Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.05.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe:
I.
Umstritten ist, ob die Beklagte zu Recht die Bewilligung eines Existenzgründungszuschusses ab dem 27.10.2003 aufgehoben hat und für die Zeit vom 27.10.2003 bis 31.08.2004 Existenzgründungszuschuss in Höhe von 6.100,00 Euro erstattet verlangen kann. Der 1948 geborene Kläger beantragte am 11.08.2003 die Gewährung eines Existenzgründungszuschusses für die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit (Einzelhandel mit elektrischen Grablichtern). Mit Bescheid vom 25.08.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger den beantragten Zuschuss zur Existenzgründung für die Zeit vom 01.09.2003 bis 31.08.2004 in Höhe von 600,00 Euro monatlich. Am 27.10.2003 meldete sich der Kläger arbeitslos und beantragte Arbeitslosenhilfe. Dabei teilte er der Beklagten am 07.11.2003 mit, dass die Arbeitslosmeldung nach Aufgabe der Selbständigkeit erfolge. Die Beklagte bewilligte dem Kläger daraufhin Arbeitslosenhilfe ab 27.10.2003. Im November 2006 bemerkte die Beklagte, dass sie dem Kläger den Existenzgründungszuschuss über den 26.10.2003 hinaus bis 31.08.2004 trotz Aufgabe der Selbständigkeit gezahlt hatte. Am 14.11.2006 richtete sie deshalb ein Anhörungsschreiben an den Kläger, in dem dieser aufgefordert wurde, zu der Überzahlung des Existenzgründungszuschusses Stellung zu nehmen. In seinem Schreiben vom 08.12.2006 teilte der Kläger unter anderem mit, er habe in Unkenntnis den über den 26.10.2003 hinaus gewährten Existenzgründungszuschuss nach Treu und Glauben angenommen und zum Lebensunterhalt verbraucht. Durch das grob fahrlässige Verhalten der Beklagten bestehe kein Rückforderungsanspruch. Vollstreckungsmaßnahmen seien aufgrund seiner Einkommens- und Vermögensverhältnisse auch nicht erfolgversprechend. Mit Bescheid vom 12.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2007 hob die Beklagte die Bewilligung des Existenzgründungszuschusses ab 27.10.2003 auf. Zur Begründung ihrer auf § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 SGB III gestützten Entscheidung führte sie im wesentlichen aus, Existenzgründungszuschuss könne nach § 421 I SGB III gewährt werden, wenn unter anderem durch die Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit die Arbeitslosigkeit beendet werde. Der Kläger habe seine Selbständigkeit ab 27.10.2003 vollständig aufgegeben. Damit sei die Anspruchsgrundlage für die Zuschussgewährung entfallen. Der Kläger könne sich auch nicht auf Vertrauensschutz bzw. darauf berufen, die erhaltenen Leistungen bereits verbraucht zu haben. Er habe nicht davon ausgehen können, dass ihm der zweckgebundene Existenzgründungszuschuss nach Aufgabe der Selbständigkeit weiterhin zustehe. Dies gelte umso mehr, als ihm zeitgleich auch noch Arbeitslosenhilfe aufgrund seiner Arbeitslosmeldung am 27.10.2003 gezahlt worden sei. Auf den Bezug von Existenzgründungszuschuss habe er anlässlich seiner Arbeitslosmeldung nicht hingewiesen. Die Erstattungspflicht ergebe sich aus § 50 Abs. 1 SGB X. Der Überzahlungsbetrag in Höhe von 6.100,00 Euro sei zutreffend ermittelt worden (27.-31.10.2003 = 5/30 von 600,00 Euro und November 2003 bis August 2004 = 10 Monate x 600,00 Euro). Zur Begründung seiner am 07.03.2007 vor dem Sozialgericht Duisburg erhobenen Klage hat der Kläger geltend gemacht, es gebe keine Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung der Beklagten. § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X setze voraus, dass der Anspruch "kraft Gesetzes" weggefallen sei. Für einen solchen Wegfall sei es nicht ausreichend, wenn einfach die tatbestandlichen Voraussetzungen einer Norm nicht mehr gegeben seien. Erforderlich sei vielmehr eine ausdrückliche Wegfallregelung im Gesetz, wie sie etwa in § 50 SGB V, § 100 SGB VI oder § 73 SGB VII formuliert sei. Im SGB III gebe es nur Ruhensvorschriften. Wegfallregelungen seien dem SGB III fremd und deshalb auch nicht in dem hier einschlägigen § 421 I SGB III vorgesehen.
§ 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X sei vor dem Hintergrund zu verstehen, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch nicht ohne weiteres zum Ruhen komme oder wegfalle, sondern dass es dazu eines neuen aufhebenden Verwaltungsaktes bedürfe. Dieser Vorschrift liege die Regel zugrunde, dass ein Dauerverwaltungsakt nicht deshalb erlösche, weil irgendwelche Änderungen tatsächlicher oder rechtlicher Art eingetreten seien. Es gebe keinen "Selbstvollzug kraft Gesetzes". Die Regelung erfahre nur dann Ausnahmen, wenn es ausdrücklich gesetzliche Regelungen gebe, die von einem Wegfall des Anspruchs kraft Gesetzes sprechen. Die Tatsache, dass der Kläger ab dem 27.10.2003 keine selbständige Tätigkeit mehr ausgeübt habe, führe mithin nicht zum Wegfall des Anspruchs kraft Gesetzes im Selbstvollzug, sondern allenfalls zu einer tatsächlichen Änderung, die die Beklagte zur Aufhebung des Bewilligungsbescheides berechtigt hätte. Tatsächlich habe die Beklagte aber von dieser Berechtigung (zunächst) keinen Gebrauch gemacht.
Der Kläger hat beantragt, den Bescheid vom 12.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2007 aufzuheben. Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat vorgetragen, die Aufhebungsnorm des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nenne zwei in Betracht kommende Alternativen: 1. Der Anspruch müsse kraft Gesetzes zu einem Ruhen gekommen sein oder 2. der Anspruch müsse ganz oder teilweise weggefallen sein. Bei der zweiten Alternative bedürfe es keiner ausdrücklichen gesetzlichen Norm, denn diese Alternative komme zur Anwendung, wenn es entgegen der 1. Alternative an einer Anspruchsvoraussetzung mangele. Eine ausdrückliche gesetzliche Wegfallregelung sei insoweit nicht notwendig.
Würde man der Argumentation der Klägerseite folgen, so käme § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X z. B. niemals zum Tragen, wenn eine Bewilligungsentscheidung zum Arbeitslosengeld wegen Beschäftigungsaufnahme mit Wirkung für die Vergangenheit aufgehoben werden müsse, bei der zwar eine rechtzeitige Mitteilung des Betroffenen erfolgt sei, die Einstellung der Leistung aber nicht rechtzeitig habe erfolgen können. Auch insoweit reiche es aus, wenn der Anspruch (wegen Wegfalls einer Anspruchsvoraussetzung) weggefallen sei. Mit Urteil vom 06.05.2008 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung wörtlich ausgeführt: "Der angefochtene Bescheid vom 12.12.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.02.2007 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten im Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG. Die Beklagte hat zu Recht die Bewilligung des Existenzgründungszuschusses ab dem 27.10.2003 ganz aufgehoben und für die Zeit vom 27.10.2003 bis 31.08.2004 die Erstattung des überzahlten Existenzgründungszuschusses in Höhe von 6.100,00 Euro verlangt … Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung der Beklagten ist § 48 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 4 2, Alternative SGB X in Verbindung mit § 330 Abs.« 3 Satz 1 SGB III. Nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X in Verbindung mit § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III ist der Verwaltungsakt mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist. Die genannten Aufhebungsvoraussetzungen liegen für die Zeit ab dem 27.10.2003 vor. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse ist durch Aufgabe der selbständigen Tätigkeit am 27.10.2003 eingetreten. Durch die Aufgabe der Selbständigkeit ist der sich aus dem Bewilligungsbescheid vom 25.08.2003 ergebende Anspruch auf Existenzgründungszuschuss ab dem 27.10.2003 ganz weggefallen im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 2. Alternative SGB X. Denn ein Anspruch auf Existenzgründungszuschuss besteht nach § 421 lAbs. 1 Satz 1 SGB III nur, wenn aufgrund der Aufnahme einer selbständigen, hauptberuflichen Tätigkeit Arbeitslosigkeit nicht vorliegt. Es handelt sich bei dem Existenzgründungszuschuss um eine zweckgebundene Leistung zur Förderung einer selbständigen Tätigkeit, die nach Aufgabe der Selbständigkeit nicht mehr beansprucht werden kann. Entgegen der Ansicht des Klägers bedarf es für die Anwendung des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 2. Alternative SGB X keiner ausdrücklichen gesetzlichen Wegfallregelung. Zunächst ist es nach dem Wortlaut des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X nicht ausgeschlossen, dass sich der Passus "kraft Gesetzes" nur auf die 1. Alternative (Ruhen des Anspruchs) nicht aber auf die 2. Alternative (ganz oder teilweiser Wegfall des Anspruchs) bezieht. Selbst wenn sich aber die Formulierung "kraft Gesetzes" auch auf die 2. Alternative des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 SGB X bezieht und danach vom Wortlaut der Norm gefordert wird, dass der Anspruch kraft Gesetzes weggefallen ist, so reicht es insoweit aus, wenn die tatbestandlichen Voraussetzungen für den Existenzgründungszuschuss – wie vorliegend wegen der Aufgabe der selbständigen Tätigkeit – materiellrechtlich nicht mehr bestehen. Die vom Kläger vertretene Rechtsauffassung würde ansonsten dazu führen, dass die Aufhebungsnorm des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 2. Alternative SGB X im SGB III keinen Anwendungsbereich hat. Darüber hinaus kann eine nach dem Verständnis des Klägers unmittelbar "kraft Gesetzes" erloschene Rechtsposition nicht auf einen zusätzlichen Vollzug durch Verwaltungsakt angewiesen sein. Wäre die Norm unmittelbar nur bei einem "Selbstvollzug" des Gesetzes anzuwenden, wäre sie überflüssig, da es in einem solchen Fall gar keines Aufhebungsbescheides nach § 48 Abs. 1 SGB X bedarf (vgl. Schütze in von Wulffen, SGB X Kommentar, 6. Auflage, § 48, Randnr. 27; Steinwedel im Kasseler Kommentar, SGB X, § 48, Randnr. 53 a sowie BSG, Urteil vom 31.01.2006, Az.: B 11 a AL 13/05 R).
Der Kläger wusste auch, dass der Anspruch auf Existenzgründungszuschuss mit Aufgabe der Selbständigkeit weggefallen war bzw. wusste dies zumindest deshalb nicht, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat. Der Kläger wusste zum einen, dass er für die selbständige Tätigkeit einen Existenzgründungszuschuss bekommt. Zum anderen wusste er auch, dass er Arbeitslosenhilfe beantragen und beziehen kann, wenn er die selbständige Tätigkeit aufgibt und wieder arbeitslos ist. Aus dieser Kenntnis des Klägers heraus konnte er nur den einzig logischen Schluss dahingehend ziehen, dass er nicht Existenzgründungszuschuss und Arbeitslosenhilfe parallel beziehen kann. Hinzu kommt, dass die Arbeitslosenhilfe eine bedürfigkeitsabhängige Leistung ist. Auch dies hätte der Kläger erkennen können, weil er im Rahmen des Arbeitslosenhilfeantrags seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen legen musste. Es hätte sich dem Kläger zumindest eine Nachfrage bei der Beklagten aufdrängen müssen, als er ab dem 27.10.2003 sowohl Arbeitslosenhilfe als auch Existenzgründungszuschuss für seine selbständige Tätigkeit, die er aufgegeben hatte, bezog.
Auch die von der Beklagten gemäß § 48 Abs. 4 SGB X in Verbindung mit § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X zu beachtende Jahresfrist für die Aufhebung der Bewilligung des Existenzgründungszuschusses ist eingehalten. Sie beginnt regelmäßig erst mit der Äußerung des Klägers im Rahmen des Anhörungsverfahrens. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (vgl. BSG, Urteil vom 27.07.2000, Az.: B 7 AL 88/99 R) wird die Jahresfrist nicht schon durch die bloße Kenntnis der Tatsachen ausgelöst, die die Rechtswidrigkeit des begünstigenden Verwaltungsaktes begründen. Vielmehr sind von der Beklagten auch die maßgeblichen Tatsachen zu den übrigen Aufhebungsvoraussetzungen zu ermitteln, insbesondere also aufzuklären, ob der Begünstigte die Rechtswidrigkeit der Leistungserbringung gekannt oder infolge Fahrlässigkeit nicht gekannt hat. Maßgeblich ist nach der Entscheidung des BSG die Kenntnis des für die Aufhebungsentscheidung zuständigen Sachbearbeiters der Beklagten. Von dem Grundsatz, dass die Jahresfrist regelmäßig erst nach erfolgter Anhörung des Betroffenen beginnt, lässt der vorliegende Fall keine Ausnahme zu. Insbesondere sind keine Umstände ersichtlich, die nach dem Grundsatz von Treu und Glauben einen anderen Zeitpunkt des Beginns der Jahresfrist rechtfertigen könnten. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte bewusst davon abgesehen hätte, sich die erforderlichen Kenntnisse zu verschaffen, bestehen nicht. Rechtsgrundlage für die Erstattungspflicht des Klägers ist § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Die Beklagte hat den Erstattungsbetrag auch zutreffend berechnet (27.10.2003 – 31.10.2003 = 5/30 von 600,00 Euro = 100,00 Euro zuzüglich November 2003 bis August 2004 = 10 Monate x 600,00 Euro)." Gegen dieses ihm am 13.05.2008 zugestellte Urteil richtet sich die am 12.06.2008 eingegange Berufung des Klägers, die nicht begründet worden ist.
Der Senat geht von dem Antrag aus,
das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 06.05.2008 zu ändern und nach dem erstinstanzlichen Klageantrag zu erkennen.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte hat sich zum Sachverhalt in der Berufungsinstanz nicht geäußert.
Wegen weiterer Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Verwaltungsgakte der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten lagen bei der Beschlussfassung durch den Senat vor.
II.
Die zulässige Berufung ist unbegründet.
Hierüber konnte der Senat durch Beschluss entscheiden, weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, § 153 Abs. 4 SGG. Auf diese Möglichkeit sind die Parteien hingewiesen worden.
Der Senat schließt sich in vollem Umfang den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils an, die er nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage für überzeugend erachtet. Von einer Wiederholung der Ausführungen des Sozialgerichtses wird gem. § 153 Abs. 2 SGG abgesehen.
Im Berufungsvefahren sind keine neuen Gesichtspunkte vorgetragen worden, die zu einer anderen Beurteilung Anlass geben könnten. Der Kläger hat seine Berufung trotz Erinnerung durch den Senat nicht begründet.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 SGG.
Der Senat hat die Revision nicht zugelassen, weil die in § 160 Abs. 2 Nrn. 1 oder 2 aufgestellten Voraussetzungen nicht vorliegen.
Erstellt am: 25.11.2008
Zuletzt verändert am: 25.11.2008