 geborenen Antragsteller. Sie reiste am 00.00.1989 erstmals, seinerzeit unter dem Namen H N (geb. am 00.00.1975), in die Bundesrepublik Deutschland ein und gab an, libanesische Staatangehörige mit kurdischer Volkszugehörigkeit zu sein. Sie erhielt in Deutschland kein politisches Asyl. Vater der Kinder ist der seinerzeit auf dem Gebiet der Antragsgegnerin wohnende W F alias X.
Nachdem Ermittlungen ergeben hatten, dass die Antragstellerin zu 1 und damit auch ihre Kinder die türkische Staatsangehörigkeit besitzen, wurden die Antragsteller am 25.09.2003 in die Türkei abgeschoben. Der Ehemann (Kindesvater) verblieb in Deutschland, da für ihn zunächst keine türkischen Passpapiere vorlagen.
Die Kinder reisten am 10.03.2005 erneut nach Deutschland ein und wurden von ihrem Vater in dessen Wohnung aufgenommen. Sie bezogen in der Folgezeit Leistungen nach dem AsylbLG. Die Antragstellerin zu 1 versuchte zunächst vergeblich, sowohl in Schweden als auch in den Niederlanden politisches Asyl zu erhalten. Der Vater der Kinder wurde am 13.02.2007 in die Türkei abgeschoben. Seither werden die Kinder von der Antragstellerin zu 1 betreut, die zwischenzeitlich in E lebte und dort Leistungen nach dem AsylbLG bezog; die Antragstellerin zu 1 zog hierzu (bei Kostenerstattung durch die Stadt E an die Antragsgegenerin) in die Wohnung ihres Ehemannes um.
Am 20.02.2007 erklärte die Antragstellerin zu 1 bei einer Vorsprache bei der Antragsgegnerin, bei der die Zeugin T T (Sozialarbeiterin bei der Antragsgegnerin und arabischer Muttersprache) dolmetschte, sie wolle freiwillig in die Türkei ausreisen und an der Passbeschaffung mitwirken. Bis zur Beschaffung der Passpapiere sollten die Antragsteller in der bisherigen, privat angemieteten Wohnung verbleiben können. Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob insoweit eine Frist zugrundegelegt wurde, innerhalb derer eine freiwillige Ausreise zu erfolgen hatte.
Nachdem eine freiwillige Ausreise nicht zustande gekommen war (trotz Beantragung der Passpapiere beim türkischen Generalkonsulat sind diese bislang nicht erteilt worden), forderte die Antragsgegnerin die Antragstellerin zu 1 mit Schreiben vom 04.07.2007 auf, die bisherige Wohnung fristgemäß zum 31.10.2007 zu kündigen; ab dem 01.11.2007 werde die Miete nicht mehr übernommen. Entsprechend wurde mit Bescheid vom 22.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.11.2007 die weitere Übernahme der Mietkosten abgelehnt; insoweit ist vor dem Sozialgericht ein Hauptsacheverfahren anhängig.
Die Antragsteller, die nach wie vor in der bisherigen Wohnung wohnen, ohne dass sie die Miete hierfür entrichten könnten, haben am 13.12.2007 beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, die Unterkunftskosten für ihre bisherige Wohnung bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu übernehmen. Die Zeugin T könne bestätigen, dass bei dem Gespräch am 20.02.2007 vereinbart worden sei, die Antragsteller könnten bis zur Ausreise in die Türkei in der bisherigen Wohnung verbleiben. Eine Frist zur Ausreise sei insoweit nicht vereinbart worden. Das Ermessen der Antragsgegnerin bei der Leistungserbringung hinsichtlich der Unterkunft sei dementsprechend auf Null geschrumpft. Wenn die Antragsgegnerin vortrage, es sei eine Frist von zwei Monaten vereinbart worden, so stimme dies schon deshalb nicht, weil eine freiwillige Ausreise innerhalb von zwei Monaten gar nicht möglich gewesen wäre.
Die Beteiligten streiten insoweit, wer die bisher nicht erfolgte Erteilung von Passpapieren an die Antragsteller zu verantworten habe. Die Antragsgegnerin trägt vor, die Antragsteller unterlägen den Leistungseinschränkungen des § 1a AsylbLG; im Rahmen dieser Leistungen sei der Unterkunftsbedarf möglichst ausnahmslos durch Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft zu gewährleisten.
Mit Beschluss vom 28.01.2008 in Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 05.02.2008 hat das Sozialgericht den Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt; wegen der Begründung wird auf den Beschluss Bezug genommen. Der hiergegen eingelegten Beschwerde der Antragsteller hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 19.02.2008 nicht abgeholfen.
Der Senat hat im Erörterungstermin vom 15.07.2008 die Sozialarbeiterin T T als Zeugin vernommen. Wegen des Ergebnisses der Erörterungen und der Einvernahme der Zeugin wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
II.
Die Beschwerde der Antragsteller ist zulässig, aber unbegründet.
Dabei kann dahinstehen, ob die Antragsteller, wie die Antragsgegnerin meint, dem Leistungsregime des § 1a AsylbLG unterfallen. In diesem Zusammenhang erscheint es jedenfalls nicht zwingend, dass die Antragsteller nur unzureichend an der Beschaffung von Passpapieren für ihre Ausreise mitwirken (§ 1a Nr. 2 AsylbLG). Immerhin hat die Antragstellerin zu 1 in Begleitung eines Mitarbeiters der Ausländerbehörde E beim türkischen Generalkonsulat bald nach dem Gespräch vom 20.02.2007 entsprechende Papiere für die Antragsteller beantragt, und die vorgelegten – spärlichen – Kontakte, die die Ausländerbehörde anschließend mit dem Konsulat aufgenommen hat, geben bei summarischer Prüfung nichts dafür her, das die zögerliche Bearbeitung dieses Antrags auf Seiten der türkischen Behörden auf Umständen beruht, welche den Antragstellern zurechenbar wären. Jedenfalls ist es ebenso gut denkbar, dass die Schwierigkeiten daraus resultieren, dass die Antragstellerin zu 1 wegen türkischer Vorfahren zwar Staatsangehörige der Türkei ist, wegen Aufwachsens im Libanon (mit arabischer Muttersprache) aber auf behördliche Schwierigkeiten in der Türkei stößt. Ernst zu nehmende Ermittlungen nach § 20 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) sind in diesem Zusammenhang den Verwaltungsvorgängen nicht zu entnehmen. Die Antragstellerin zu 1 hat sich im Übrigen dazu bereit erklärt, dass, sollte dies seitens der türkischen Behörden für nötig erachtet werden, bei ihren Kindern ein DNA-Test zur Sicherstellung der Vaterschaft des bereits in der Türkei lebenden Ehemannes vorgenommen wird. Einstweilen ist jedenfalls nicht ersichtlich, welche zumutbar erfüllbaren Handlungen die Ausländerbehörde von den Antragstellern noch verlangen könnte, um eine Ausreise in die Türkei sicher zu stellen. Dass die Wiedereinreise unter dem prägenden Motiv der Leistungserlangung (§ 1a Nr. 1 AsylbLG) erfolgt wäre, ist angesichts des damals noch fortbestehenden Aufenthalts des Vaters der Kinder in Deutschland ebenfalls nicht offensichtlich.
Doch selbst wenn die Antragsteller dem Leistungsregime des § 3 AsylbLG unterfallen sollten, besteht jedenfalls kein Anspruch auf weitere Tragung der Kosten der privaten Mietwohnung als Leistungen nach dem AsylbLG.
Soweit die Antragsteller insoweit von einer Ermessensreduzierung auf Null ausgehen, findet sich zum einen weder in § 3 AsylbLG noch an anderer Stelle des Gesetzes eine entsprechende Anspruchsgrundlage auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über die Art der Leistungsgewährung. Vielmehr bestimmt § 3 Abs. 1 Satz 1 AsylbLG ausdrücklich, dass der notwendige Bedarf (u.a.) an Unterkunft und Heizung durch Sachleistungen gedeckt wird. Zwar geht § 3 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 AsylbLG davon aus, dass auch eine andere Leistungsgewährung als die Sachleistungen möglich ist. Diese Form der Leistungsgewährung knüpft das Gesetz jedoch daran an, dass sie anstelle von vorrangig zu gewährenden Sachleistungen "nach den Umständen erforderlich ist".
Entsprechende Umstände sind jedoch im Falle der Antragsteller nicht ersichtlich.
Ob sich solche Umstände aus einer entsprechenden mündlichen Zusage der Antragsgegnerin bei dem Gespräch am 20.02.2007 ergäben, kann dahinstehen. Denn die Beweisaufnahme hat ergeben, dass eine Zusage einer zeitlich offenen Übernahme der Mietkosten für die bisherige Wohnung gerade nicht abgegeben wurde. Nach den glaubhaften Angaben der Zeugin T gingen die Beteiligten des Gesprächs vom 20.02.2007 vielmehr übereinstimmend davon aus, dass die Beschaffung der Passpapiere für die Antragsteller etwa zwei bis drei Monate in Anspruch nehmen werde und die Antragsteller solange in der bisherigen Wohnung verbleiben könnten. Da im Zusammenhang mit der früheren Abschiebung der Antragsteller im Jahre 2003 die Ausreise in die Türkei ermöglichende Papiere haben beschafft werden können, war zugleich nicht damit zu rechnen, dass nunmehr Schwierigkeiten bei der Beschaffung der Papiere auftreten würden. Mündlich zugesagt (und eingehalten) war deshalb eine Übernahme der Kosten für die private Mietwohnung allenfalls für den Zeitraum von etwa einem viertel Jahr.
Dass ein Verlassen der bisherigen Wohnung und ein Bezug einer von der Antragsgegnerin vorgehaltenen Unterkunft aus anderen Gründen unzumutbar und deshalb ein Verbleiben in der bisherigen Wohnung i.S.v. § 3 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG nach den Umständen erforderlich wäre, ist ebenfalls nicht feststellbar. Zwar mag man die Bedenken der Antragstellerin zu 1 gegen einen Bezug der von der Antragsgegnerin an der Langenbochumerstraße vorgehaltenen Gemeinschaftsunterkunft durchaus teilen. Immerhin ist sie derzeit alleinerziehende Mutter von zwei Töchtern und zwei Söhnen, wobei eine Tochter bereits am Beginn des Pubertätsalters steht. In der Beweisaufnahme kam im Gespräch mit der Sozialarbeiterin, der Zeugin T, auch durchaus der Eindruck auf, dass angesichts dessen die Verhältnisse in dieser Unterkunft denkbar ungünstig wären, um ein sicheres und ungefährdetes weiteres Aufwachsen der Kinder (bei gleichzeitig möglicherweise noch längerfristigem Aufenthalt in Deutschland) zu gewährleisten. Die Antragsgegnerin ist jedoch, wie sie im Erörterungstermin ausdrücklich klargestellt hat, auch bereit, die Antragsteller in einer Unterkunft an der Wiener Straße unterzubringen. Dort sind die Wohnverhältnisse nach Angaben der Zeugin T, die beruflich mit der Betreuung von Asylbewerbern befasst ist, wesentlich günstiger. Zwar gebe es dort ebenso nicht – wie aber von der Antragstellerin gefordert – abschließbare Wohnungen; auf verschiedenen Etagen lebten jedoch Familien und alleinstehende Frauen mit jeweiliger Gemeinschaftsküche in einer freundlichen, ungefährlichen und auch gepflegten Wohnsituation. Die Unterkunft – deren Kennen die Antragstellerin zu 1 zunächst leugnete, dann aber einräumte, auch ihr Schwager lebe dort – ist im Übrigen zentral und nicht weit entfernt von der bisher bewohnten Wohnung gelegen, so dass auch der Schulbesuch der Kinder ungefährdet erscheint.
Wenn die Antragstellerin zu 1 sich im Erörterungstermin des Senats strikt geweigert hat, eine andere Lösung der Unterbringung als in einer abschließbaren Wohnung zu akzeptieren, so erscheint dies angesichts der Vorteile ihrer bisherigen Wohnsituation zwar verständlich. Gleichwohl werden es die Antragsteller hinnehmen müssen, in einer zumutbaren Gemeinschaftsunterkunft zu leben, da das AsylbLG den von ihnen geltend gemachten Anspruch nicht bietet. Der Senat geht dabei davon aus, dass, sollten die Antragsteller aus ihrer jetzigen, seit längerem nicht mehr bezahlten Wohnung wegen Räumung ausziehen müssen, die Antragsgegnerin weiterhin – wie im Erörterungstermin versichert – bereit ist, bei der Zuweisung einer Gemeinschaftsunterkunft auf die geschilderten besonderen familiären Belange Rücksicht zu nehmen.
Die Kostenentscheidung folgt aus einer entsprechenden Anwendung des § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Trotz Unterliegens der Antragsteller haben sie Anspruch auf Prozesskostenhilfe nach § 73a SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO), da der Senat vor seiner Entscheidung eine Beweisaufnahme für notwendig erachtet hat.
Dieser Beschluss ist nicht mit der Beschwerde anfechtbar.
Erstellt am: 13.08.2008
Zuletzt verändert am: 13.08.2008