Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31.03.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt höheres Elterngeld.
Die Klägerin ist die Mutter der am 00.00.2004 und 00.00.2007 geborenen Töchter I und Q. Vor der Geburt des Kindes I war sie als Diplom-Sozialarbeiterin bei der Stadt N beschäftigt. Anlässlich der Geburt von I bezog sie in der Zeit vom 7.10.2004 bis 15.1.2005 Mutterschaftsgeld und nahm im Anschluss hieran bis zum 28.7.2007 Elternzeit ohne Teilzeitbeschäftigung in Anspruch; Erziehungsgeld wegen der Erziehung von I bezog sie nicht.
In der Zeit vom 10.4.2007 bis 28.7.2007 erhielt die Klägerin Mutterschaftsgeld. Zwischen dem Ende der Elternzeit für I und dem Beginn der Elternzeit für Q am 2.8.2007 hatte die Klägerin Anspruch auf Zahlung von Arbeitsentgelt (Resturlaub von insgesamt 3 Tagen).
Die Klägerin beantragte im August 2007 Elterngeld für Q. Mit Bescheid vom 13.8.2007 wurde ihr diese Leistung Elterngeld für die ersten zwölf Lebensmonate von Q gewährt. Das Elterngeld wurde für den zweiten Lebensmonat wegen des Bezugs von Mutterschaftsgeld das Elterngeld auf 48,39 Euro, für den dritten bis sechsten Lebensmonat unter Berücksichtigung des Geschwisterbonus auf 375 Euro und für die Zeit ab dem siebten Lebensmonat auf 300 Euro monatlich festgesetzt. Die Klägerin erhob hiergegen Widerspruch, mit dem sie die Berechnung des Elterngelds auf der Grundlage der vor der Geburt des Kindes I erzielten Einkünfte begehrte. Der Widerspruch wurde durch Bescheid der Bezirksregierung vom 1.10.2007 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der am 29.10.2007 beim Sozialgericht Münster (SG) erhobenen Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt: Die Festsetzung des Elterngelds in Höhe des Sockelbetrags von 300 Euro verstoße gegen Artikel 3 und 6 Grundgesetz (GG). Die Regelung des § 2 Abs. 7 BEEG, nach der nur Kalendermonate des Bezugs von Elterngeld bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Monate unberücksichtigt bleiben könnten, führe zur Benachteiligung von Eltern, die für ein vor dem 1.1.2007 geborenes Kind Elternzeit in Anspruch genommen haben. Eine weitere Benachteiligung werde für sie dann gegeben sein, wenn sie innerhalb der Elternzeit für Q oder vor Ablauf von zwölf Monaten nach der Beendigung der Elternzeit ein weiteres Kind bekomme. Das Elterngeld müsse daher auf der Grundlage der in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt ihrer Tochter I erzielten Verdienste berechnet werden.
Die Klägerin hat beantragt,
den Bescheid vom 13.8.2007 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 1.10.2007 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, der Berechnung des Elterngelds das in den Monaten Dezember 2003 bis November 2004 erzielte Einkommen zugrunde zu legen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Bemessungszeitraum umfasse die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.3.2007. Da die Klägerin in diesem Zeitraum keine Einkünfte erzielt habe, sei der Klägerin Elterngeld in Höhe des Sockelbetrags zu gewähren. Die maßgeblichen Regelungen des BEEG seien mit dem Grundgesetz zu vereinbaren.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 31.3.2008 abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das der Klägerin zu gewährende Elterngeld sei in zutreffender Höhe festgesetzt worden. Es sei zunächst zu Recht für die Bestimmung des maßgeblichen Nettoeinkommens auf den Zeitraum vom 01.04.2006 bis 31.03.2007 abgestellt worden. Nach § 2 Abs. 1 S. 1 BEEG richte sich die Höhe des Elterngelds nach dem in den zwölf Kalendermonaten vor der Geburt des Kindes durchschnittlich erzielten monatlichen Einkommen aus Erwerbstätigkeit.
Diese Regelung werde in § 2 Abs. 7 S. 6 BEEG dahingehend modifiziert, dass Kalendermonate, in denen die berechtigte Person vor der Geburt des Kindes Mutterschaftsgeld nach der Reichsversicherungsordnung bezogen hat oder in denen während der Schwangerschaft wegen einer maßgeblich auf die Schwangerschaft zurückzuführenden Erkrankung Einkommen aus Erwerbstätigkeit ganz oder teilweise weggefallen ist, bei der Bestimmung der zwölf für die Einkommensermittlung vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legenden Kalendermonate unberücksichtigt bleiben. Da die Klägerin im April 2007 Mutterschaftsgeld bezogen habe, könne dieser Zeitraum nicht für die Einkommensermittlung berücksichtigt werden. Dies bedeute, dass der Bemessungszeitraum von zwölf Monaten die Zeit vom 1.4.2006 bis 31.3.2007 umfasse. Unerheblich sei, dass die Klägerin in diesem Zeitraum wegen der Inanspruchnahme der Elternzeit kein Einkommen erzielt habe. Das Gesetz knüpfe in § 2 Abs. 1 S. 2 BEEG an die Summe der positiven Einkünfte im Sinne des § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 bis 4 EStG an. Nach den Vorstellungen des Gesetzgebers solle der Wegfall von Erwerbseinkommen grundsätzlich nicht zu einer Verschiebung des Bemessungszeitraums führen (BT-Drucksache 16/1889 S. 20). Nur in Ausnahmefällen – nämlich dem Bezug von Mutterschaftsgeld und dem Wegfall des Erwerbseinkommens wegen einer schwangerschaftsbedingten Erkrankung – sei eine Verschiebung des Bemessungszeitraums möglich. An diese Regelung knüpfe der Gesetzgeber mit der Berücksichtigung des Bezugs des Elterngelds in § 2 Abs. 7 S. 5 BEEG an.
Die Beschränkung auf das Elterngeld und die Nichtberücksichtigung der Elternzeit sei verfassungsrechtlich unbedenklich. Das Elterngeld stelle eine Leistung des Staates im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit dar. Zur Gewährung dieser Leistung sei der Staat aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht verpflichtet. Die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des Existenzminimums des den Elterngeldanspruch begründenden Kindes erfolge nämlich durch das Kindergeld. Schutz gegen finanzielle Notlagen der Eltern gewährten darüber hinaus die Regelungen der Sozialhilfe. Ziel des Elterngelds sei vielmehr – unabhängig von einer wirtschaftlichen Notlage – die Verbesserung der wirtschaftlichen Lage der Familie und die Förderung der Entscheidung der Eltern für ein Kind (BT-Drucksache 16/1889 S. 14 ff.). Im Bereich der gewährenden Staatstätigkeit stehe dem Gesetzgeber ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dies gelte sowohl hinsichtlich des Ob als auch hinsichtlich der Modalitäten der Förderung. Auch unter Berücksichtigung der Vorgaben in Artikel 3 Abs. 1 GG sei verfassungsrechtlich unbedenklich, dass der Gesetzgeber bei der Höhe des Elterngelds auf die wirtschaftliche Erwerbssituation der Eltern vor der Geburt des Kindes abgestellt habe. Insoweit sei die Situation – wenn auch mit umgekehrten Vorzeichen – vergleichbar mit den Regelungen des BErzGG. Auch hier sei die Erwerbssituation der Familie berücksichtigt worden, allerdings in der Form, dass das Einkommen des erwerbstätigen Partners zum Wegfall des Anspruchs auf Erziehungsgeld führen konnte. Da das Elterngeld weder der Existenzsicherung des Kindes noch der der Eltern diene, sei der Gesetzgeber befugt gewesen, der Berechnung des Elterngelds die aktuelle wirtschaftliche Situation vor der Geburt des Kindes zugrunde zu legen. Dabei liege auch keine Ungleichbehandlung der Eltern, deren erstes Kind vor dem 1.1.2007 geboren ist, im Verhältnis zu den Eltern vor, deren Kind nach dem 1.1.2007 zur Welt gekommen ist. Auch bei den nach dem 1.1.2007 geborenen Kindern führe nämlich die Inanspruchnahme der Elternzeit nicht zur Verschiebung des Bemessungszeitraums. Durch die maßgeblichen Regelungen des BEEG werde nicht gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verstoßen.
Auch Artikel 6 GG sei nicht verletzt. Im Bereich der Förderung von Familien zur Verwirklichung der Garantien aus Artikel 6 Abs. 1 und 2 GG stehe dem Gesetzgeber eine weitgehende Gestaltungsprärogative zu (BVerfGE 82,60). Er genieße bei der Grundrechtsförderung einen im Vergleich zu Grundrechtseinschränkungen weitergehenden Handlungsspielraum. Aus der Regelung des Artikel 6 Abs. 1 GG lasse sich ein Verbot der Schlechterstellung von Ehe und Familie gegenüber anderen, nichtehelichen und nichtfamiliären Lebens- und Erziehungsgemeinschaften ableiten. Es dürften insbesondere keine rechtlichen Nachteile an Ehe und Familie geknüpft werden (Jarass/Pieroth, Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, 7. Aufl., Art. 6 Anm. 11). Durch die Regelungen über das Elterngeld erfolge jedoch keine Benachteiligung von Ehe oder Familie gegenüber anderen grundgesetzlich nicht geschützten Gemeinschaften. Die vom Gesetzgeber vorgenommene Ausrichtung der Förderung an den Erwerbsverhältnissen vor der Geburt des Kindes stelle keinen Verstoß gegen Artikel 6 Abs. 1 GG dar.
Da die Klägerin im maßgeblichen Bemessungszeitraum kein Einkommen erzielt habe, sei zu Recht der Sockelbetrag in Höhe von 300 Euro monatlich gewährt worden, der für die Zeit bis zum 1.12.2007 um den Geschwisterbonus von 75 Euro monatlich zu erhöhen gewesen sei.
Gegen das am 3.4.2008 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 24.4.2008 Berufung eingelegt, zu deren Begründung sie auf ihr Klagevorbringen Bezug nimmt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Münster vom 31.03.2008 aufzuheben und die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 13.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 01.10.2007 zu verurteilen, der Berechnung des Elterngeldes das in den Monaten Dezember 2003 bis November 2004 erzielte Einkommen zugrunde zu legen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach – und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakten und der Verwaltungsakten der Beklagten, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist nicht begründet.
Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen, denn die angefochtenen Bescheide sind nicht rechtswidrig. Die Beklagte hat das Elterngeld in zutreffender Höhe gewährt. Sie hat insbesondere den für die Höhe des Elterngeldes gemäß § 2 BEEG maßgeblichen Einkommenszeitraum richtig bestimmt. Für die von der Klägerin geforderte Modifizierung dieses Zeitraumes nach oder in entsprechender Anwendung von § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG und die Berücksichtigung des vor der Geburt von I erzielten Erwerbseinkommens besteht weder eine gesetzliche Grundlage noch eine verfassungsrechtlich zu begründende Notwendigkeit.
Das hat bereits das SG richtig und ausführlich dargelegt, so dass der Senat zur Vermeidung von Wiederholungen wegen der näheren Begründung zunächst auf die zutreffenden Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug nehmen kann ( § 153 Abs. 2 SGG). Auch das zweitinstanzliche Vorbringen der Klägerin rechtfertigt keine andere Entscheidung.
Die gesetzliche Regelung des § 2 BEEG ist eindeutig. Nur der Zeitraum des Bezugs von Elterngeld, nicht der der bloßen Inanspruchnahme von Elternzeit kann die Verlagerung des maßgeblichen Enkommenszeitraumes nach sich ziehen. Eine planwidrige Gesetzeslücke, an deren Schließung durch eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG für Fälle der Elternzeit nach früherem Recht für ein älteres Geschwisterkind unter Umständen hätte denken lassen können, liegt sicher nicht vor. Denn dass die Bezugsdauer von Elterngeld (aber auch des früheren Erziehungsgeldes) und die mögliche Dauer der Elternzeit auseinander fallen können, ist dem Gesetzgeber ebenso wenig verborgen geblieben wie die Übergangsproblematik von Mehrkinderfamilien mit vor dem Stichtag (1.1.2007) geborenen älteren Geschwistern. Das wird nicht nur an der Begründung des Gesetzentwurfs der Regierungsfraktion zum Zuschlag nach § 2 Abs. 4 Sätze 3 und 4 des Entwurfs (BT-Drucksache 16/1889) sondern auch an der anschließenden parlamentarischen Diskussion und der späteren Ausgestaltung des Geschwisterbonus und die Verlängerung des Bemessungszeitraums im Gesetz deutlich (vgl. § 2 Abs. 4 , § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG).
Die Beschränkung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG auf Fälle des Bezugs von Elterngeld entspricht dem Sinn und Zweck der Vorschrift. Die Verschiebung des Bemessungszeitraums dient nämlich allein dem Zweck, in den Fällen kurzer Geburtenfolge dadurch Nachteile zu vermeiden, dass der Elterngeldbezug aus dem Einkommensbezugszeitraum herausgerechnet wird (vgl. BT-Drucksache 16/2785 S. 35). Die Privilegierung des (kurzen) Zeitraum des Bezugs von Elterngeld ist darüber hinaus auch insofern systemgerecht, als das Elterngeld Eltern, die sich im ersten Lebensjahr des Neugeborenen vorrangig um die Erziehung des Neugeborenen widmen, bei der Sicherung ihrer Lebensgrundlage helfen soll (vgl. BT-Drucksache 16/1889 S. 15). Andere Gründe für eine längere Unterbrechung der Erwerbstätigkeit vor der Geburt des Kindes, für das Elterngeld beansprucht wird, die durch den persönlichen Lebensentwurf der Mutter oder die Lebensumstände begründet sein können, durfte der Gesetzgeber – systemgerecht und folgerichtig – unberücksichtigt lassen. Er hat dies auch in den Fällen getan, in denen vom Willen der Erziehenden unabhängig Arbeitslosigkeit oder Krankheit die Ursache eines Einkommensausfalls gewesen sind.
Wenn die Klägerin gleichwohl ein Abstellen auf die bloße Inanspruchnahme von Elternzeit für das ältere Geschwisterkind statt auf den Bezug von Elterngeld für die bessere und gerechtere Lösung hält, muss sie doch anerkennen, dass sich auch dann, wenn ihre Vorstellungen zutreffend wären, daraus nicht schon die Verfassungswidrigkeit der gesetzlichen Regelung ergeben würde.
Die von der Klägerin geltend gemachte gleichheitswidrige Benachteiligung (Art 3 Abs. 1 GG) durch § 2 Abs. 7 BEEG gegenüber Eltern nach dem 1.1.2007 geborener Geschwisterkinder besteht sicher nicht. Zwar schied für die Klägerin ein für die von ihr gewünschte Verschiebung des Bemessungszeitraums erforderlicher Bezug von Elterngeld für I schon deshalb aus, weil für vor dem 1.1.2007 geborene (Geschwister-) Kinder Elterngeld nicht in Betracht kommt. Doch wäre der fiktive Elterngeld-Bezugszeitraum für I (wenn es damals bereits Elterngeld wie für die nach dem 1.1.2007 geborenen Kinder gegeben hätte) hier längst beendet gewesen und für die Berechnung des Elterngeldes für Q irrelevant.
Eine Verletzung von Art 6 Abs. 1 GG ist für Senat ebenso wenig erkennbar wie für das SG. Auf die Bedenken, die die Klägerin wegen angeblich im Falle der Geburt eines weiteren Kindes drohender Nachteile geäußert hat, war nicht einzugehen, weil die hier streitige Höhe des Elterngeldes für Q davon nicht berührt werden könnte.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Anlass, die Revision zuzulassen, hat nicht bestanden.
Erstellt am: 25.02.2009
Zuletzt verändert am: 25.02.2009