NZB erledigt durch Beschluss vom 09.01.09
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.09.2007 wird zurückgewiesen. Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Streitig ist die Kostenerstattung für eine ambulant durchgeführte interstitielle Brachytherapie mit Permanent-Seeds.
Bei dem 1938 geborenen Kläger, der bei der beklagten Betriebskrankenkasse krankenversichert ist, wurde im August 2004 ein Prostatakarzinom (cT2a, Nx, MO, Gleason 3+4=7, PSA 4,6) histologisch gesichert festgestellt. Am 12.11.2004 beantragte der Kläger die Kostenübernahme für eine permanente Jod-Seed-Implantation (Brachytherapie) und bezog sich dabei auf das dem Antrag beigefügte ausführliche Schreiben der nicht zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Urologen Dres. D. und N. vom 27.10.2004 sowie die von diesen Ärzten erstellte Übersicht über die voraussichtlichen Kosten. In dem ärztlichen Schreiben wurde dargelegt, der Kläger lehne wegen der damit verbundenen Nebenwirkungen eine radikale Prostatektomie ab; die begehrte Therapie werde im weiteren Umkreis auf ambulanter Basis nur von diesen Ärzten angeboten. Der Kläger ließ die streitige Therapie – nach entsprechender Vorbereitungsbehandlung am 16.11.2004 – am 06.12.2004 durchführen.
Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein von August 2005 lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10.08.2005 den gestellten Antrag ab, da die begehrte Therapie nicht Gegenstand der vertragsärztlichen Versorgung sei. Bei der Brachytherapie handele es sich um eine neue, bisher nicht anerkannte Behandlungsmethode i.S.d. Sozialversicherung; die Beratungen beim Bundesaus-schuss der Ärzte und Krankenkassen seien diesbezüglich noch nicht abgeschlossen. Alternativ sei die Prostatektomie oder eine externe Bestrahlung durchzuführen. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.11.2006 als unbegründet zurück.
Im Dezember 2006 übersandte der Kläger der Beklagten die Rechnungen bezüglich der streitigen Therapie in Höhe von 8.451,35 Euro (Rechnung Dres. N./D. vom 12.01.2005) und in Höhe von 476,87 Euro (Rechnung Dr. S./G. H., Ärzte für Anästhesiologie vom 20.12.2004).
Am 21.12.2006 hat der Kläger Klage bei dem Sozialgericht (SG) Köln erhoben und vorgetragen, als er auf seinen Antrag keine zeitnahe ablehnende Entscheidung erhalten habe, sei er davon ausgegangen, dass der Antrag positiv beschieden werde. Die Beklagte habe es überdies versäumt, ihn über Behandlungsmöglichkeiten in einer anderen vertragsärztlichen Einrichtung bzw. stationären Einrichtung aufzuklären. Er hätte sich sonst in einer solchen Klinik behandeln lassen. Die Beklagte hafte deshalb i.S. eines sozialrechtlichen Erstattungsanspruchs. Außerdem liege ein Systemversagen vor, da das Überprüfungsver-fahren des Gemeinsamen Bundesausschusses nicht in absehbarer Zeit abgewickelt worden sei.
Der Kläger hat beantragt,
unter Aufhebung des Erstbescheides der Beklagten vom 12.08.2008 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2006, Az.: IK 000 wird die Beklagte verurteilt, dem Kläger die ihm entstandenen Kosten für die ambulante Brachytherapie mit permanenter Seedimplantation gemäß Liquidation Dres. N./D. vom 12.01.2005 in Höhe von 8.451,35 Euro sowie Dr. G. KG vom 20.12.2006 in Höhe von 476,87 Euro zuzüglich aller weiter dem Kläger bereits entstandener und künftig noch zu vorerwähnter Behandlungsmaßnahme entstehender Kosten zu erstatten.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die Begründung der angefochtenen Bescheide sowie auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 27.03.2007 – B 1 KR 25/06 – berufen.
Durch Urteil vom 17.09.2007 hat das SG die Klage abgewiesen. Die fehlende Anerkennung des streitigen Therapieverfahrens als neue Untersuchungs- und Behandlungsmethode beruhe nicht auf einem Systemversagen. Der Kläger könne seinen Anspruch auch nicht aus einem Aufklärungsmangel herleiten. Er habe vielmehr zu erkennen gegeben, dass er die Brachytherapie ambulant habe durchführen wollen.Daraus folge aber auch, dass eine stationäre Behandlung nicht notwendig sei.
Gegen das ihm am 18.12.2007 zugestellte Urteil hat der Kläger am 31.12.2007 Berufung eingelegt. Er trägt vor, er habe zum einen erwarten können, dass sein Kostenübernahmeantrag zeitnah beschieden werde und zum zweiten habe die Beklagte auch ihre Aufklärungspflichten hinsichtlich erstattungsfähiger Therapiemöglichkeiten verletzt. Die ablehnende Entscheidung der Beklagten stelle sich gleichzeitig als immanente rechtswidrige Ablehnung einer stationären Behandlung dar. Die streitige Therapie habe sich inzwischen flächendeckend durchgesetzt, wie auch die Entscheidung des Gemeinsamen Bundesausschusses im Januar 2008 zeige, wonach Patienten mit einer Prostatakrebserkrankung ambulant im Krankenhaus behandelt werden könnten. Schließlich sei zu betonen, dass die Praxis in Köln Fallzahlen von mehr als 1000 Patienten pro Jahr aufweise.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 17.09.2007 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 12.08.2005 in der Ge- stalt des Widerspruchsbescheides vom 20.11.2006 zu verurteilen, ihm für die streitige ambulante permanente Seedimplantation insgesamt 8.928,22 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Der Senat hat einen Befund- und Behandlungsbericht von Dr. D. vom 15.05.2008 eingeholt, auf dessen Inhalt verwiesen wird.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und Verwaltungsakte Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen Anspruch darauf, 8.928,22 Euro erstattet zu erhalten. Die Voraussetzungen der allein in Betracht kommenden Anspruchsgrundlage gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung – (SGB V) sind nicht erfüllt.
1. Einzige Rechtsgrundlage für die Erstattung der Kosten ist § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V. Ein Herstellungsanspruch kommt hierfür nicht in Betracht (vgl. BSG Urteil vom 02.11.2007 – B 1 KR 14/07 R -; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8). Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG stellt sich der in § 13 Abs. 3 SGB V geregelte Anspruch auf Kostenerstattung als abschließende gesetzliche Regelung des auf dem Herstellungsgedanken beruhenden Kostenanspruchs im Recht der gesetzlichen Krankenversicherung dar (vgl. BSG a.a.O.; BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 4). Die Rechtsnorm hat nur den Zweck, den Versicherten so zu stellen wie er bei Gewährung einer Sachleistung stehen würde (BSG a.a.O., BSG SozR 3-2500 § 13 Nr. 11; BSG Urteil vom 27.03.2007 – B 1 KR 25/06 R -). Die Bestimmung kann folglich nur Kosten erfassen, die dem Versicherten bei regulärer Leistungserbringung nicht entstanden wären. Diese zweckentsprechende Eingrenzung des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V darf auch nicht dadurch unterlaufen werden, dass weitergehende Rechte aus einem sozialrechtlichen Herstellungsanspruch abgeleitet werden. Der sozialrechtliche Herstellungsanspruch findet deshalb als Anspruchsgrundlage neben dem Naturalleistungen der gesetzlichen Krankenversicherung betreffenden Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V keine Anwendung. Denn auf den sozialrechtlichen Herstellungsanspruch als richterrechtlich entwickeltes Rechtsinstitut ist nur dann zurückzugreifen, wenn spezielle gesetzliche Regelungen nicht zur Verfügung stehen (vgl. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.).
2. Die Voraussetzungen des vom Kläger geltend gemachten Kostenerstattungsanspruchs sind nicht erfüllt. § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V bestimmt: Konnte die Krankenkasse eine unaufschiebbare Leistung nicht rechtzeitig erbringen oder hat sie eine Leistung zu Unrecht abgelehnt und sind dadurch Versicherten für die selbstbeschaffte Leistung Kosten entstanden, sind diese von der Krankenkasse in der entstandenen Höhe zu erstatten, soweit die Leistung notwendig war. Durch die Kostenerstattungsregelung soll lediglich in Fällen eines Systemversagens eine Lücke in dem durch das Sachleistungssystem der gesetzlichen Krankenversicherung garantierten Versicherungsschutz geschlossen werden. Deshalb enthält sowohl § 13 Abs. 3 Satz 1 1. Fall SGB V als auch § 13 Abs. 3 Satz 1 2. Fall SGB V das Merkmal der Rechtswidrigkeit der Leistungsverweigerung (vgl. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8). Trotz Unaufschiebbarkeit hat die Kasse deshalb nicht einzustehen, wenn der Versicherte sich eine Maßnahme beschafft hat, die unter jedem Gesichtspunkt vom Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschlossen ist. Infolge dessen besteht der Kostenerstattungsanspruch unabhängig von der Eilbedürftigkeit nur für medizinische Maßnahmen, die ihrer Art nach oder allgemein von den gesetzlichen Krankenkassen als Sachleistungen zu erbringen sind (vgl. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 1). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
a) Die vom Kläger allein begehrte Behandlung durch Dres. N./D. (Westdeutsches Prostatazentrum) konnte der Kläger nicht als Dienst- und Sachleistung in Natur beanspruchen. Der Antrag des Klägers war ausschließlich darauf gerichtet, die Beklagte solle die Kosten einer interstitiellen Brachytherapie bei diesen Ärzten übernehmen. Denn der Kostenübernahmeantrag vom 12.11.2004 war ausdrücklich auf die Kostenübernahme bezüglich der Kostenübersicht von Dres. N./D. vom 27.10.2004 gerichtet. Außerdem lag dem Antrag ein umfangreiches Schreiben dieser Ärzte vom 27.10.2004 mit der Bitte um Kostenübernahme bei. Der Kläger hat sich ausdrücklich auf dieses Schreiben bezogen. Bei den genannten Ärzten hatte der Kläger sich erstmals am 27.10.2004 vorgestellt und am 16.11.2004 fand dann die Vorplanung des streitigen Eingriffs in Form der Erstellung des Bestrahlungsplans und einer vorbereitenden Schließmuskelerweiterung statt. Auch Dr. D. hat in seinem Befundbericht vom 15.05.2008 dargelegt, dass der Kläger sich zwar zunächst über Möglichkeiten der ambulanten oder stationären Behandlung informieren wollte, diese dann aber nicht weiterverfolgt wurden. Bei seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Kläger ebenfalls deutlich gemacht, dass er sich nach Stellung der Diagnose im August 2004 zunächst selbst mittels Bücher und Kontaktaufnahme mit einer Selbsthilfegruppe über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informiert und alsdann für die Behandlung bei Dres. N./D. entschieden hatte. Dies alles verdeutlicht, dass der Kläger bei der Antragstellung von Anfang an auf die von ihm genannten Leistungserbringer und die von diesen durchgeführte Art und Weise der Leistungserbringung festgelegt war.
Die beantragte Leistung hat die Beklagte nicht zu Unrecht abgelehnt. Denn zum einen waren weder Dres. N./D. zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen oder entsprechend ermächtigt noch handelte es sich bei dem Westdeutschen Prostatazentrum um einen zugelassenen Leistungserbringer und zum anderen gehörte die interstitielle Brachytherapie mit Permanent-Seeds als neue Behandlungsmethode nicht zur vertragsärztlichen Versorgung, da der Gemeinsame Bundesausschuss zum entscheidungserheblichen Zeitpunkt der Behandlung noch keine positive Empfehlung über den Nutzen der Methode abgegeben hatte (vgl. § 135 Abs. 1 Satz 1 SGB V und hierzu BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 13). Das in § 135 Abs. 1 SGB V aufgestellte Verbot mit Erlaubnisvorbehalt kann auch nicht durch ein sog. Systemversagen durchbrochen werden. Denn es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, dass sich die antragsberechtigten Stellen oder der Gemeinsame Bundesausschuss aus sachfremden bzw. willkürlichen Erwägungen mit der Materie nicht oder zögerlich befasst haben. Auch die Verfahrensdauer beim Gemeinsamen Bundesausschuss gibt für ein Systemversagen nichts her. Bei – wie hier – komplexen Leistungen ist es vielmehr nicht gerechtfertigt, allein wegen einer Verfahrensdauer von mehr als drei Jahren den Schluss auf eine unsachge-mäße Verfahrensweise zu ziehen (vgl. zum Fehlen eines Systemversagens bei der interstitiellen Brachytherapie BSG SozR 4-2500 § 27 Nr. 8; BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 13). Auch auf Verfassungsrecht kann sich der Kläger insoweit nicht mit Aussicht auf Erfolg berufen (vgl. BSG a.a.O.). Für den Kläger kam die gewünschte Behandlung mangels Empfehlung des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 135 Abs. 1 SGB V mithin rechtmäßig nur als ambulante Krankenhausbehandlung nach § 116b Abs. 2 bis 4 SGB V oder als stationäre Krankenhausbehandlung in Betracht. Da Dres. N./D. jedoch keine zugelassenen Leistungserbringer waren, hat die Beklagte den Antrag auf Kostener-stattung für die Behandlung durch diese zu Recht abgelehnt.
b) Soweit der Kläger vorträgt, die Beklagte habe es versäumt, ihn darauf hinzuweisen, dass die begehrte Behandlung in stationärer bzw. ambulanter Form in einem Vertragskrankenhaus habe erlangt werden können, so dass die Voraussetzungen gemäß § 13 Abs. 3 Satz 1 Fall 1 SGB V erfüllt seien, ist dieser Auffassung nicht zu folgen.
Grundsätzlich bestimmt sich die Fähigkeit der Krankenkassen, auch unaufschiebbare Leistungen rechtzeitig zu erbringen, nach objektiven Kriterien. Die Beklagte hätte – wie der Kläger selbst vorgetragen hat -, die begehrte Behandlung objektiv rechtzeitig in einem Vertragskrankenhaus erbringen können. Der Kläger hätte dies – die medizinische Notwendigkeit der Behandlung zeitnah zu dem durchgeführten Termin wird insoweit zu Gunsten des Klägers unterstellt, auch wenn entsprechend seinen Angaben in der mündlichen Verhandlung, wonach er seit der Stellung der Diagnose mehrere Monate für Informationen über Behandlungsmöglichkeiten verwandte und zuvor auch noch in Urlaub fuhr, vieles dafür spricht, dass keine unaufschiebbare Leistung vorlag – von der Beklagten beanspruchen können. Bei solch objektiver Leistungsfähigkeit der Krankenkasse ist es für den Erstattungsanspruch jedoch grundsätzlich unerheblich, dass der Versicherte von der konkreten Leistungsmöglichkeit des Systems keine Kenntnis hat, solange er sich nicht bei seiner Krankenkasse erkundigt hat (vgl. BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.). Trotz objektiv bestehender Versorgungsmöglichkeit kann dennoch von einer unaufschiebbaren Leistung auszugehen sein, die die Krankenkasse nicht rechtzeitig erbringen konnte, wenn die Krankenkasse durch Fehlinformationen bewirkt hat, dass der Versicherte die objektiv bereitstehende Leistung subjektiv für nicht verfügbar hält und sie deshalb nicht in Anspruch nimmt. Dafür genügt jedoch nicht, dass der Versicherte einen zugelassenen Leistungserbringer sucht, aber nicht findet. Erforderlich ist vielmehr, dass die Krankenkasse ihren Versicherten von dem ihm Obliegenden – wie unten näher darge-stellt – abgehalten hat (vgl. BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt.
Die Beklagte hat dem Kläger weder einen irreführenden Hinweis erteilt noch eine gebotene Beratung unterlassen und dadurch bewirkt, dass der Kläger nicht auf die objektiv im System verfügbare Leistung zurückgreifen konnte. Zwar ist der Leistungsträger unabhängig von einem konkreten Beratungsbegehren gehalten, bei Vorliegen eines konkreten Anlasses auf klar zu Tage tretende Gestaltungsmöglichkeiten hinzuweisen, die sich offensichtlich als zweckmäßig aufdrängen und von jedem verständigen Versicherten mutmaßlich genützt würden (vgl. BSG SozR 4-1200 § 14 Nr. 5). Dies gilt insbesondere dann, wenn sich aus dem Verhalten eines Versicherten ergibt, dass er über die gesetzlichen Möglichkeiten nicht ausreichend informiert ist (vgl. BSG SozR 2200 § 182 Nr. 57). Das setzt aber voraus, dass der Krankenkasse ein solcher Informationsbedarf überhaupt erkennbar ist. Der Versicherte erhält die Leistung nämlich nicht unmittelbar von der Krankenkasse in Natur, sondern von den Leistungserbringern. Grundsätzlich erbringt die Krankenkasse den Versicherten danach ambulante Leistungen, indem sie ihnen eine Vielzahl von zugelassenen Leistungserbringern verfügbar hält, unter denen die Versicherten den gewünschten Therapeuten frei auswählen und sich dann von ihm behandeln lassen. Dem Wahlrecht der Versicherten entsprechen die ihnen erwachsenden Obliegenheiten, um Naturalleistungen zu erhalten. Sie haben regelmäßig einen der zugelassenen Ärzte auszuwählen und zur Behandlung unter Vorlage der Krankenversicherungskarte aufzusuchen. Wenn sie dagegen eine Leistung außerhalb des Naturalleistungssystems in Anspruch nehmen wollen, etwa weil eine Versorgung mit zugelassenen Leistungserbringern vermeintlich nicht sichergestellt ist, müssen sie vorher die Krankenkasse aufsuchen, um ihr zu ermöglichen, die angebliche Versorgungslücke zu überprüfen. Die Prüfung der Krankenkasse ist auf das Vorhandensein einer Versorgungslücke beschränkt, die aus dem konkreten Bedarf erwächst. Sie gibt der Krankenkasse weder das Recht noch erzeugt sie die Pflicht, in das Behandlungsverhältnis des Versicherten mit dem behandelnden Leistungserbringer durch unerbetene Informationen einzugreifen (vgl. BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.). Sie darf auch das Vertrauensverhältnis zwischen versichertem Patienten und seinem behandeln-den Arzt nicht missachten. Nicht zuletzt dem Schutz der Arzt-Patienten-Beziehung dienen die Informationspflichten der Ärzte. Ihnen – nicht ungefragt – den Krankenkassen obliegt in einem solchen Fall die umfassende, auch wirtschaftliche Aufklärung des Patienten. Aufklärungsfehler – über die kostenlosen Krankenkassenleistungen und über die Kosten privatärztlicher Leistungen – begründen keinen Kostenerstattungsanspruch, sondern schließen – wie unten noch dargelegt wird und in der mündlichen Verhandlung ausführlich erörtert wurde – den ärztlichen Honoraranspruch und damit auch einen Kostenerstat-tungsanspruch gegen die Krankenkasse aus (vgl. BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O. m.w.N.).
c) Schließlich ist der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch auch deshalb ausgeschlossen, weil kein Zahlungsanspruch wegen der streitigen Therapie entstanden ist.
§ 13 Abs. 3 Satz 1 SGBV erfasst nur die Kosten, die dem Versicherten bei regulärer Leistungserbringung nicht entstanden wären. Andere Kosten, etwa die Verpflichtung gegenüber einem anderen als dem krankenversicherungsrechtlich zulässigen Leistungserbringer oder Zahlungen, die einem Leistungserbringer ohne Rechtsgrund zugewendet werden, lösen keinen Kostenerstattungsanspruch aus, weil sonst die krankenversicherungsrechtliche Bindung an die zulässigen Formen der Leistungserbringung durch den Anspruch auf Kostenerstattung ohne Weiteres unterbrochen werden könnte (vgl. BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 8; BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.).
Ein Kostenerstattungsanspruch ist deshalb stets ausgeschlossen, wenn der Leistungserbringer versucht, Unsicherheit über den eigenen Zulassungsstatus durch eine Honorarvereinbarung auf den Versicherten abzuwälzen. Dies gilt erst recht, wenn ein Leistungserbringer es unternimmt, seine fehlende Kassenzulassung oder Berechtigung zur Leistungserbringung dadurch zu unterlaufen, dass er Versicherte sehenden Auges in Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 1 Satz 1 SGB V treibt, um die – vom System an anderer Stelle angebotenen Leistungen – selbst zu Lasten der Krankenkassen erbringen zu können (vgl. BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.). Kostenerstattung kann in diesen Fällen schon deshalb nicht verlangt werden, weil eine Honorarforderung des Leistungserbringers nicht entsteht, getroffene Entgeltabreden vielmehr regelmäßig nichtig sind. Denn eine Vertragsgestaltung, die die Unsicherheit des Leistungserbringers hinsichtlich seines Rechtsstatus dem Versicherten anlasten will, der eine Kassenleistung außerhalb des Kostenerstattungsverfahrens nach § 13 Abs. 2 oder 4 SGB V beansprucht, ist als Abweichung vom Prinzip kostenfreier Dienst- und Sachleistung regelmäßig gemäß § 32 SGB I nichtig (BSG SozR 4-2500 § 13 Nr. 9; BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.). Die Nichtigkeit der Honorarvereinbarung erfasst regelmäßig nicht den restlichen Behandlungsvertrag. Anstelle von Honoraransprüchen kommen in solchen Situationen auch keine gesetzlichen Ansprüche – insbesondere auf Aufwendungsersatz aus Geschäftsführung ohne Auftrag oder aus ungerechtfertigter Bereicherung – gegen den Versicherten in Betracht. An eine Ausnahme hiervon (wirksame Honorarvereinbarung) ist allenfalls zu denken, wenn ein Versicherter vollständig über die Risiken aufgeklärt ist und in dem Bewusstsein den Vertrag eingeht, dass er eine entsprechende Leistung gleicher Qualität ohne eigene Kosten bei einem zugelassenen Behandler in Anspruch nehmen könnte.
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsgrundsätze ist die Honorarvereinbarung hier nichtig. Denn die behandelnden Ärzte haben hier versucht, ihre fehlende Kassenzulassung dadurch zu unterlaufen, dass sie den Kläger sehenden Auges in ein Kostenerstattungsverfahren getrieben haben. Sie haben in ihrem an die Beklagte und den Kläger gerichteten Schreiben vom 27.10.2004 nämlich darauf hingewiesen, dass eine Abrechnung nach EBM mittels Krankenversicherungskarte nicht möglich sei, da die bislang eingesetzte Ziffer nicht für die oben beschriebene Methode entwickelt worden sei. Darauf, dass eine Abrechnung mittels Krankenversicherungskarte nicht wegen fehlender Abrechnungszif-fern, sondern vor allem wegen einer fehlenden Kassenzulassung nicht erfolgen konnte, haben die behandelnden Ärzte ebenso wenig hingewiesen wie darauf, dass die von ihnen ambulant angebotene Behandlungsmethode von der Krankenkasse nicht getragen wird, während sie die Kosten bei einer Krankenhausbehandlung übernehmen würde. Zu einer solchen Aufklärung wären die Ärzte im Rahmen ihrer wirtschaftlichen Aufklärungspflicht jedoch verpflichtet gewesen (vgl.BSG Urteil vom 02.11.2007, a.a.O.). Auch in der mündlichen Verhandlung hat der Kläger betont, dass er von den behandelnden Ärzten nicht auf die Möglichkeit der stationären Durchführung der streitigen Behandlung und deren Kostentragung durch die Beklagte hingewiesen wurde. Da die behandelnden Ärzte den Kläger somit sehenden Auges in ein Kostenerstattungsverfahren nach § 13 Abs. 3 Satz 1 SGB V getrieben haben, um die – vom System an anderer Stelle angebotenen Leistungen – selbst zu Lasten der Krankenkasse erbringen zu können (vgl. dazu BSG Urteil vom 02.11.2007 a.a.O.), scheidet ein Kostenerstattungsanspruch aus.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Anlass zur Zulassung der Revision besteht nicht, da die Voraussetzungen gemäß § 160 Abs. 2 SGG nicht gegeben sind.
Erstellt am: 22.01.2009
Zuletzt verändert am: 22.01.2009