Der Antrag des Antragstellers auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Aachen vom 04.07.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens, ob die Antragsgegnerin (AG’in) zu Recht die Befreiung von der Zuzahlung für eine Vater-Kind-Kur, die Bewilligung von Fahrkosten mit Gepäckaufgabe für vier Personen und von Taschengeld abgelehnt hat.
Auf seinen entsprechenden Antrag hin bewilligte die AG’in, bei der der 1939 geborene Antragsteller (ASt.) gegen Krankheit versichert ist, diesem mit Bescheid vom 15.11.2007 im Rahmen der Vorsorge eine dreiwöchige Vater-Kind-Kur in der Klinik P in Grömitz. Die AG’in erklärte Kostenübernahme in voller Höhe abzüglich des gesetzlichen kalendertäglichen Eigenanteils in Höhe von 10,00 EUR. Die Kinder N (geb. 2006), C (geb. 2002) und X (geb. 1997) des allein erziehenden ASt. sollten als Begleitpersonen aufgenommen werden. Daraufhin reservierte die Präventions- und Rehabilitationseinrichtung für Mutter, Vater und Kind in Grömitz Plätze für die Zeit vom 09.07. bis zum 30.07.2008.
Mit Faxschreiben vom 30.06.2008 beantragte der ASt. bei der AG’in die Zahlung eines täglichen Taschengeldes für die vierköpfige Familie in Höhe von 25,00 EUR, die Befreiung von der Zuzahlung sowie die Übernahme der Kosten des Gepäcktransportes und der Platzreservierung. Zur Begründung verwies der ASt. auf seine eingeschränkten finanziellen Möglichkeiten, die es nicht erlaubten, den Kindern angemessene Freizeitaktivitäten während der Kur zu finanzieren. Auch sei ihm als Vater fortgeschrittenen Alters nicht zumutbar, mit drei jüngeren Kindern mit dem Zug zu reisen, ohne Plätze reserviert und das Gepäck vorab aufgegeben zu haben. Die AG’in übersandte dem ASt. daraufhin ein Antragformular für die Befreiung von der Zuzahlung, verbunden mit der Aufforderung, dieses einschließlich der erforderlichen Nachweise über bereits geleistete gesetzliche Zuzahlungen kurzfristig einzureichen. Sobald ein Befreiungsausweis vorliege, fielen keine weiteren gesetzlichen Zuzahlungen, auch nicht für die Kur, an. Die weitergehenden Anträge lehnte sie mit der Begründung ab, solche Leistungen sehe das Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) nicht vor (Bescheid vom 30.06.2008).
Der ASt. hat sein Begehren mit dem am 01.07.2008 bei dem Sozialgericht (SG) Aachen gestellten Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung weiterverfolgt. Ergänzend hat er ausgeführt, er sei herzkrank und dürfe nicht schwer heben. Er sei der Aufgabe nicht gewachsen, mit drei kleineren Kindern in der Hauptferienzeit zu reisen und diese zu beaufsichtigen, wenn nicht vorab von zu Hause aus das Gepäck aufgegeben werde und eine Platzreservierung vorliege. Wegen dieser Kosten könne er im Hinblick auf sein bereits im Soll befindliches Girokonto nicht in Vorleistung treten. Auch habe die Kureinrichtung bereits die Zuzahlung in Höhe von 220,00 EUR angefordert. Ohne Gewährung des beantragten Taschengeldes komme die Kurmaßnahme für ihn ohnehin nicht in Betracht. Er lasse sich und seine Kinder nicht in der Klinik "wie Strafgefangene einsperren"; jede Freizeitaktivität aber sei mit von ihm nicht aufzubringenden finanziellen Aufwendungen verbunden und damit ohne Gewährung von Taschengeld unmöglich. Bis spätestens 06.07.2008 müsse das Gepäck aufgegeben werden. Wenn bis dahin keine gerichtliche Entscheidung vorliege, werde er Ansprüche wegen Diskriminierung und Körperverletzung und auf Schadensersatz geltend machen. Die Kinder würden im Übrigen in den Sommerferien keinen anderweitigen Urlaub machen können, weil sie im Hinblick auf die Kur alle sonstigen Möglichkeiten ungenutzt gelassen hätten.
Der ASt. hat sinngemäß schriftsätzlich beantragt,
die AG’in im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes unter Aufhebung des Bescheides vom 30.06.2008 zu verpflichten, ihn von gesetzlichen Zuzahlungen zu befreien und ihm für die bewilligte dreiwöchige Vater-Kind-Kur vorläufig Taschengeld in Höhe von kalendertäglich 25,00 EUR zu gewähren sowie die Kosten der Gepäckaufgabe und der Platzreservierung im Zug vor Reiseantritt zu übernehmen
Die AG’in hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen.
Sie hat zur Begründung auf den aus ihrer Sicht zutreffenden angefochtenen Bescheid vom 30.06.2008 verwiesen. Die notwendigen Unterlagen zur Bearbeitung des Antrages auf Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen habe der ASt. immer noch nicht vollständig übersandt. Sie, die AG in, sei bereit, die Kosten der Zugfahrkarten vorab zu erstatten. Im Übrigen sei nicht nachvollziehbar, dass der ASt. die Kosten für Gepäckaufbewahrung und Platzreservierung nicht aufbringen könne. Dieser habe in der Zeit vom 23.05. bis zum 27.06.2008 in einem befristeten Arbeitsverhältnis gestanden. Das Junigehalt werde dem ASt. nach Auskunft des Arbeitgebers noch überwiesen.
Mit Beschluss vom 04.07.2008 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die Voraussetzungen für den Erlass der begehrten Regelungsanordnung lägen nicht vor. Es fehle bereits an einem Anordnungsanspruch. Für die Gewährung eines Taschengeldes gebe es keine gesetzliche Anspruchsgrundlage. Über den Antrag auf Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen habe die AG’in nicht entscheiden können; denn es lägen nicht alle erforderlichen Angaben und Nachweise vor. Insbesondere habe der ASt. seine Einkünfte aus dem befristeten Arbeitsverhältnis weder angegeben noch glaubhaft gemacht. Die Kosten für die Gepäckaufgabe und die Platzreservierung unterfielen nicht § 60 Abs. 3 Nr. 1 SGB V. Nur im Zusammenhang mit Leistungen zur medizinischen Rehabilitation würden neben den Fahrkosten auch "andere" Reisekosten nach § 53 Abs. 1 bis 3 SGB IX übernommen. Dem ASt. sei jedoch eine Maßnahme zur medizinischen Vorsorge gemäß § 24 SGB V bewilligt worden. Das Vorliegen eines Anordnungsgrundes könne offen bleiben. Der ASt. habe jedoch seine Mittellosigkeit nicht glaubhaft gemacht; denn er habe die Einkünfte aus der beruflichen Tätigkeit verschwiegen.
Gegen den ihm am 07.07.2008 zugestellten Beschluss hat der ASt. am selben Tag Beschwerde eingelegt und zugleich einen Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) gestellt. Zur Begründung trägt er ergänzend vor, er fühle sich durch die Verweigerungshaltung der AG’in diskriminiert. Wenn der Familie kein Taschengeld zugebilligt werde, komme dies einem "strengen Vollzug in einer Justizvollzugsanstalt" gleich. Er könne seinen Kindern kaum verdeutlichen, dass er ihnen nicht einmal ein Eis kaufen könne, das am Kurort wesentlich teurer sei als am Wohnort. Mit den der Familie regelmäßig zur Verfügung stehenden finanziellen Mitteln könne er diese zusätzlichen Ausgaben nicht leisten. Auch die Anreise sei für ihn als kranken Mann im 70. Lebensjahr mit drei kleinen Kindern nur zumutbar, wenn er vorher das Gepäck aufgeben und Plätze im Zug reservieren lassen könne. Der Vorwurf, er habe die Einkünfte aus der befristeten Tätigkeit nicht angegeben, entbehre jeder Grundlage. Zur Zeit der Antragstellung hätten ihm diese noch gar nicht zur Verfügung gestanden und sich bereinigt ohnehin nur auf rd. 200,00 EUR belaufen. Da das SG ihm die geltend gemachten Ansprüche nicht rechtzeitig vor Beginn der geplanten Vater-Kind-Kur zugesprochen habe, hätten er und seine Kinder diese nicht angetreten. Er, der ASt., verlange Schadensersatz von der AG’in wegen Diskriminierung. Diese verlange nunmehr die bereits vor Beginn der Kur überwiesenen Fahrkosten in Höhe von 79,20 EUR zurück.
Der ASt. beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des SG Aachen vom 04.07.2008 zu ändern und unter Aufhebung des Bescheides der AG’in vom 30.06.2008 festzustellen, dass deren Weigerung, ihn vorläufig von gesetzlichen Zuzahlungen zu befreien und ihm für die bewilligte dreiwöchige Vater-Kind-Kur Taschengeld in Höhe von kalendertäglich 25,00 EUR zu gewähren sowie die Kosten der Gepäckaufgabe und der Platzreservierung im Zug vor Reiseantritt zu übernehmen, rechtswidrig gewesen ist sowie ihm wegen vorsätzlicher Diskriminierung Schadensersatz zu gewähren.
Die AG’in beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Beschwerde des ASt. gegen den Beschluss des SG Aachen vom 04.07.2008 zurückzuweisen.
Sie erachtet den angefochtenen Beschluss als zutreffend. Dem ASt. hätten die geltend gemachten Ansprüche nicht zugestanden.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage und des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Verwaltungs- und Prozessakte Bezug genommen, die ihrem wesentlichen Inhalt nach Gegenstand der Beratung und Entscheidung gewesen sind.
II.
Der Antrag des ASt. auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (PKH) für das Beschwerdeverfahren hat keinen Erfolg. Eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, erhält gemäß § 73a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder -verteidigung Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Es fehlt jedoch bereits an hinreichenden Erfolgsaussichten des Beschwerdeverfahrens, wie sich aus den weiteren Gründen ergibt.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht erhobene Beschwerde des ASt. gegen die Versagung einstweiligen Rechtsschutzes ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht mit Beschluss vom 04.07.2008 den Antrag des ASt. auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Der Bescheid der AG’in vom 30.06.2008 ist rechtmäßig. Auch hat die AG’in zu Recht bezüglich der geltend gemachten Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen noch keine Entscheidung getroffen. Dass dem ASt. ein Anspruch auf Schadensersatz gegen die AG in nach den Vorschriften des SGB V zustehen könnte, ist ebenfalls nicht ersichtlich.
Gemäß § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache, soweit nicht ein Fall des Abs. 1 der Vorschrift vorliegt, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind nach Abs. 2 S. 2 auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung verlangt grundsätzlich die – summarische – Prüfung der Erfolgsaussicht in der Hauptsache sowie die Erforderlichkeit einer vorläufigen gerichtlichen Entscheidung. Die Erfolgsaussicht des Rechtsbehelfs in der Hauptsache (Anordnungsanspruch) und die Eilbedürftigkeit der erstrebten einstweiligen Regelung (Anordnungsgrund) sind glaubhaft zu machen (§ 86b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung -ZPO-).
Vorliegend fehlt es bereits an einem Anordnungsgrund. Besondere Eilbedürftigkeit, die eine Entscheidung in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren rechtfertigen könnte, ist nicht ersichtlich. Die für die Zeit vom 09.07. bis zum 30.07.2007 geplant gewesene Kur hat der ASt. nicht angetreten. Er hat auch nicht vorgetragen, dass er – im Einvernehmen mit der AG’in und der Klinik – einen neuen Termin abgesprochen habe, der es notwendig machte, vorab über die Frage zu entscheiden, ob die AG’in die geltend gemachten Ansprüche zu erfüllen verpflichtet wäre. Auch in der Rückforderung der Fahrkosten, die der ASt. offensichtlich als "Schadensersatz wegen Diskriminierung" nicht erstatten möchte, vermag der Senat keinen Sachverhalt zu erkennen, der nicht in einem Hauptsacheverfahren geklärt werden könnte.
Darüber hinaus weist der Senat darauf hin, dass das SG im Ergebnis und mit zutreffender Begründung, der sich der Senat nach eigener Prüfung der Sach- und Rechtslage vollinhaltlich anschließt, auch das Vorliegen eines Anordungsanspruchs verneint hat. Der ASt. geht fehlt, wenn er glaubt, die AG’in könne ohne Rechtsgrundlage Leistungen gewähren. Insoweit verweist der Senat ergänzend auf § 31 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB X). Danach dürfen Rechte und Pflichten in den Sozialleistungsbereichen dieses Gesetzbuchs nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden, soweit ein Gesetz es vorschreibt oder zulässt. Wie das SG und vor ihm die AG’in jedoch zu Recht entschieden haben, sind weder Ansprüche auf Taschengeld noch auf Gepäckaufgabe und Platzreservierung bei Vorsorgeleistungen wie der hier im Streit stehenden Vater-Kind-Kur gesetzlich vorgesehen. Es ist aber auch bei allem Verständnis für die schwierige Situation des ASt. für den Senat nicht nachvollziehbar, warum der ASt. die Ausgaben für Freizeitaktivitäten der Familie während der Kur nicht aus eigenen Mitteln leisten können sollte. Bei einer möglicherweise positiven Entscheidung über die Befreiung von den gesetzlichen Zuzahlungen hätte der ASt. während der Teilnahme an der Vater-Kind-Kur die Aufwendungen für die Verpflegung gespart, die er bei Verbleiben am Wohnort zu leisten hat. Auch stehen ihm nach eigenen Angaben zumindest 200 EUR aus der befristeten Beschäftigung zur Verfügung, die er für diesen Zweck einsetzen könnte.
Die AG’in hat auch zutreffenderweise vor Reisebeginn nicht positiv über den Antrag auf Befreiung von gesetzlichen Zuzahlungen entschieden. Entgegen der Auffassung des ASt. hat dieser – bis heute – die notwendigen Unterlagen, die die AG’in detailliert aufgelistet hat, nicht vollständig vorgelegt. Insbesondere fehlen auch aktuell noch Nachweise über bereits im Kalenderjahr 2008 geleistete gesetzliche Zuzahlungen. Insoweit hat der ASt. das Ausbleiben einer zeitnahen Entscheidung, um die sich die AG’in sehr bemüht hat, durch mangelnde Mitwirkung selbst zu verantworten.
Die Beschwerde ist daher mit der entsprechend § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sich ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen gewesen.
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 27.08.2008
Zuletzt verändert am: 27.08.2008