Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Detmold vom 27. Mai 2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
I.
Streitig ist im Rahmen eines einstweiligen Rechtsschutzverfahrens die Richtigkeit von Daten, u. a. der Arbeitsfähigkeit des Antragstellers (ASt.) ab dem 25.07.2007, sowie ein daraus vom ASt. abgeleiteter Anspruch auf Sperrung und Korrektur der Daten.
Bei dem am 00.00.1948 geborenen ASt., der bis zum 30.09.2007 bei der Antragsgegnerin (AG in) gegen Krankheit versichert war, bestehen u. a. seit 1999 rezidivierende depressive Störungen mit wiederholten und auch längeren Zeiten von Arbeitsunfähigkeit (AU). So trat am 02.01.2007 erneut AU ein, zunächst bescheinigt durch den praktischen Arzt Dr. U, ab dem 09.01.2007 bis zum 12.01.2007 durch den Arzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. I, ab dem 29.01.2007 wiederum durch Dr. U. Auf der Grundlage der o. g. AU-Bescheinigungen sowie derjenigen der Ärztin für Neurologie und Psychiatrie Frau Dr. B vom 01.02.2007 bewilligte die AG in in der Folgezeit – nach Auslaufen der Fortzahlung von Arbeitsentgelt durch den Arbeitgeber -, d. h. ab dem 12.03.2007, Krankengeld (KG). Zur Prüfung der Frage, ob weiterhin AU bestehe, schaltete die AG in den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK) ein. Die gestellte Frage bejahte der MDK in seiner Stellungnahme vom 02.03.2007, u. a. nach Auswertung der vorhandenen medizinischen Unterlagen, insbesondere eines Befundberichtes von Frau Dr. B vom 19.02.2007. Am 09.05.2005 kam der MDK in einem Gutachten gleichen Tages – inhaltlich übereinstimmend mit der Einschätzung von Frau Dr. B – zu dem Ergebnis, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) vorlägen: Die Erwerbsfähigkeit des ASt. sei erheblich gefährdet. Vor diesem Hintergrund forderte die AG in den ASt. mit Bescheid vom 15.05.2007 auf, einen Antrag auf Gewährung von Maßnahmen zur medizinischen Rehabilitation (Reha) bei der Deutschen Rentenversicherung Bund (DRB) innerhalb von zehn Wochen nach Eingang des Bescheides zu stellen. Das Fristende fiel auf den 27.07.2007. Nach dem in den Akten enthaltenen Auszahlschein bescheinigte Frau Dr. B bis zu diesem Zeitpunkt weiterhin das Bestehen von AU.
Am 15.05.2007 beantragte der ASt. bei der AG in die Gewährung von Einsicht in die Akten und die über ihn geführten Daten. Nach Rückfrage beim MDK und der behandelnden Ärztin Frau Dr. B übersandte die AG in dem ASt. am 24.05.2007 Kopien der Akte sowie einen Ausdruck der über ihn gespeicherten Daten. Mit Schreiben vom 09.06.2007 verlangte der ASt. daraufhin die Korrektur bestimmter Daten, u. a. sei ihm die Zulassung als Rechtsanwalt nicht entzogen worden, sondern er habe sie noch vor Rechtskraft des Entzuges freiwillig zurückgegeben. Auch hätten ihn die behandelnden Ärzte nicht gefälligkeitshalber krank geschrieben. Er habe vielmehr beispielsweise trotz einer Fingerverletzung weitergearbeitet. Die ihm gesetzte Frist zur Stellung des Reha-Antrages gehe ins Leere. Er erwarte in Kürze die Verarbeitung der die Belastungsstörung auslösenden Geschehnisse und damit eine Gesundung, die eine medizinische Reha entbehrlich machten. Mit Bescheid vom 21.06.2007 lehnte die AG in eine Datenkorrektur mit der Begründung ab, die Daten des ASt. befänden sich auf einem korrekten Stand.
Der ASt., der zur Sicherung des Lebensunterhalts der Familie bei der Zeitarbeitsfirma Q als Hilfsarbeiter beschäftigt ist, meldete sich am 25.07.2007 bei seinem Arbeitgeber als arbeitsfähig zurück. Zunächst nahm er jedoch den ihm noch zustehenden Urlaub in Anspruch. Nach seinen eigenen Angaben habe er deshalb bis einschließlich 03.09.2007 nur auf Abruf dienstbereit zu sein. Der ASt. setzte die AG in von diesem Sachverhalt in Kenntnis. Daraufhin teilte sie dem ASt. mit Bescheid vom 24.07.2007 mit, die Zahlung von KG werde mit Ablauf des 24.07.2007 eingestellt. Wegen der nach ihrer Auffassung weiterhin bestehenden AU sei er dennoch verpflichtet, einen Reha-Antrag zu stellen. Zukünftig könne KG nur gezahlt werden, wenn der Reha-Antrag fristgerecht, das heißt bis zum 27.07.2007, bei der DRB eingereicht werde.
Am 26.07.2007 hatte der ASt. die AG in erstmals aufgefordert, sofort die aus seiner Sicht unhaltbare Unterstellung des Fortbestehens von AU zu widerrufen. Den Urlaub habe er in Abstimmung mit dem Arbeitgeber nur deshalb angetreten, damit dieser eine Einsatzbestimmung treffen könne. Zugleich hatte der ASt. im Rahmen eines bei dem Sozialgericht (SG) Detmold auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes gerichteten Verfahrens (Az.: S 5 KR 224/07 ER) ebenfalls am 26.07.2007 geltend gemacht, die Speicherung seiner Arbeitsfähigkeit sei rechtswidrig. Zur weiteren Begründung hatte er sich auf eine ärztliche Bescheinigung von Dr. U vom 26.07.2007 bezogen. Danach bestünden aus dessen Sicht keine Bedenken gegen eine Arbeitsaufnahme zum 25.07.2007. Er gehe davon aus, dass AU-Bescheinigung vom 25.07.2007 ihr Ende gefunden habe.
Mit Beschluss vom 01.08.2007 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückgewiesen. Die dagegen gerichtete Beschwerde hatte der erkennende Senat (Az.: L 16 B 39/07 KR ER) mit Beschluss vom 22.08.2007 zurückgewiesen. Insoweit ist ein Hauptsacheverfahren anhängig (Az.: S 5 KR 230/07, SG Detmold; L 16 KR 132/08, LSG NRW).
Am 12.05.2008 hat sich der ASt. erneut im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes an das SG gewandt mit dem Ziel, die Anordnung einer Datensperre zu erreichen. Ein weiteres Zuwarten sei ihm nicht zumutbar.
Der ASt. hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Datensperre gegenüber der AG in anzuordnen.
Die AG in hat schriftsätzlich beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung zurückzuweisen.
Sie hat zur Begründung vorgetragen, die den ASt. betreffenden Daten seien unter strikter Beachtung des gesetzlich festgelegte Rahmens, vgl. § 35 Sozialgesetzbuch Erstes Buch (SGB I), § 67a Abs. 1 S. 1 i. V. m. § 67c Abs. 1 S. 1 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X), erhoben und gespeichert worden. Ein Anspruch gemäß § 84 Abs. 1 S. 1 und Abs. 2 S. 1 SGB X auf Berichtigung unrichtiger Daten bzw. Löschung von Daten, deren Speicherung unzulässig sei, bestehe nicht; denn es seien keinen unrichtigen Daten über den ASt. gespeichert.
Mit Beschluss vom 27.05.2008 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen Folgendes ausgeführt, es fehle bereits an einem Anordnungsgrund. Der ASt. habe in keiner Weise glaubhaft gemacht, aus welchen Gründen eine besondere Eilbedürftigkeit gegeben sei, die ein Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens unzumutbar machen könne. Er habe nicht einmal dargelegt, aus welchen Gründen eine besondere Gefährdung im Sinne des Entstehens nicht wieder gut zu machender Nachteile durch eine möglicherweise unkorrekte Speicherung von Daten gegeben sein könne.
Gegen den ihm am 04.06.2008 zugestellten Beschluss hat der ASt. am 06.06.2008 Beschwerde eingelegt. Er trägt ergänzend vor, effektiven Rechtsschutz könne nur in einem erneuten einstweiligen Rechtsschutzverfahren erlangen.
Der ASt. beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
den Beschluss des SG Detmold vom 27.05.2008 zu ändern und im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes eine Datensperre gegenüber der AG in anzuordnen.
Die AG in beantragt schriftsätzlich,
die Beschwerde gegen den Beschluss des SG Detmold vom 27.05.2008 zurückzuweisen.
Zur Begründung bezieht sie sich auf den ihrer Auffassung nach zutreffenden angefochtenen Beschluss.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage wird auf den Inhalt der Prozessakte sowie der Verwaltungsakten der AG in und der Prozessakten des Hauptsacheverfahrens (Az.: S 5 KR 230/07, SG Detmold; L 16 KR 132/08, LSG NRW) Bezug genommen, die Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.
II.
Die zulässige, insbesondere fristgerecht eingelegte Beschwerde des ASt. ist nicht begründet. Das SG hat zu Recht mit Beschluss vom 27.05.2008 den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgewiesen.
Nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) können einstweilige Anordnungen zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis erfolgen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind insoweit glaubhaft zu machen, vgl. § 86b Abs. 2 S. 4 SGG i. V m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO). Das einstweilige Rechtsschutzverfahren dient vorläufigen Regelungen. Nur wenn dies zur Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes schlechterdings notwendig ist, d. h. wenn die sonst zu erwartenden Nachteile für den ASt. unzumutbar wären und ein hoher Grad an Wahrscheinlichkeit für einen Erfolg in der Hauptsache spricht, weil dem Rechtsschutzsuchenden ein bestimmter Anspruch zusteht (vgl. Bundesverwaltungsgericht -BVerwG-, Beschl. vom 13.08.1999, Az.: 2 VR 1/99, www.jurisweb.de, RdNr. 24 f.; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Aufl. 2008, § 86b RdNr. 31 m. w. N.), ist ausnahmsweise die Vorwegnahme der Hauptsache im vorläufigen Rechtsschutzverfahren zulässig (vgl. BVerwG, Beschl. vom 13.08.1999, a. a. O.; Meyer-Ladewig, a. a. O.; ständige Rechtsprechung des erkennenden Senats, vgl. Beschlüsse vom 16.10.2002 – L 16 KR 219/02 ER -, vom 13.05.2004 – L 16 B 20/04 KR ER -, vom 29.11.2005 – L 16 B 90/05 -, vom 06.04.2006 – L 16 B 3/06 KR ER – sowie vom 11.07.2006 – L 16 B 43/06 KR ER -, siehe www.sozialgerichtsbarkeit.de).
Das SG hat zu Recht die Auffassung vertreten, es fehle bereits an einem Anordnungsgrund. Der ASt. hat in keiner Weise dargelegt, geschweige denn glaubhaft gemacht, dass eine besondere Eilbedürftigkeit besteht, die ein Abwarten des Ausgangs des Hauptsacheverfahrens unzumutbar machen könnte. Dies gilt insbesondere im Hinblick darauf, dass der ASt. seit dem 01.10.2007 gar nicht mehr Mitglied der Krankenversicherung der AG in ist, diese mithin auch über gegebenenfalls geltend gemachten erneute Leistungsansprüche, bei denen auch nur die entfernte Möglichkeit bestehen könnte, dass die Feststellungen der AG in in der Vergangenheit, die datenmäßig gespeichert sind, eine Rolle spielen, gar nicht mehr zu entscheiden hat. Das bloße Vorhalten von Daten, die möglicherweise nicht zutreffend sind, allein begründet zur Überzeugung des Senates keine nicht wieder gut zu machenden Nachteile, zu deren Beseitigung eine Datensperre zu verhängen wäre.
Das Vorliegen eines Anordnungsanspruchs hat das SG zu Recht offen lassen können.
Der Beschwerde war daher mit der auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG beruhenden Kostenentscheidung zurückzuweisen.
Der Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das BSG angefochten werden, vgl. § 177 SGG.
Erstellt am: 08.10.2008
Zuletzt verändert am: 08.10.2008