Die Beschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 27.05.2008 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe:
I. Die Klägerinnen wehren sich mit ihrer Beschwerde gegen die Versagung von Prozesskostenhilfe durch das Sozialgericht. In der Sache ist streitig, ob die Beklagte verpflichtet ist, den Klägerinnen eine Zustimmung zum Auszug aus ihrer jetzigen Wohnung zu erteilen.
Die 1988 geborene Klägerin zu 1) sowie deren im Februar 2006 geborene Tochter, die Klägerin zu 2), stehen im Leistungsbezug nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch – Grundsicherung für Arbeitssuchende (SGB II). Sie bewohnen zusammen mit dem Lebensgefährten der Klägerin zu 1) eine 76 m² große Dreizimmerwohnung, wobei eines der Zimmer lediglich über den allgemein zugänglichen Flur zu erreichen ist.
Am 29.11.2007 beantragte die Klägerin zu 1), gemeinsam mit ihrer Tochter aus der Wohnung ausziehen zu dürfen, da die Wohnung für drei Personen zu klein sei und ein Zimmer außerhalb der Wohnung liege. Ihre Tochter benötige ein eigenes Zimmer. Mit Bescheid vom 05.12.2007 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die derzeit bewohnte Wohnung sei nach Geburt der Klägerin zu 2) in Kenntnis eines eventuellen zukünftigen Bedarfs an anderweitigem Wohnzuschnitt oder erhöhtem Raumbedarf angemietet worden. Hinzu komme, dass die Klägerin zu 2) in ihrem Alter noch der besonderen Nähe zur Mutter bedürfe, von daher selbst im Falle eines Nichtvorhandenseins eines Kinderzimmers der Antrag derzeit nicht positiv zu bescheiden wäre. Zur Begründung ihres Widerspruchs vom 14.01.2008 führte die Klägerin zu 1) aus, sie sei bei Anmietung der Wohnung gerade mal 18 Jahre alt gewesen. In einer Wohnung mit einem abgetrennten Raum für das Kind könne erfahrungsgemäß ebenfalls die erforderliche Nähe zum Kind erhalten bleiben. Vielmehr könne sogar eine größere Nähe durch Rückzugsmöglichkeiten aufgebaut werden. Sie könne nur mutmaßen, dass die Beklagte lediglich die Umzugskosten und die Kaution für eine neue Wohnung sparen wolle.
Mit Widerspruchsbescheid vom 18.02.2008 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur Begründung führte sie aus, Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten könnten lediglich bei vorheriger Zustimmung durch den kommunalen Träger übernommen werden. Dabei solle die Zusicherung erteilt werden, wenn der Umzug durch den Träger veranlasst worden sei oder aus anderen Gründen notwendig und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden könne. Bei einer Wohnfläche von 76 m² sei die Wohnung für einen Dreipersonenhaushalt groß genug. Eine Vergrößerung des Wohnraums durch einen Umzug scheide daher aus. Die im Widerspruch dargestellten Gründe stellten keinen schwerwiegenden Grund dar, der einen Umzug rechtfertigen würde. Eine Aufforderung zum Umzug sei nicht erfolgt. Ein Grund, der die Notwendigkeit eines Umzugs und die damit eventuell verbundene Übernahme der entstehenden Umzugskosten rechtfertige, sei nicht erkennbar.
Mit ihrer am 18.03.2008 beim Sozialgericht Aachen erhobenen Klage halten die Klägerinnen an ihrem Begehren fest. Die derzeit bewohnte Wohnung bestehe zwar aus drei Zimmern. Allerdings sei ein Zimmer nur über einen allgemein zugänglichen Hausflur zu erreichen und zudem nicht beheizbar. Die jetzigen räumlichen Verhältnisse seien unangemessen. Dieser Umstand habe sich herausgestellt, als die kalte Jahreszeit gekommen sei und die Enge der Räumlichkeit dadurch bedingt allen bewusst geworden sei. Den Klägerinnen gehe es nicht um die Kosten eines Umzuges, sondern lediglich um die erforderliche Zustimmung, dass sie die Wohnung verlassen dürften. Nicht ausgeschlossen sei aber, dass gegebenenfalls eine Kaution zu stellen sei. Der Gegenseite entstünden also so gut wie gar keine Mehrkosten. Das Festhalten an der jetzigen Wohnung sei nicht nachvollziehbar. Die Zustimmung der Beklagten zum Wohnungswechsel sei leider erforderlich, so dass diese auch zu erteilen sei.
Die Klägerinnen beantragen sinngemäß,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 05.12.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18.02.2008 zu verurteilen, die Zustimmung zum Auszug aus der jetzigen Wohnung zu erteilen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf den Inhalt ihrer Verwaltungsakte sowie die Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid.
Das Sozialgericht hat mit Schreiben vom 17.04.2008 darauf hingewiesen, dass eine abstrakte Zusicherung nach den materiellen Vorschriften des SGB II kaum infrage komme. Es möge in Betracht gezogen werden, die Klage zurückzunehmen und gegebenenfalls einen neuen Antrag auf Zusicherung bei der Beklagten zu stellen, wenn die Klägerinnen eine konkrete Wohnung in Aussicht hätten.
Die Klägerinnen haben hierzu wie folgt Stellung genommen: Es müsse eine Grundsatzentscheidung herbeigeführt werden. Ohne die entsprechende Zustimmung der Gegenseite könne eine anderweitige Wohnung nicht angemietet werden, denn ansonsten bestehe für die Klägerin nämlich Gefahr, dass wegen Anmietung einer Wohnung ohne entsprechende Zustimmung die staatlichen Leistungen komplett eingestellt werden würden, und zwar so, wie es seitens der Rechtsprechung und Gesetzgebung als Sanktionen möglich sei. Im Übrigen habe die Beklagte sich von vornherein geweigert, einem Umzug zuzustimmen. Es verstehe sich von selbst, dass die Anmietung einer anderweitigen Wohnung natürlich angemessen sein müsse. Hierzu gebe es aber feste Tabellensätze seitens der Beklagten. Solange es aber an der grundsätzlichen Bereitschaft mangele, überhaupt eine Wohnung anmieten zu dürfen, mache die Anmietung einer konkreten Wohnung keinen Sinn. Zunächst müsse die generelle Zusicherung vorhanden sein. Die Beklagte weigere sich noch immer, einem Umzug dem Grundsatz nach zuzustimmen. Jede Wohnung gehe verloren, wenn man über fünf Monate oder länger zuwarten müsse, bis eine Zustimmung zur Anmietung einer konkret ins Auge gefassten Wohnung erfolge. Schließlich habe die Beklagte einen rechtsmittelfähigen Bescheid erlassen mit den entsprechenden Rechtsmitteln, die die Klägerinnen nunmehr ergriffen.
Mit Beschluss vom 27.05.2008 hat das Sozialgericht die Gewährung von Prozesskostenhilfe für das Klageverfahren abgelehnt. Zur Begründung hat das Sozialgericht ausgeführt, im SGB II fehle es an einer Rechtsgrundlage für eine abstrakte Zusicherung zum Auszug. Den Klägerinnen bleibe es unbenommen, eine konkrete Unterkunft ins Auge zu fassen und dann gegebenenfalls bei der Beklagten erneut einen Antrag auf Zusicherungen zum Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft zu stellen, über den dann nach Maßgabe des § 22 Abs. 2 SGB II zu entscheiden wäre.
Gegen den ihnen am 29.05.2008 zugestellten Beschluss richtet sich die Beschwerde vom selben Tage. Die Klägerinnen tragen vor, es mache wenig Sinn, sich zunächst einmal nach einer anderen Wohnung umzusehen und sodann das komplette Verwaltungsverfahren in Kenntnis der ablehnenden Haltung der Gegenseite bezüglich einer Zustimmung zum Umzug durchzuführen. Selbst im hiesigen Verfahren habe die Gegenseite keine Bereitschaft für eine Zustimmung signalisiert, falls eine andere passende Unterkunft gefunden werde. Die Durchführung des Verwaltungs- und Klageverfahrens würde mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass jeder Vermieter absage, denn kein Vermieter werde wohl so lange zuwarten, bis die Sache rechtlich geklärt sei.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitsstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten sowie der Prozessakte Bezug genommen.
II. Die zulässige Beschwerde der Klägerinnen ist unbegründet. Das Sozialgericht hat es zu Recht abgelehnt, den Klägerinnen Prozesskostenhilfe unter Beiordnung eines Rechtsanwalts zu gewähren. Die beim Sozialgericht am 18.03.2008 erhobene Klage hat keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne der §§ 73a Abs. 1 S. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. 114 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO). Dabei kann hinreichende Erfolgsaussicht nicht mit der Begründung verneint werden, das Klageverfahren habe sich nach dem zwischenzeitlichen Auszug des Lebensgefährten der Klägerin zu 1) zum 01.08.2008 ohnehin faktisch erledigt. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Erfolgsaussichten ist vielmehr der Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs spätestens am 27.05.2008.
Der Senat teilt die Auffassung des Sozialgerichts, dass kein Anspruch auf Erteilung einer gleichsam "abstrakten" Zustimmung oder einer Zustimmung "dem Grunde nach" zu einem Umzug besteht, also einer Zustimmung losgelöst von einer konkreten Wohnung (vgl. bereits Beschluss des Senates vom 16.10.2007 – L 20 B 68/07 AY ER zu § 29 Sozialgesetzbuch 12. Buch – Sozialhilfe ( SGB XII)). Bereits aus dem Wortlaut des § 22 Abs. 2 SGB II ergibt sich zunächst, dass eine vorherige Zusicherung – entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten der Klägerinnen – zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft ohnehin nicht Voraussetzung für die Übernahme der Kosten der Unterkunft ist (vgl. BSG, Urteil vom 07.11.2006 – B 7b AS 10/06 R = SozR 4-4200 § 22 Nr. 27; Piepenstock in jurisPK-SGB II, 2. Auflage 2007, § 22 Rnr. 91). Die Auffassung des Bevollmächtigten der Klägerinnen, die Beklagte wäre unter Umständen berechtigt, jegliche Übernahme von Kosten der Unterkunft zu verweigern, sofern eine Zusicherung nicht vorliege, trifft nicht zu. Die Regelung des § 22 Abs. 1 S. 2 SGB II bedingt lediglich, dass bei einem nicht erforderlichen Umzug Leistungen weiterhin nur in Höhe der bis dahin zu tragen Aufwendungen erbracht werden, wenn sich die angemessenen Aufwendungen für Unterkunft und Heizung infolge des Umzuges erhöhen. Aus § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II ergibt sich, dass der kommunale Träger zum einen die Erforderlichkeit des Umzuges und zum anderen die Angemessenheit der Aufwendungen für die neue Unterkunft zu prüfen hat. Daraus ergibt sich zwingend, dass eine Zusicherung immer das Vorhandensein einer konkreten Wohnung voraussetzt. Es besteht insbesondere kein Anspruch auf eine vorab erfolgende, bindende Entscheidung zur Erforderlichkeit eines in Ermangelung einer konkret ins Auge gefassten Wohnung einstweilen nur hypothetischen Umzuges.
Auch eine Zusicherung im Sinne von § 22 Abs. 3 S. 1 SGB II kann erst in Zusammenhang mit der Anmietung einer konkreten Wohnung beantragt werden, wenn etwaige Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten beurteilbar sind.
Dass die Beklagte die beantragte Zusicherung durch Erteilung eines ablehnenden Bescheides und nach Überprüfung der Erforderlichkeit eines Umzuges ablehnte, vermag einen Anspruch auf Erteilung der begehrten Zusicherungen demnach nicht begründen. Es kann auch dahinstehen, ob die Ausführungen zur Erforderlichkeit des Umzuges einer rechtlichen Überprüfung standhielten. Schließlich ist im Rahmen des vorliegenden Beschwerdeverfahrens nicht zu prüfen, ob die Beklagte durch ihre Ausführungen gegebenenfalls Veranlassung zur Klageerhebung gegeben hat. Dieser Gesichtspunkt könnte lediglich im Rahmen einer Kostenentscheidung nach § 193 Abs. 1 SGG Bedeutung erlangen.
Kosten sind nicht zu erstatten, § 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 177 SGG.
Erstellt am: 08.10.2008
Zuletzt verändert am: 08.10.2008